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Der Liebhaber
Buch

Der Liebhaber

Paris, 1984
Diese Ausgabe: Suhrkamp, 2004 Mehr

Literatur­klassiker

  • Liebesroman
  • Gegenwartsliteratur

Worum es geht

Die Geschichte einer französischen Lolita

Diese wohl legendärste Amour fou der Weltliteratur sorgte bei ihrer Veröffentlichung zunächst für Empörung, um nur wenig später mit Frankreichs bedeutendstem Literaturpreis ausgezeichnet zu werden. Die Ich-Erzählerin träumt sich in diesem autobiografisch geprägten Roman zurück in ihre Jugend in Indochina, erinnert sich dabei an die qualvolle Enge in der vaterlosen Familie, an die verhängnisvolle Beziehung ihrer Brüder zueinander und an ihre manisch-depressive Mutter. Einziger Lichtblick und Ausweg aus diesem familiären Gefängnis scheint die exotische Beziehung zu einem chinesischen Millionärssohn, der fast doppelt so alt ist wie sie. Mit Lust gibt sie sich ihm hin, genießt dabei auch den Skandal und das Urteil, dass sie lediglich eine billige, kleine Prostituierte sei. Die Brüder wissen den Reichtum des Chinesen für sich zu nutzen, und das Mädchen lässt sie gewähren, ja es macht sich sogar vor, dass sie den Chinesen nur des Geldes wegen liebe. Erst auf der Rückfahrt nach Frankreich - die wegen des Skandals unvermeidlich ist - wird ihr bewusst, dass sie den Chinesen wirklich geliebt hat. Marguerite Duras ist mit diesem Buch einer der bewegendsten Liebesromane aller Zeiten gelungen.

Zusammenfassung

Leben in der Kolonie

Als der Vater der Erzählerin noch lebte, wohnte die Familie in einem ehemaligen Palast des Königs von Kambodscha in Phnom Penh. Dort blieb die Familie auch, als der Vater erkrankte und nach Frankreich zurückkehrte. Seit seinem Tod zieht die Familie durchs Land und lebt dort, wo die Mutter als Lehrerin gerade Arbeit findet. Finanziell sind Mutter und Kinder nicht sonderlich gut gestellt, die Familie befindet sich auf der untersten Stufe der französischen Kolonialgesellschaft in Indochina. Das Leben in der Kolonie ist vom Warten geprägt, vor allem die Frauen widmen sich ganz der Erhaltung ihrer selbst. Das Leben auf den so genannten Außenstationen ist unerträglich, es herrschen Angst und Ungewissheit: Einige Frauen verfallen dem Wahnsinn, andere werden wegen einer jüngeren einheimischen Geliebten sitzen gelassen, wieder andere bringen sich um. Dennoch sind Mutter und Tochter diesem Leben und besonders dem Klima verfallen: Sie lieben die lauen Nächte und fahren in seltenen glücklichen Momenten gemeinsam hinaus aufs Land, um sich in das Blau des Himmels zu versenken.

Die Familie

Im Schatten des älteren Bruders, der von der Mutter abgöttisch...

Über den Autor

Marguerite Duras wird am 4. April 1914 als Marguerite Donnadieu in Gia Dinh, einem Vorort von Saigon, als Tochter eines Lehrerehepaars geboren. Als der Vater stirbt, ist Marguerite sieben Jahre alt. 1928 erwirbt die Mutter Ländereien, die jedoch Jahr für Jahr von Überschwemmungen heimgesucht werden; diese Probleme mit dem Grundbesitz treiben sie nicht nur fast in den Wahnsinn, sondern rauben der Familie auch jegliche gesicherte finanzielle Grundlage. Ab 1930 besucht Marguerite ein Gymnasium in Saigon, in das die Töchter angesehener weißer Familien gehen, lebt aber im Pensionat hauptsächlich mit Einheimischen zusammen. Ihren Tagebuchnotizen lässt sich entnehmen, dass sie tatsächlich eine Liaison mit einem reichen, älteren Chinesen eingeht, vor allem des Geldes wegen. Mit 19 Jahren kehrt sie Indochina für immer den Rücken und geht nach Paris. Obwohl sie sich zum Schreiben berufen fühlt, studiert sie, dem Wunsch der Mutter gemäß, Mathematik, Jura und Politik. Sie heiratet Robert Antelme, einen Schriftsteller und Résistance-Kämpfer, und beginnt ein exzessives Leben, das in die Alkoholabhängigkeit führt. Ihre Wohnung ist während des Zweiten Weltkriegs Treffpunkt berühmter Intellektueller wie Raymond Queneau und Georges Bataille. Auch den späteren französischen Staatspräsidenten François Mitterrand lernt sie in der Résistance kennen. Der internationale Durchbruch gelingt Duras 1959 mit dem Drehbuch zu dem Film Hiroshima, mon amour. Die Autorin setzt sich für die Beendigung des Algerienkriegs ein und nimmt 1968 an den Pariser Studentenaufständen teil. Zwar erlebt sie mit dem Roman Der Liebhaber 1984 einen sensationellen Erfolg und erhält dafür den Literaturpreis Prix Goncourt, letzten Endes aber ist sie völlig vereinsamt und gibt sich ganz dem Alkohol hin. Ihr damaliger Partner, der um 30 Jahre jüngere Yann Andréa, steht ihr als Sekretär, Lebenspartner und Pfleger bei. Marguerite Duras stirbt am 3. März 1996 in Paris.


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