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Die Verwandlung

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Die Verwandlung

dtv,

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12 Take-aways
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Was ist drin?

Die Verwandlung eines jungen Mannes in einen hässlichen Käfer: Kafka beschreibt sie als Sinnbild einer widerstandslos ertragenen Erniedrigung.


Literatur­klassiker

  • Kurzprosa
  • Moderne

Worum es geht

Der Käfer Gregor Samsa

Kafkas Erzählung Die Verwandlung spiegelt im Schicksal eines Einzelnen den moralischen Zustand der Gesellschaft: Durch Gregor Samsas Verwandlung in einen hässlichen Käfer vermittelt Kafka dem Leser das Selbstbild eines jungen Mannes, der durch den Willen seiner Familie auf die Funktion des Dienens und Helfens reduziert worden ist. Zugleich ist die Verwandlung aber auch ein Protest gegen die Forderungen und Erwartungen der Familie. Die gleichnishafte Erzählung lässt die Unfreiheit, Erniedrigung und Ausbeutung geradezu schmerzhaft deutlich werden, welche die bis in die Familien hineinreichenden autoritären Strukturen der modernen Gesellschaft schaffen und denen sich das Individuum willenlos fügt. Letztlich gelingt es Gregor Samsa nur, sich zum Preis der Verwandlung aus seiner Versklavung zu lösen, doch trotz dieser scheinbaren Befreiung bleiben seine Gewissensbisse und sein Gefühl der Pflichtverletzung weiter bestehen. Auf eindringliche Weise kann dem Leser bei der Lektüre von Kafkas Verwandlung bewusst werden, dass er von Autoritäten abhängig ist, auf die er keinen Einfluss hat. Lesenswert ist die Erzählung aber vor allem wegen Kafkas unnachahmlicher Kunst, der surrealen, tragikomischen Handlung durch seine Sprache Realitätsnähe zu verleihen.

Take-aways

  • Kafkas Erzählung Die Verwandlung vermittelt ein wichtiges Thema der Moderne: das an den Zwängen seiner Lebensumstände leidende Individuum.
  • Der Parabel (= Gleichnis) liegen Kafkas eigene problematische Erfahrungen mit der Autorität seines Vaters zugrunde.
  • Gregor Samsa, ein pflichtbewusster Handlungsreisender, der Eltern und Schwester von seinem Lohn ernährt, wacht eines Morgens auf – verwandelt in einen hässlichen Käfer.
  • In völliger Fehleinschätzung seiner Situation zeigt sich Gregor lediglich durch den Umstand beunruhigt, dass er nun zu spät zur Arbeit kommen wird.
  • Allein in seinem Zimmer macht er sich bittere Vorwürfe, nun nicht mehr den Lebensunterhalt der Familie verdienen zu können.
  • Die Eltern gewöhnen sich schnell an die neue Situation und überlassen es Gregors Schwester Grete, ihm Essen zu bringen und sein Zimmer zu säubern.
  • Obwohl Gregor erfährt, dass Vater Samsa heimlich ein kleines Vermögen gehortet hat, will er nicht einsehen, dass seine finanziellen Opfer vergeblich waren.
  • Das Verhältnis der Eltern zu Gregor verschlechtert sich, als die Mutter ihn zum ersten Mal seit der Verwandlung sieht und in Ohnmacht fällt.
  • Der Vater jagt Gregor in sein Zimmer zurück und verletzt ihn dabei schwer.
  • Gregor resigniert, isst immer weniger und verwahrlost. Durch sein unerwartetes Auftauchen vergrault er die neuen Mieter der Eltern.
  • Dem Entschluss der Familie, den Käfer zu beseitigen, kommt Gregor zuvor, indem er sich, durch den quälenden Gedanken an seine Nutzlosigkeit völlig erschöpft, in sein Zimmer zurückzieht und dort sein Leben aushaucht.
  • Erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts, nachdem Die Verwandlung in Übersetzungen bereits zu Weltruhm gelangt war, wurde sie auch in Deutschland von einem großen Publikum gelesen. Heute gehört sie zum Kanon der Schullektüre.

Zusammenfassung

Das Pflichtbewusstsein

Gregor Samsa, ein junger Reisender im Tuchgeschäft, wacht eines Morgens aus unruhigem Schlaf auf und findet sich, auf seinem Bett liegend, in einen großen, hässlichen Käfer verwandelt. Verwundert nimmt er die Metamorphose wahr: Seinen gewölbten Körper nach links und rechts schaukelnd, blickt er auf die vielen zappelnden Beinchen und die seltsamen bogenähnlichen Versteifungen auf seiner Brust. Doch nicht seine Verwandlung in ein Insekt beunruhigt ihn, sondern eine weitere Anomalie, die sich an diesem Morgen zugetragen hat: Er hat nämlich den wie stets auf vier Uhr früh gestellten Wecker nicht gehört und konstatiert nun entsetzt, dass er mit Sicherheit zu spät zur Arbeit kommen wird. Das ist ihm noch nie passiert. Statt sich der Folgen seines neuen Körpers bewusst zu werden, malt sich Samsa die Vorwürfe seiner Vorgesetzten ob seiner verspäteten Ankunft im Büro aus. Dann steigert er sich, immer noch im Bett liegend, in eine Hasstirade auf seinen anstrengenden Beruf hinein, der ihn zwingt, ständig auf Reisen zu sein, in Hotels zu übernachten und zu den Kunden nur ein oberflächliches, von geschäftlichen Interessen geprägtes Verhältnis pflegen zu können.

Kein Mitgefühl

Gregors Eltern und die Schwester Grete ahnen nicht, was sich hinter der verschlossenen Tür abspielt. Ungeduldig rufen sie vom Flur in das Zimmer hinein, warum er denn noch nicht zu Arbeit gefahren sei. Nach kurzer Zeit befindet sich auch schon der Prokurist aus Gregors Firma bei den Eltern, die er aus Verwunderung darüber, dass Gregor an diesem Morgen noch nicht auf Reisen gegangen ist, umgehend aufgesucht hat. Mehrere Male versucht Gregor vergeblich aufzustehen. Doch die Beschaffenheit des Käferkörpers gehorcht nicht seinem Willen, denn noch ist er mit seinem neuen Zustand nicht vertraut. Als er schließlich, eher zufällig, mit einem lauten Knall aus dem Bett auf den Boden fällt, glaubt er, endlich am Ziel zu sein. Von Schuldgefühlen geplagt, aber auch von dem unbedingten Willen besessen, den Prokuristen seiner Loyalität und weiter intakten Arbeitskraft zu versichern, tritt Samsa, nachdem er seinen Körper mit unendlichen Mühen in eine vertikale Position gebracht hat, vor seine Familie und den Prokuristen. Der Anblick versetzt alle in Panik. Fluchtartig verlässt der Prokurist die Wohnung. Die Mutter ist einer Ohnmacht nahe, und der Vater bricht in Tränen aus. Er fasst sich jedoch am schnellsten: Mit dem Spazierstock, den der Prokurist zurückgelassen hat, treibt er seinen Sohn in dessen Schlafzimmer zurück. Mitgenommen und erschöpft von so viel Feindseligkeit, auf die er nicht vorbereitet gewesen ist, fällt Gregor dort in einen ohnmachtähnlichen Schlaf, aus dem ihn erst abends, als es bereits dunkel ist, ein Geräusch wieder erwachen lässt: Jemand hat vor ihm eine Mahlzeit auf den Boden gestellt.

Gretes Fürsorge

In der ersten Nacht nach seiner Verwandlung beschließt Gregor, sich gegenüber der Familie in Geduld zu üben, um ihr die unangenehmen Situationen erträglich zu machen, die er aufgrund seines Zustandes wahrscheinlich verursachen wird. Allerdings ist er fest davon überzeugt, dass sein Zustand nicht von Dauer sein wird. Tatsächlich gilt seine Sorge einzig und allein der Familie; über seine eigene Zukunft denkt er nicht nach. Immerhin muss er nicht nur die Familie ernähren, sondern auch den Kredit für seine Ausbildung abarbeiten, den der Prokurist dem Vater gestundet hat.

„Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen aufwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt.“ (S. 7)

Am nächsten Morgen stellt Grete erneut Nahrung ins Zimmer. Regelmäßig wird sie von nun an ihren Bruder mit Essen versorgen. Anfangs heimlich, ohne dass die Eltern oder das Dienstmädchen es auch nur ahnen, stellt sie ihm zu seiner großen Freude häufig sogar sein Lieblingsgericht hin. Mit Enttäuschung muss Gregor jedoch gleichzeitig feststellen, dass sie niemals mit ihm spricht und die Speisen später mit dem Besen wegkehrt, auch die, die er nicht angerührt hat. Selbst die Schwester ekelt sich also vor der Gestalt, die der Bruder angenommen hat. Immer wenn Grete Gregors Zimmer betritt, suchen ihre Augen ihn unter dem Kanapee, unter das er sich aus Rücksicht gegenüber der Familie zurückgezogen hat – sobald sie den Bruder entdeckt, erschrickt sie zutiefst.

Käfers Glücksgefühle

Gregors Vater hat sich vor einigen Jahren nach einem Konkurs, bei dem er sein Geschäft verlor, zur Ruhe gesetzt und verbringt seine Tage nun mit der Lektüre der Zeitung im Bett. Seiner Schwester Grete ist Gregor immer sehr nahe gewesen. Ihrem Geigenspiel hat er stets gerne zugehört. Im Glauben, dem Vater Kosten ersparen zu müssen, hatte sich Gregor vorgenommen, der Schwester später gar das Studium am Konservatorium zu bezahlen. Dies mag Gretes Sorge für den Bruder erklären. Betrübt stellt Gregor aber bald fest, dass ihre Aufenthalte bei ihm immer kürzer werden. Das Zimmer verschmutzt immer mehr. Je besser es Gregor körperlich geht, desto größer wird der Wunsch nach menschlicher Nähe. In der Zwischenzeit beginnt er mit den Bewegungsabläufen eines Käfers besser vertraut zu werden, und es macht ihm Spaß, kopfüber die Zimmerdecke entlangzulaufen oder an den Möbeln hochzuklettern. Manchmal steigt ein eigentümliches Gefühl der Freiheit in ihm hoch. Das sind die Momente, in denen er glücklich ist.

Normalität

An der Zimmertür lauschend hört Gregor den mit gedämpften Stimmen geführten Gesprächen zwischen Vater, Mutter und Schwester zu. So sehr er sich freut, die vertrauten Stimmen hören zu dürfen, so sehr deprimiert ihn auch, was er hört – bzw. was er nicht hört: Sein Dasein als abstoßendes Insekt scheint zu einer Art Normalität geworden zu sein. Eines Abends vernimmt Gregor, dass der Vater über eine erkleckliche Summe Erspartes verfügt – Bargeld, das nach dem Konkurs übrig geblieben ist und von dessen Existenz Gregor nichts geahnt hat. Aber er verbietet sich rasch, zu denken, dass seine Opferbereitschaft eigentlich gar nicht notwendig gewesen wäre. Immerhin reicht das Geld nicht aus, um der Familie ein sorgenfreies Leben zu sichern. So hat der Vater eine Stelle als Diener in einer Bank angenommen, die Mutter betätigt sich zu Hause stundenweise als Näherin, und Grete arbeitet nun als Verkäuferin. Gregor bricht es fast das Herz: Was er seiner Familie immer hat ersparen wollen, nämlich nicht genug Geld zum Leben zu haben, ist nun doch eingetroffen.

Die Liebe der Mutter

Um der Familie den Anblick seines Körpers zu ersparen, Vater und Mutter zugleich aber dazu zu bewegen, doch wenigstens einmal in sein Zimmer zu kommen, beschließt Gregor, sich in eine Decke einzuhüllen. Die Informationen, die Grete ihren Eltern über Gregor zukommen lässt, beschränken sich darauf, ob er viel oder wenig gegessen hat. Aber Grete nutzt ihre Bereitschaft, sich um Gregor zu kümmern, auch dazu, ein Terrain zu besetzen, auf dem sie die Eltern leicht bevormunden kann. Letztlich ist sie es, die darüber wacht, wer wann zu Gregor darf. Einmal hält sie die Mutter davon ab, ihren Sohn zu besuchen, weil sie glaubt, dass der Schock zu groß sein würde.

„Wenn ich mich nicht wegen meiner Eltern zurückhielte, ich hätte längst gekündigt, ich wäre vor den Chef hingetreten und hätte ihm meine Meinung von Grund des Herzens aus gesagt. Vom Pult hätte er fallen müssen!“ (S. 9)

Eines Tages beschließt Grete, die Möbel aus Gregors Zimmer zu entfernen, damit er beim Kriechen keine Hindernisse mehr vorfindet. Körperlich zu schwach, die Möbel allein aus dem Zimmer zu entfernen, bittet Grete ihre Mutter schließlich um Hilfe. Das aber bedeutet, dass die Mutter ihren Sohn zum ersten Mal seit der Verwandlung wieder sehen wird. Bislang wurde sie nicht nur von Grete, sondern auch von ihrem Mann abgehalten, das Zimmer zu betreten. Gregor hat das einerseits bedauert, andererseits war er froh, dass ihr sein Anblick vorerst erspart blieb.

Woran Gregors Herz hängt

Als die Schwester damit beginnt, die leichteren Möbel selbst aus dem Zimmer zu tragen, bleibt Gregor diskret unter seiner Decke. Er begnügt sich bereits damit, lediglich die Nähe der Mutter spüren und ihre Stimme hören zu wollen. Doch in ihm steigt auch eine diffuse Angst hoch: Was ist, wenn ihm die Frauen das Kanapee wegnehmen, unter dem er sich so sicher fühlt? Auch an anderen Dingen in dem Zimmer hängt sein Herz, etwa an dem Bild, das eine Frau mit einem Pelz zeigt. Als die Mutter kurz das Zimmer verlässt, beschließt Gregor zu handeln, bevor es zu spät ist – geschwind schießt er unter dem Kanapee hervor, klettert die Wand hoch und schützt das Bild mit seinem Körper. In diesem Augenblick tritt die Mutter wieder ins Zimmer.

Der Apfel im Fleisch

Die Mutter bekommt einen Schreikrampf und fällt ohnmächtig auf das Kanapee. „Du, Gregor“, stößt Grete mit geballter Faust hervor – es sind die ersten Worte, die Grete seit der Verwandlung an ihn richtet – und läuft aus dem Zimmer, um die Mutter mit medizinischen Essenzen aus der Hausapotheke wieder zu Bewusstsein zu bringen. Gregor folgt Grete in den Nebenraum. Da stürzt auch schon der Vater herbei und versucht, die vermeintliche Unvorsichtigkeit der Frauen verfluchend, Gregor zurückzutreiben. Da er nichts Passendes zur Hand hat, schleudert er Äpfel aus einer Obstschale auf ihn. Einer davon bohrt sich in Gregors Fleisch. Trotz eines ungeheuren Schmerzes, der ihm das Gefühl gibt, am Boden festgenagelt worden zu sein, gelingt es Gregor gerade noch, in sein Zimmer zurückzukriechen, bevor ihn weitere Geschosse treffen können. Mit einem letzten Blick nimmt er noch wahr, wie die Mutter, die das Bewusstsein wiedererlangt hat, aus dem Zimmer läuft und ihren Mann bittet, Gregors Leben zu schonen.

Qualen

In den Wochen nach diesem Zwischenfall wagt es niemand, den Apfel aus Gregors Fleisch zu entfernen. Gregor verliert seine Beweglichkeit und leidet große körperliche und seelische Qualen. Ausgerechnet jenes so ersehnte Treffen mit der Mutter hat ihn nun in ein noch größeres Unglück gestürzt. Gregor ist nicht nur einsamer, sondern auch zu einem Invaliden geworden. Allerdings scheint die sichtbare Wunde, die ihm geschlagen wurde, in der Familie ein Umdenken eingeleitet zu haben. Zumindest nimmt Gregor das an, denn abends wird nun seine Zimmertür geöffnet und man gesteht ihm zu, gewissermaßen mit allgemeiner Erlaubnis, den Gesprächen bei Tisch zu lauschen.

„Wie nun, wenn er sich krankmeldete? Das wäre aber äußerst peinlich und verdächtig, denn Gregor war während seines fünfjährigen Dienstes noch nicht einmal krank gewesen.“ (S. 10)

Gregor bemerkt, dass Vater, Mutter und Schwester sich immer mehr mit den Beschäftigungen identifizieren, zu denen sie aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Situation gezwungen sind. Der Vater zieht auch abends seine Uniform nicht aus, die Mutter sitzt bis zum Schlafengehen an ihren Näharbeiten, die Schwester lernt Stenografie und Französisch, um einmal eine bessere Stelle als die einer Verkäuferin haben zu können. Man ist gezwungen, Familienschmuckstücke zu verkaufen, und Gregor hört mit an, wie die drei über die Preise sprechen, die dabei erzielt worden sind.

Tod und Neubeginn

Gregor schläft kaum noch und isst immer weniger. Sein körperlicher Zustand verschlechtert sich zusehends. Die Familie hat ein Zimmer der Wohnung an drei Herren vermietet. Diese erfahren von Gregors Existenz erst, als der Vater sie eines Abends einlädt, Gretes Violinspiel zuzuhören. Gerührt wagt sich Gregor aus dem Zimmer heraus, um der Schwester so nahe wie möglich zu sein. In diesem Moment empfindet er zum ersten Mal eine Gleichgültigkeit gegenüber der Reaktion der anderen. Plötzlich entdecken ihn die Mieter. Angewidert kündigen sie unvermittelt ihr Zimmer. Gregor ist nach diesem Zwischenfall noch nicht wieder in sein Zimmer zurückgekehrt, als er hört, wie die Familie offen darüber spricht, dass man sich nun seiner entledigen solle. Grete meint, man müsse sich bloß den Gedanken verbieten, dass dieser Käfer einmal Gregor gewesen sei. Dass er verschwinden müsse – diese Auffassung teilt auch der mit seiner Nutzlosigkeit nicht mehr fertig werdende Gregor. Die Schwester hat eigentlich nur eine Überzeugung ausgesprochen, die sich in ihm in letzter Zeit immer mehr verfestigt hat.

„Der Vater ballte mit feindseligem Ausdruck die Faust, als wolle er Gregor in sein Zimmer zurückstoßen, sah sich dann unsicher im Wohnzimmer um, beschattete dann mit den Händen die Augen und weinte, dass sich die mächtige Brust schüttelte.“ (S. 26)

Zurück in seinem Zimmer durchströmt plötzlich eine angenehme Ruhe seinen gemarterten, mittlerweile völlig unbeweglich gewordenen Körper. In den frühen Morgenstunden des folgenden Tages stirbt Gregor. Die alte Bedienerin findet den leblosen Körper; informiert die Familie jedoch erst spät und sagt ihr gleichzeitig, dass sie ihn bereits entsorgt habe. Nach einem kurzen Innehalten beschließen die Eltern und Grete, an diesem Tag einen Ausflug zu machen und mit der Straßenbahn ins Grüne zu fahren.

Zum Text

Aufbau und Stil

Die oft behauptete Verwandtschaft von Kafkas Erzählkunst mit dem Drama liegt im Fall der Verwandlung vor allem auf formaler Ebene in der Drei-Kapitel-Struktur begründet, die an die drei Akte einer Komödie erinnert. Inhaltlich könnte man an eine Boulevard-Komödie denken: Immerhin geht es auch in Kafkas Erzählung um das Auf- und Zuschlagen von Schlafzimmertüren und das Verbergen bzw. Verkleiden der wahren Identität. Und schließlich – auch dies wirkt komödienhaft – will Gregor anfangs seine Verwandlung gegenüber der Familie und dem Prokuristen gar nicht wahrhaben. Dass allerdings Die Verwandlung dennoch nicht als Komödie zu lesen ist, liegt zum einen daran, dass Kafka mit grotesken Traumbildern arbeitet, die durch die präzise, emotionslose Sprache beinahe real erscheinen. Zum anderen entwirft der Autor seine Geschichte aus Gregors Perspektive und nicht – wie bei Lustspielen üblich – aus der Sicht der von der Verkleidung nichts ahnenden Personen. Kafka hat dafür das Stilmittel der erlebten Rede gewählt. Gregor befindet sich in einem permanenten Prozess der Selbstbeobachtung und der Selbstbefragung und macht sich damit zum Aufpasser seiner selbst: Der Leser erfährt, wie gut oder wie schlecht es ihm geht oder was er als Nächstes zu tun gedenkt. Während in einem Lustspiel die Enttarnung der eigentlichen Identität Höhepunkt und Erlösung darstellt und für den Lacherfolg sorgt, ahnt der Leser der Verwandlung, dass es für Gregor Samsa kein Zurück mehr gibt.

Interpretationsansätze

  • In vielen literarischen Texten führt die Verwandlung eines Menschen in ein Tier das Individuum zur Befreiung von familiären und sozialen Abhängigkeiten und ist eine Form der Revolte. Gregor Samsas Verwandlung in einen Käfer, der nicht mehr in der Lage ist das eigene Zimmer zu verlassen, kann als eine unbewusste Revolte des Körpers gegen die modernen ökonomischen Zwänge verstanden werden.
  • Die Verwandlung in ein Tier war ein beliebtes Märchenmotiv der Romantik. Die Verwandlung im Märchen führt die betroffene Person zumeist zu einem höheren Bewusstsein ihrer selbst. Bei Kafka ist das Gegenteil der Fall: Er radikalisiert das Vorbild des Märchens, indem er das Erzählte als bittere Realität erscheinen und Gregor Samsas Suche nach der verlorenen Identität nicht gelingen lässt.
  • Gregor Samsa hat die Normen des Sklavenlebens vollständig verinnerlicht und beginnt sich als nutzloser Parasit zu fühlen. Pflichtbewusst will er der Familie nicht weiter zur Last fallen und hungert sich zu Tode.
  • Kafkas Erzählung stellt in der Schilderung von Gregor Samsas Familie das wirtschaftlich unter Druck geratene Kleinbürgertum des beginnenden 20. Jahrhunderts dar, in seiner Verzweiflung, aber auch in seiner Verlogenheit.
  • Kafka zeigt eindrücklich, was er als „condition humaine“ der Moderne ausmacht: Vereinsamung, Verformung und Zerstörung des Einzelnen durch gesellschaftlichen und persönlichen Druck. Dabei bietet selbst die Familie keinen Schutz mehr vor einer feindlichen Welt. Sie ist bereits durch deren Machtmechanismen infiziert.
  • Wie in Kafkas Roman Der Prozess ist es auch in der Verwandlung die – allerdings weniger anonyme als vielmehr durch den Vater und den Prokuristen ausgeübte – übermächtige Autorität, die das Individuum in die Knie zwingt.
  • Der ähnliche Klang von „Samsa“ und „Kafka“ scheint beabsichtigt und deutet darauf hin, dass sich der Autor stark mit dem Schicksal seines tragischen Helden identifiziert.

Historischer Hintergrund

Das Kafkaeske

Es kommt selten vor, dass ein Dichter allein durch seinen Erzählstil dazu beiträgt, ein eigenes Eigenschaftswort zu kreieren. Das Adjektiv „kafkaesk“ hat Einzug in den Duden gehalten. Es umschreibt ein unheimliches Gefühl der Ungewissheit und des Ausgeliefertseins, das Ahnen einer Bedrohung, die man jedoch nicht beim Namen nennen kann. Dass Kafka ein eigenes Wort für seinen Stil hervorbringen konnte, weist darauf hin, dass sein Werk etwas sehr Eigenständiges ist. Trotzdem finden sich auch Anklänge an Zeitströmungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts wie den Existenzialismus (Grundgefühl der Angst), den Expressionismus (Betonung der Subjektivität und des Identitätsverlusts) und den Surrealismus (Darstellung von unbewussten, irrationalen Vorgängen).

Kafka litt unter den Umsturzbewegungen seiner Zeit: Er war ein deutschsprachiger Jude in Prag und gehörte damit gleich zwei Minderheiten an. Tschechen, Deutsche und Juden teilten sich die Stadt, was nicht immer ohne Konflikte abging. Eine Welle des Antisemitismus wogte durch Prag, vor allem um die Jahrhundertwende 1899/1900. Der überall in Europa aufkeimende Nationalismus, den Kafka scharf verurteilte, führte 1914 zum Attentat von Sarajewo und zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Doch schon als Kafka 1912 Die Verwandlung schrieb, ahnte man in Europa, dass ein großer Krieg unausweichlich bevorstand. Das „Tier im Menschen“ würde erwachen – diese Befürchtung war von Kriegsgegnern häufig zu hören. Die politischen Karikaturisten in den Tageszeitungen pflegten die Nationen als wilde Tiere darzustellen und benutzten nicht selten abgewandelte Märchenmotive – ähnlich wie Kafka in seiner Erzählung über den Käfer Gregor Samsa.

Entstehung

Der Anstoß für die Erzählung war wohl Kafkas eigene, als erniedrigend empfundene Kindheit und Jugend. Schon früh erwartete der Vater, Besitzer einer kleinen Asbestfabrik, von seinen Sohn, dass er sich für die Familie, insbesondere für deren gesellschaftliche Anerkennung, einsetzte. Ein sehr kritisches Auge warf der Vater deshalb auf Kafkas schriftstellerische Aktivitäten, die seiner Meinung nach mit den Zielen der Familie nicht kompatibel waren. Auch das Interesse des Sohnes für seine jüdische Herkunft war dem nach Anpassung strebenden Vater ein Dorn im Auge. Besonders gespannt war das Verhältnis im Herbst 1912, als der Vater den Sohn drängte, in seiner Fabrik zu arbeiten. Im November und Dezember 1912 schrieb Kafka Die Verwandlung in nur wenigen Tagen nieder. 1915 veröffentlichte er die Parabel in der Zeitschrift Weiße Blätter, die damals von René Schickele geleitet wurde. Der Verlag der Weißen Blätter und der Kurt Wolff Verlag in Leipzig standen einander nahe, und so war Letzterem daran gelegen, die Erzählung so schnell wie möglich als Buch erscheinen zu lassen. Im November 1915 war es so weit: Kafka überarbeitete den in den Weißen Blättern erschienenen Text leicht, und die Erzählung wurde im Doppelband 22/23 der Buchreihe Der jüngste Tag, vordatiert auf 1916, publiziert.

Wirkungsgeschichte

Die Parabel Die Verwandlung gilt heute zusammen mit Das Urteil und In der Strafkolonie als eine von Kafkas wichtigsten Erzählungen, nicht zuletzt weil diese drei Texte mit ihrer ebenso nüchtern-sachlichen wie schonungslosen Präsentation des Leids, das die Fremdbestimmung über den modernen Menschen bringt, die Gattung der Erzählung im 20. Jahrhundert wesentlich beeinflussten. Dennoch war insbesondere der Verwandlung anfangs kein Erfolg beschieden. Die Anthologie, in der der Text abgedruckt wurde, erschien mitten im Ersten Weltkrieg und erhielt kaum Rezensionen. Anfang der 20er Jahre fand der beunruhigende Text im kulturell und moralisch daniederliegenden Deutschland und Österreich nur in Intellektuellenkreisen Beachtung. Auch in der Schweiz war damals expressionistische deutsche Literatur, und dazu zählte man Kafkas Frühwerk, kaum vermittelbar. 1925, ein Jahr nach Kafkas Tod, gab sein langjähriger Freund Max Brod gegen Kafkas ausdrücklichen testamentarischen Willen das Romanfragment Der Prozess und ein Jahr später Das Schloss heraus. Kafka hatte das Erscheinen dieser Romane verschoben, weil er von ihrer Qualität nicht überzeugt war. 1937 verboten die Nationalsozialisten die zwei Jahre zuvor begonnene Kafka-Gesamtausgabe. In Frankreich und England hingegen wurde Kafkas Werk bis 1940 vollständig übersetzt.

Nach 1950 kam Kafkas Werk, das mittlerweile durch die Verbreitung in der angelsächsischen und in der französischsprachigen Welt große Anerkennung erlangt hatte, nach Deutschland zurück. Zwischen 1950 und 1958 besorgte Max Brod die erste deutsche Gesamtausgabe. Aber erst ab Mitte der 60er Jahre wurde Die Verwandlung in deutschen Gymnasien gelesen. Heute ist Kafkas Werk in rund 40 Sprachen übersetzt. Obwohl Kafka die Nähe der Verwandlung zum Theater nie bestritt, war er kein Freund der Visualisierung seiner Texte. Seinem Verleger verbot er sogar, die Erstausgabe mit einer Zeichnung des Insekts zu illustrieren. Dennoch wurde der Stoff seit 1969 in zahlreichen Inszenierungen auf die Theaterbühne gebracht, die auf dem von dem Briten Steven Berkoff adaptierten Text basierten. In Erinnerung blieb insbesondere die Pariser Inszenierung von Roman Polanski im Jahre 1988, in der der Regisseur und Schauspieler auch gleich das Insekt spielte. Von den sieben Verfilmungen, die seit den 60er Jahren entstanden sind, hat keine ein auch nur annähernd so großes Medienecho ausgelöst.

Über den Autor

Franz Kafka wird am 3. Juli 1883 in Prag geboren. Als deutschsprachiger Jude gehört er gleich in doppelter Hinsicht einer Minderheit an. Der Vater Hermann Kafka ist Kaufmann, die Mutter Julie im Geschäft des Vaters tätig; so wächst das Kind in der Obhut verschiedener Dienstboten auf. Der lebenstüchtige Vater bringt für seinen kränklichen, künstlerisch begabten Sohn kein Verständnis auf − ein Konflikt, der das gesamte Werk Kafkas prägen wird. Nach dem Abitur möchte Kafka eigentlich Philosophie studieren, entscheidet sich aber nach dem Willen des Vaters für Jura und promoviert 1906. Danach arbeitet er bei einer Unfallversicherung. Sein Beruf ist ihm eine Last, weil ihm zu wenig Zeit zum Schreiben bleibt; er erledigt die Arbeit aber gewissenhaft. Auf Schaffensphasen, in denen er Nächte durchschreibt, folgen längere unproduktive Abschnitte. 1902 lernt er Max Brod kennen, eine lebenslange Künstlerfreundschaft beginnt. Ab 1908 veröffentlicht er kurze und längere Erzählungen in Zeitschriften und als Buchpublikationen, darunter Die Verwandlung (1915) und Das Urteil (1916). Er beginnt drei Romane, Der Verschollene (später veröffentlicht unter dem Titel Amerika), Der Prozess und Das Schloss, stellt aber keinen fertig – für ihn ein fundamentales Scheitern. Kafkas Beziehungen zu Frauen sind problematisch. 1912 lernt er bei Max Brod die Berlinerin Felice Bauer kennen, mit der er sich zweimal verlobt und wieder entlobt. Auch die weiteren Beziehungen sind nicht von Dauer. 1917 erkrankt er an Tuberkulose. Immer wieder muss er seine berufliche Arbeit unterbrechen, um sich an Ferienorten, in Sanatorien oder bei seiner Schwester Ottla zu erholen. Die gewonnene Zeit kann er aber nicht in gewünschter Weise in Literatur umsetzen. Als er am 3. Juni 1924 stirbt, hat er Max Brod testamentarisch angewiesen, seine unveröffentlichten Manuskripte zu vernichten. Der Freund hält sich nicht daran und ermöglicht so den Weltruhm Franz Kafkas.

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