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Das Rheingold

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Das Rheingold

Reclam,

15 Minuten Lesezeit
10 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Der Auftakt zu Wagners gewaltigem Ring des Nibelungen: Götter, Riesen und Zwerge im Kampf um die Macht.


Literatur­klassiker

  • Oper
  • Romantik

Worum es geht

Machterwerb und Machtverlust

Das Rheingold ist der Auftakt zu Richard Wagners Jahrhundertwerk, der Operntetralogie Der Ring des Nibelungen, und birgt bereits das Hauptthema des gesamten Opus: die Macht. Die Liebe zwischen Mann und Frau ist das zweite große Thema der Tetralogie, aber im Rheingold spielt sie noch keine herausragende Rolle. Hier gibt es statt einer Romanze um zwei Liebende nur ein reichlich betagtes Götterehepaar (Wotan und Fricka), einen verspotteten Möchtegern-Liebhaber (Alberich) und einen Riesen (Fasolt), der unglückselig in die falsche Frau (Freia) verliebt ist. Kein Liebesdrama also, stattdessen ein mythengesättigtes Werk, das erzählt, wie ein allmächtiger Ring gewonnen und goldene Reichtümer angehäuft werden – und welche Risiken damit verbunden sind. Der Ring verleiht seinem Besitzer Macht, und Macht ist der Kern aller Politik. Wagners Rheingold ist eine im Gewand des Mythos daherkommende künstlerische Auseinandersetzung mit der Politik – und nicht zuletzt auch mit den konkreten politischen Wirren zu Wagners Zeit.

Take-aways

  • Das Rheingold ist der erste Teil von Wagners monumentaler Operntetralogie Der Ring des Nibelungen.
  • Inhalt: Der Zwerg Alberich raubt das von den Rheintöchtern behütete Rheingold. Er schmiedet einen Ring daraus, der ihm Allmacht verleiht. Der Göttervater Wotan, der zwei Riesen für das Erbauen seiner Burg entschädigen muss und ihnen eigentlich die Göttin Freia versprochen hat, will ihnen stattdessen nun den Ring geben, den er Alberich mit einem Trick abnimmt. Dieser aber belegt den Ring mit einem Fluch, was zu einem tödlichen Streit zwischen den Riesen führt.
  • Die Macht ist das zentrale Thema der Oper. Mehrmals wird sie gewonnen und wieder verloren.
  • Märchenelemente werden mit nordischen Sagen vermischt, wodurch Wagner eine eigene Mythenwelt schafft.
  • Die Geschichte spiegelt geistige Konflikte und politische Konstellationen des 19. Jahrhunderts.
  • Oft wird das Geschehen von der Musik lautmalerisch wiedergegeben, so etwa das Stapfen der Riesen oder das Rauschen des Rheins.
  • Mit seinem musikdramatischen Gesamtkunstwerk revolutionierte Wagner die Opern- und Musikwelt grundlegend.
  • Er orientierte sich am griechischen Drama, indem er eine möglichst starke Einheit von Orchester, Gesang und Bühnengeschehen anstrebte.
  • Obwohl Das Rheingold am Anfang der Tetralogie steht, entstand es als letzter der vier Teile.
  • Zitat: „Der Welt Erbe / gewänne zu eigen, / wer aus dem Rheingold / schüfe den Ring, / der maßlose Macht ihm verlieh’.“

Zusammenfassung

Aus Gold wird Macht

Tiefste Töne der dunklen Kontrabässe im Vorspiel lassen die Tiefenströmung des Rheins musikalisch erkennen. Dazu treten dunkle Bläser. Minutenlang verharrt die Musik in der gleichen Tonart. Allmählich gehen die Akkorde in einen wogenden Rhythmus über. Hellere Streicher steigen stufenweise in die Höhe: Die Morgensonne geht auf. Mit der Vermehrung der Instrumente nimmt auch die Lautstärke zu.

„Weia! Waga! / Woge, du Welle, / walle zur Wiege! / Wagalaweia!“ (Rheintochter, S. 7)

Auf dem Grund des Flusses singen die drei Rheintöchter (Soprane): „Weia! Waga! Woge, du Welle“, und vergnügen sich bei kindlichen Fangspielen. Mit dem Ruf „He! He! Ihr Nicker!“ nähert sich zu abgehackten Celli der Zwerg Alberich (Bass) vom Volk der Nibelungen den Nixen. Er trieft geradezu vor Lüsternheit und möchte unbedingt eine der hübschen Rheintöchter freien, ganz egal welche. Einer nach der anderen macht er einen schmeichlerischen Antrag. Vergebens: Die glitschigen Fischfrauen entschlüpfen ihm und verspotten ihn. Einige Zeit jagt er ihnen noch nach, doch er bekommt sie nicht zu fassen.

„Der Welt Erbe / gewänne zu eigen, / wer aus dem Rheingold / schüfe den Ring, / der maßlose Macht ihm verlieh’.“ (Rheintochter, S. 22)

Kaum hat Alberich seiner Frustration in einem wütenden Aufschrei Luft gemacht, ändert sich abrupt die Musik: Nach einem Hörnerklang wird aus den vielstimmigen Misstönen der verschiedensten Instrumente ein musikalisches Glitzern der Streicher: Die Sonne steigt immer höher, bis der ganze Grund des Rheins im Licht erstrahlt. Trompeten treten hinzu. Jubelnd begrüßen die Nixen das schillernde Rheingold zu voller Orchesterbegleitung.

„Das Licht lösch’ ich euch aus; / das Gold entreiß ich dem Riff, / schmiede den rächenden Ring: / denn hör’ es die Flut – / so verfluch’ ich die Liebe!“ (Alberich, S. 24 f.)

Alberich hat so etwas noch nie gesehen und fragt die Rheintöchter, was das sei. Unbekümmert verraten sie ihm das Geheimnis dieses reinen Goldes, das zu hüten ihre Aufgabe ist: Wer der Liebe entsage, habe die Macht, aus dem Gold einen Ring zu schmieden, der ihm unermesslichen Reichtum und die Weltherrschaft verleihe. Dazu erklingt erstmals ein Motiv in den Posaunen (Entsagungsmotiv), das noch öfter wiederkehren wird. Alberich das Geheimnis preiszugeben, halten die Rheintöchter für völlig unbedenklich. Denn schließlich will doch wohl niemand auf Liebe verzichten, und schon gar nicht dieser lüsterne Zwerg. Noch einmal bejubeln sie den Glanz des Rheingoldes. Doch damit ist es bald vorbei, denn unter schaurigen Tremoli nähert sich Alberich fasziniert dem Schatz. Mit einem schrecklichen Fluch auf die Liebe reißt er das Rheingold zum Entsetzen der Rheintöchter an sich und verschwindet damit. Düster und gedämpft klingt das Entsagungsmotiv in den Holzbläsern nach.

Die Sorgen der Götter

Nachdem es fast völlig still geworden ist, verwandeln helle und sanfte Töne der Streicher, Flöten, Harfen und gedämpften Hörner die Szene: Aus der Tiefe des Rheins, durch Nebel und Wolken geht es aufwärts bis auf den höchsten Gipfel der Berge, wo Wotan (Bassbariton), der Vater und Herr der Götter, soeben aus einem Traum erwacht. Darin hat er seinen Wunsch verwirklicht gesehen: „Vollendet das ewige Werk! Auf Berges Gipfel die Götterburg.“ In der Tat, der Prachtbau, errichtet von Riesenhand, ist gerade fertig geworden. Musikalisch wird dies durch das strahlende Walhall-Motiv gefeiert, das von Trompeten und Posaunen gespielt wird. Die skeptische Göttergattin Fricka (Sopran) will von Wotan wissen, wie er seinen Bauvertrag erfüllen und woher er das Geld für die Entlohnung der Erbauer nehmen will. Sie findet sich in ihrer Sorge bestätigt: Wotan hat den Riesen Frickas Schwester Freia (Sopran) verpfändet, die schöne Göttin der Liebe und Gärtnerin der Äpfel der ewigen Jugend. Wotan gibt sich Fricka gegenüber nonchalant: Sein Freund Loge (Tenor), der Gott der Lüge, hat versprochen, ihm aus der Klemme zu helfen.

„Vollendet das ewige Werk: / auf Berges Gipfel / die Götter-Burg, / prachtvoll prahlt / der prangende Bau!“ (Wotan, S. 26 f.)

Ängstliche Spannung kommt in der Musik auf. Freia ruft um Hilfe. Die Riesen Fasolt (Bass) und Fafner (Bass) stapfen mit schweren Schritten herbei, begleitet von Paukenschlägen und Trompeten. Sie fordern ihren Lohn für die Erbauung der Burg: Freia. Wotan kontert, Freia sei nicht zu vergeben, sie sollten etwas anderes fordern. Abrupte Bassakkorde spiegeln das Entsetzen der Riesen wider. Sie fühlen sich verraten und um ihren Lohn geprellt. Fasolt erinnert Wotan daran, dass er als oberster Weltenherrscher der Hüter der Verträge sei. Auch Wotans Macht sei an das Gesetz gebunden, er könne nicht willkürlich verfahren. Wotans Einwand, die Riesen könnten mit der lieblichen Göttin doch gar nichts anfangen, widerspricht Fasolt: Auch Riesen hätten einen Sinn für „Weibes Wonne“. Fafner kann mit dem „faulen Schwatzen“ seines Bruders nichts anfangen und entwirft den Plan, Freia kurzerhand zu entführen. Er weiß, dass die Götter auf den Genuss von Freias goldenen Äpfeln angewiesen sind, um ihre ewige Jugend zu erhalten. Fasolt greift nach Freia. Ihre Brüder Donner (Bass) und Froh (Tenor) wollen ihr zu Hilfe eilen und stoßen einige Drohungen aus, doch Wotan klärt die Lage: Er ist Herr der Verträge, und die Lohnforderung der Riesen besteht zu Recht.

Die Macht des Goldes

Endlich taucht der sehnlichst erwartete Loge auf. Er ist der fähigste Berater des Götterherrschers Wotan. Geschickt schmeichelt er den Riesen für ihre gelungene Bauarbeit, verwahrt sich gegen den Vorwurf, nur unverbindliche Vorschläge zu machen, und erklärt, er habe bereits intensiv nach einem Lohnersatz geforscht, den man den Riesen anbieten könnte. Es sei allerdings sehr schwer, etwas zu finden, was „Weibes Wonne und Wert“ aufwiege. Nur einen habe er gesehen, der sich auf einen solchen Tausch eingelassen habe: Alberich, den Räuber des Goldschatzes. Sogleich erwacht der Neid der Riesen auf das Gold Alberichs, den sie als gefährlichen Konkurrenten betrachten. Auch Wotan hat schon von der Macht des Goldes gehört und Fricka kann es sich als hübschen Schmuck vorstellen, wobei kurz das glitzernde, unschuldige Rheingold-Motiv aufklingt.

„Lichtsohn du, / leicht gefügter, / hör und hüte dich: / Verträgen halte Treu’! / Was du bist, / bist du nur durch Verträge: / bedungen ist, / wohl bedacht, deine Macht.“ (Fasolt zu Wotan, S. 32 f.)

Alle sind sich einig: Das Gold wollen sie haben. Loge rät, es dem Räuber, der ja keinen wirklichen Rechtsanspruch auf das Gold habe, nun seinerseits zu rauben. Fafner bietet Wotan einen Tauschhandel an: Wenn der Göttervater das Gold beschaffen kann, soll Freia damit ausgelöst werden. Wotan hat keine andere Wahl. Gemeinsam mit Loge macht er sich auf nach Nibelheim, wo Alberich lebt.

Bei den Nibelungen

Von dort unten aus dem Zwergenreich klingt den Göttern schon das klirrende Geräusch entgegen, das durch die Hammerschläge der unter Alberichs Zwangsherrschaft schuftenden Schmiede entsteht. Alberich beschimpft gerade seinen Bruder, den Zwerg Mime (Tenor), den Geschicktesten der Schmiede. Mime wollte ein feines Metallnetz vor Alberich verstecken, das er auf dessen Anweisung geschmiedet hat. Alberich entreißt es Mimes Händen und bewundert es zu unvermittelt ruhig gewordenem, gedämpftem Bläserklang. Dann stülpt er es sich über den Kopf, stößt einen Zauberspruch aus und wird unsichtbar – das Metallnetz entpuppt sich als Tarnhelm. Alberich macht sich nun einen grausamen Spaß daraus, den wehrlosen Mime zu verprügeln. Dann geht er ab, um aus der Tarnung heraus auch die anderen Nibelungen zu überwachen und zu piesacken. In diesem Augenblick kommen Wotan und Loge in Nibelheim an. Mime schildert ihnen unter Seufzern, wie die Nibelungen, eigentlich freischaffende Kunsthandwerker, unter Alberichs Zwang nur noch für seinen Hort arbeiten dürfen. Die List mit dem Helm hat er leider zu spät durchschaut.

„(...) umsonst sucht’ ich / und sehe nun wohl, / in der Welten Ring / nichts ist so reich, / als Ersatz zu muten dem Mann / für Weibes Wonne und Wert.“ (Loge, S. 40)

Alberich nähert sich und betrachtet skeptisch Wotan und Loge, die er für Eindringlinge hält. Von ihren Schmeicheleien lässt er sich nicht beeindrucken. Bald gibt er seinen Welteroberungsplan preis: Mit all dem angehäuften Gold will er sich zuerst die Erde untertan machen, danach den Himmel der Götter erobern und deren Frauen, die ihn immer verschmäht haben, zur Lust zwingen. Wotan verliert beinahe die Fassung. Loge rettet jedoch die Situation, er bewundert vorgeblich Alberichs Ruhm und lässt sich von ihm die Verwandlungskünste mit dem Tarnhelm vorführen: „Mach vor Erstaunen mich stumm!“, fordert er ihn auf. Alberich verwandelt sich sogleich in einen furchterregenden Drachen. Loge gibt sich beeindruckt. Dann fordert er Alberichs Eitelkeit heraus, indem dieser zeigen soll, ob er sich auch in etwas ganz Kleines verwandeln kann, z. B. in eine Kröte. Alberich gelingt dieses Kunststück ebenfalls – und er ist überlistet: Wotan setzt schnell den Fuß auf die Kröte, Loge zieht ihr den Tarnhelm vom Kopf und Alberich wird umgehend in Fesseln auf den Götterberg gebracht, unter dem langsam verhallenden Klirren der Schmiedehämmer.

Lösegeld für eine Göttin

In einem kurzen musikalischen Zwischenspiel vermischen sich die Motive, die für das Heranstapfen der Riesen, die Verwandlung Alberichs in eine Kröte und das Flehen Freias stehen. Loge gönnt sich ein wenig Spott mit dem gefangenen Alberich, doch Wotan kommt schnell zur Sache und fordert den Schatz als Lösegeld. Alberich sieht ein, dass er keine Wahl hat, und frohlockt insgeheim: Solang man ihm nur den Ring nicht abnimmt, kann er auf den Schatz verzichten. Denn mit dem Ring behält er die Macht, sich einen neuen Hort zu schaffen. Auf seinen Befehl hin schleppen die Nibelungen Massen von Gold herbei. Die dramatisch sich steigernden Bläser veranschaulichen, über welche Macht Alberich noch immer verfügt. Für ihn ist es eine Schmach, dass die Nibelungen ihn gefesselt sehen, und er jagt sie rasch wieder davon. Alberich hält die Lösegeldforderung nun für erfüllt, doch Wotan verlangt außerdem den Ring. Der Zwerg weigert und wehrt sich. Da reißt Wotan ihm den Ring vom Finger – begleitet von Alberichs Aufschrei und dissonanten Posaunen und Pauken – und hält das Schmuckstück triumphierend hoch. Damit ist Alberich frei, Loge bindet ihn los und schickt ihn zurück nach Nibelheim. Bevor der Zwerg weicht, belegt er den Ring mit einem schaurigen Fluch, dem niemand entrinnen kann: Jeder soll nach dem Besitz des Rings gieren und dem jeweiligen Eigentümer soll er den Tod bringen.

„Freia bleib’ euch in Frieden; / leichtern Lohn / fand ich zur Lösung: / uns rauhen Riesen genügt / des Niblungen rotes Gold.“ (Fafner, S. 45)

Unter sehr hellen und harmonischen Streicherklängen erhellt sich auch die Umgebung. Fasolt und Fafner kommen herbei und führen Freia mit sich. Dazu erklingt das Freia-Motiv von den hellen Blechbläsern. Froh, Donner und Fricka heißen Wotan und Loge willkommen, die stolz das Lösegeld für Freia präsentieren. Dieses wird nun auf Verlangen der Riesen und auf Wotans Anordnung immer höher aufgehäuft, bis es Freias Gestalt verdeckt. Weil Fasolt zum Schluss noch ihr Haar erkennen kann, muss auch das Tarnnetz auf den Haufen. Nun erblickt der Riese durch eine Ritze noch Freias Auge. Der gesamte Hort ist jedoch bereits aufgeschichtet. Da entdeckt Fafner den Ring an Wotans Finger und verlangt, dass damit die Lücke geschlossen werde. Loge versucht es mit der Ausrede, das Gold gehöre den Rheintöchtern, und Wotan weigert sich trotz aller Bitten genauso stur wie vorher Alberich, den Ring herzugeben. Die Riesen drohen daraufhin, Freia endgültig mit sich zu nehmen. In diesem Augenblick, als der Konflikt zwischen den Riesen und Wotan um das Gold unter drängenden, immer lauter werdenden Bläsern den Höhepunkt erreicht, bricht die Musik unvermittelt ab.

Einzug der Götter

Völlig überraschend erscheint Erda (Alt), die Urmutter. Sie verkündet bereits die kommende Götterdämmerung und rät Wotan dringend: „Flieh des Ringes Fluch!“ Zutiefst beeindruckt folgt Wotan dem Rat, wirft den Ring auf den Hort und verkündet feierlich: „Zu mir, Freia! Du bist befreit.“ Fasolt und Fafner raffen den Hort zusammen. Fafner nimmt sich den größeren Anteil. Als Fasolt sich beklagt, rät Loge ihm, sich wenigstens den Ring zu sichern. Fasolt tut, wie ihm geheißen – und Fafner erschlägt unter harten Paukenschlägen seinen Bruder. Bestürzt werden die Götter so Zeugen, wie schnell sich Alberichs Ringfluch erfüllt hat. Wotan möchte Erda folgen, um noch mehr von ihren Weissagungen zu erfahren, doch Fricka mahnt ihn, erst einmal die endlich bezahlte Burg in Besitz zu nehmen.

„Niblungen all, / neigt euch Alberich! / Überall weilt er nun, / euch zu bewachen; / Ruh’ und Rast / ist euch zerronnen (...) / untertan seid ihr ihm immer!“ (Alberich, S. 54 f.)

Donner sammelt die Wolken, die die Burg bisher verhüllt haben. Streicher und Blechbläser künden ein heraufziehendes Gewitter an, das sich in einem Blitz- und Donnerschlag entlädt. Froh zaubert zu harmonischen Harfen- und Streicherklängen eine Regenbogenbrücke an den Himmel. Zu gedämpft und getragen gespielter Marschmusik beschreiten die Götter die Regenbogenbrücke. Mit den tremolierenden Streichern vermischt sich das Walhall-Motiv der Bläser. Wotan blickt noch einmal auf die Ereignisse des Tages zurück. Auf Frickas Frage nennt er endlich den Namen der Burg: Walhall. Loge zögert, mit in die Burg einzuziehen. Er ahnt, dass die Götter nur scheinbar ihrem Triumph, in Wahrheit aber ihrem Untergang entgegengehen.

„Wie durch Fluch er mir geriet, / verflucht sei dieser Ring!“ (Alberich, S. 77)

Auf der Regenbogenbrücke hören die Götter von tief unten die Klagerufe der Rheintöchter wegen des geraubten Goldes. Den Göttern sind sie herzlich egal, sie schreiten lachend weiter. Loge rät den Rheintöchtern ironisch, sich fortan „in der Götter neuem Glanze“ zu sonnen. Die Gottheiten machen die letzten Schritte zur Götterburg, während das Walhall-Motiv und der Marsch in den Bläsern, Streichern und Trommeln immer machtvoller ertönen.

Zum Text

Aufbau und Stil

Im Rheingold hat Wagner sein revolutionäres musikdramaturgisches Konzept zuerst verwirklicht. Das aus vier Bildern bestehende Stück wird ohne Pause durchgespielt, bei einer Dauer von etwa zweieinhalb Stunden. Es gibt keinen Chor, keine klassische Unterteilung in einzelne Nummern, keine Duette, Terzette und dergleichen. Das gesamte Bühnengeschehen ist dem Musikdrama untergeordnet, d. h. die Musik ist der eigentliche erzählerische Handlungsträger und lautmalerische Ausgestalter des Geschehens. Man hört den Rhein, die Auf- und Abfahrt zwischen Götterberg und Nibelheim, das Hämmern der Schmiede, das Stapfen der Riesen, die Brunst wie den Fluch Alberichs, seine Verwandlung in einen furchterregenden Drachen, die Sehnsucht Fasolts nach Freias Blick usw. Die durchkomponierte „unendliche Melodie“ der Oper wird durch eine Fülle von immer wiederholten und variierten Leitmotiven strukturiert, ein musikalisches Mittel, das Wagner nicht erfunden, aber perfektioniert hat. Die Gesangspartien sind nicht mehr arios wie bei der herkömmlichen Oper, sondern deklamatorisch. Die Wagner’sche Oper ist also mehr eine riesige Sinfonie mit einer Handlung als ein vertontes Handlungsstück.

Dieses operngeschichtlich revolutionäre Genre des Musikdramas ist die vollkommene Verwirklichung von Wagners Konzept des Gesamtkunstwerks. Sein Vorbild war das griechische Drama: Die möglichst starke Einheit von Orchester, Gesang und Bühnengeschehen sollte den Zuschauer überwältigen und läutern. Zusätzlich schlug Wagner mit der von ihm postulierten „Zukunftsmusik“ neue Wege ein. Er vergrößerte das Orchester, scheute vor Dissonanzen nicht zurück und entwickelte die typisch Wagner’sche Harmonik. In seinem Bayreuther Festspielhaus führte er die Neuerung des unsichtbaren Orchesters ein: Die Zuschauer können nicht in den Orchestergraben blicken und sollen sich ganz auf das Bühnengeschehen konzentrieren.

Interpretationsansätze

  • Wagner mischt Versatzstücke aus nordischen Sagen mit Elementen aus Märchen und dichtet daraus seinen eigenen Mythos, um eine möglichst große Allgemeingültigkeit der Aussage zu erreichen. Der Tarnhelm und der Ring sind z. B. typische Zaubergegenstände aus dem Märchen. Der listige Loge ist eine so genannte „Trickster-Figur“, wie sie in den Mythen aller Völker vorkommt.
  • Die vier Elemente Wasser (Rhein, Rheintöchter), Feuer (Schmiede, Loge), Erde (Nibelheim, Alberich, Riesen) und Luft (Götterhimmel) sind überdeutlich sicht- und hörbar. Dies unterstreicht den universalen Anspruch von Das Rheingold. Nach der antiken und mittelalterlichen Lehre bestehen alle Dinge aus diesen vier Elementen, sie repräsentieren den Kosmos insgesamt.
  • Wagner vertont nicht einfach einen alten Germanenmythos, sondern schildert Handlungsmuster, nach denen Politik funktioniert. Wotan etwa versucht wie ein Politiker, seine Macht zu zementieren. Dafür lässt er Walhall bauen, dafür strebt er auch nach dem Ring, dem Symbol für die Macht.
  • Wotan, die Hauptfigur, ist kein allmächtiger Schöpfergott, seine Macht ist beschränkt: Sie ist gebunden an Verträge, die er achten muss, will er nicht die Grundlagen seiner Autorität infrage stellen. Ähnlich wie der griechische Zeus ist er dem Schicksal untertan und durchaus fehlbar.
  • In der Oper kommen keine Menschen vor. Diese treten erst in den folgenden drei Teilen der Ring-Tetralogie – Die Walküre, Siegfried, Götterdämmerung – auf. Das Rheingold legt das mythologische Fundament, auf dem sich dann die Handlung um den Held Siegfried vollzieht, die letztlich mit dem Untergang der Götter endet.

Historischer Hintergrund

Die revolutionäre Mitte des 19. Jahrhunderts

Vom Beginn der Industrialisierung waren Landarbeiter, einfache Handwerker und Bauern besonders stark betroffen, ihre Lebensverhältnisse verschlechterten sich in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zusehends. Die Entwicklung in der Textilindustrie ist beispielhaft für diese Phase: Neue mechanische Produktionsmethoden ermöglichten den Unternehmern die Herstellung billiger Massenware, die Löhne der Heimhandwerker wurden deshalb so weit heruntergedrückt, dass diese billigen Arbeitskräfte immer mehr verelendeten. Die Weberaufstände in Schlesien 1844 waren ein Fanal in der reaktionären, polizeistaatlichen Restaurations- und Biedermeierepoche, in der nicht nur die geistige und politische Freiheit beschnitten war, sondern auch gesellschaftliche Probleme immer brisanter wurden.

Französische Sozialtheoretiker wie Henry de Saint-Simon und Pierre Joseph Proudhon („Eigentum ist Diebstahl“) machten schon früh sozialreformerische Vorschläge mit egalitärer Zielrichtung. Auch anarchistische Vorstellungen einer auf Tausch ausgerichteten, weitgehend staatsfreien Ökonomie machten die Runde. Wegen der Zensur, der Unterdrückung der von der Französischen Revolution postulierten Bürgerrechte und vieler anderer Missstände wurde auch in bürgerlich-intellektuellen Kreisen der Ruf nach Freiheit immer lauter. 1848 schwappte eine große Welle von Aufständen durch Europa und führte zum partiellen Einlenken der autoritären Regierungen. Viele dieser Zugeständnisse wurden bald wieder zurückgenommen, wogegen Anarchisten wie Michail Bakunin – und mit ihm auch sein Freund Richard Wagner – 1849 nochmals auf die Barrikaden gingen.

Entstehung

Nach dem gescheiterten Dresdner Maiaufstand von 1849 musste der steckbrieflich gesuchte Wagner wie viele andere bedeutende Intellektuelle, z. B. auch der Architekt Gottfried Semper, in die damals fortschrittlich-liberale Schweiz emigrieren. In Zürich entstanden die meisten von Wagners Schriften zu Kunst und Musik und er beschäftigte sich zunehmend mit griechischer und germanischer Mythologie. Aus diesen Anregungen und den Einwirkungen der vorangegangen politischen Ereignisse entstanden die Pläne für den Ring des Nibelungen.

Das Rheingold, der „Vorabend“ der Tetralogie, entstand als letzter der vier Teile. Wagner, der sowohl das an Alliterationen reiche Libretto als auch die Musik schuf, hat den Ring rückwärts konzipiert. Als Erstes komponierte er die Götterdämmerung, zunächst unter dem Titel Siegfrieds Tod (1848). Dann folgte Der junge Siegfried (1851), später in den ersten beiden Akten von Siegfried (1853) enthalten. Der Walküre-Text folgte im Sommer, der Rheingold-Text im November 1852. Die Partitur des Rheingoldes entstand zwischen Herbst 1853 und Sommer 1854, dann folgte die Komposition der Walküre (1857). Danach unterbrach Wagner die Arbeit am Ring für zwölf Jahre. In dieser Zeit entstanden Tristan und Isolde und Die Meistersinger von Nürnberg. Das Rheingold wurde 1869 in München uraufgeführt – auf Befehl von König Ludwig II. und gegen Wagners Willen. Die gesamte Tetralogie kam erstmals 1876 zur Eröffnung des Bayreuther Festspielhauses zur Aufführung.

In der Entstehungszeit von Das Rheingold war Wagner geistig zum einen durch die sozialrevolutionären Strömungen seiner Zeit beeinflusst. Zum anderen waren der religionskritische Philosoph Ludwig Feuerbach und später Arthur Schopenhauer für ihn von großer Bedeutung.

Wirkungsgeschichte

Trotz all seiner persönlichen Probleme und vieler Anfeindungen war Richard Wagner in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine weltweit anerkannte Künstlerpersönlichkeit. Er arbeitete mit den bedeutendsten Dirigenten zusammen und zur Eröffnung seines Festspielhauses in Bayreuth kamen nicht nur gekrönte Häupter, sondern auch unzählige bekannte Musiker, Maler, Literaten. Friedrich Nietzsche war zeitweise einer seiner bedeutendsten Anhänger, auch wenn er sich nach dem Parsifal wieder von dem Komponisten abwandte. Thomas Mann wurde von Wagners Werk ebenfalls stark beeinflusst, von ihm stammt der Essay Leiden und Größe Richard Wagners (1933).

Die musikgeschichtliche Bedeutung Richard Wagners kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Kaum ein zeitgenössischer oder späterer Komponist konnte sich seinem Einfluss entziehen; noch die Atonalität Arnold Schönbergs knüpft an Wagners Harmonik an. Den Versuch eines zusammengehörigen Opernzyklus nach Art des Rings des Nibelungen hat es nach Wagner allerdings so gut wie nicht mehr gegeben.

Der Rheingold-Text wirkt heute antiquiert und betulich, doch Wirkung und Aktualität des Werks werden durch den Welterfolg von J. R. R. Tolkiens Fantasy-Epos Der Herr der Ringe (1954/55) mit seinen ganz ähnlichen Symbolen und Motiven eindrücklich belegt.

Über den Autor

Richard Wagner wird am 22. Mai 1813 in Leipzig geboren. Seine musikalische Laufbahn beginnt 1831 mit einem Studium in Leipzig. Verschiedene Engagements führen ihn in der Folge nach Würzburg, Magdeburg, Königsberg und Riga. In Königsberg heiratet der 1836 die Schauspielerin Minna Planer. Riga muss er 1839 verlassen, weil er Schulden gemacht hat; er geht über London nach Paris, wo er in ärmlichen Verhältnissen lebt. Die Oper Rienzi wird 1842 in Dresden sehr erfolgreich aufgeführt; Wagner wird dort Hofkapellmeister. Es folgen Der fliegende Holländer (1843), Tannhäuser (1845) und Lohengrin (1850). Neben seinem Opernschaffen tritt Wagner auch als Autor zahlreicher Schriften hervor, darunter Das Kunstwerk der Zukunft (1850) und Oper und Drama (1851). In Das Judentum in der Musik (1850) kommt Wagners ausgeprägter Antisemitismus zum Ausdruck. Wegen seiner Teilnahme am gescheiterten Dresdner Maiaufstand im Jahr 1849 flieht Wagner in die Schweiz. Hier beginnt die Arbeit am Ring des Nibelungen und an Tristan und Isolde. Unterstützung im Schweizer Exil erfährt Wagner durch den Unternehmer Otto Wesendonck, mit dessen Frau Mathilde er eine Liebesbeziehung beginnt. Ihr sind die Wesendonck-Lieder gewidmet. Nach dem Ende der Unterstützung durch Wesendonck lebt Wagner, inzwischen von seiner Frau getrennt, an wechselnden Orten, unter anderem in Venedig, Luzern und Wien. 1863 wird er von König Ludwig II. in München empfangen; dort erfolgt die Uraufführung von Tristan und Isolde (1865) und von den Meistersingern von Nürnberg (1868), beide unter dem Dirigenten Hans von Bülow. Mit dessen Frau Cosima, der Tochter Franz Liszts, hat Wagner ein langjähriges Verhältnis, sie heiraten 1870. Zusammen leben sie von 1866 bis 1872 in Tribschen bei Luzern, wo sie von König Ludwig II. und häufig von Friedrich Nietzsche besucht werden. 1872 siedelt Wagner nach Bayreuth über, wo die Grundsteinlegung zum Festspielhaus erfolgt, das 1876 mit der ersten kompletten Aufführung des Rings des Nibelungen eingeweiht wird. Die Eröffnung des Festspielhauses ist ein europaweit beachtetes Ereignis. 1882 wird die Oper Parsifal uraufgeführt. Wagner stirbt am 13. Februar 1883 in Venedig und wird im Garten seiner Villa Wahnfried in Bayreuth beigesetzt.

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    M. R. vor 2 Jahren
    Werden die anderen Teile vom Ring ebenfalls noch zusammengefasst?
    • Avatar
      vor 2 Jahren
      Leider nein: Weitere Opernzusammenfassungen sind zurzeit nicht geplant.

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