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Der Besuch der alten Dame
Buch

Der Besuch der alten Dame

Eine tragische Komödie

Zürich, 1956
Diese Ausgabe: Diogenes Verlag, 1998 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Tragikomödie
  • Moderne

Worum es geht

Ein unmoralisches Angebot

Es ist wahrlich keine nette alte Dame, die Friedrich Dürrenmatt in seinem wohl berühmtesten Drama im verlotterten Provinzkaff Güllen aussteigen lässt. Nein, die steinreiche Claire Zachanassian hat es faustdick hinter den Ohren. Den unterwürfigen Speichelleckern des heruntergewirtschafteten Städtchens macht sie ein unmoralisches Angebot: Im Austausch für eine Finanzspritze von einer Milliarde fordert sie den Tod ihres früheren Liebhabers Alfred Ill. Die anfängliche Entrüstung der Bewohner entpuppt sich rasch als überzogen - sie beginnen Gefallen an der heimtückischen Versuchung zu finden, die sich hinter die biedere, frömmelnde, humanistisch angehauchte Bürgerfassade geschlichen hat. Mehr und mehr verwandeln sich die Straßen von Güllen für Alfred Ill in ein heißes Pflaster. Die Konjunktur rauscht durch Ills Heimatstädtchen, und wie der alles fressende Moloch fordert sie ein Menschenopfer: sein Leben. Der Schweizer Dramatiker Friedrich Dürrenmatt, der in der "tragischen Komödie" seine ideale Ausdrucksform fand, lieferte mit dem Besuch der alten Dame eine groteske, rabenschwarze und beim Publikum höchst erfolgreiche Abrechnung mit der Scheinmoral des Bürgertums und den Verlockungen des Wirtschaftswunders. Amüsant, tiefgründig, genial.

Zusammenfassung

Erwartungsvolle Heimkehr

Nach 45 Jahren kündigt Claire Zachanassian ihre Rückkehr in die Heimatstadt Güllen an. Ein Empfangskomitee aus Bürgermeister, Lehrer, Pfarrer und anderen Bürgern probt am Bahnhof die Begrüßungszeremonie. Auch Alfred Ill, ein Jugendfreund von Claire, wohnt der Probe bei. Alle erwarten, dass die Heimkehrerin mit einem Zug aus der Nachbarstadt eintrifft, da in Güllen keine Schnellzüge mehr halten. Viel hat sich in der Stadt geändert, seit Kläri Wäscher, wie die Zachanassian bei ihrer Geburt hieß, Güllen verlassen hat. Die Kassen sind leer, Gebäude und Straßen heruntergekommen, die Bürger leiden unter der Armut. Man erwartet allgemein, dass die jetzige Multimilliardärin Claire Zachanassian ihrer Heimatstadt mit einer großzügigen Spende auf die Beine helfen wird.

Ein effektvoller Auftritt

Die Empfangsprobe wird durch die Notbremsung des „Rasenden Roland“, eines Schnellzuges, unterbrochen, der schon seit einigen Jahren nicht mehr in dem Städtchen gehalten hat. Claire Zachanassian hat den unfahrplanmäßigen Halt in Güllen verursacht. Den erbosten Zugführer beruhigt die Heimkehrerin mit einigen Tausendernoten. Da steht sie also, die von allen...

Über den Autor

Friedrich Dürrenmatt wird am 5. Januar 1921 in Konolfingen im Schweizer Kanton Bern geboren. Sein Vater ist protestantischer Pfarrer. In Bern besucht Dürrenmatt das Freie Gymnasium und das Humboldtianum, 1941 legt er die Matura ab. Er ist bestenfalls ein mittelmäßiger Schüler und bezeichnet die Schulzeit später als die übelste Phase seines Lebens. In Bern und Zürich studiert er Philosophie, Literatur- und Naturwissenschaften. Seinen eigenen biografischen Schriften zufolge führt er das Leben eines verkrachten Studenten. 1946 zieht er nach Basel, ein Jahr später heiratet er die Schauspielerin Lotti Geissler, mit der er insgesamt drei Kinder hat. 1947 wird sein erstes Theaterstück Es steht geschrieben uraufgeführt. Aus Geldnot verfasst Dürrenmatt Anfang der 50er Jahre seinen wohl bis heute bekanntesten Kriminalroman Der Richter und sein Henker (1950/51), es folgen Der Verdacht (1951/52) und Das Versprechen (1958). Die Theaterstücke Die Ehe des Herrn Mississippi (1952) und Ein Engel kommt nach Babylon (1953) machen ihn einem breiten Publikum bekannt, die Dramen Der Besuch der alten Dame (1956) und Die Physiker (1962) begründen seinen Weltruhm. Ab 1952 lebt der Schriftsteller in einem eigenen Haus bei Neuchâtel. Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratet Dürrenmatt 1984 die Schauspielerin und Filmemacherin Charlotte Kerr. Wechselvoll ist sein Verhältnis zur zweiten großen Figur der Schweizer Literatur des 20. Jahrhunderts, Max Frisch. Die anfängliche Freundschaft schlägt in gegenseitiges Ressentiment um, das auf persönlicher Antipathie und literarischen Differenzen beruht. Dürrenmatt erhält im Lauf seines Lebens zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Georg-Büchner-Preis. Sein literarisches Werk ist äußerst vielfältig: Neben Theaterstücken und Romanen umfasst es Hörspiele, Essays, Erzählungen, Vorträge sowie autobiografische, literatur- und theatertheoretische Schriften. Daneben arbeitet Dürrenmatt zeitweise als Regisseur und ständig als Maler und Zeichner. Er stirbt am 14. Dezember 1990 in Neuchâtel an einem Herzinfarkt.


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