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Der Archipel Gulag
Buch

Der Archipel Gulag

Paris, 1973-1975
Diese Ausgabe: Fischer Tb, 2009 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Dokumentarliteratur
  • Moderne

Worum es geht

Ein Gang über den gigantischen Friedhof des Bolschewismus

„Das Land der abgewürgten Möglichkeiten“ – so spöttisch bezeichnete Solschenizyn einmal seine russische Heimat. In Der Archipel Gulag führt er auf drastische Weise vor, was er damit meint: eine feige, brutale, halb geisteskranke Elite, von ihrer historischen Mission überzeugt und bereit, der Verwirklichung einer Idee die Wirklichkeit selbst zu opfern. Das eigene Volk wird zum Feind erklärt, weil es aus Menschen besteht statt aus klassenbewussten, kraftstrotzenden, unbeugsamen Über-Proletariern. Solschenizyn führt seine Leser über einen gigantischen Friedhof, an den Gräbern derjenigen entlang, die diesem Wahn zum Opfer gefallen sind. Seine Stimme ist die eines Mannes, der nur zufällig nicht unter der Erde liegt, eines Mannes, dem das Bewusstsein dieser Zufälligkeit die Seele beruhigt und die Augen geöffnet hat. Und obwohl sich die Reihen der Gräber scheinbar in die Unendlichkeit erstrecken, wird er nicht müde, bei jedem einzelnen zu fragen: Warum? Dieses Warum ist die Essenz des Buches. Warum hat sich die paranoide Logik der Täter überhaupt Geltung verschafft? Warum ergeben sich die Opfer ihrem Schicksal? Warum bleiben die Mitwisser feige und bequem?

Zusammenfassung

Die Anfänge des Gulag

Schon 1918 begannen die Bolschewiki unter ihrem Führer Lenin mit der systematischen Einrichtung von Konzentrationslagern. Dorthin verschleppten sie zunächst vor allem die Anhänger der Oppositionsparteien. Zum einen waren das „Weißgardisten“, sprich: tatsächliche Konterrevolutionäre, zum anderen „Sozialrevolutionäre“ und Menschewiki, also linksgerichtete, teils sogar kommunistisch gesinnte Gruppen, die dem Machtanspruch der Bolschewiki jedoch im Wege standen. Die bolschewistische Ideologie war rigoros. Man gefiel sich in der Rolle der Soldaten eines welthistorisch unvermeidlichen kommunistischen Fortschritts. Dass die Diktatur des Proletariats nicht ohne Blutvergießen errichtet werden konnte, wussten die Bolschewiki. Im rücksichtslosen Terror sahen Lenin und Genossen die stärkste Waffe gegen die Feinde des Sozialismus. Es galt, die alte bürgerliche Ordnung und ihre Repräsentanten zu vernichten. Tod oder Lager, so hießen die Alternativen. Nach der politischen Opposition kam die Kirche an die Reihe. Die Popen wurden zu Ausbeutern erklärt, die Bolschewiki schoben ihnen die Schuld für die katastrophalen Hungersnöte zu, die infolge des Bürgerkriegs und des...

Über den Autor

Alexander Solschenizyn wird am 11. Dezember 1918 in Kislowodsk geboren, einem Kurort im nördlichen Kaukasus. Von den russischen Klassikern angeregt, fühlt er sich früh zum Beruf des Schriftstellers hingezogen. Dennoch studiert er Mathematik und Philosophie in Rostow. Nach seinem Examen meldet er sich, als überzeugter Kommunist, zur Front im Zweiten Weltkrieg. Im Rang eines Hauptmanns nimmt er an der Invasion Deutschlands teil. Kurz vor Kriegsende äußert er sich in einem Brief an einen Freund kritisch über Stalin, wird prompt verhaftet und zu acht Jahren Lagerhaft verurteilt, mit anschließender lebenslänglicher Verbannung. Zunächst steckt man ihn in ein Sonderlager für Wissenschaftler, später in das Arbeitslager Ekibastus in Kasachstan. Zur Verbannung wird er dann nach Kok-Terek geschickt, ein kleines Nest in der kasachischen Steppe, wo er als Lehrer arbeitet. 1957, im Rahmen der Chruschtschow’schen Entstalinisierung, wird er rehabilitiert. Schon im Lager hat Solschenizyn mit dem Schreiben begonnen. 1962 erscheint seine Novelle Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch; sie macht ihn auf einen Schlag berühmt. Doch nur wenig später, 1964, dreht der Wind: Chruschtschow wird gestürzt, Solschenizyn zum Staatsfeind erklärt. 1970 erhält er den Nobelpreis für Literatur, kann ihn aber nicht persönlich entgegennehmen, da er fürchtet, dann nicht mehr nach Russland einreisen zu dürfen. 1974, nach der Veröffentlichung von Der Archipel Gulag, weist ihn die Regierung aus. Über Deutschland und die Schweiz emigriert Solschenizyn in die USA. Erst 20 Jahre später kehrt er in seine Heimat zurück. Inzwischen ist der einst glühende Leninist zum orthodoxen Christen geworden. Am 3. August 2008 stirbt Alexander Solschenizyn in Moskau.


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