- Roman
- Moderne
Worum es geht
Verbrechen ohne Motiv
"Heute ist Mama gestorben", lautet der berühmte erste Satz aus Camus’ frühem Meisterwerk. Der lakonische Stil setzt einen bewussten Kontrapunkt zu der blumenreich-poetischen, bisweilen gezierten Kunstsprache, die man lange Zeit in Frankreich schätzte. Schon der erste Satz konfrontiert den Leser mit dem Tod - und das ist auch das Schicksal, das der Hauptfigur am Ende des Romans bevorsteht: Der junge Meursault wird nach einer Gerichtsverhandlung wegen Mordes zum Tod verurteilt, obwohl er das Urteil hätte abwenden können, wenn er seine Verteidigung auf Notwehr aufgebaut hätte. Doch der Einzelgänger Meursault und die Gesellschaft sind sich zutiefst fremd. In ihren Augen ist das Urteil die gerechte Strafe für sein Verbrechen. Und in seinen Augen? Das eben ist der Inhalt des Romans: Im ersten Teil schildert der Ich-Erzähler Meursault, wie es zu dem Mord kam. Im zweiten Teil wird die Gerichtsverhandlung reflektiert: Meursault setzt sich mit seiner bevorstehenden Hinrichtung auseinander und kommt zu der Erkenntnis, dass im Grunde alles gleichgültig ist. Albert Camus gilt als einer der bedeutendsten Literaten und philosophischen Denker der Nachkriegszeit. Der Nobelpreisträger von 1957, der auch vor Stellungnahmen in politischen Fragen nicht zurückschreckte, war für viele das Gewissen Frankreichs.
Zusammenfassung
Über den Autor
Albert Camus wird am 7. November 1913 im nordalgerischen Mondovi geboren. Algerien ist damals eine französische Kolonie. Camus’ Vater ist einfacher Landarbeiter. Der Besuch des Gymnasiums wird Camus nur durch die intensiven Bemühungen eines seiner Lehrer ermöglicht. Bereits als 20-Jähriger heiratet Camus eine aus bürgerlichen Verhältnissen stammende, morphiumabhängige junge Frau. Die Ehe wird jedoch bald wieder geschieden. Der Beginn seiner beruflichen Tätigkeit vom Anfang bis weit in die 1930er Jahre hinein ist beschwerlich und unstet. Er arbeitet als Lehrer, Journalist, Theaterautor und Schauspieler. Nebenbei schreibt er eine Diplomarbeit in Philosophie. Am Zweiten Weltkrieg kann er aus gesundheitlichen Gründen (Tuberkulose) nicht teilnehmen. 1940 heiratet er erneut. Weil die Zeitung, bei der er arbeitet, verboten wird, kann er in Algerien nicht länger allein seinen Lebensunterhalt bestreiten und siedelt kurzzeitig nach Frankreich über. 1941 kehrt er nach Algerien zurück, aber nicht zuletzt die Arbeit im französischen Widerstand bindet ihn immer stärker an Paris. 1942 erscheinen seine ersten beiden wichtigen Werke: L’Étranger (Der Fremde) und Le Mythe de Sisyphe (Der Mythos von Sisyphos). 1943 wird Camus Lektor bei Gallimard, dem Verlag, dem er Zeit seines Lebens verbunden bleibt. 1947 erscheint der Roman La Peste (Die Pest), durch den Camus auch einem größeren Publikum bekannt wird. 1951 folgt die Essaysammlung L’Homme Révolté (Der Mensch in der Revolte). Camus zählt zu den bedeutendsten literarischen Figuren im Frankreich der Nachkriegszeit. Er und Sartre gelten als herausragende Vertreter des Existenzialismus, sie sind eine Zeit lang auch persönlich befreundet. Ganz in der Tradition vieler französischer Schriftsteller bezieht Camus in den 1950er Jahren Stellung zu vielen politischen Fragen: natürlich im Hinblick auf die französische Kolonialpolitik, besonders in Algerien, aber auch z. B. zum Arbeiteraufstand in Ostberlin. Camus ist ein vehementer Gegner der Todesstrafe und gilt in den späten 1950er Jahren vielen als das literarische Gewissen Frankreichs. 1957 erhält er den Literaturnobelpreis. Am 4. Januar 1960 kommt Camus bei einem Autounfall ums Leben.
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