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Das Schloss Otranto
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Das Schloss Otranto

London, 1764
Diese Ausgabe: C. H. Beck, 2014 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Schauerliteratur
  • Aufklärung

Worum es geht

Das schauerliche Comeback des Mittelalters

Ein Politiker schreibt mit 47 Jahren seinen ersten und einzigen Roman, der ein Beststeller wird und nebenbei auch noch eine neue Literaturgattung begründet – in der Literaturgeschichte ein ziemlich einmaliger Vorgang. Horace Walpole ist genau das mit dem Schloss von Otranto, der ersten „gothic novel“, gelungen. Die Geschichte um den tyrannischen Fürsten Manfred, der gegen die himmlische Vorsehung alles in Bewegung setzt, um die Herrschaft seiner Familie zu erhalten, kommt einem zwar heute ziemlich klischeebeladen vor: Da wimmelt es von Gespenstern, da klappern Rüstungen in Kellergewölben und edelmütige Jünglinge retten bei jeder Gelegenheit tugendhafte Prinzessinnen vor dem Verderben. Aber was uns heute vielleicht vorhersehbar erscheint, erregte 1764 einiges Aufsehen. Denn das abergläubische Mittelalter, das Walpole als Kulisse aufrief, wollten die Aufklärer ja gerade überwinden. Walpole plädierte mit seinem Werk dafür, dem Übernatürlichen und dem Schaudern einen Platz in der Literatur einzuräumen. Der Erfolg seines Plädoyers zeigt sich an den vielen Dichtern, die ihm auf diesem Weg gefolgt sind.

Zusammenfassung

Tod am Hochzeitstag

Diesen Tag hat Manfred, der Fürst von Otranto, mit Ungeduld erwartet: Es ist der Hochzeitstag seines Sohnes Conrad. Conrad soll heute mit Isabella verheiratet werden, der Tochter des Marquis von Vicenza. Manfred hat die Vermählung Conrads trotz dessen jungen Alters mit großer Eile vorangetrieben. In Manfreds Hofstaat munkelt man, die Eile des Fürsten hänge mit einer alten Weissagung zusammen, nach der das Schloss von Otranto dem jetzigen Geschlecht abhandenkommen solle, sobald der wirkliche Inhaber zu groß geworden sei, um darin zu hausen. Auch wenn niemand den Sinn dieser Weissagung entschlüsseln kann, hält sich das Gerücht.

Die Hochzeitsgesellschaft hat sich bereits in der Schlosskapelle versammelt, als bemerkt wird, dass Conrad fehlt. Ein Diener, der losgeschickt wird, den Bräutigam zu suchen, kehrt sogleich mit entsetztem Blick zurück. Stumm deutet er auf den Hof. Was sich dort gerade ereignet hat, ist so grauenhaft, dass es auch Manfred die Sprache verschlägt, als er sich hinausbegibt: Von einem riesigen Helm zerschmettert...

Über den Autor

Horace Walpole wird am 24. September 1717 in London als jüngster Sohn von Sir Robert Walpole, dem ersten Premierminister Englands, und dessen Frau Catherine geboren. Er besucht das Eton College und die Universität von Cambridge. Wie für Söhne des europäischen Adels und gehobenen Bürgertums üblich, begibt er sich 1739 gleich nach seinem Studium auf „Grand Tour“ – eine ausgedehnte Bildungsreise, die Walpole nach Frankreich und Italien führt. Begleitet wird er dabei von seinem Schulfreund Thomas Gray, der später ein angesehener Dichter wird. Nach seiner Rückkehr 1741 verschafft ihm sein Vater einen Sitz als Abgeordneter im House of Commons, den Walpole bis 1768 innehat. Seine Leidenschaften und Talente entwickeln sich jedoch abseits der Politik: 1747 erwirbt Walpole ein kleines Anwesen an der Themse, das er über drei Jahrzehnte lang in ein Schloss nach gotischem Vorbild umbaut und auf den Namen „Strawberry Hill“ tauft. Schon zu seinen Lebzeiten wird Strawberry Hill für seine Architektur und Inneneinrichtung berühmt und gibt den Anstoß für ein „gothic revival“ in ganz England. Neben der Architektur widmet sich Walpole zeitlebens dem Schreiben – und zwar in erster Linie als passionierter und begnadeter Briefschreiber. Seine etwa 3000 Briefe gelten bis heute als wichtiges Zeugnis für das Leben im 18. Jahrhundert in England. Walpoles einziges Prosawerk – Das Schloss von Otranto (The Castle of Otranto) begründet die Gattung des Schauerromans. Seinen zweiten großen schriftstellerischen Erfolg hat Walpole 1794 mit seinem Buch Über die englische Gartenkunst (On Modern Gardening). Walpole, möglicherweise homosexuell, bleibt zeit seines Lebens unverheiratet und stirbt am 2. März 1797 in London.


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