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Boris Godunow
Buch

Boris Godunow

St. Petersburg, 1831
Diese Ausgabe: Reclam, 2013 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Drama
  • Romantik

Worum es geht

Eine Deutung der Geschichte

Das Stück könnte auch „Der falsche Dimitri“ heißen. Denn dieser angebliche Zarensohn ist die eigentliche Hauptperson von Puschkins Drama. Zar Boris Godunow, der den wahren Dimitri ermorden ließ, reagiert lediglich auf den Vorstoß des falschen Dimitri und dessen Griff nach der Macht. Boris Godunow ist ein Historiendrama, wie man es von Schiller oder Shakespeare kennt. An Letzterem hat sich Puschkin vor allem orientiert. Er nannte das Stück sein Lieblingswerk – und es ist eines seiner bekanntesten geworden. Puschkin wurde damit zum Begründer der russischen Literatur, denn zuvor sprach und schrieb die russische Oberschicht nur Französisch. Trotz des historischen Gewands hat das Stück starke zeitgeschichtliche Bezüge: Fast zeitgleich mit Puschkins Niederschrift 1825 fand der Dekabristenaufstand gegen das Zarenregime statt. Puschkin stand den Dekabristen nahe. So entspricht es auch deren autoritätskritischem Denken, dass das Volk im ganzen Stück eine tragende Rolle spielt.

Zusammenfassung

Godunows Griff nach der Macht

An einem Februartag des Jahres 1598 unterhalten sich die Fürsten Schuiski und Worotynski im Kremlpalast über die politischen Ereignisse der jüngsten Zeit. Vor gut einem Monat starb der kinderlose Zar Feodor. Der Thronfolger, Feodors jüngerer Halbbruder Dimitri, ist bereits sieben Jahre zuvor in der Stadt Uglitsch an der Wolga ermordet worden. Auftraggeber war der Schwager des Zaren, der Adlige Boris Godunow. Schuiski weiß über die Hintergründe so genau Bescheid, weil er seinerzeit die Ermittlungen wegen der Ermordung geleitet hat. Nach dem Tod von Zar Feodor hat sich Godunow in das Neujungfrauenkloster in Moskau zurückgezogen, wo sich auch die trauernde Zarenwitwe aufhält.

Das Volk in Moskau kennt die Hintergründe von Dimitris Tod nicht. Die Vertreter der adligen Bojaren und der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche Moskaus beknien Godunow regelrecht, den verwaisten Thron zu übernehmen. Er ist der Bruder der Zarenwitwe, weshalb er als Schwager des verstorbenen Feodor bereits nahe am Thron steht. Nur der ermordete Dimitri hätte ihn an...

Über den Autor

Alexander Puschkin wird am 6. Juni 1799 in Moskau geboren. Sein Vater entstammt einem alten russischen Adelsgeschlecht. Der kleine Alexander hat blaue Augen und braun gelocktes Haar. Diese Locken verraten seine äthiopische Abstammung: Puschkins Urgroßvater mütterlicherseits war der Mohr von Peter dem Großen, ein Umstand, den Puschkin später literarisch verarbeiten wird. Wie es für adlige Kinder typisch ist, verbringt Puschkin viel Zeit mit seiner Amme, die ihn mit russischer Volksdichtung bekannt macht. Die Alltagssprache des russischen Adels dagegen ist Französisch. 1811 tritt Alexander in das neu gegründete Lyzeum Zarskoje Selo ein. Die geistig frische Atmosphäre inspiriert den jungen Mann. Er knüpft Freundschaften, die ein Leben lang halten werden. Puschkins literarisches Talent zeigt sich, als er seine ersten Gedichte veröffentlicht. Er besucht Veranstaltungen des Literatursalons „Grüne Lampe“ und sympathisiert mit den Dekabristen, einer Bewegung junger Adliger und Offiziere, die erfolglos gegen das autokratische Zarensystem revoltieren. 1820 erscheint sein märchenhaftes Versepos Ruslan und Ljudmila. Außerdem schreibt Puschkin in dieser Zeit patriotische Gedichte und Liebeslyrik, aber auch Subversives: Wegen eines literarischen Angriffs auf die Obrigkeit wird er von seiner Sekretärsstelle im Auswärtigen Amt nach Jekaterinoslaw (in der heutigen Ukraine) versetzt. 1823 beginnt Puschkin mit der Arbeit an seinem Hauptwerk Eugen Onegin, einem Versroman, der erstmals 1833 vollständig erscheint. Bereits 1831 wird sein Drama Boris Godunow veröffentlicht. Nach einer Audienz beim Zaren darf er wieder in Moskau und St. Petersburg leben, sein Werk wird jedoch zensiert. Nach zahlreichen Liebschaften heiratet Puschkin 1831 die schöne und reiche Adlige Natalja Gontscharowa. Das Paar zieht nach St. Petersburg. Zeitlebens leidet Puschkin unter Zensur und geistiger Enge. Erst 1836 erlaubt man ihm, eine Literaturzeitschrift mit dem Namen Der Zeitgenosse herauszugeben. Am 10. Februar 1837 stirbt Puschkin, der sich zu Lebzeiten mindestens 30-mal duelliert hat, an den Folgen eines Duells mit einem französischen Gardeoffizier.


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