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Das Hotel New Hampshire

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Das Hotel New Hampshire

Diogenes Verlag,

15 Minuten Lesezeit
12 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Sie denken, Ihre Familie sei ein bisschen verschroben? Nun, dann machen Sie Bekanntschaft mit den Berrys, und schon sind Sie und Ihre Lieben die normalste Truppe der Welt …


Literatur­klassiker

  • Roman
  • Gegenwartsliteratur

Worum es geht

Eine total skurrile Familiengeschichte

Bären, die Motorrad fahren, furzende Hunde, die wiederauferstehen, Geschwister, die sich lieben, und österreichische Terroristen - es gibt fast nichts, das es nicht gibt im Hotel New Hampshire! John Irving erfand die wunderbare Geschichte der Familie Berry, die Vater Wins Traum nachjagen muss, ein glamouröses Hotel zu führen. Für ihn verkörpert ein solcher Betrieb Geborgenheit, Sicherheit und Luxus: alles, was er sich für seine Familie immer gewünscht hat. Aber auch wenn Win es eigentlich immer nur gut meint - mit seiner Jagd nach dem unerreichbaren Traum vom Luxus schadet er seiner Familie mehr, als er ihr Gutes tut. Irving zählt zu den beliebtesten und meistgelesenen Autoren der zeitgenössischen amerikanischen Literatur. Seine Bücher sprudeln nur so von originellen Ideen, von ebenso phantasievollen wie bizarren Geschichten. Doch trotz aller Absurdität, trotz schier unglaublicher Zu- und Unfälle driftet Das Hotel New Hampshire nie in die sensationslüsterne Trivialität von Kitsch oder derben Zoten ab. Im Gegenteil: Die Familiengeschichte mit ihren liebevoll gestalteten Charakteren und grotesken Einfällen zieht den Leser unweigerlich in ihren Bann.

Take-aways

  • John Irving ist einer der berühmtesten Vertreter der zeitgenössischen amerikanischen Literatur.
  • Das Hotel New Hampshire erzählt die Geschichte der Familie Berry, die ein Hotel nach dem anderen eröffnet, um Vaters Traum von Luxus und Geborgenheit zu befriedigen.
  • Während die Berrys im ersten Hotel New Hampshire leben, wird die älteste Tochter vergewaltigt und der Großvater stirbt.
  • Bevor das zweite Hotel gleichen Namens in Wien eröffnet werden kann, stürzen die Mutter und der jüngste Sohn mit dem Flugzeug ab.
  • Der Rest der Familie Berry fällt in Wien um ein Haar einem Terroranschlag zum Opfer.
  • Zurück in den USA wird die jüngste Tochter, Lilly, zu einer berühmten Schriftstellerin. Sie scheitert aber an ihren Ansprüchen an sich selbst und bringt sich um.
  • Die Geschwister John und Franny, die sich schon als Teenager zueinander hingezogen fühlen, verbringen eine leidenschaftliche Liebesnacht miteinander.
  • Mit der Eröffnung des dritten Hotels New Hampshire scheint der Traum des inzwischen blinden alten Vaters doch noch wahr zu werden.
  • Der Roman ist allen Gewalt- und Sexszenen zum Trotz ein sehr melancholisches und humorvolles Buch.
  • Irvings Spezialität ist es, seine Geschichten mit skurrilen Charakteren zu bevölkern, die vom Leser sofort ins Herz geschlossen werden.
  • Wie in seinen anderen Romanen kommen auch in Das Hotel New Hampshire bestimmte autobiographische Elemente vor.
  • Der Roman, der 1984 verfilmt wurde, wird von vielen als das beste Werk des Autors angesehen.

Zusammenfassung

Die Familie Berry

Mary und Win Berry leben mit ihren fünf Kindern im beschaulichen Örtchen Dairy in New Hampshire. Win hat es trotz eines Studiums in Harvard nur bis zum Lehrer des lokalen College geschafft. Sein Vater, Coach Bob oder Iowa-Bob genannt, ist dort der Trainer des Footballteams. Der älteste Sohn Frank ist ein etwas spröder und verklemmter Junge, der vor allem wegen seiner merkwürdigen Wortwahl ständig von seiner jüngeren Schwester Franny geneckt wird. Franny, die älteste Tochter, ist das totale Gegenteil von Frank: Sie hat vor nichts und niemandem Angst und verfügt über eine recht große Klappe. Besonders Fluchwörter und anzügliche Ausdrücke haben es ihr angetan. Ihr jüngerer Bruder John, der Erzähler der Geschichte, liebt und bewundert Franny bedingungslos. Ständig stecken die zwei zusammen und verstehen sich blind, auch wenn Franny John stets überlegen ist und ihn "den Kleinen" nennt. Die zwei jüngsten Kinder Lilly und Egg machen die Familie Berry komplett. Lilly ist ein zartes und liebliches Kind, das sich gerne erwachsen gibt. Da sie aber von sehr kleiner Statur ist, wird sie nur bedingt ernst genommen; meistens bemerkt man sie kaum. Egg ist im Grunde genommen der unauffälligste Spross der Familie, auch wenn er in seinen späteren Kinderjahren einen Hang zu Verkleidungen entwickelt und aufgrund seiner Schwerhörigkeit alle mit seinem ständigen "Was?" nervt. Mit von der Partie ist auch ein Hund namens Kummer, ein treuer und phlegmatischer Labrador, unter dessen Mundgeruch und ständiger Furzerei alle zu leiden haben.

Das erste Hotel New Hampshire

Schon während seines ersten Ferienjobs in dem Hotel Arbuthnot-by-the-Sea, in dem er Geld für sein Harvard-Studium verdient, ist Win Berry besessen von dem Gedanken, ein erfolgreicher Hotelier zu werden. In jenem Hotel lernt Win nicht nur seine Frau Mary kennen, sondern auch den jüdischen Schausteller Freud und dessen Motorrad fahrenden Bären Earl. Win und Mary lassen sich bezaubern von dem Glanz, den das Hotel und seine Gäste ausstrahlen. Als Freud während des Ersten Weltkriegs nach Österreich zurückkehrt, verkauft er den beiden seinen Bären. Mit Earl reist Win von Hotel zu Hotel, um sein Studium und seine immer größer werdende Familie finanzieren zu können. Nach der Studienzeit dauert es noch einige Jahre, bis er seinen Traum vom eigenen Hotel verwirklichen kann. Es ist die ehemalige Mädchenschule von Dairy, die Win zu einem Hotel umfunktioniert, obwohl sich das Gebäude als denkbar ungeeignet für diesen Zweck entpuppt: In allen Zimmern gibt es Schultafeln und eine Gegensprechanlage, die Toiletten im obersten Stockwerk sind für kleine Mädchen konstruiert (weshalb sie von der Familie als "Elfenklos" bezeichnet werden) und Stühle und Tische sind am Boden festgeschraubt. Doch diesen widrigen Umständen und der Tatsache, dass das Hotel nicht gerade traumhaft gelegen ist, zum Trotz zieht Win mitsamt Frau, Kindern, Hund und Coach Bob dort ein.

Probleme der Berry-Kinder

Den Kindern, allen voran Franny und John, gefällt es ausnehmend gut im Hotel New Hampshire: Das riesige Gebäude bietet viel Platz zum Rumtoben, und besonders die Gegensprechanlage hat es den beiden angetan. Mit ihrem älteren Bruder Frank, der mittlerweile 16 ist, können die beiden nicht viel anfangen. Frank entwickelt sich immer mehr zum Außenseiter, der nirgendwo hineinzupassen scheint. Er widmet sich ganz seinen Biologiestudien und spielt im Schulorchester mit, um eine Uniform tragen zu können. Niemand ist wirklich erstaunt, als Frank verkündet, dass er homosexuell ist. Auch die kleine Lilly macht Probleme: Sie wächst einfach nicht und isst sehr wenig. Als bei ihr die Diagnose "Zwergwuchs" gestellt wird, kümmert sie das kaum. Der jüngste Berry, Egg, hat Hörprobleme. Nervtötender noch als sein ständiges "Was?" ist für die Familie seine Angewohnheit, Kleidungsstücke verschwinden zu lassen, die er dann seinem Stoffbären anzieht.

„‚Wenn du nur jetzt mehr Zeit für die Kinder aufbrächtest’, sagte Mutter ruhig, ‚anstatt dir dauernd Gedanken zu machen, was in ein paar Jahren mit ihnen allen sein wird.’“ (S. 87)

Alles in allem geht es der Familie aber gut. Bis Franny etwas Furchtbares zustösst. Sie und John rennen in der Halloweennacht durch das kleine Wäldchen von Dairy und treffen dort ausgerechnet auf den vulgären Schönling Chipper Dove und seine Footballfreunde. Er und zwei seiner Mannschaftskollegen vergewaltigen Franny; John wird zunächst festgehalten, kann aber schließlich doch noch Hilfe holen. Er wendet sich an Junior Jones, einen schwarzen Footballspieler, dessen Schwester ebenfalls geschändet wurde und der seither mit seinen Freunden unbarmherzig gegen Vergewaltiger vorgeht. Für Franny jedoch kommt die Hilfe zu spät: Als das Rettungskommando naht, hat sich Chipper Dove bereits aus dem Staub gemacht und das Feld seinen zwei Kollegen überlassen.

Kummer, der Unglückshund

Franny versucht auf ihre eigene Art, mit der Vergewaltigung zurechtzukommen. Sie weigert sich, das Wort in den Mund zu nehmen, und sagt, sie sei nur "verprügelt" worden, ohne in ihrem Inneren berührt worden zu sein. Frank möchte Franny ihren Trostspender Kummer wieder zurückgeben: Kummer wurde in der Unglücksnacht wegen seiner furchtbaren Furzerei eingeschläfert, sehr zum Bedauern von Franny, die als Einzige Kummers Gestank ertragen konnte. Frank, ganz der besessene Biologe, betätigt sich als Tierpräparator und stopft Kummer aus. Leider misslingt ihm die Pose gründlich: Statt ihn als friedlich dösenden Hund herzurichten, lässt Frank den gutmütigen Labrador als Bestie mit fletschenden Zähnen wiederauferstehen.

„Frank plärrte etwas, und Coach Bob sagte: ‚Aber wenn du einem Mädchen an die Titten gehst, Junge, darfst du dich nicht wundern, wenn du eins auf die Nüsse kriegst, das ist doch klar, oder?’“ (S. 92)

John macht Frank klar, dass Kummer in diesem Zustand unmöglich der Familie präsentiert werden kann, worauf Frank das Tier vorläufig in Coach Bobs Schrank versteckt. Es kommt, wie es kommen muss: Eines Morgens, als sich Coach Bob bei seinem täglichen Hanteltraining in seinem Zimmer befindet, öffnet sich die Schranktür und der gruslige Kummer fällt dem Grossvater vor die Füße. Coach Bob, der nichts von Franks Präparationsaktion wusste, fällt vor Schreck tot um. Nach Bobs Beerdigung soll Kummer im Abfall seine letzte Ruhestätte finden. Doch er bleibt nicht lange dort: Egg nimmt sich nun des Hundes an und versteckt den inzwischen vom Regen durchweichten Tierkörper wieder im Hotel.

Kummer schwimmt obenauf

Wegen Coach Bobs Tod verbringt die Familie Berry Weihnachten auf eine etwas ruhigere Art und Weise. Auf die Sylvesterfeier wollen sie aber doch nicht verzichten. Sie veranstalten eine Party, zu der Junior Jones, der mittlerweile ein guter Freund von Franny und John geworden ist, dessen Schwester Sabrina und die Hotelbelegschaft eingeladen sind. John macht sich Hoffnungen, bei Juniors Schwester Sabrina seine sexuellen Erfahrungen auszuweiten. Bisher hat er sich mit dem nicht mehr ganz taufrischen Zimmermädchen Ronda Ray vergnügt, deren Dienste für ihn zudem nicht gratis waren. John bekommt von Sabrina tatsächlich eine Lektion im Küssen. Die neuen Fähigkeiten probiert er sofort an Bitty Tuck aus, der großbusigen Freundin seiner Schwester. Diese ist so begeistert von Johns Küsskunst, dass sie einen Schritt weiter gehen will. Einen Schritt, den Kummer erfolgreich vereitelt: Bitty fällt nämlich in Ohnmacht, als sie den inzwischen ziemlich in Mitleidenschaft gezogenen Hund ausgerechnet in der Badewanne entdeckt.

„‚Und wir können auch die Waschbecken und Toiletten gebrauchen’, beteuerte Vater hartnäckig. ‚Wer kann sie gebrauchen?’ fragte Mutter. ‚Zwerge?’ sagte Coach Bob.“ (S. 104)

Richtig aufregend wird es für die Familie Berry, als Win einen Brief seines alten Freundes Freud erhält. Der österreichische Jude hat inzwischen in Wien ein eigenes Hotel eröffnet und lädt Win ein, ihm beim Management unter die Arme zu greifen. Win, dem mittlerweile klar geworden ist, dass aus seinem Hotel New Hampshire niemals ein gut gehendes Haus werden wird, sieht in Freuds Angebot die Chance, seinen Traum zu verwirklichen. Kurzerhand verkauft er das Hotel New Hampshire und reist mit seiner Familie nach Wien. Doch nicht alle Berrys kommen heil dort an: Das Flugzeug, in dem Mary und Egg reisen, stürzt über dem Atlantik ab. Die Leichen wären kaum gefunden worden, wäre da nicht wieder einmal Kummer gewesen: Von Egg auf die Reise mitgenommen, führt der auf dem Meer treibende Tierkörper die Suchtrupps direkt zum Wrack.

Das zweite Hotel New Hampshire

Die übrigen Familienmitglieder werden in Wien mit weiteren Überraschungen der unangenehmen Art konfrontiert: Freud ist merklich gealtert und dazu auch noch erblindet, das Hotel, das er führt, lässt sich bestenfalls als Bruchbude beschreiben und liegt in einer unbedeutenden Seitenstraße. Hilfe bekommt Freud einzig von Susie, dem Bären. Susie ist eigentlich eine junge Frau, die das Leben nur erträgt, wenn sie in einem Bärenkostüm steckt. Sie mag keine Männer und ist dafür umso mehr an Franny interessiert. Ihre burschikose Art finden die Kinder zu Beginn etwas abschreckend, sie stellen aber schnell fest, dass Susie im Grunde ein herzensguter Bär/Mensch ist, der einfach nur sehr unter seinem schlechten Aussehen leidet. Susie ist nicht die einzige außergewöhnliche Person im Hotel. Eine ganze Etage wird von einer Gruppe Prostituierter bewohnt, eine andere von den so genannten "Radikalen". Was die Radikalen machen, weiß niemand so genau. Täglich erscheinen sie morgens im Hotel und verbringen den Tag an ihren Schreibmaschinen. "Radikale" werden sie deswegen genannt, weil sie mit harten Worten eine Ideologie unter die Menschen bringen wollen, deren Kernaussage unklar ist. Die Kinder fühlen sich in dieser Umgebung natürlich alles andere als wohl und wollen zurück in die USA. Doch Vater Berry hat sein Geld bereits in den Umbau des Hotels investiert - der Weg zurück ist der Familie versperrt.

Sieben Jahre in Wien

Frank, Franny, John und Lilly bleibt nichts anderes übrig, als sich mit der neuen Heimat abzufinden. Die Geschwister rücken näher zusammen und verstehen sich besser. Selbst Frank wird umgänglicher. Die Kinder gehen in Wien zur Schule und später auf die Universität, wo Frank sich für Volkswirtschaft entscheidet, während Franny, John und Lilly Literatur studieren. Das Hotel läuft auch nach der Umstrukturierung nicht besonders gut. Wins Traum vom prunkvollen Gastbetrieb ist wieder einmal in weite Ferne gerückt. So gehen sieben Jahre ins Land. Vielleicht wären die Berrys noch längere Zeit in Wien geblieben, wäre nicht die Sache mit den Radikalen passiert ...

„Sie sei ‚verprügelt’ worden - mehr ließ Franny nicht zu, obwohl keinem verborgen blieb, was tatsächlich gewesen war; doch so wurde es nie offiziell.“ (S. 159)

Von einer der Radikalen erfährt John, was die Gruppe in Wirklichkeit vorhat: Sie will mit einer Autobombe die Wiener Oper in die Luft sprengen, um ihre Sache in die Schlagzeilen zu bringen. Um weltweite Aufmerksamkeit zu erreichen, sollen bei der Terroraktion auch die Berrys getötet werden. John erzählt seiner Familie, Freud und Susie von dem schrecklichen Plan. Gemeinsam wird beschlossen, so schnell wie möglich aus Wien zu verschwinden. Doch die Terroristen bekommen Wind von der geplanten Flucht und nehmen die Berrys kurzerhand als Geiseln. In letzter Sekunde gelingt es dem blinden Freud, mit einer selbstlosen Aktion die Bombe in die Luft zu sprengen. Er selbst kommt dabei ums Leben und Win Berry verliert sein Augenlicht, doch größere Verluste können erfolgreich verhindert werden. Als Helden kehren die Familienmitglieder samt Susie in die USA zurück.

Das letzte Hotel New Hampshire

Dank einem Buch, das Lilly in Wien über ihre Familie geschrieben hat und das von Frank geschickt vermarktet worden ist, kommen die Berrys unverhofft zu Geld. Im Stanhope Hotel in New York, wo sie sich niedergelassen haben, beginnen die Kinder endlich mit der Vergangenheitsbewältigung. John und Franny, die sich schon immer zueinander hingezogen fühlten, überwinden die fatale Geschwisterliebe, indem sie eine leidenschaftliche Nacht miteinander verbringen. Chipper Dove, der John zufällig in New York über den Weg läuft, bekommt in einer von den Geschwistern geschickt ausgetüftelten Racheaktion sein Fett weg. Nur Lilly kämpft weiterhin vergeblich mit ihrer Vergangenheit und den Ansprüchen, die sie an sich selbst als Schriftstellerin stellt. Eines Nachts springt die inzwischen gefeierte Autorin aus einem Fenster im 14. Stock des Stanhope Hotels.

„Warum muss Frank immer alle mit dem verdammten Hund überrumpeln? Warum kann er nicht einfach sagen: ‚Jetzt zeig ich dir Kummer’, und dann das verdammte Ding herbringen - wenn wir alle darauf vorbereitet sind, Himmel nochmal!“ (Win, S. 287 f.)

Der erblindete Vater Win hat seinen Traum vom gut gehenden eigenen Hotel immer noch nicht ganz vergessen. Um seine Phantasie endlich Wirklichkeit werden zu lassen, kaufen Frank, John und Franny das heruntergekommene Hotel Arbuthnot-by-the-Sea. John, inzwischen 40 Jahre alt und verheiratet mit Susie dem Bär, gaukelt seinem Vater vor, das Hotel - das sie natürlich in "Hotel New Hampshire" umgetauft haben - laufe großartig und werde von illustren Gästen bevölkert. In Wahrheit haben er und Susie dort eine Zufluchtsstätte für Vergewaltigungsopfer eingerichtet. Franny wird dank ihrer Rolle in der Verfilmung von Lillys Buch ein Star und heiratet Junior Jones. Sie wird schwanger und möchte, dass ihr Baby in einer Umgebung aufwachsen kann, in der mindestens ein Elternteil immer da ist - für sie und Junior wäre das unmöglich zu bewerkstelligen. So kommt es, dass John und Susie Frannys Kind zu sich nehmen und die Überlebenden der Berrys schließlich doch noch ihr Glück finden.

Zum Text

Aufbau und Stil

Das Hotel New Hampshire besteht aus zwölf Kapiteln. Neun Kapitel spielen in den USA, die übrigen drei berichten von der intensiven Zeit in Wien. Der Roman ist in der Ich-Form geschrieben, der Erzähler ist der 40-jährige John Berry, der rückblickend und in chronologischer Reihenfolge die Familiengeschichte erzählt. Er fungiert auch als Vermittler zwischen Leser und Geschichte, indem er nicht nur berichtet, sondern auch erklärt und interpretiert. Um dem Leser die Motivation seines Vaters zu erklären, ein eigenes, gut gehendes Hotel zu führen, beginnt er seine Erzählung dort, wo sich sein Vater und seine Mutter kennen gelernt haben, - und führt gleich mit einem Schlag das wichtigste Personal des Romans ein: "In jenem Sommer, als mein Vater den Bären kaufte, war noch keiner von uns auf der Welt - wir waren noch nicht mal gezeugt: weder Frank, der älteste, noch Franny, die lauteste, noch ich, der nächste, noch die jüngsten von uns, Lilly und Egg."

Interpretationsansätze

  • Das Hotel New Hampshire ist viel mehr als nur ein Familienroman, es ist auch ein psychologischer Roman. Die Träume, die im Buch vorkommen, sowie die Figur des Juden Freud sind Anspielungen auf Sigmund Freud und seine Traumdeutung. Mit der Geschichte der Berrys illustriert Irving, dass nicht alle Träume gelebt werden können: Mitunter zerplatzen sie wie Seifenblasen, die man zu greifen versucht.
  • Irving beschreibt die Sehnsucht der Menschen nach Sicherheit und Beständigkeit - und obwohl sie alles daran setzen, dieses Bedürfnis zu befriedigen, tritt stets das genaue Gegenteil ein.
  • Erst im Stanhope Hotel, wo sie nicht als Besitzer, sondern als Gäste residieren, finden die Geschwister Berry einen Ort, an dem sie - mehr oder minder erfolgreich - ihr Leben selbst in die Hand nehmen und die Vergangenheit aufarbeiten können. Für Lilly bedeutet diese Aufarbeitung den Tod; John und Franny hingegen überwinden durch eine Liebesnacht ihre Geschwisterliebe.
  • Das Motiv der Vergewaltigung zieht sich durch den ganzen Roman - bis John und Susie der Kette des Leids ein Ende setzen, indem sie statt eines Hotels ein Heim für Vergewaltigungsopfer einrichten. Aus den Luftschlössern, die Win zeit seines Lebens gebaut hat, wird so doch noch ein friedvoller Ort, der Menschen Heimat, Sicherheit und Geborgenheit bieten kann.
  • An John Irving scheiden sich die Geister: Bewunderer sehen in ihm eine Art Charles Dickens der amerikanischen Literatur. Wie Dickens benutze Irving überzeichnete Charaktere und packe sie in eine atmosphärisch dichte und manchmal vor Skurrilität beinahe überbordende Erzählung. Seine Kritiker sehen in ihm dagegen einen populistischen Perversling, der nur deshalb so viel Sex und Gewalt in seine Bücher packt, um ein noch größeres Publikum zu erreichen.

Historischer Hintergrund

Die 70er und 80er in den USA: Kriege, Affären und Sehnsucht nach Stabilität

Die 1970er Jahre waren für die USA ziemlich turbulent. Die Watergate-Affäre um den damaligen Präsidenten Richard Nixon war einer der größten Politskandale der Nachkriegszeit, der das Vertrauen der Bevölkerung in die politische Führung nachhaltig erschütterte. Fast gleichzeitig mussten die USA auch außenpolitisch einige Schläge einstecken: Sie konnten den Vietnamkrieg augenscheinlich nicht gewinnen und mussten - für sie mehr als ungewohnt - ihre Truppen mit Schimpf und Schande abziehen sehen. Danach wurde es etwas ruhiger, was die militärischen Interventionen betraf, umso kritischer wurde dafür das Verhältnis zur Sowjetunion. Unter Präsident Ronald Reagan erreichte der Kalte Krieg seinen Höhepunkt, die USA und die UdSSR lieferten sich über Jahre einen Aufrüstungswettkampf.

Innenpolitisch lautete die Parole in den 1980er Jahren "Neokonservatismus". Diese politische Strömung definiert sich hauptsächlich über das Hochhalten von Traditionen und Familie sowie eine patriotische Einstellung. Dessen ungeachtet kam die amerikanische Gesellschaft nicht darum herum, sich den sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen anzupassen und ihr traditionelles Gesellschafts- und Familienbild zu überdenken. Heute sind Patchworkfamilien und Alleinerziehende dort keine Ausnahme mehr.

An dem Bedürfnis der Amerikaner nach Sicherheit hat dies allerdings nichts geändert. Präsident Reagan hat in den 80er Jahren eine Law-and-Order-Politik eingeführt, die zwar Früchte trägt, aber auch große Auswirkungen auf das tägliche Leben der Amerikaner hat. Die Regulierung nimmt zuweilen absurde Formen an und schränkt in Einzelfällen die Freiheit der Presse und der Kunst ein.

Entstehung

Dass John Irving heute zu den bekanntesten zeitgenössischen Schriftstellern zählt und eine riesige Fangemeinde hat, verdankt er einem klugen Schachzug. Unglücklich mit seinem Verleger Random House, wechselte er 1978 zum Dutton Verlag. Sein dortiger Lektor gab das Manuskript von Garp und wie er die Welt sah seiner Putzfrau weiter - und weil diese total begeistert war, entschloss sich der Verlag, den Namen Irving mit einem großen Werbebudget zu promoten. Tatsächlich wurde Garp Irvings erster internationaler Bestseller, der Autor war von einem Tag auf den anderen einem breiten Publikum ein Begriff. Irving hatte nach dem Welterfolg von Garp keine finanziellen Sorgen mehr und konnte sich ganz dem Schreiben widmen. Drei Jahre später erschien Das Hotel New Hampshire.

Für die Geschichte von Das Hotel New Hampshire griff der Autor auf Erlebnisse aus seinem eigenen Leben (etwa auf seinen Studienaufenthalt in Wien) zurück - was auch in seinen anderen Büchern immer wieder festzustellen ist: Bekannt ist z. B. Irvings Liebe zum Ringsport. Irving sieht zwischen dem Ringen und dem Schreiben Parallelen: Das Verfassen seiner Romane ist für ihn nicht nur Vergnügen, sondern auch harte Arbeit; beim Schreiben geht es ihm, wie im Sport, vor allem um Disziplin und Technik. "Man muss auf eine Geschichte zugehen wie auf einen Gegner", so beschreibt Irving den Kampf mit seiner Profession.

Wirkungsgeschichte

Nach dem durchschlagenden Erfolg von Garp und wie er die Welt sah landeten sämtliche Nachfolgeromane Irvings auf den Bestsellerlisten, so auch Das Hotel New Hampshire. Die Kritiker waren sich nicht ganz einig, wie das Buch zu bewerten sei. Seine Gegner - insbesondere amerikanische Sittenwächter - warfen Irving vor, seine Perversionen auf Kosten von Anstand und Geschmack auszuleben. Insbesondere die leidenschaftliche inzestuöse Liebesnacht von John und Franny war für viele des Guten zu viel. Seine Fans hingegen lobten Irving wegen seiner mutigen und intensiven Schreibweise und seiner Art, Geschichten und Figuren fast bis zum Platzen mit Leben zu füllen und den Leser geradezu süchtig nach dieser Welt zu machen, die der Autor entstehen lässt.

John Irvings Bekanntheitsgrad ist sicherlich zu einem guten Teil darauf zurückzuführen, dass viele seiner Romane verfilmt wurden. Garp und wie er die Welt sah kam bereits 1979 in die Kinos (mit Glenn Close und Robin Williams in den Hauptrollen), Das Hotel New Hampshire 1984. Diese Verfilmung war aber nur ein mäßiger Erfolg, obwohl mit Jodie Foster, Nastassja Kinski und Rob Lowe bekannte Schauspieler die Parts von Franny, Susie und John übernommen hatten. Dem Film könne man kaum folgen, wenn man das Buch nicht gelesen habe, war ein nicht unberechtigter Vorwurf. Andere Adaptionen von Irving-Büchern waren erfolgreicher, so z. B. die Verfilmung von Gottes Werk und Teufels Beitrag mit Tobey Maguire in der Hauptrolle. Irving selbst erhielt hierfür 2000 sogar einen Oscar für sein Drehbuch nach der Vorlage seines eigenen Romans.

Über den Autor

John Irving wird am 2. März 1942 in Exeter im US-Bundesstaat New Hampshire geboren. Wie viele seiner Romanfiguren stammt er aus einer Großfamilie. John ist das älteste von vier Kindern. Sein Stiefvater ist Lehrer an Johns Schule. Trotz seiner Legasthenie liest der Junge viel und gern, was seinen Noten eher abträglich ist. Als Teenager beginnt er mit dem Ringen. Sein Coach erkennt bei ihm ganz klar zu wenig Potenzial, um zu den Spitzenringern aufzuschließen, aber John lässt nicht locker und trainiert umso härter. Erst als Irving an der Universität Pittsburgh mit den besten Ringern des Landes trainiert und feststellen muss, dass er wirklich nicht mithalten kann, gibt er seinen Traum auf, Profi zu werden. Er wechselt daraufhin an die Universität New Hampshire, wo er an einem Kurs für kreatives Schreiben teilnimmt und seinen Mentor John Yount kennenlernt, der ihn ermuntert, mit dem Schreiben fortzufahren. Im Rahmen eines Austauschjahres geht Irving nach Wien. Während eines Deutschkurses zur Vorbereitung auf den Austausch lernt er seine erste Frau Shyla Leary kennen. Kurz nach der Hochzeit wird ihr Sohn Colin geboren. Als jung verheirateter Student mit einem Kleinkind entgeht Irving der Einberufung und so dem Vietnamkrieg. 1968 veröffentlicht er seinen ersten Roman Lasst die Bären los! (Setting Free the Bears). Er nimmt eine Stelle als Dozent an einem College in Vermont an und verbringt zwischendurch wieder ein Jahr in Wien, wo auch sein zweiter Sohn Brendan geboren wird. Nachdem sein neuer Verlag 1978 seinen vierten Roman Garp und wie er die Welt sah (The World According to Garp) mit einer großen Kampagne einem Millionenpublikum bekannt gemacht hat, kann Irving von der Schriftstellerei leben – und das von Bestseller zu Bestseller besser. 1985, während er Gottes Werk und Teufels Beitrag (The Cider House Rules) verfasst, trennt er sich von seiner ersten Frau und heiratet später seine Agentin Janet Turnball, mit der er seinen dritten Sohn Everett hat. John Irving lebt mit seiner Familie in Vermont und Toronto.

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