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Atemschaukel
Buch

Atemschaukel

München, 2009
Diese Ausgabe: Fischer Tb, 2018 Mehr

Literatur­klassiker

  • Roman
  • Gegenwartsliteratur

Worum es geht

Das Trauma des Lagerlebens

Ursprünglich hatten Herta Müller und Oskar Pastior ein gemeinsames Buch geplant. Doch dann starb Pastior 2006, und Herta Müller beschloss, den Roman allein zu schreiben. Als Grundlage für ihre Erzählung von einem jungen Rumäniendeutschen, der 1945 nach Russland deportiert und dort interniert wird, dienten ihr Pastiors Aufzeichnungen aus seiner Zeit in einem sowjetischen Arbeitslager. Auch Herta Müllers Mutter war, wie Zehntausende Rumäniendeutsche, am Ende des Zweiten Weltkriegs nach Russland verschleppt worden, worüber in der Familie allerdings nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wurde. In einer ästhetisierenden Sprache, die die gewohnte Wahrnehmung aufbricht, schildert Herta Müller anschaulich den allgegenwärtigen Hunger, die Entbehrungen und Schikanen durch Lageraufseher. Ihr Roman Atemschaukel, für den sie 2009 den Literaturnobelpreis erhielt, führt vor Augen, wie Menschen im Lager ihrer Würde und Werte beraubt werden und moralisch verwahrlosen. Auf poetische, dabei höchst präzise Weise zeigt er zudem die traumatischen Folgen von Verschleppung und Unterdrückung.

Take-aways

  • Atemschaukel ist der wohl bekannteste Roman der Schriftstellerin Herta Müller.
  • Inhalt: 1945 wird der 17-jährige Rumäniendeutsche Leo Auberg in ein sowjetisches Arbeitslager deportiert. Als Häftling und Zwangsarbeiter durchlebt er quälenden Hunger, Willkür und Entbehrungen. Allmählich passt er sich dem Lagerleben an. Als er fünf Jahre später entlassen wird, sind ihm die Welt und die alte Heimat fremd geworden.
  • Herta Müller stützt sich auf Schilderungen ihrer Mutter und anderer Augenzeugen, vor allem aber auf die Lagererfahrung ihres Schriftstellerkollegen und Freundes Oskar Pastior.

Über die Autorin

Herta Müller wird am 17. August 1953 in Niţchidorf geboren. Ihre Eltern sind Banater Schwaben, die in Rumänien zur deutschen Minderheit zählen. Die ehemals wohlhabende Familie wird 1945 unter dem russischen Regime enteignet, die Mutter in die Sowjetunion deportiert und zu mehrjähriger Zwangsarbeit verurteilt. Der Vater, ein ehemaliger SS-Soldat, arbeitet als LKW-Fahrer. Nach dem Abitur an einem deutschsprachigen Gymnasium, das Herta Müller gegen den Willen der Mutter besucht, studiert sie an der West-Universität Temeswar Germanistik und Rumänistik. Nebenbei schreibt sie auf Deutsch und nimmt an Treffen des linksgerichteten Schriftstellerzirkels „Aktionsgruppe Banat“ teil. 1976 beginnt sie, als Übersetzerin in einer Maschinenfabrik zu arbeiten. Nachdem sie sich mehrfach geweigert hat, für den rumänischen Geheimdienst Securitate Spitzeldienste zu leisten, wird sie 1979 entlassen. Sie beginnt als Aushilfslehrerin an Schulen und unterrichtet privat Deutsch. Ab 1984 ist sie als freie Schriftstellerin tätig. Ihr Debütroman Niederungen (1982) und weitere Veröffentlichungen werden in Rumänien zensiert, sie selbst wird verfolgt und immer wieder verhört. Zusammen mit ihrer Mutter und ihrem zweiten Ehemann, dem Schriftsteller Richard Wagner, reist sie 1987 nach Deutschland aus, doch die Nachstellungen durch die Securitate enden auch hier nicht. Sie lebt in Berlin, nimmt aber immer wieder Gastprofessuren an deutschen und ausländischen Universitäten wahr. Mit ihrem Roman Herztier (1994), für den sie den Kleist-Preis und den International Impac Dublin Literary Award, einen der weltweit höchstdotierten Literaturpreise, erhält, wird Herta Müller erstmals einem breiteren Lesepublikum bekannt. Nach der Scheidung von Wagner 1990 heiratet sie in dritter Ehe Harry Merkle, mit dem sie das Drehbuch zum Film Der Fuchs – Der Jäger (1993) schreibt. 2009 erhält Müller den Literaturnobelpreis für den Roman Atemschaukel.


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