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Der Diener zweier Herren

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Der Diener zweier Herren

Reclam,

15 Minuten Lesezeit
10 Take-aways
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Was ist drin?

Die Geburt der modernen Komödie.


Literatur­klassiker

  • Komödie
  • Renaissance

Worum es geht

Ein Wendepunkt im italienischen Theater

Die Figuren im Diener zweier Herren irren durch eine verworrene Geschichte, die von Verkleidungen und Verwechslungen bestimmt ist. Im Mittelpunkt steht Truffaldino – eine Art Harlekinfigur –, der bei zwei Herren gleichzeitig in Dienst tritt, sich in allerlei Schwierigkeiten verstrickt und durch immer neue Ausflüchte von einer prekären Situation in eine noch vertracktere gerät. Mit Goldonis Stück löste sich die italienische Komödie aus der 200-jährigen Tradition der Commedia dell’Arte, die in reinen Rollenschemata und abgedroschenen Gags erstarrt war. Goldoni nahm zwar die Figuren der Commedia als Vorlage, gab ihnen aber individuellere Züge und eine Alltagssprache, wodurch sie realistischer wirkten. Damit wurde eine Form des Lustspiels eingeläutet, die bis heute fortbesteht – etwa in Sitcoms und anderen Unterhaltungsserien. Das Vorbild für Goldoni war Molière. Anders als dieser widmete er sich aber nicht der Frage, was gutes oder verwerfliches Verhalten ausmacht. Statt eine moralische Botschaft zu vermitteln, konzentrierte er sich auf gute Unterhaltung. Und die bietet das Stück auch heute noch, mehr als 250 Jahre nach seiner Entstehung.

Take-aways

  • Der Diener zweier Herren ist das bekannteste Theaterstück von Carlo Goldoni.
  • Inhalt: Die junge Beatrice reist als Mann verkleidet nach Venedig, um ihren Geliebten Florindo zu suchen, der auf der Flucht ist. Ihr Diener Truffaldino tritt auch in Florindos Dienste und hat deshalb so manche Herausforderung zu meistern. Durch ein Missverständnis glauben die beiden Liebenden, der jeweils andere sei tot – bis sie sich per Zufall wiedersehen.
  • Das Stück leitete das Ende der Commedia dell’Arte ein, einer Komödienform mit sehr stereotypen Figuren und improvisierten Szenen.
  • Goldoni löste sich zwar nicht vollkommen von den Vorgaben der Commedia, er verlieh seinen Figuren aber individuellere Züge und verzichtete auf Improvisation.
  • Goldonis Art, nach Molières Vorbild echte und weniger stereotype Charaktere zu kreieren, wurde wegweisend für das Lustspiel.
  • Mit dem vermeintlichen Tod der Liebenden nimmt Goldoni das antike Motiv von Pyramus und Thisbe auf, auf das auch Shakespeare zurückgegriffen hat.
  • Goldonis Gegner verabscheuten dessen kleinbürgerliche Figuren mit ihrer realitätsnahen, sogar dialektgefärbten Alltagssprache.
  • In späteren Stücken ließ Goldoni die Figurenwelt der Commedia vollkommen hinter sich, weshalb Der Diener zweier Herren ein für ihn eher untypisches Werk ist.
  • Regisseure wie Max Reinhardt und Giorgio Strehler verhalfen dem Diener zweier Herren auch im 20. Jahrhundert zu Weltruhm.
  • Zitat: „Wie viele gibt es nicht, die einen Herrn suchen, und ich habe gleich zwei.“

Zusammenfassung

Der Hochzeitspakt

Im Haus des venezianischen Kaufmanns Pandolfo beschließen dieser und der Advokat Lombardi die Vermählung ihrer beiden Kinder: Pandolfos Tochter Rosaura und Lombardis Sohn Silvio sind heftig ineinander verliebt. Bereits am folgenden Tag soll Hochzeit gefeiert werden. Der zufällig anwesende Gastwirt Tebaldo wird gebeten, Trauzeuge zu sein und das Hochzeitsmahl auszurichten. Bis vor Kurzem sah es noch nicht danach aus, als könnten die beiden Liebenden zusammenkommen. Denn Pandolfo hatte Rosaura bereits dem vermögenden, aber ungeliebten Turiner Rasponi versprochen. Nun hat der Kaufmann aber erfahren, dass Rasponi bei einem Degengefecht tödlich verletzt worden sei. Die Todesnachricht macht den Weg frei für eine Liebeshochzeit zwischen Rosaura und Silvio.

„Unser junges Volk ist so ineinander verliebt, dass es uns gern die weitläufigen Zubereitungen und Zeremonien schenken wird.“ (Pandolfo über Rosaura und Silvio, S. 4)

Rosauras Zofe Blandina meldet, dass der Diener eines fremden Herrn darum bittet, vorsprechen zu dürfen. Der Diener – Truffaldino – tritt ein, doch statt sein Anliegen vorzubringen, erkundigt er sich in dreister Manier bei den anwesenden Herren, wer die freundliche Blandina sei. Während Pandolfo ihn einige Male auffordert, zur Sache zu kommen, richtet Truffaldino immer wieder das Wort an die Zofe. Schließlich kündigt der Diener an, sein Herr, Federico Rasponi aus Turin, warte vor dem Haus und wünsche Pandolfo zu sprechen. Der Kaufmann und der Advokat sind äußerst erstaunt und glauben, dass es sich um ein Missverständnis oder einen Scherz handeln muss.

Die verkleidete Schwester

Nachdem Truffaldino abgegangen ist, betritt Rasponi das Zimmer. Während Pandolfo und Lombardi glauben, falsch informiert worden zu sein, erkennt der Wirt Tebaldo, der früher in Turin eine Schenke hatte, sogleich, dass es sich in Wahrheit um Rasponis Schwester Beatrice handelt, die als Mann verkleidet ist. Sie beschwichtigt ihn mit einem rasch zugesteckten Geldbeutel, damit er nichts verrät; Tebaldo legitimiert Beatrice daraufhin gegenüber allen Anwesenden als „Signor Rasponi“. Von ihrer Zofe Blandina alarmiert, eilt Rosaura gemeinsam mit ihrem Verlobten Silvio herbei.

„Er ist ein sonderbares Gemisch aus Einfalt und Klugheit; aber ich habe Ursache, ihn für treu zu halten.“ (Beatrice über Truffaldino, S. 13)

Der Konflikt wird offen diskutiert: Pandolfo beglückwünscht den falschen Rasponi zu seiner Genesung. Der behauptet nämlich, er sei bei dem Duell lediglich verwundet worden, und macht seiner Braut Rosaura Komplimente. Diese ist davon alles andere als begeistert, da sie inzwischen ihrem geliebten Silvio versprochen ist. Silvio verkündet, dass er jetzt Rosauras Bräutigam sei, und droht Rasponi mit einem Duell. Doch Rosauras Vater Pandolfo deutet an, er müsse sich an das Heiratsversprechen halten, das er Rasponi gegeben habe. Rosaura ist entsetzt und läuft davon. Pandolfo, von der unerwarteten Wendung betroffen, wird von Rasponi beruhigt: Er selbst will Rosaura zur Hochzeit umstimmen. Einstweilen möge Pandolfo ihm 200 Dukaten aus einem Kreditbrief auszahlen.

Beatrices Geschichte

Kaum ist Pandolfo gegangen, setzt Beatrice den Wirt Tebaldo darüber in Kenntnis, was in Turin vorgefallen ist: Ihr Bruder Rasponi wurde während eines Landausflugs mehrerer junger Leute in einem hitzigen Degengefecht erstochen. Alle flohen vom Tatort. Wer für den Mord verantwortlich ist, weiß man nicht, doch unter den Verdächtigen befindet sich auch Beatrices Geliebter Florindo, den sie hier in Venedig vermutet. Ihm ist sie mit Kreditbriefen ihres Bruders nachgereist, um ihn ggf. unterstützen zu können. Da sie als Frau weder alleine reisen noch Rechtsgeschäfte abschließen darf, ist sie auf die Verkleidung angewiesen. Unterwegs hat sie Truffaldino aufgegabelt und in Dienst genommen. Tebaldo verspricht, ihr Geheimnis zu wahren. Sie entscheidet, sich in seinem Gasthaus einzuquartieren.

Der zweite Herr

Truffaldino knurrt der Magen. Der Diener steht vor Tebaldos Gasthof auf der Straße. Von drinnen duftet es nach köstlichem Essen. Er beschwert sich, dass sein Herr Rasponi gleich nach der Ankunft nichts Besseres zu tun hatte, als Leute zu besuchen, statt sich um eine Unterkunft und eine Mahlzeit für sich und seinen Diener zu kümmern. Da kommt ein Reisender mit einem schweren Koffer daher. Truffaldino bietet an, den Koffer ins Gasthaus zu tragen. Der Reisende ist Florindo, Beatrices Geliebter. Er engagiert Truffaldino sogleich als Diener. Dieser handelt ein gutes Gehalt aus und hofft, dass sich sein anderer Herr Rasponi nicht mehr blicken lässt. Florindo schickt Truffaldino zur Post, weil er wissen will, ob Briefe für ihn angekommen sind.

„Wie viele gibt es nicht, die einen Herrn suchen, und ich habe gleich zwei.“ (Truffaldino, S. 17)

Der Diener macht sich auf den Weg und begegnet Rasponi alias Beatrice und dem Wirt. Auch Beatrice schickt Truffaldino zur Post. Er soll das Gepäck abholen und nach Briefen fragen, die an Rasponi oder seine Schwester adressiert sind. Truffaldino beschließt in dem Moment, es darauf ankommen zu lassen und beiden Herren zu dienen. Er habe ja nichts zu verlieren; einer von beiden werde ihn sicher behalten.

Briefe und Geldbeutel

Kurz darauf kreuzt Silvio Lombardi Truffaldinos Weg. Aufgebracht verlangt er von dem Diener, dessen Herrn zu sprechen. Statt an Rasponi verweist Truffaldino ihn jedoch an Florindo. Nachdem Silvio erkannt hat, dass es sich offensichtlich um ein Missverständnis handelt, unterhält er sich mit Florindo. Dieser erfährt von Silvio, dass Rasponi angeblich noch lebt. Florindo ist außer sich und beschließt, umgehend zu Beatrice nach Turin zurückzukehren. Da kommt Truffaldino mit drei Briefen von der Post. Da er nicht lesen kann, händigt er sie alle drei Florindo aus, obwohl einer der Briefe zu Florindos Überraschung an Beatrice adressiert ist. Florindo bricht das Siegel und erfährt, dass in Turin der Besitzer eines blutbefleckten Degens im Verdacht steht, Rasponi getötet zu haben. Florindos Unschuld ist damit so gut wie erwiesen. Außerdem steht in dem Brief, dass Beatrice ihm in Männerkleidern nachgereist ist.

„Wenn mich einer fortjagt, so bleibe ich bei dem andern. So wahr ich ein ehrlicher Kerl bin, ich will’s versuchen.“ (Truffaldino, S. 17)

Nachdem Florindo den Brief an den Diener zurückgegeben hat, landet das Schriftstück schließlich doch noch bei Beatrice. Wegen des gebrochenen Siegels rettet sich Truffaldino in Ausflüchte. Beatrice lässt ihm die fadenscheinigen Ausreden durchgehen. Als sich Truffaldino deswegen gerade selbst beglückwünscht, kommt Pandolfo daher und übergibt ihm die von Rasponi alias Beatrice gewünschten 200 Dukaten, die er an seinen Herrn weiterreichen soll. Truffaldino, der die Hintergründe nicht kennt, gibt den Geldbeutel Florindo. Dieser steckt ihn ein, weil er ebenfalls bei einem Kaufmann Bargeld angefordert hat.

Die Verschwörung der Bräute

Der Kaufmann Pandolfo versucht seine Tochter Rosaura von der Heirat mit Rasponi zu überzeugen. Dieser kommt gerade zu Besuch und bittet um eine Aussprache mit Rosaura unter vier Augen. Dem widerborstigen Mädchen verrät Beatrice ihre wahre Identität. Sie klärt sie darüber auf, dass sie in Verkleidung nach Venedig gekommen ist, um ihrem Verlobten beizustehen. Rosaura ist unendlich erleichtert, von Rasponi nichts mehr zu befürchten zu haben, und willigt ein, zu schweigen, bis Beatrice Florindo gefunden hat. Kurz darauf streiten sich die beiden nichts ahnenden Väter Pandolfo und Lombardi lautstark, wortreich und wild gestikulierend darüber, wer als Rosauras Zukünftiger den Vorrang hat. Pandolfo gibt Lombardi zu verstehen, er habe Rasponi bereits mit Rosaura allein gelassen, womit die Ehe praktisch vollzogen sei. Lombardi ist zutiefst empört.

Mahlzeit

Beatrice und ihr Verlobter Florindo haben im Gasthaus inzwischen zwei benachbarte Zimmer bezogen, begegnen sich aber nie. Beide werden abwechselnd von Truffaldino bedient. Florindo übergibt ihm den Geldbeutel mit den 200 Dukaten und ein Medaillon. Er soll beides im Koffer unterbringen. Dann geht er aus. Kurz darauf kommt Beatrice und fragt nach dem Geld, das Pandolfo dem Diener ausgehändigt hat, worauf Truffaldino ihr den Beutel reicht. Sie übergibt ihm ihrerseits ein Medaillon zur Aufbewahrung in ihrem Koffer. Danach bestellt sie ein Mittagessen, zu dem sie Pandolfo einladen will. Während sie ihn abholt, soll Truffaldino mithilfe des Wirts alles herrichten.

„Das kann einen Flecken auf meine Ehre machen, und da bin ich sehr kitzlig.“ (Truffaldino, S. 22)

Truffaldino hat ein mehrgängiges Menu bestellt, das in Beatrices Zimmer aufgetragen wird. Als sie, immer noch als ihr Bruder verkleidet, mit Pandolfo zurückkehrt, wundert sich dieser, wie gut es Rasponi gelungen ist, Rosaura zu beruhigen. Ein Küchengehilfe bringt die ersten Speisen; Truffaldino behält sich vor, sie in Beatrices Zimmer selbst zu servieren. Kurz darauf will Florindo ebenfalls etwas essen. Sehr zur Verwunderung des Küchengehilfen, der ständig neue Speisen bringt, flitzt Truffaldino zwischen den beiden Zimmern hin und her, verwechselt die Teller und ihre Reihenfolge, teilt die Portionen und nascht zwischendurch selbst. Den köstlichen Pudding, ein ihm unbekanntes Gericht, das ihm der Wirt empfohlen hat, behält er am Schluss sogar für sich allein zurück.

Tod und Leben

Gegen Ende dieser Prozedur erscheint Blandina, Rosauras hübsche Zofe, mit einem Brief für „Truffaldinos Herrn“. Truffaldino macht ihr bei der Gelegenheit schüchtern einen Heiratsantrag, den sie ebenso schüchtern, aber ohne zu zögern, annimmt. Neugierig öffnen sie gemeinsam den Umschlag, aber da sie beide nicht lesen können, können sie nichts mit dem Inhalt anfangen. Beatrice kommt unverhofft mit Pandolfo aus dem Zimmer und entreißt Truffaldino den Brief. Es ist eine Nachricht von Rosaura, in der sie Beatrice mitteilt, dass Lombardi seinen Sohn Silvio weiter bedrängt, sein Eherecht zu fordern. Beatrice gibt Truffaldino eine Tracht Prügel, weil er das Siegel gebrochen hat, und verlässt mit Pandolfo den Gasthof.

„Ich glaube, ich könnte noch einen dritten Herrn bedienen.“ (Truffaldino, S. 25)

Als Florindo seine Mahlzeit beendet hat, will er wissen, warum Truffaldino sich hat verprügeln lassen. Er versetzt ihm nun selbst ein paar Hiebe als Strafe, weil sich der Diener anscheinend ohne Gegenwehr zum Gespött gemacht hat. Dann verlangt er, das Medaillon zu sehen. Truffaldino hat beide noch nicht in die Koffer gelegt; er zieht eines aus der Tasche und es ist prompt das falsche. Florindo, der es als Beatrices Eigentum erkennt, will wissen, wie der Diener zu dem Schmuckstück gekommen ist. Truffaldino greift wieder zu Ausflüchten: Er erzählt, es gehöre einem Herrn, für den er bis vor acht Tagen gearbeitet habe und der jetzt tot sei. Nach dieser Aussage glaubt Florindo, seine Beatrice sei auf der Reise nach Venedig tödlich verunglückt. Voller Trauer zieht er sich in sein Zimmer zurück, während Truffaldino verzweifelt feststellt, was er mit seinen Lügen angerichtet hat.

„Und wenn Sie mich mit Gewalt zum Altar schleppen wollen, (...) dann bringe ich mich um oder vielleicht vorher Sie!“ (Rosaura zu Beatrice, S. 29)

Nun erscheint Beatrice. Sie sieht das andere Medaillon, das sie einst Florindo geschenkt hat, und will wissen, woher der Diener es hat. Truffaldino versucht, sich mit derselben Geschichte zu retten, die er schon bei Florindo angewendet hat: Er sagt, das Medaillon stamme von einem früheren Herrn, der es ihm vererbt habe. Nun glaubt auch Beatrice, ihr Geliebter sei tot. Doch in diesem Augenblick tritt Florindo aus seinem Zimmer und die beiden Liebenden fallen sich in die Arme.

Happy End

Beatrice eilt zu Pandolfo, um in dessen Haus die Verwirrung aufzuklären, die sie mit ihrer Verkleidung gestiftet hat, während sich Florindo den Diener vorknöpft. Truffaldino versucht erneut, sich in Ausreden zu flüchten, indem er alles auf einen von ihm erfunden Diener schiebt. Florindo gibt sich damit einstweilen zufrieden und gesteht sich ein, dass Truffaldino trotz allem ein gutes Herz hat. Dieser nutzt die Gunst der Stunde, um Florindo zu bitten, an seiner Stelle bei Pandolfo die Erlaubnis für eine Heirat mit Blandina einzuholen.

„Wenn Sie mir sagen, dass Sie einen andern lieben, so gilt das Gleiche auch für mich (...)“ (Beatrice zu Rosaura, S. 29)

Nun kommen alle Übrigen in den Gasthof. Pandolfo beglückwünscht Florindo sogleich zu seiner bevorstehenden Hochzeit mit Beatrice; Florindo bittet ihn, der Brautführer zu sein. Lombardi und sein Sohn sind froh, dass sich der angebliche Rasponi als Frau entpuppt hat und dass der Ehe zwischen Silvio und Rosaura somit nichts mehr im Weg steht. Schließlich bittet Florindo Pandolfo, in die Heirat von Truffaldino und Blandina einzuwilligen, was Pandolfo ohne zu zögern macht.

Zum Text

Aufbau und Stil

Die Handlung des Stücks setzt ganz unmittelbar ein, nämlich mit dem Abschluss des Ehevertrags zwischen Pandolfo und Lombardi. Sie entwickelt sich über zwei Akte, die beide in Pandolfos Haus beginnen und im Gasthof enden. Der szenische Höhepunkt liegt in der Mitte des zweiten Aktes, als Truffaldino seine beiden Herren gleichzeitig beim Essen bedient und er die Speisenfolge durcheinanderbringt. Das Stück ist, was Zeit und Raum betrifft, sehr geschlossen: Das Geschehen spielt sich vom Vormittag bis zum Nachmittag eines einzigen Tages ab. Der innere Aufbau ist von einer starken Symmetrie bestimmt: Kaum bezieht Truffaldino von dem einen Herrn Prügel, schlägt ihn auch der zweite; er besorgt für beide gleichzeitig Briefe; und beide geben ihm Medaillons, die er aufbewahren soll. Oft wird also in der Handlung des einen Herrn die des anderen verdoppelt. Eine Dopplung findet sich auch darin, dass es zwei Liebespaare aus der höheren Gesellschaftsschicht gibt, deren Heiratspläne durch Einfluss von außen durchkreuzt werden. Diese Zwischenfälle sind ein wesentliches Spannungselement und treiben die Handlung voran.

Goldoni lässt seine Figuren bewusst Alltagssprache statt Theatersprache sprechen, wohl um eine größere Wirklichkeitsnähe erzielen. Im Original werden die Personen durch Dialekt, Derbheit, gestelzte Bildungssprache und andere sprachliche Eigenheiten charakterisiert oder auch karikiert. So stellt sich etwa Truffaldino bei seinem ersten Auftritt mit übertriebener Formelhaftigkeit vor und in der Servierszene gibt er die Namen ihm unbekannter Gerichte verzerrt wieder.

Interpretationsansätze

  • Der Diener zweier Herren ist eine Verwechslungskomödie: Beatrice steckt in Männerkleidern und gibt vor, ihr Bruder zu sein. Dieses Element ist ein klassischer Komödientopos, den es bereits seit der Antike gibt.
  • Zentral sind nicht die Liebesgeschichten, sondern das Doppelspiel des Dieners. Auch das entspricht einem klassischen Muster der Antike: Bei einigen römischen und griechischen Dichtern waren die Diener oder Sklaven die eigentlichen Handlungsträger.
  • Die Figuren erscheinen zunächst als klassische Typen der Commedia dell’Arte: Der „Pantalone“ – der reiche Kaufmann – wird von Pandolfo verkörpert; der „Dottore“ ist Lombardi; die „Colombina“ – die unschuldige, zarte Dienerin – ist Blandina; der Wirt Tebaldo entspricht „Brighella“, dem schlauen, verschlagenen Diener; und Truffaldino ist eine Harlekinfigur, ein bauernschlauer, aber auch tölpelhafter Typus. Die stereotypen Figuren der Commedia dell’Arte werden bei Goldoni allerdings mit individuellen Zügen versehen und dadurch weiterentwickelt.
  • Goldoni verwendet das aus der Antike stammende Motiv von Pyramus und Thisbe, wie es etwa in Ovids Metamorphosen vorkommt: Zwei Liebende halten sich aufgrund eines Missverständnisses gegenseitig für tot. In Romeo und Julia verarbeitete Shakespeare das Motiv zu einem tragischen Stück; bei Goldoni geht die Geschichte gut aus.

Historischer Hintergrund

Die Commedia dell’Arte

Die Commedia dell’Arte entwickelte sich im 16. Jahrhundert in Italien als eine Form der Komödie. Sie war hochgradig typisiert und verwendete Rollenklischees wie den Harlekin, die sofort wiedererkennbar waren und nur eine ganz bestimmte Dramaturgie zuließen. Deshalb brauchte man für die Bühnenabläufe nur Handlungsgerüste, keine ausgeschriebenen Stücke; für den Rest sorgten die Schauspieler mit Improvisationen, den so genannten Lazzi (Stegreifeinlagen). Professionelle Schauspieler verfügten über ein umfangreiches Lazzi-Repertoire. Es umfasste in der Regel nicht nur kabarettistische Szenen, sondern auch theatralische Gebärden, Akrobatik und Zauberkunststücke. Gewöhnlich bestand eine Commedia-Truppe aus sechs männlichen und sechs weiblichen Darstellern. Die Rollen und die teuren Kostüme wurden oft innerhalb der Schauspielerfamilien weitervererbt. Das Theater war in jener Zeit selten fest an ein Haus gebunden. Stattdessen zogen die Schauspieltruppen von Stadt zu Stadt. Bisweilen blieben sie auch für einige Zeit an Adelshöfen.

„Commedia“ bedeutete im damaligen Sprachgebrauch so viel wie „Stück mit Happy End“, während „dell’Arte“ auf die Professionalität der Darstellung verwies, also darauf, dass die Darbietung von Berufsschauspielern und nicht von einer Laienschar erfolgte. Die Commedia hatte ihre Wurzeln in der Antike. Im Mittelalter gab es diese Theaterform nicht, erst durch die Renaissance kam sie wieder auf die Bühne. Ihre Blütezeit dauerte von der Spätrenaissance (ca. 1550) bis in die Zeit des Dieners zweier Herren, also etwa 200 Jahre. Noch Wolfgang Amadeus Mozarts Opern Figaros Hochzeit und Così fan tutte stehen in der Commedia-Tradition: Die Figur des Figaro ist eine Harlekinvariante, und Così fan tutte ist eine Verkleidungs- und Verwechslungskomödie mit zwei Liebespaaren. Die festgefügten Schemata der Commedia waren aber schon zu Goldonis Zeit verkrustet. Als einer der Ersten entwickelte er die Form weiter.

Entstehung

Goldoni arbeitete nebenberuflich als Theaterautor und wurde vom seinerzeit bekanntesten italienischen Harlekindarsteller Antonio Sacchi auf ein Stück des französischen Dichters Jean-Pierre Mandajors mit dem Titel Arlequin, valet de deux maîtres aufmerksam gemacht. Sacchi bat Goldoni um eine auf italienische Verhältnisse übertragene Version. So entstand Der Diener zweier Herren um 1744/45 in Pisa, wo Goldoni damals als Anwalt tätig war. Das Stück war zunächst eine Stegreifkomödie. Eine verbindliche Textfassung schrieb Goldoni erst später; sie wurde 1753 veröffentlicht. Goldoni wich darin in mancher Hinsicht von der Commedia-Tradition ab. Er gab den Figuren in ihrer Sprechweise individuelle Züge. Das macht die literaturhistorische Bedeutung Goldonis und vor allem des Dieners zweier Herren aus.

Ein wichtiges Vorbild waren die Komödien Molières, in denen ebenfalls realistische Personen auf der Bühne standen und keine Rollenklischees. Goldonis Rivale und Gegner in Venedig, der bedeutende Theaterautor Carlo Gozzi, der an der Commedia festhielt, verachtete Goldonis kleinbürgerliche Figuren und ihren Dialekt. Gozzi schaffte es sogar, Goldoni aus Venedig zu vertreiben.

Wirkungsgeschichte

Der Diener zweier Herren war ein großer Publikumserfolg und markierte den Durchbruch für Goldoni, der sich nun ganz der Theaterarbeit widmen und seinen Brotberuf aufgeben konnte. Innerhalb seines Gesamtwerks ist Der Diener zweier Herren also ein vergleichsweise frühes Stück. Die späteren Komödien des Autors lassen die Figurenwelt der Commedia vollkommen hinter sich. Insofern ist der durch erfolgreiche Aufführungen sehr bekannte Diener zweier Herren für Goldonis Gesamtwerk eigentlich nicht typisch. In späteren Stücken arbeitete Goldoni die Charaktere der Figuren immer mehr heraus. Dafür musste er seinen Schauspielern die eingeübte Commedia-Spielweise erst einmal abgewöhnen.

Goldoni selbst betrachtete den Diener zweier Herren keineswegs als sein Hauptwerk. Es ist heute allerdings sein bekanntestes Stück. Wichtige Aufführungen bedeutender Regisseure haben dazu beigetragen. Schon Johann Wolfgang von Goethe hat den Diener zweier Herren inszeniert. Max Reinhardt, Mitinitiator der Salzburger Festspiele, eröffnete 1924 mit Goldonis Stück das Wiener Theater in der Josefstadt, eine der bedeutendsten deutschsprachigen Bühnen, nachdem es renoviert worden war. Zu Weltruhm gelangte eine Inszenierung des italienischen Regisseurs Giorgio Strehler, die 1947 am Piccolo Teatro in Mailand uraufgeführt, bis weit in die 1960er Jahre gespielt und auf Tourneen in der ganzen Welt gezeigt wurde.

Über den Autor

Carlo Goldoni kommt am 25. Februar 1707 in Venedig zur Welt, im Palazzo Centani, der heute ein Theatermuseum ist. Goldonis Vater ist Arzt, er selbst studiert Jura. In Venedig und an einigen anderen Orten Italiens arbeitet er als Gesandtensekretär und Anwalt. In Genua lernt er seine spätere Frau kennen. 1746 wird sein Stück Il servitore di due padroni (Der Diener zweier Herren) in Mailand uraufgeführt. Die Aufführung wird ein großer Erfolg und Goldoni geht 1748 ein festes Arbeitsverhältnis mit einem Ensemble in Venedig ein. Er schreibt auch Opernlibretti und beeinflusst mit seinem Stil Lorenzo da Ponte, den Librettisten Mozarts. In der damaligen italienischen Kultur- und Amüsierhauptstadt Venedig tobt ein Kampf um die Reform der Commedia dell’Arte. Goldonis Rivale, der ebenfalls bedeutende Theaterautor Carlo Gozzi, will die Commedia durch Feenfiguren, Prinzessinnen sowie traditionelle Mythenhelden und Götter des Barocktheaters neu beleben. Er wirft den Neuerern um Goldoni vor, in ihren Stücken den Adel herabzuwürdigen, einfaches Volk und ordinäre Sprache auf die Bühne zu bringen und den Pöbel aufzuwiegeln. Gozzi intrigiert jahrelang so massiv gegen Goldoni, dass dieser im Alter von 55 Jahren Venedig verlässt. Sein Ruhm hat ihm einen Ruf nach Frankreich eingebracht, dem er 1762 folgt. In Paris wird er Autor und Direktor des dortigen Italienischen Theaters, später sogar der Comédie-Française, in Frankreich eine Institution. Goldoni schreibt seine Theaterstücke – insgesamt verfasst er rund 200 – nun auch auf Französisch. Er ist später dem Königshof als Sprachlehrer eng verbunden. In Frankreich pflegt Goldoni Umgang mit Aufklärern wie Diderot und Voltaire, die zu den angesehensten Intellektuellen Europas zählen. Durch die Revolution verliert er kurz vor seinem Lebensende seine königliche Apanage. Sie wird ihm am Tag seines Todes vom französischen Nationalkonvent wieder zuerkannt. Er stirbt am 6. Februar 1793 in Paris.

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