Regelbrüche kommen in Organisationen häufig vor, ja sie sind sogar für deren Funktionieren absolut notwendig, sagt Stefan Kühl. Er vergleicht es mit einem neu eröffneten Park: Die offiziellen Wege sind das Regelwerk, die entstehenden Schleichwege und Abkürzungen der Spaziergänger werden aber dennoch akzeptiert. Der Autor entschuldigt sich bereits in der Vorrede, dass sein Buch sich sowohl an Wissenschaftler als auch an Praktiker richtet – und deshalb die Kritik beider auf sich ziehen wird. Doch der Spagat ist ihm geglückt. Ein lesenswertes Buch nicht nur für Compliance-Verantwortliche.
Brauchbare Illegalität sind Regelverstöße, die der Organisation nutzen.
Heinrich von Kleists Theaterstück Prinz Friedrich von Homburg beschreibt sehr schön die Tücken und Beweggründe einer Regelabweichung: Der Prinz von Homburg greift als General der Kavallerie die schwedischen Truppen an, obwohl sein Kurfürst explizit befohlen hat, auf seinen Befehl zu warten. Der Prinz gewinnt die Schlacht, die Schweden fliehen, dennoch verurteilt der Kurfürst seinen General wegen Befehlsverweigerung zum Tode. Wer gegen dieses Urteil einwendet, der Sieg habe dem Prinzen nachträglich Recht gegeben, denkt zu kurz: Der Kurfürst kann ja nicht wissen, ob der Prinz nicht einfach nur aus persönlicher Geltungssucht gehandelt hat. Und hätte man die schwedische Armee nicht besser vernichtend schlagen sollen, statt sie fliehen zu lassen?
Auch in Unternehmen und anderen Organisationen ist der Regelbruch ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ist er illegal, weil er die Normen der Organisation verletzt. Andererseits ist er notwendig, weil nicht alles und jedes mit formalen Vorschriften geregelt werden kann. Der Regelbruch nutzt der Organisation, obwohl er ihren Regeln...
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