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Armut und Hungersnöte
Buch

Armut und Hungersnöte

Poverty and Famines. An Essay on Entitlement and Deprivation

Oxford, 1981
Diese Ausgabe: Oxford UP, 1982 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Ökonomie
  • Moderne

Worum es geht

Den Gründen von Armut und Hunger auf der Spur

Warum müssen heute noch Menschen verhungern? Die Standardantwort auf diese Frage lautet: Weil es nicht genügend Nahrung gibt. Doch mit dieser Erklärung wollte sich der indische Wirtschaftswissenschaftler Amartya Sen Anfang der 80er Jahre nicht mehr zufriedengeben. Aus eigener Erfahrung wusste er, dass bei einer Hungersnot nicht alle Menschen gleich stark vom Nahrungsmangel betroffen sind. Als Kind erlebte er eine solche in Bengalen: Drei Millionen Menschen verhungerten dort in den Jahren 1943/44, aber Sen und seine Klassenkameraden, Angehörige einer privilegierten Schicht, bekamen davon so gut wie gar nichts mit. Dieses Kindheitserlebnis bestimmte Sens Arbeit. In Poverty and Famines sucht er eine plausible Erklärung dafür, warum bestimmte Bevölkerungsgruppen verhungern, während es anderen in der gleichen Region viel weniger schlecht ergeht. Zudem befasst er sich mit der Frage, warum Hungersnöte manchmal sogar ausbrechen können, obwohl sich Nahrungsmenge und Bevölkerungszahl im Vergleich zu den Vorjahren nicht verändert haben. Sens Erklärung: Nicht nur auf die Nahrungsmenge, sondern auch auf die Zugangsrechte zur Nahrung kommt es an. Eine wichtige Rolle spielen also Macht, Kaufkraft und Zugehörigkeit zu bestimmten Bevölkerungsgruppen. Für seine Beiträge zur Wohlfahrtsökonomie wurde Sen 1998 mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften geehrt.

Zusammenfassung

Armut, Hunger und die Frage des Eigentums

Menschen verhungern, wenn sie keine Verfügungsgewalt über genügend Nahrungsmittel haben. Die Verfügungsgewalt bzw. das Zugangsrecht auf Nahrungsmittel leitet sich aus dem Eigentumsrecht ab. So kann etwa das Eigentumsrecht an einem Laib Brot schrittweise darauf zurückgeführt werden, dass der Besitzer ihn bezahlt hat, dass er das dafür notwendige Geld durch den Verkauf von Waren erhalten hat, dass er diese Waren mit der eigenen Arbeitskraft hergestellt hat usw. Prinzipiell gibt es vier Ursachen für Eigentumsrechte: Tausch und Handel, Eigenproduktion, Arbeitskraft oder deren Verkauf und Vererbung.

Anrechte hängen stark vom jeweiligen politisch-ökonomischen System ab. So ist es den Privatpersonen in einem sozialistischen Gemeinwesen nicht erlaubt, Produktionsmittel zu besitzen, während dies im kapitalistischen System gang und gäbe ist. Die moderne Gesellschaft, in der wir leben, gestattet das Anrecht auf Sklavenhaltung nicht; in früheren Epochen war dies oft kein Problem.

Konzepte der Armutsforschung

Es gibt eine Vielzahl von Konzepten, wie Armut definiert und gemessen werden kann. Eines der am weitverbreitetsten ...

Über den Autor

Amartya Sen sagt über sein Selbstverständnis als Wirtschaftswissenschaftler: „Wenn die Leute hören, dass ich Ökonom bin, fragen sie mich, wie sie ihr Geld anlegen sollen. Ich sage ihnen dann, dass ich dazu keinen Rat geben kann und dass mich vielmehr die Leute interessieren, die kein Geld haben, um es anzulegen.“ Sen wird nach eigener augenzwinkernder Angabe bereits in einen Universitätscampus hineingeboren, und zwar am 3. November 1933 im westbengalischen Santiniketan. Dort besucht er die Visva-Bharati-Universität des großen indischen Dichters und Gelehrten Rabindranath Tagore. Seine Studien in Mathematik und Wirtschaftswissenschaft setzt er 1951 am Presidency College in Kalkutta fort. Danach zieht es ihn ins Ausland. 1953 wechselt er ans Trinity College in Cambridge – wo er erst einmal nachsitzen muss: Sein Bachelor-Abschluss wird hier nicht anerkannt. Nach einer Professur in Kalkutta, der Promotion in Cambridge 1959 und einer Forschungszeit am Massachusetts Institute of Technology in den USA wird ihm eine Professur an der Universität von Delhi angeboten. Sen nimmt an und bleibt bis 1971. Seine weitere akademische Karriere führt nach London, Oxford, Harvard und wieder nach Cambridge. Seine Forschungsschwerpunkte sind Wohlfahrtsökonomie, Social-Choice-Theorie und Theorien der wirtschaftlichen Entwicklung. Zu seinen wichtigsten Veröffentlichungen gehören On Economic Inequality (1973), Poverty and Famines (1981) und Development and Freedom (Ökonomie für den Menschen, 1999). 1998 wird dem mit rund 20 Ehrendoktortiteln dekorierten Wissenschaftler der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften verliehen.


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