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Das sogenannte Böse
Buch

Das sogenannte Böse

Zur Naturgeschichte der Aggression

Wien, 1963
Diese Ausgabe: dtv, 2013 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Naturwissenschaften
  • Moderne

Worum es geht

Eine Sache der Natur und eine Frage der Moral

Ein Naturwissenschaftler, der in einem Sachbuch Goethe zitiert, dürfte von manchen Fachkollegen mit Stirnrunzeln betrachtet werden. So viel Interdisziplinarität ist nicht unbedingt üblich und manchmal sogar Grund zur Skepsis. Konrad Lorenz hingegen wird für die Breite seines geistigen Spektrums geschätzt, ebenso für seine Fähigkeit, sich einem großen Publikum zuzuwenden und Ergebnisse seiner Forschung allgemein verständlich zu formulieren. In Das sogenannte Böse untersucht Lorenz das natürliche Phänomen Aggression, das unter ethischen Gesichtspunkten als „böse“ konnotiert ist. Als Zoologe zeigt er aus der nicht wertenden, neutralen Perspektive des Naturwissenschaftlers viele Facetten dieses Phänomens auf. Lorenz geht es aber vor allem um menschliche Fragen, um Fragen des Zusammenlebens und der Moral. Darum verlässt er in seinem Buch dann doch den neutralen Standpunkt der Naturwissenschaft und nimmt Wertungen vor. Auch heute noch ist die Universalität der Bildung, wie Konrad Lorenz sie besaß, keineswegs die Regel – sie macht den Rang des Nobelpreisträgers und Mitbegründers der vergleichenden Verhaltensforschung aus.

Zusammenfassung

Sinn und Nutzen von Aggression

Mit Aggression ist derjenige Kampftrieb gemeint, der beim Menschen wie beim Tier gegen den Artgenossen gerichtet ist. Es geht also nicht um den Angriff auf ein Beutetier, sondern um Wettbewerb und Konkurrenz, um Reviere und Weibchen. Revier ist in erster Linie gleichbedeutend mit Nahrungsressourcen. Aggressives Verhalten gegen Artgenossen ist demnach ein selbstverständlicher Teil der Naturwelt. Ganz im Sinn der Darwin’schen Lehre ist Aggression ein zur Erhaltung der Art unentbehrlicher Instinkt, aus mehreren Gründen:

  • Durch innerartliche Aggression wird der Lebensraum so verteilt, dass nach Möglichkeit jedes Individuum sein Auskommen findet. Das ist typisch bei einzelgängerisch lebenden Tieren, die relativ ortsfest sind und für die das Revier die Nahrungsversorgung sichert. Vom Korallenfisch bis zum Wolf vertreiben Tiere Rivalen durch aggressives Verhalten. Bei nomadisierenden Herdentieren hingegen, vom Fischschwarm bis zur Bisonherde, für die Nahrung in Hülle und Fülle vorhanden ist, und die sie auf ihren langen Wanderungen einfach abgrasen, spielt diese Art der Revieraggression kaum eine Rolle. Sie ist also auch eine Reaktion auf...

Über den Autor

Konrad Lorenz wird am 7. November 1903 in Wien geboren. Er stammt aus einer wohlhabenden Arztfamilie. Auf Wunsch seines Vaters beginnt er ein Medizinstudium in New York. Zurück in Wien pflegt er eine beinahe halsbrecherische Leidenschaft für Motorradrennfahrten. Bei Abschluss des Studiums in Wien heiratet er 1927 seine Jugendfreundin Margarethe Gebhardt. Gretl, eine praktizierende Ärztin, mit der er drei Kinder haben wird, bestreitet lange den Lebensunterhalt. In den späten 1920er-Jahren arbeitet Lorenz bei dem Anatomen Ferdinand Hochstetter, studiert Zoologie und beginnt mit Beobachtungen von Tieren. Es folgen Lorenz’ produktivste Jahre, in denen er die Grundlagen für die vergleichende Verhaltensforschung legt. Damals spricht man noch von „Tierpsychologie“. Alle späteren Arbeiten basieren auf den grundlegenden Erkenntnissen jener Jahre. 1935 wird er zum „Vater“ der Graugans Martina, die er auf sich prägt. Beim „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich 1938 ist Lorenz 34 Jahre alt. Er tritt der NSDAP bei und beginnt 1940 seine akademische Karriere im ostpreußischen Königsberg. Lorenz präsentiert in Schriften dieser Zeit ein nationalsozialistisches Gedankengut, das er nach 1945 zwar zu relativieren versucht, das ihn jedoch immer als großer Makel begleiten wird. Während des Zweiten Weltkriegs wird er als Militärarzt eingezogen und gerät 1944 in russische Gefangenschaft, aus der er 1948 heimkehrt. 1950 wird Lorenz Co-Leiter eines Max-Planck-Instituts in Buldern in Westfalen, das er aufbaut und das 1955 nach Seewiesen in Bayern verlegt wird. Lorenz reist regelmäßig zu Vorträgen in die USA und wird weltweit bekannt. Ab 1972 engagiert er sich politisch für den Umweltschutz. 1973 erhält er zusammen mit dem Österreicher Karl von Frisch und dem Niederländer Nikolaas Tinbergen den Nobelpreis für Medizin und Physiologie. Damit ehrt die Schwedische Akademie die Begründer der Verhaltensforschung. Bei der Verleihung des Nobelpreises ist Lorenz 70 Jahre alt. Er stirbt am 27. Februar 1989 in Wien.


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