Der Archipel Gulag
- Dokumentarliteratur
- Moderne
Worum es geht
Ein Gang über den gigantischen Friedhof des Bolschewismus
„Das Land der abgewürgten Möglichkeiten“ – so spöttisch bezeichnete Solschenizyn einmal seine russische Heimat. In Der Archipel Gulag führt er auf drastische Weise vor, was er damit meint: eine feige, brutale, halb geisteskranke Elite, von ihrer historischen Mission überzeugt und bereit, der Verwirklichung einer Idee die Wirklichkeit selbst zu opfern. Das eigene Volk wird zum Feind erklärt, weil es aus Menschen besteht statt aus klassenbewussten, kraftstrotzenden, unbeugsamen Über-Proletariern. Solschenizyn führt seine Leser über einen gigantischen Friedhof, an den Gräbern derjenigen entlang, die diesem Wahn zum Opfer gefallen sind. Seine Stimme ist die eines Mannes, der nur zufällig nicht unter der Erde liegt, eines Mannes, dem das Bewusstsein dieser Zufälligkeit die Seele beruhigt und die Augen geöffnet hat. Und obwohl sich die Reihen der Gräber scheinbar in die Unendlichkeit erstrecken, wird er nicht müde, bei jedem einzelnen zu fragen: Warum? Dieses Warum ist die Essenz des Buches. Warum hat sich die paranoide Logik der Täter überhaupt Geltung verschafft? Warum ergeben sich die Opfer ihrem Schicksal? Warum bleiben die Mitwisser feige und bequem?
Zusammenfassung
Über den Autor
Alexander Solschenizyn wird am 11. Dezember 1918 in Kislowodsk geboren, einem Kurort im nördlichen Kaukasus. Von den russischen Klassikern angeregt, fühlt er sich früh zum Beruf des Schriftstellers hingezogen. Dennoch studiert er Mathematik und Philosophie in Rostow. Nach seinem Examen meldet er sich, als überzeugter Kommunist, zur Front im Zweiten Weltkrieg. Im Rang eines Hauptmanns nimmt er an der Invasion Deutschlands teil. Kurz vor Kriegsende äußert er sich in einem Brief an einen Freund kritisch über Stalin, wird prompt verhaftet und zu acht Jahren Lagerhaft verurteilt, mit anschließender lebenslänglicher Verbannung. Zunächst steckt man ihn in ein Sonderlager für Wissenschaftler, später in das Arbeitslager Ekibastus in Kasachstan. Zur Verbannung wird er dann nach Kok-Terek geschickt, ein kleines Nest in der kasachischen Steppe, wo er als Lehrer arbeitet. 1957, im Rahmen der Chruschtschow’schen Entstalinisierung, wird er rehabilitiert. Schon im Lager hat Solschenizyn mit dem Schreiben begonnen. 1962 erscheint seine Novelle Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch; sie macht ihn auf einen Schlag berühmt. Doch nur wenig später, 1964, dreht der Wind: Chruschtschow wird gestürzt, Solschenizyn zum Staatsfeind erklärt. 1970 erhält er den Nobelpreis für Literatur, kann ihn aber nicht persönlich entgegennehmen, da er fürchtet, dann nicht mehr nach Russland einreisen zu dürfen. 1974, nach der Veröffentlichung von Der Archipel Gulag, weist ihn die Regierung aus. Über Deutschland und die Schweiz emigriert Solschenizyn in die USA. Erst 20 Jahre später kehrt er in seine Heimat zurück. Inzwischen ist der einst glühende Leninist zum orthodoxen Christen geworden. Am 3. August 2008 stirbt Alexander Solschenizyn in Moskau.
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