An der Biegung des großen Flusses
- Roman
- Moderne
Worum es geht
Als der afrikanische Traum zum Albtraum wurde
Der 2018 verstorbene V. S. Naipaul war ein einsamer Mensch. Wer diesen Roman liest, begreift, warum. Ein indischstämmiger Händler erzählt darin vom kurzen Boom und dramatischen Fall eines namenlosen Staates in Zentralafrika. Der junge Mann fühlt sich fremd, isoliert und bedroht, und sein Blick auf das postkoloniale Elend ist gnadenlos. Afrikaner begegnen Ausländern entweder unterwürfig, dreist fordernd oder aggressiv – niemals aber auf Augenhöhe. Ähnlich schlecht kommen die Frauen weg. Das ist oft beklemmend und manchmal unerträglich. Viele warfen dem Literaturnobelpreisträger neben Misogynie auch Rassismus und Verrat an den eigenen Ursprüngen vor – schließlich war er selbst ein heimatloser Grenzgänger, der Jahrzehnte unter der kolonialen Attitüde der Briten gelitten hatte. Und doch greift dieser Vorwurf zu kurz, denn Naipaul schonte niemanden: Er entlarvte die Lebenslügen der Kolonisatoren und Kolonisierten gleichermaßen. Dafür muss man ihn nicht lieben – aber unbedingt lesen.
Zusammenfassung
Über den Autor
V. S. Naipaul wird am 17. August 1932 als Enkel indischer Zwangsarbeiter in Chaguanas auf Trinidad und Tobago geboren. Als 18-Jähriger geht er mit einem Stipendium an das Oxford University College. Doch im Großbritannien der 1950er-Jahre bleibt er ein Außenseiter. Er fühlt sich durch seine karibische Herkunft gedemütigt, was seine Entschlossenheit festigt, sich gegenüber den Briten beweisen zu wollen. Anfang 1955 heiratet er seine Studienfreundin Patricia Hale. Nach Jahren der Geldsorgen und Gelegenheitsjobs landet er 1961 mit dem autobiografischen Roman Ein Haus für Mr. Biswas (A Hourse for Mr Biswas) seinen ersten schriftstellerischen Erfolg. Von nun an reist er kreuz und quer durch das zerfallende britische Empire und schreibt düstere Reiseberichte, unter anderem 1962 Auf der Sklavenroute (The Middle Passage) über Westindien und 1965 Land der Finsternis (An Area of Darkness) über Indien. Für den Erzählband In einem freien Land (In a Free State) erhält er 1971 den Booker Prize, und mit An der Biegung des großen Flusses (A Bend in the River) erscheint 1979 sein umstrittener Roman über die postkolonialen Wirren im damaligen Zaire. Je älter Naipaul wird, desto genussvoller pflegt er sein Image als politisch unkorrekter Misanthrop: Er äußert sich abschätzig über Multikulturalismus und den Islam, Araber, Inder und Kinder, Schwule, Schwarze und Frauen. Außerdem gibt er freimütig zu, dass er seine Ehefrau psychisch misshandelt und seine langjährige Geliebte geschlagen habe – die Meinung anderer Leute ist ihm nach eigener Aussage herzlich egal. Nachdem er jahrzehntelang mit seiner Wahlheimat Großbritannien gerungen hat, kommt er dort 1989 zu höchsten Ehren: Königin Elisabeth II schlägt ihn zum Ritter. 2001 erhält er den Literaturnobelpreis. Am 11. August 2018 stirbt Naipaul in London.
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