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Das Lob der Narrheit
Buch

Das Lob der Narrheit

Paris, 1511
Diese Ausgabe: Diogenes Verlag, 1987 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Satire
  • Renaissance

Worum es geht

Unterhaltungsliteratur mit Folgen

Als Erasmus von Rotterdam 1509 Das Lob der Narrheit verfasste, hatte er eigentlich eine kleine Scherzschrift für seine Freunde im Sinn – doch sie wurde zu einem Rundumschlag gegen die Missstände in Kirche, Politik und Gesellschaft. Zu Zeiten der Inquisition und der kirchlichen Zensur war das eine mutige Tat: Nur durch den geschickten rhetorischen Kniff, die Kritik der Narrheit selbst in den Mund zu legen, entging Erasmus den üblichen scharfen Gegenmaßnahmen. Weil nie sicher ist, ob der Autor seine eigene Meinung oder die der Narrheit kundtut – die natürlich kein vernünftiger Mensch teilen würde –, kann er frei heraus Fürsten, Kardinäle und Gelehrte bloßstellen. Das Werk hatte eine ungeheure Durchschlagskraft: Endlich wurden Probleme, die schon lange gärten, prägnant in Worte gefasst. Erasmus sprach dem Volk und den Reformatoren gleichermaßen aus der Seele, wenn er die Sinnlosigkeit des Ablasshandels oder der unzähligen kleinen Kriege aufdeckte. Heutigen Lesern erlaubt Das Lob der Narrheit nicht nur einen tiefen Einblick in das Denken eines der größten Europäer, sondern bietet mit seinen bissigen Kommentaren und scharfsinnigen Analysen auch weiterhin beste Unterhaltung.

Zusammenfassung

Narrheit macht glücklicher als Weisheit

Es entspricht dem Naturell der Narrheit, selbst ihr Loblied anzustimmen – da niemand sonst dazu bereit ist. Dieses (Eigen-)Lob hat sie aber auch verdient, nicht zuletzt deshalb, weil sie das Leben der Menschen fröhlicher und lebenswerter macht. Die Narrheit ist das Kind eines Gottes und einer Nymphe, und sich selbst zu den Göttern zu zählen, hält sie keinesfalls für anmaßend: Götter tun Gutes für die Menschen, und wer würde diese Aufgabe besser erfüllen als sie? Ohne die Narrheit und ihre Helferinnen, Nymphen wie die vergessliche Lethe oder die wollüstige Edone, würden die Menschen kein Vergnügen kennen, sich niemals auf die Ehe einlassen und keine Kinder bekommen. Kinder mag jeder – und zwar gerade deshalb, weil sie der Narrheit näherstehen als die Erwachsenen, die sich bereits durch Lernen und Arbeit von ihr entfernt haben. So handelt die Narrheit denn auch wohltätig, wenn sie die Menschen im Alter mithilfe von Lethe wieder in Kinder verwandelt und ihnen damit das Leben etwas erträglicher macht. Fazit: Die Weisheit ist der Feind eines glücklichen und erfüllten Lebens – wer jung und vergnügt bleiben will, der halte sich an die Narrheit...

Über den Autor

Erasmus von Rotterdam wird am 27. Oktober 1466 oder 1469 (das genaue Datum ist umstritten) als Sohn eines Priesters und einer Arzttochter in Rotterdam geboren. Nachdem seine Eltern kurz nacheinander sterben, wird er zum Eintritt in den Augustinerorden gedrängt. Zunächst besucht er die Klosterschule in Herzogenbusch und lebt dann einige Jahre in einem Augustinerkloster. Bereits dort studiert er das klassische Altertum. Die Unfreiheit des Mönchslebens ist ihm zuwider. 1492 wird er zum Priester geweiht und im Jahr darauf Sekretär des Bischofs von Cambrai. Zwischen 1495 und 1499 studiert er in Paris Philosophie, Theologie, Griechisch und Hebräisch. Auf einer Reise durch England lernt er um 1500 Thomas Morus kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbindet. Ihm widmet er sein 1511 erschienenes Werk Encomium moriae (Das Lob der Narrheit), in dem er auf ironische Weise gegen verbreitete Irrtümer und für vernünftige Anschauungen eintritt. Von 1506 bis 1509 hält er sich in Italien auf, in Turin promoviert er zum Doktor der Theologie. Ab 1514 lebt Erasmus überwiegend in Basel. 1516 bringt er dort eine textkritische (d. h. durch Vergleich mehrerer Fassungen gewonnene) griechische Ausgabe des Neuen Testaments und eine lateinische Übersetzung heraus. Im selben Jahr veröffentlicht er die Institutio Principis Christiani (Die Erziehung des christlichen Fürsten) und widmet sie dem späteren Kaiser Karl V., damals noch Herzog von Burgund, dessen Berater er im gleichen Jahr wird. Geistlichen Ämtern, die ihm angeboten werden, zieht er stets seine Unabhängigkeit vor. Mit seinem 1524 veröffentlichten Werk De Libero Arbitrio (Vom freien Willen) bricht er mit Luther: Im Gegensatz zum Reformator beharrt Erasmus auf der von Gott gegebenen Fähigkeit, sich zwischen Gut und Böse zu entscheiden. 1529 flieht er vor der Reformation aus Basel nach Freiburg. 1535 kehrt er nach Basel zurück, wo er am 12. Juli 1536 an Typhus stirbt. Schon zu Lebzeiten hat sich Erasmus den Ruf erworben, der größte Gelehrte seiner Zeit zu sein. Als Zeichen der Wertschätzung für den bedeutenden Humanisten und Begründer der modernen Philologie wird er, obwohl Katholik, im protestantischen Basler Münster beigesetzt.


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