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Das System der Dinge
Buch

Das System der Dinge

Über unser Verhältnis zu den alltäglichen Gegenständen

Paris, 1968
Diese Ausgabe: Campus, 2007 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Philosophie
  • Postmoderne

Worum es geht

Das Ding als Wunschmaschine

Die moderne Konsumgesellschaft liebt alles Spektakuläre. Sie sucht nach aufsehenerregenden Bildern, feiert rauschende Pseudofeste und huldigt allem, was käuflich und messbar ist. Kaltblütig blickt der französische Soziologe Jean Baudrillard dieser Scheinwelt ins Auge. Er findet einen Alltag vor, der sich in ein reines Zeichensystem verwandelt hat: Autos vermitteln Fahrspaß, Duschgels sexuelle Attraktivität, Sammlerstücke weltmännisches Prestige. Die Dinge funktionieren wie Wunschmaschinen, die Lüste wecken und befriedigen. Der Verbraucher konsumiert gierig die Traumbilder, die Design und Werbung entstehen lassen. Dumm nur, dass dieses Zeichensystem weder Fluchtwege offenlässt noch soziale Gerechtigkeit schafft. Sein einziges Interesse liegt in seiner Selbsterhaltung. Baudrillard verkörperte wie kein Zweiter das Epochengefühl der Postmoderne und dachte doch konsequent über seine Zeit hinaus. Seine scharfsinnige Analyse der Konsumgesellschaft hat über die Jahre nichts an Aktualität und Brisanz verloren.

Zusammenfassung

Wie sich die Alltagsdinge ordnen lassen

Die Dinge des täglichen Gebrauchs vermehren sich rasant und ungebremst. Ihre ungeheure Fülle scheint in keine Systematik zu passen; selbst ein Katalog oder ein Handbuch könnte sie nur nach willkürlichen Kriterien wie Größe, Handhabung oder Lebensdauer ordnen. Ein zusammenhängendes System lässt sich erst erkennen, wenn man die Alltagsdinge zu ihren Benutzern in Beziehung setzt: Für diese bilden sie ein Netz von ideellen, imaginären Bedeutungen, das alle Lebensbereiche erfasst. Besonders aufschlussreich ist der Bereich des Wohnens: Die Wohnungseinrichtung spiegelt die sozialen Strukturen und Werte einer Epoche wider.

Bürgerliche und moderne Wohnungen

In der bürgerlichen Wohnung ist alles in ein festes patriarchales Gefüge gebunden. Genauso, wie sich die Familie um ihr Oberhaupt schart, gruppieren sich die Möbel um einen Mittelpunkt: Im Speisezimmer ist das der Esstisch, im Schlafzimmer das Ehebett. Alles ist eindeutig, unverrückbar und hierarchisch angeordnet; jedes Möbelstück hat seinen Platz und seine Funktion. Der bürgerliche Wohnraum grenzt sich in seiner Einheitlichkeit nach außen ab und stiftet Identität.

Anders...

Über den Autor

Jean Baudrillard wird am 27. Juli 1929 in Reims geboren. Sein Großvater ist Bauer, sein Vater einfacher Beamter. Nach dem Abitur in seiner Heimatstadt nimmt Baudrillard 1947 das Studium der Germanistik an der Pariser Sorbonne auf. Von 1958 bis 1966 unterrichtet er Deutsch an einer Mittelschule. Nebenbei übersetzt er Marx und Brecht ins Französische, studiert Philosophie und Soziologie. 1968 schreibt er bei Henri Lefebvre seine Dissertation Das System der Dinge (Le Système des objets) und arbeitet zunächst als dessen Assistent. Nach seiner Habilitation 1972 ist er selbst als Professor für Soziologie an der Universität Paris-Nanterre tätig, einem Zentrum der Studentenbewegung von 1968. Als scharfer Gegner des Algerien- und des Indochinakriegs nähert Baudrillard sich in den 60er-Jahren der französischen Linken an. In den 80er- und 90er-Jahren zählt Baudrillard – inzwischen wissenschaftlicher Direktor an der Universität Paris-Dauphine – zu den bekanntesten Denkern der Postmoderne. In dieser Zeit wendet er sich als erklärter Feind des französischen Egalitarismus von der Linken ab und liebäugelt zeitweilig mit der Rechten. In Interviews zieht er polemisch über Amerikas Ideologie der Freiheit und die westliche Konsumgesellschaft her. Aufsehen erregt er mit der Aussage, der Irakkrieg habe nicht stattgefunden, sondern sei ein reines Medienspektakel gewesen. Die Terroranschläge vom 11. September 2001 begrüßt Baudrillard als „metaphorischen Selbstmord“, als Wiederkehr des Realen in unsere Welt des Scheins. Im islamistischen Fundamentalismus erkennt er die Rache für den westlichen Konsum- und Warenfetischismus, der sich bis in den letzten Winkel der Welt auszubreiten drohe. Mit solchen extremen Äußerungen macht sich Baudrillard unter Kollegen unbeliebt, die ihm mangelnde Wissenschaftlichkeit vorwerfen. Zugleich finden seine Ideen Eingang in die Populärkultur: Im amerikanischen Science-Fiction-Film The Matrix (1999) etwa spielt sein Buch Simulacres et simulation (1981) eine bedeutende Rolle. Baudrillard stirbt am 6. März 2007 in Paris.


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