Navigation überspringen
Aufzeichnungen aus dem Kellerloch
Buch

Aufzeichnungen aus dem Kellerloch

Petersburg, 1864
Diese Ausgabe: Fischer Tb, 2008 Mehr

Literatur­klassiker

  • Psychologischer Roman
  • Realismus

Worum es geht

Depressiver Wutbürger anno 1864

Was macht ein Mensch, den die Aufklärung aus religiösen und traditionellen Zusammenhängen herausgerissen hat und der in der schönen neuen Welt der Technik und Naturwissenschaft keinen Halt findet? Er rebelliert. Gegen die Welt, gegen die Gesellschaft, gegen sich selbst. Was aber tut er, wenn er weiß, dass diese Rebellion nur ein romantischer Reflex, ein halbgares Aufbegehren und sinnlose Gefühlsduselei ist? Er resigniert, verbittert, vereinsamt. Dostojewskis namenloser Antiheld in den Aufzeichnungen aus dem Kellerloch ist ein widersprüchlicher, selbstzerstörerischer, zynischer und fieser Charakter. Er ist reflektiert, sich seiner Situation bewusst, doch ihm fehlt jegliche Orientierung. Und das macht ihn im wahrsten Sinne des Wortes asozial. Die einzigen Konstanten sind sein Leid und sein Hass auf sich selbst und die Welt. Heute würde man einen solchen Menschen je nach Ausprägung entweder manisch-depressiv oder Wutbürger nennen.

Take-aways

  • Die Aufzeichnungen aus dem Kellerloch sind die thematische und philosophische Basis für die fünf großen Romane Dostojewskis.
  • Inhalt: Ein zynischer Eremit haust in einer ärmlichen Kellerwohnung und philosophiert über den modernen Menschen und dessen Unzulänglichkeiten. Er erzählt von der für beide Seiten erniedrigenden Begegnung mit einer Prostituierten und versucht sich selbst Rechenschaft abzulegen über die eigene Verkommenheit. Dabei verstrickt er sich permanent in Widersprüche.
  • Der Text besteht aus zwei Teilen: einem Monolog und einer Erzählung.

Über den Autor

Fjodor M. Dostojewski wird am 11. November 1821 als zweites von acht Kindern in einem Moskauer Armenhospital geboren. Nach einer Jugendzeit in ärmlichen Verhältnissen tritt er 1838 gemeinsam mit seinem Bruder in die St. Petersburger Militärakademie ein. Hier zeigt sich bereits sein schriftstellerisches Talent. Nach Abschluss des Studiums wird Dostojewski 1843 im Kriegsministerium angestellt. Dort hält es ihn aber nicht lange: Trotz massiver finanzieller Probleme quittiert er den Dienst bereits ein Jahr später. Sein Ziel: Schriftsteller zu werden. Sein Erstling, der Briefroman Arme Leute (1846), macht ihn schlagartig berühmt. Die intensive Arbeit an weiteren Werken und die Versagensangst führen zu ersten epileptischen Anfällen. 1849 wird er wegen Mitgliedschaft im revolutionären Petraschewski-Kreis, einer Art Geheimbund, zum Tod verurteilt. Buchstäblich in letzter Sekunde, bereits auf dem Richtplatz, wird er jedoch vom Zaren begnadigt und zu vier Jahren Zwangsarbeit sowie vier Jahren Militärdienst verurteilt. Während der Zeit in Sibirien bekehrt er sich zum christlichen Glauben. 1854 lernt er Marja Dimitrijewna kennen, die er 1857 heiratet. Nach Beendigung des Militärdienstes kehrt er 1859 nach Moskau zurück. Die Aufzeichnungen aus einem Totenhaus, eine Beschreibung seiner Verbannung nach Sibirien, erscheinen 1861 in der von Dostojewski gegründeten Zeitschrift Vremja. Im nächsten Jahr unternimmt er seine erste Europareise und ein Jahr darauf die zweite. Dostojewski ist ein Spieler, der sich wegen seiner Sucht hoch verschuldet. Nach der dritten Europareise erscheint 1866 der Roman Schuld und Sühne in der Zeitschrift Russkij vestnik. Der Roman Der Spieler wird im selben Jahr veröffentlicht. Bis 1871 reist Dostojewski auf der Flucht vor seinen Gläubigern durch Europa und hält sich unter anderem in Florenz auf, wo er seinen Roman Der Idiot verfasst. Die Romane Die Dämonen (1871) und Die Brüder Karamasow (1879) werden große Erfolge. Am 9. Februar 1881 stirbt Dostojewski in St. Petersburg an den Folgen seiner Epilepsie und einem chronischen Lungenleiden.


Kommentar abgeben oder Diskussion beginnen

Mehr zum Thema

Verwandte Kanäle