Wer wirklich wissen will, was sich hinter dem Buzzword Cancel-Culture verbirgt, kommt an diesem Buch nicht vorbei. Hellsichtig und präzise analysiert Adrian Daub die Rede vom Canceln, ihre Herkunft, ihre politischen Implikationen und die gravierenden Einflüsse auf Medien und Debattenkultur. Dabei zeigt er auf, wie Texte über Cancel-Vorfälle funktionieren, was sie aussparen und welche Auswirkungen das hat. Ein herausforderndes Buch, das dazu einlädt, auch andere Diskurse kritisch und vor allem nüchtern zu betrachten.
Die Debatte um Cancel-Culture verzerrt die Realität und schürt eine moralische Panik.
Cancel-Culture ist in Deutschland seit 2019 ein Thema, vor allem in den Medien. Tausende Artikel haben sich damit beschäftigt, im Fernsehen wurde über Wokeness und die Selbstgerechtigkeit der Linken diskutiert, der Philosoph Richard David Precht sah einen neuen autoritären Moralismus aufziehen. Diese Debatte ist problematisch, weil sie ein verzerrtes Bild der Realität abgibt. Gegner der Cancel-Culture nutzen die Diskussion über das, was sie angeblich nicht mehr sagen und schreiben dürfen, dafür, um ihren Positionen Aufmerksamkeit zu verschaffen und sie zu legitimieren. Sie scheuen nicht davor zurück, unüberprüfte Einzelfälle aus ihrem Kontext zu lösen und damit ihre Thesen zu untermauern. Was nicht ins Bild passt, lassen sie dagegen oft unter den Tisch fallen.
Auf diese Weise lenken sie von wichtigen gesellschaftlichen Themen unserer Zeit ab. Die Gegner der Cancel-Culture schüren eine moralische Panik wie schon in den 1990er-Jahren beim Diskurs über politische Korrektheit. Die Debatte um Cancel-Culture behandelt alte Ängste in neuem Gewand und sie läuft seit 30 ...
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