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Worum es geht
Die unvollendete Theorie der Moderne
Das Passagen-Werk ist kein abgeschlossenes Werk, sondern ein Fragment, eine riesige Materialsammlung. Ab Mitte der 1920er-Jahre bis zu seinem Tod 1940 hat Walter Benjamin daran gearbeitet. Herausgekommen sind mehr als 1000 Seiten an Ideen, Kommentaren und Zitaten aus historischen Quellen. Doch in welcher Form er diesen enormen Fundus veröffentlichen wollte, ist bis heute unklar. Klar ist nur, dass er einen großen Wurf plante. Das Passagen-Werk sollte eine kulturhistorische Theorie der Moderne liefern. Es sollte die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen des 19. Jahrhunderts analysieren, um die gesellschaftlichen Krisen des 20. Jahrhunderts zu erklären. Für dieses Vorhaben verband Benjamin Anleihen aus Marxismus und Psychoanalyse mit der Traumtheorie des Surrealismus und Forschungsarbeiten aus der Kunst- und Kulturgeschichte. Dieser erfrischend offene und undogmatische Zugang zur Theoriebildung hat in der Geisteswissenschaft Schule gemacht. Außerdem hat Benjamin mit seinem Passagenprojekt die soziologische Analyse von popkulturellen Erscheinungen wie Mode, Wohnen oder Shoppingmalls salonfähig gemacht.
Zusammenfassung
Über den Autor
Walter Benjamin wird am 15. Juli 1892 in Berlin geboren. Dort wächst er in einer großbürgerlichen jüdischen Familie auf, besucht das Gymnasium und macht 1912 sein Abitur. Anschließend nimmt er sein Studium der Philosophie, deutschen Literatur und Psychologie auf. Er studiert in Freiburg im Breisgau, München, Berlin und schließlich in Bern. 1915 lernt er den jüdischen Mystiker Gershom Scholem kennen. Mit ihm wird ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden. Zwei Jahre später heiratet er Dora Sophie Pollak, mit der er einen Sohn hat. 1919 schließt Benjamin seine Promotion über den Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik ab. Dann versucht er sich in Berlin als freier Schriftsteller, kommt aber mehr schlecht als recht über die Runden. Ein eigenes Zeitschriftenprojekt scheitert. In dieser Zeit entsteht unter anderem sein Essay über Goethes Wahlverwandtschaften. Benjamin knüpft Kontakte zu Theodor W. Adorno und Siegfried Kracauer. Sein Habilitationsprojekt Ursprung des deutschen Trauerspiels an der Frankfurter Universität zieht er selbst zurück, als eine Ablehnung seitens der Universität absehbar ist. Benjamin sympathisiert mit der Sowjetunion, wird allerdings selbst nie Mitglied einer kommunistischen Partei. 1926 reist er nach Moskau, nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in Paris, wo er mit Franz Hessel an der Übersetzung der Werke von Marcel Proust gearbeitet hat. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten flieht Benjamin endgültig nach Paris, arbeitet von hier aus für das Frankfurter Institut für Sozialforschung und an eigenen Projekten. Unter anderem entstehen der viel zitierte Aufsatz Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit (1936), verschiedene Baudelaire-Studien und das sogenannte Passagen-Werk, das unvollendet bleibt. 1932 beginnt er damit, seine Kindheitserinnerungen niederzuschreiben. Kurz nach Kriegsausbruch entsteht sein letzter Text, die Thesen Über den Begriff der Geschichte. Nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten in Paris flieht er nach Lourdes und versucht im Herbst 1940 nach Spanien zu gelangen. Da ihm die Auslieferung an die Nazis droht, nimmt Benjamin sich am 26. September 1940 im spanischen Grenzort Portbou das Leben, wo heute ein Denkmal an ihn erinnert.
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