Friedrich Gottlieb Klopstock
Der Messias
De Gruyter, 2000
Was ist drin?
Klopstocks ehrgeiziges Versepos – hochgelobt und kaum gelesen.
- Versepos
- Empfindsamkeit
Worum es geht
Göttliches Auftragswerk oder Kuriosum der Literatur?
Mal ehrlich: Ein dichterisch veranlagter junger Mann, der in seiner Abiturrede heißwangig ankündigt, er werde Homer, Vergil und Milton übertreffen, sich zum Nationaldichter der Deutschen emporschwingen, und das Ganze auf direkten Befehl Gottes – wer würde einem solchen Heißsporn nicht erst einmal zur Abkühlung raten? Klopstocks Messias ist ein wohl einmaliges Beispiel für das, was passieren kann, wenn sich so einer eben nicht abkühlt, sein ganzes Leben lang nicht abkühlt – denn Klopstock hat fast 30 Jahre an seinem Opus magnum geschrieben, oft unter Tränen der Rührung, hat es wieder und wieder überarbeitet und noch auf dem Sterbebett daraus rezitiert. Die Welt hat das Produkt dieses ewig jugendlichen Eifers zwiespältig aufgenommen, je nachdem, inwieweit die Rezipienten den Glauben des Autors an seine göttliche Sendung teilten. Folglich wurde Der Messias als religiös-kultisches Werk ein Erfolg, als Literatur bleibt er aber fragwürdig. Der Ruhm des Epos verselbstständigte sich schon früh, wohl auch aufgrund einer gewissen religiösen Ehrfurcht der Zeitgenossen. Nüchtern betrachtet erschien der Messias schon damals als esoterischer Bombast; eine Einschätzung, die heute wahrscheinlich noch viel mehr Menschen teilen als damals.
Take-aways
- Das religiöse Versepos Der Messias ist das berühmteste Werk des Dichters Friedrich Gottlieb Klopstock.
- Inhalt: Jesus löst sein Versprechen ein, die Menschheit von ihrer Schuld zu erlösen, und nimmt zu diesem Zweck den Tod am Kreuz auf sich. Nach seiner Auferstehung hält er Gericht über die Menschheit und kehrt schließlich in den Himmel zurück.//
- Der Messias ist Klopstocks Versuch, an die alte abendländische Tradition des Heldenepos anzuknüpfen.//
- Damit verhalf er dem Deutschen als Literatursprache zu einer Geltung, die es zuvor nicht besessen hatte.
- Der Messias ist in Hexametern verfasst, dem reimlosen Versmaß der alten Griechen und Römer, das Klopstock damit in die deutschsprachige Dichtung einführte.
- Die formale Struktur folgt nicht erzählerischen, sondern liturgischen Gesichtspunkten und ist an die Choreografie pietistischer Gottesdienste angelehnt.
- Klopstock begann schon als Schüler mit Vorarbeiten zum Messias. Dabei meinte er, im göttlichen Auftrag zu handeln. Erst knapp 30 Jahre später vollendete er das Werk.
- Klopstock ließ sich zeitlebens von reichen Gönnern wie dem dänischen König Friedrich V. oder dem Schweizer Philologen Johann Jakob Bodmer finanzieren.
- Dem Messias verdankte er die Zuneigung seiner späteren Frau Meta Moller, die sich beim Lesen der ersten drei Gesänge in den ihr unbekannten Dichter verliebte.
- Zitat: „Sing, unsterbliche Seele, der sündigen Menschen Erlösung, / Die der Messias in seiner Menschheit auf Erden vollendet (…)“
Zusammenfassung
Jesus auf dem Ölberg, Satan in der Hölle
Jesus steigt abends auf den Ölberg. Betend wendet er sich an Gott. Es naht der Tag der Erlösung der Menschheit. Jesus bekräftigt noch einmal, dass er die einst mit Gott getroffene Verabredung einhalten und die Leiden am Kreuz freudig auf sich nehmen will, damit die Menschheit, bis dahin elend und sündig, erlöst werde. Auch Gott erneuert seine Zusage: Wenn Jesus freiwillig für die Menschheit stirbt, wird er, Gott, ihr die Sünden vergeben. Tags darauf steigt Jesus vom Ölberg herab. Der Engel Raphael führt ihn zu einem von Satan Besessenen namens Samma. Der liegt ohnmächtig am Grab seines jüngsten Sohnes, den er in seiner Verblendung getötet hat. Satan will nun auch Samma töten, doch vom Anblick Jesu entsetzt, versagen seine Kräfte. Jesus stellt ihn zur Rede. Satan gibt sich trotzig, muss aber letztlich das Feld räumen.
„Sing, unsterbliche Seele, der sündigen Menschen Erlösung, / Die der Messias in seiner Menschheit auf Erden vollendet, / Und durch die er Adams Geschlecht zu der Liebe der Gottheit, / Leidend, getödtet, und verherrlichet, wieder erhöht hat.“ (Bd. 1, S. 1)
Wütend kehrt Satan in die Hölle zurück. Dort sammeln sich die gefallenen Engel um seinen Thron: Moloch, Belielel, Magog und andere. Satan berichtet von Jesus, der angeblich die Menschheit und sogar die Bewohner der Hölle erlösen soll. Dabei brüstet er sich mit seiner Überlegenheit und gelobt, Jesus zu töten. Der reumütige Teufel Abbadona nimmt allen Mut zusammen, verflucht Satan und sagt ihm eine schmähliche Niederlage gegen Jesus voraus. Da ergreift Satans Konkurrent, der machtgierige Adramelech, das Wort, bezeichnet Abbadona als Kleingeist, hetzt gegen Gott und ruft zum Krieg gegen die himmlischen Mächte auf. Das Höllenvolk ist begeistert. Abbadona hadert mit seinem Geschick und versucht sich umzubringen. Vergeblich. An der Spitze eines Höllenheers eilen Adramelech und Satan zum Ölberg.
Die Versammlung der Priester
Jesus denkt weinend über die Welt und über Gott nach, über die Sünde und die Macht Satans. Gott sieht es und weint auch. Die Jünger irren derweil voller Sorge umher und suchen nach ihrem Herrn. Von der Suche ermüdet, fallen sie in tiefen Schlaf. Satan bemächtigt sich des schlafenden Judas und lässt ihn von seinem toten Vater träumen, der ihn drängt, Jesus zu verraten. Schließlich findet Jesus die schlafenden Jünger. Als sie erwacht sind, spricht er zu ihnen: Sie sollen den letzten Tag miteinander genießen, der Abschied ist nahe. In Judas’ Seele geht derweil die teuflische Saat auf. Auch der Hohepriester Kaiphas wird im Schlaf von Satan heimgesucht. Als Kaiphas erwacht, beruft er eine Versammlung der Priester ein. In einer wütenden Rede hetzt er gegen den Gotteslästerer und Seelenfänger Jesus und fordert dessen Tod. Philo, der anschließend spricht, doppelt nach. Gamaliel und Nikodemus hingegen widersprechen und setzen sich für Jesus ein. Dann wird Judas hereingebracht. Er sagt gegen Jesus aus und erhält eine Belohnung. Als Jesus ein Abschiedsmahl mit seinen Jüngern hält, bereitet er sie auf das Kommende vor. Vom Verrat gegen ihn zeigt er sich unterrichtet. Er nennt zwar keinen Namen, deutet aber an, dass er um Judas’ Tat weiß. Judas stürmt hinaus. Nun gibt Jesus den Jüngern letzte Worte mit. Petrus sagt er voraus, dass der ihn noch vor dem Morgen dreimal verleugnet haben werde. Noch einmal betet er mit den Jüngern. Dann steht er auf und geht seinem Schicksal entgegen.
Das erste Gericht
Gott steigt in Begleitung des Oberengels Eloa zur Erde herab. Vom Berg Tabor schaut er voller Zorn auf sämtliche Sünden der Menschheit. Eloa ruft Jesus herbei, er solle sich für die sündige Menschheit vor Gott verantworten. Das Gericht beginnt und damit Jesu Leiden. In Todesangst weint und schwitzt er Blut und betet. Adramelech ist auch da. Er will Jesus verspotten, verstummt aber vor dessen Blick. Als die zweite Stunde des Gerichts beginnt, tritt Abbadona an Jesus heran und beklagt sich, dass nur die Menschheit, nicht aber er, der gefallene Seraph, erlöst werden soll, dann flieht er. Als Jesus auch eine dritte Stunde des Gerichts überstanden hat, spricht Gott das Urteil und kehrt in den Himmel zurück.
Das zweite Gericht
Derweil sind Judas und die Häscher im Anmarsch, um den Befehl der Priester auszuführen und Jesus gefangen zu nehmen. Jesus stellt sich ihnen. Judas küsst ihn – dies war das verabredete Zeichen. Jesus wird ergriffen und vor die Priester gebracht. Philo klagt Jesus an. Dann ergreift Kaiphas das Wort und ruft die Zeugen auf. Die verdienen sich ihren Lohn, indem sie Jesus allerlei Gotteslästerung vorwerfen. Der jedoch schweigt, was Kaiphas zur Weißglut bringt. Endlich gibt sich Jesus als Sohn Gottes zu erkennen und kündigt dessen Gericht über die Menschheit an. Kaiphas gerät außer sich vor Wut, er fordert die Todesstrafe. Die Menge ist begeistert. Vor dem Palast bekennt der reuige Petrus gegenüber Johannes, er habe Jesus verleugnet. Tags darauf nimmt sich Judas das Leben.
„Weiter sagt’ er, und sprach: Ich hebe gen Himmel mein Haupt auf, / Meine Hand in die Wolken, und schwöre dir bey mir selber, / der ich Gott bin, wie du: Ich will die Menschen erlösen. / Jesus sprach’s und erhub sich.“ (Bd. 1, S. 4)
Jesus wird vor den römischen Statthalter Pilatus geführt, in dessen Hand die Rechtsprechung liegt. Kaiphas und Philo klagen Jesus erneut an. Dieser zeigt sich von alldem unberührt, was ihm die Bewunderung des Statthalters einträgt. Pilatus fragt ihn, ob er tatsächlich der König Judäas sei. Jesus verneint, er sei nur ein Lehrer der Wahrheit. Pilatus kann darin kein todeswürdiges Verbrechen erkennen und überweist den Fall an Herodes in Galiläa, wo Jesus vor allem gewirkt hat. Der treibt ein böses Spiel mit Jesus, er befiehlt ihm, eines seiner berühmten Wunder zu wirken, doch Jesus hüllt sich in Schweigen. Erzürnt schickt ihn Herodes zurück zu Pilatus, der aber weiterhin nichts von einer Hinrichtung wissen will. Doch die aufgebrachten Volksmassen rufen immer lauter nach einem Todesurteil. Um ihnen den Irrtum aufzuzeigen, stellt Pilatus sie vor die Wahl: Entweder soll Jesus begnadigt werden oder der ruchlose Mörder Barrabas. Zu seiner Bestürzung entscheidet sich die Menge für Barrabas. Pilatus gibt dem Volkswillen nach und spricht das Todesurteil gegen Jesus, nicht ohne sich zuvor demonstrativ die Hände zu waschen und seine Schuldlosigkeit zu erklären. Jetzt wird Jesus ausgezogen, angebunden und gegeißelt. Dann zieht man ihm einen Purpurmantel an und drückt ihm eine Krone aus Dornenzweigen auf den Kopf. Nachdem Pilatus einen letzten, vergeblichen Versuch unternommen hat, die Menge zum Mitleid zu bewegen, übergibt er ihr zornig den Gequälten.
Die Kreuzigung
Eloas Posaune kündigt Jesu Sterben an. Vom Himmel herabsteigend weiht der Oberengel den Richtplatz, Golgatha, und weist den Engeln ihre Plätze zu. Satan und Adramelech, die ihren Triumph auskosten wollen, treibt er davon. Dann wird Jesus gekreuzigt, wobei das Universum zum Stillstand kommt. Die himmlischen Heerscharen werden angesichts des Sterbenden von ihren Gefühlen überwältigt. Jesu Blut fließt in Strömen. Gott befiehlt eine Sonnenfinsternis: Es wird finster um Golgatha. Die Leiden des Gekreuzigten lassen die Erde beben. Das Volk starrt gebannt zum Kreuz empor, ja, die ganze vergangene, gegenwärtige und zukünftige Menschheit wird Zeuge. Zwei Todesengel fliegen sieben Mal um das Kreuz herum. Maria beklagt ihren sterbenden Sohn.
Abbadona auf Golgatha
Die Jünger haben sich zerstreut und kämpfen, jeder für sich, mit ihren Gefühlen. Petrus macht sein Gewissen zu schaffen, von Reue geplagt streift er umher. Sein Bruder Andreas, den er trifft, wirft ihm sein Vergehen vor, tröstet ihn aber gleichzeitig. Am Kreuz versammeln sich einige Getreue. Unter der Erde beschließt der reuige Teufel Abbadona, als Lichtengel verkleidet, Jesus am Kreuz aufzusuchen. Eloa, der dort Wache hält, durchschaut ihn zwar, befiehlt aber den übrigen Engeln, ihn gewähren zu lassen. Doch als der von widersprüchlichen Gefühlen zerrissene Abbadona seinen einstigen Freund, den Seraph Abdiel anspricht und dieser ihn erkennt, flieht er. Jetzt wird Judas von einem Todesengel herangeführt, der ihm zunächst Jesus am Kreuz, dann den Himmel und daraufhin die Hölle zeigt, in die er Judas schließlich hinabschleudert.
Jesus stirbt
Die Jünger ertragen den Anblick des Sterbenden nicht länger. Lebbäus wird von Lazarus getröstet, der ihm den Tod Jesu im friedvollen Licht der Erlösung darstellt. Derweil meldet der Seraph Uriel den Abstieg des Todesengels Obaddon zur Erde. Besonders Adam und Eva sind von der Nachricht tief berührt. Sie begeben sich ans Kreuz und beten zu Jesus. Jetzt ist der Todesengel da. Bedrückt erbittet er sich von Jesus Kraft, die fürchterliche Aufgabe auszuführen. Jesus ruft noch einmal seinen Vater an und stirbt. Versöhnt blickt nun Gott zu Jesus hinab und dieser voll Liebe zu ihm hinauf. Das Universum setzt sich wieder in Gang. Jesus entschwebt seinem toten Körper und begibt sich ins Allerheiligste Gottes. Unterdessen ruft Eloa die Erlösung aus. Die Seelen der Stammväter folgen dem Gebot des Engels Gabriel und steigen zu ihren irdischen Gräbern hinab: Noa, Abraham, Moses, Adam. Daraufhin lässt Jesus sie ins ewige Leben auferstehen. Die Auferstandenen preisen den Erlöser.
Auferstehung Jesu
Joseph von Arimathäa bittet Pilatus um den Leichnam Jesu, um ihn in seinem eigenen Grab bei Golgatha zu bestatten. Pilatus lässt sich überreden. Zusammen mit Nikodemus nimmt Joseph den Leichnam vom Kreuz und verhüllt ihn. Die Jünger und Maria schweigen, doch die Himmelschöre singen. Dann tragen Joseph und Nikodemus den Toten in die Grabhöhle und verschließen den Eingang mit einem Felsen. In Johannes’ Haus versammeln sich die Anhänger Jesu, um gemeinsam zu trauern. Gabriel, auf Jesu Grab sitzend, ruft Engel und Auferstandene zusammen. Der Todesengel ruft Satan und Adramelech zu sich. Er gibt ihnen die Möglichkeit, nach Golgatha mitzukommen und, als Buße, der Auferstehung Jesu beizuwohnen. Satan folgt, der trotzige Adramelech hingegen muss zurück in die Hölle. Abbadona, der hinzugekommen ist und den Wunsch äußert, die Auferstehung zu sehen, darf auch mit nach Golgatha. Dort ist der große Augenblick gekommen: Wieder bebt die Erde, und Jesus steht von den Toten auf. Die Freude ist groß. Himmelschöre jubilieren. Nur Satan hält den Anblick nicht aus und fällt in Ohnmacht. Gabriel befiehlt ihm schließlich, in die Hölle zurückzukehren.
„Er soll sterben! Bald will ich von ihm den Staub der Verwesung / Auf dem Weg zur Hölle, vorm Antlitz des Ewigen, ausstreun. / Seht den Entwurf von meinem Entschluß. So rächet sich Satan!“ (Bd. 1, S. 37)
Nach seiner Auferstehung erscheint Jesus zunächst Maria Magdalena, dann Petrus, darauf Kleophas und Matthias. Den anderen Jüngern fällt es schwer, den Berichten dieser Zeugen zu glauben. Vor allem Thomas wird von tiefer Skepsis gequält. Er sucht die Einsamkeit, um die Freunde nicht damit anzustecken. Derweil erscheint Jesus auch den anderen Jüngern und beruhigt sie: Er sei noch eine Weile auf Erden und wolle sich bald nach Galiläa begeben, wo sie ihn wiedersehen könnten. Die Jünger sind außer sich vor Freude. Nachdem Jesus für sie gepredigt hat, verschwindet er. Später kehrt Thomas zu den übrigen Jüngern zurück, denen vor Freude über die Auferstehung Jesu das Herz überquillt. Doch Thomas kann nach wie vor nicht daran glauben. Da zeigt sich Jesus endlich auch ihm. Thomas ist überwältigt und bittet die übrigen Jünger um Verzeihung für seinen Unglauben.
Das Weltgericht
Adam möchte etwas über das anstehende Weltgericht erfahren. Jesus schickt ihn daraufhin in einen Hain, wo er eine Vision des Jüngsten Tages hat. Davon berichtet Adam den Engeln und den Auferstandenen: In einem Spektakel von unaussprechlicher Herrlichkeit werden die Gerechten von den Ungerechten geschieden werden, die Märtyrer von ihren Verfolgern, die Gottesfürchtigen von den Lästerern. Die einen werden von Jesus erhoben, die anderen erniedrigt werden. Auch Abbadona ist zugegen. Er hat alle Hoffnung fahren lassen und bittet Jesus, sterben zu dürfen. Jesus hält ihm seinen Abfall vor. Noch einmal fleht der verzweifelte Abbadona um seinen Tod. Jesus aber erbarmt sich nun auch seiner und erlöst ihn. Abbadona ist selig vor Freude und singt das Lob des Herrn. Er und die anderen Seligen steigen auf in den Himmel, während unter ihnen die Erde zum Guten verwandelt wird.
Triumphzug in den Himmel
Jesus steht am See Genezareth. Einige Jünger, in einem Fischerboot sitzend, sehen ihn, erkennen ihn jedoch zunächst nicht. Erst als er ein Wunder wirkt und ihnen die Netze mit Fischen füllt, wird ihnen klar, wen sie vor sich haben. Beim gemeinsamen Mahl erfreuen sie sich des Beisammenseins. Bei dieser Gelegenheit macht Jesus seinen Liebling Johannes unsterblich. Auf dem Tabor versammeln sich derweil Hunderte von Gläubigen. Auch ihnen zeigt sich Jesus. Er wird nun bald die Erde verlassen und bittet Gott, sich der Menschen, die er zurücklässt, zu erbarmen. Gott trägt Eloa auf, künftig über die Erde zu wachen. Jesus spricht noch einmal vom Ölberg zu seinen Jüngern und segnet sie. Dann schwebt er auf einer Wolke zum Himmel. Eloa kündigt jedoch sogleich an, Jesus werde einst wiederkehren. Der Aufstieg Jesu in den Himmel wird von Jubelchören begleitet, die ihn loben und preisen. Oben angekommen, setzt sich Jesus zur rechten Seite Gottes.
Zum Text
Aufbau und Stil
Mit dem Messias hat Klopstock versucht, das antike Genre des Heldenepos für die deutsche Literatur zu adaptieren. Der Messias besteht aus 20 Gesängen mit insgesamt 20 000 Versen und ist im klassischen epischen Versmaß verfasst, dem reimlosen Hexameter, den schon Homer für seine Epen verwendete. Allerdings sind altgriechische und deutsche Verslehre in ihren Grundzügen unvereinbar; die Hexameter des Messias klingen deshalb nach ziemlich gestelzter Prosa. Hinzu kommt, dass Klopstock auch den verschachtelten Satzbau des Griechischen und des Lateinischen imitiert. Was ihm als erhabener Stil vorgeschwebt haben mag, wirkte schon auf viele seiner Zeitgenossen eher gekünstelt als kunstvoll. Will man dem Werk gerecht werden, muss man es wohl unter religiös-kultischen statt unter literarischen Kategorien betrachten. Dafür spricht, dass die gesamte Handlung liturgisch aufgebaut ist, nach dem Muster des pietistischen Gottesdiensts mit seinen ekstatischen Momenten, etwa dem Wechselgesang zwischen Chören und Gemeinde und schließlich der Vereinigung beider in gemeinsamer Verherrlichung Gottes. Diese Sichtweise lässt auch die auffällige Abstraktheit von Klopstocks Sprache in einem anderen Licht erscheinen: Den vielen Metaphern fehlt – wohl bewusst – die Anschaulichkeit, den handelnden Personen die Individualität.
Interpretationsansätze
- Die wenig ausgearbeitete Individualität der Figuren ist das Resultat einer spirituellen Konzentration des Werks auf einen ewigen, unendlichen, allmächtigen Gott als einzigen Akteur – alles andere ist bloß Spiegel seines Tuns.
- Klopstocks Denken ist der Neologie verwandt, einer aufgeklärt-christlichen Reformbewegung des 18. Jahrhunderts. Typisch dafür ist die Abkehr von der lutherischen Inspirationslehre, die Abschwächung des Bösen und ein allgemeiner Optimismus im Hinblick auf die Erlösung des Menschen.
- Mit der Erfindung des reuigen Teufels Abbadona, der schließlich von Jesus erlöst wird, begibt sich Klopstock auf den als ketzerisch betrachteten Standpunkt des so genannten Heilsuniversalismus, der die Ewigkeit der Hölle anzweifelt und eine Ausdehnung des Erlösungsversprechens auch auf die Höllenbewohner propagiert.
- In dieser „weichgespülten“ Theologie zeigt sich auch der Einfluss des zeitgenössischen Rationalismus eines Christian Wolff oder Gottfried Wilhelm Leibniz, der von einer „prästabilierten Harmonie“ spricht, einer allen Dingen innewohnenden Harmonie, die selbst Gott den Gesetzen der Vernunft unterwirft.
- Gleichzeitig hat Klopstocks Werk aber auch eine antirationalistische Tendenz: Mit seinem erotisch gefärbten Blut- und Wundenkult sowie der Betonung eines gefühlsmäßigen Zugangs zum Glauben steht Der Messias dem Pietismus nahe, einer protestantischen, schwärmerisch-frömmelnden Gegenbewegung zur voranschreitenden Säkularisierung.
- Etwas abwegig erscheint es zunächst, den Messias als nationalistisches Statement Klopstocks zu deuten. Doch das Deutsche war zu Beginn des 18. Jahrhunderts als literarische Sprache noch nicht etabliert; Klopstocks Verwendung der Muttersprache, noch dazu in einem literarischen Genre, dem Epos, in dem sich bisher kein deutschsprachiger Dichter hervorgetan hatte, hatte Pioniercharakter.
Historischer Hintergrund
Absolutismus und Rationalismus im 18. Jahrhundert
Mitteleuropa erlebte im 18. Jahrhundert die Unterspülung des Absolutismus durch aufklärerische Strömungen. Das blutige Chaos des Dreißigjährigen Krieges 100 Jahre zuvor, in die Länge gezogen durch einen Mangel an staatlicher Entscheidungsfähigkeit, löste als Gegenimpuls das Streben der Monarchen nach Unabhängigkeit von der militärischen und finanziellen Kooperation des Adels aus. Wo das glückte, waren absolutistische, zentralistisch regierte, mit stehenden Heeren ausgerüstete Staaten die Folge.
In dieser Situation, in der durch den Zuwachs an staatlicher Macht für den einzelnen Untertan immer weniger zu entscheiden blieb, fand eine Besinnung auf Lebensbereiche statt, die der eigenen Gestaltung offenstanden. Ein Bürgertum formierte sich, politisch weitgehend machtlos, dafür umso engagierter in Fragen der Moral und der Religion, umso tätiger in der Erforschung der Natur und nicht zuletzt im Streben nach persönlichem Lebensglück. Philosophen wie Immanuel Kant und Gottfried Wilhelm Leibniz schufen Systeme, deren Rationalität den Zuwachs an Ordnung und Sicherheit auf politischer und sozialer Ebene spiegelte. Diese Rationalität wurde aber auch zum Mittel, um angesichts politischer Machtlosigkeit wenigstens der Macht Gottes Grenzen zu setzen: Gott wurde sozusagen einer kosmischen Vernunft unterworfen. Auch die Theologie begann, sich nach den Bedürfnissen der Menschen zu richten. Die dunklen und bedrohlichen Aspekte der lutherischen Orthodoxie –Verworfenheit des Menschen, Unberechenbarkeit Gottes usw. – wurden durch einen rational gestützten Optimismus abgeschwächt.
Entstehung
Als Klopstock die vermeintlich göttliche Eingebung zum Messias empfing, war er etwa 16. Von da an sah er sich als dichtender Prophet in der Tradition Moses oder Johannes. Ebenso bezog er sich auf Vorbilder wie Homer, Vergil und John Milton. In aller Unbescheidenheit kündigte er an, deren Leistungen noch übertreffen zu wollen. Die Rolle als „Auserwählter“ nahm er durchaus ernst; er richtete seine gesamte Lebensführung danach aus. Erste Arbeiten am Text sind ab 1747 belegt. Wie es scheint, begann Klopstock mit dem Schreiben vom Ende her, vermutlich mit dem 19. Gesang.
1748 erschienen die ersten drei Gesänge in der Bremer Zeitschrift Neue Beyträge zum Vergnügen des Verstandes und Witzes. Die erste Buchausgabe (Gesänge 1–3) datiert von 1749 und wurde durch den Verleger Carl Hermann Hemmerde in Halle besorgt, noch ohne das Wissen des Autors. Die erste von Klopstock autorisierte Ausgabe, die so genannte Hallesche Ausgabe (Gesänge 1–5) erschien 1751, ebenfalls bei Hemmerde. Es folgte Klopstocks Zeit am dänischen Hof, wo er dank einer großzügigen Pension „volle Muße“ genoss. Nur den Messias sollte er vollenden. Das gelang nicht ganz: Zwar erschienen zwischen 1755 und 1768 drei Bände (Gesänge 1–15) der so genannten Kopenhagener Ausgabe, doch Klopstocks Übersiedlung nach Altona setzte eine Zäsur. 1772 war es dann endlich geschafft: Klopstock feierte den Augenblick der Vollendung in der Ode an den Erlöser. Der vierte Band des Messias (Gesänge 16–20) erschien 1773, wieder bei Hemmerde. Im Selbstverlag unternahm Klopstock dann eine stark überarbeitete Gesamtausgabe, die so genannte Altonaer Ausgabe, die von 1780–1782 auf Subskriptionsbasis erschien.
Wirkungsgeschichte
Mit Veröffentlichung der ersten drei Gesänge 1748 entbrannten zunächst hitzige Debatten über das Verhältnis von Dichtung und Religion, wobei Vertreter eines orthodoxen Christentums die dichterische Behandlung religiöser Wahrheit für lästerlich erklärten. Auch gab es Stimmen, die umgekehrt die Dichtkunst vor der Verunreinigung durch Glaubensinhalte bewahren wollten. Doch die schiere Monumentalität und Originalität des Werks sowie eine Aura der Heiligkeit, die sich dem glühenden Sendungsbewusstsein des Autors verdankte, entfalteten gewaltige Überzeugungskraft. Klopstocks Status in der deutschen Literatur war bald unantastbar. Seine sprachschöpferische Anpassung des altgriechischen Versmaßes an die Eigenheiten des Deutschen war bahnbrechend; die „Sprache des Gefühls“, die er im Messias schlechthin erfand, der so genannte Klopstock-Ton, begründete die literarische Epoche der Empfindsamkeit. Christoph Martin Wieland, der junge Johann Wolfgang Goethe oder Johann Gottfried Herder bekamen hier entscheidende Impulse. Eine Zeit lang dichtete jedermann „Messiaden“ im Stil Klopstocks.
Doch die Zeit schritt voran. Zwar blieb der Messias frommen Zeitgenossen lange heilig, wurde mit der Bibel verglichen und diente als tränenfördernde Andachtslektüre, doch das literarische Deutschland durchwehte mehr und mehr der Geist der Aufklärung. Man ließ dem Dichter seinen Ruhm, während das Werk, Der Messias, im Zuge einer gewissen Ernüchterung zunehmend als Kuriosum betrachtet, dann auch rundheraus verspottet oder schlicht vergessen wurde. Selbst wenn die hochgesteckten Erwartungen des Dichterpropheten Klopstock an sein Lebenswerk sich nicht ganz erfüllten, verdankte er dem Messias doch immerhin die Zuneigung von Meta Moller, seiner späteren Frau, die sich über der Lektüre der ersten drei Gesänge in deren Schöpfer verliebte.
Über den Autor
Friedrich Gottlieb Klopstock wird am 2. Juli 1724 in Quedlinburg als Sohn eines Advokaten geboren. Seine Kindheit liegt größtenteils im Dunkeln. 1739 tritt Klopstock in das traditionsreiche Internat Schulpforta ein. Hier empfängt er, in einer Art Vision, die Berufung zum Dichter. Ab 1745 studiert er in Jena Theologie. 1747 wechselt er an die Universität Leipzig, wo sich erste Bewunderer um ihn scharen. Sie drängen ihn zur Veröffentlichung der ersten drei Gesänge seines jüngst begonnenen Epos Der Messias. Die Publikation etabliert Klopstock auf einen Schlag als literarische Größe. Auch der Zürcher Philologe Johann Jakob Bodmer zeigt sich begeistert und bietet Klopstock ein Stipendium an; dieser reist dafür in die Schweiz. Statt am Messias zu arbeiten, gibt er sich jedoch vor allem gesellschaftlichen Freuden hin. Immerhin entstehen die ersten seiner berühmten Oden. Als es zum Bruch mit Bodmer kommt, bemühen sich Bewunderer des Dichters, ihm anderweitig finanzielle Unabhängigkeit zu verschaffen. Schließlich springt, auf Vermittlung des einflussreichen Ministers Bernstorff, der Dänenkönig Friedrich V. in die Bresche. Auf dem Weg nach Kopenhagen lernt Klopstock die geistreiche Meta Moller kennen, die er 1754 heiratet. In Dänemark arbeitet er weiter am Messias. 1770 jedoch wird Bernstorff geschasst. Klopstock folgt seinem Gönner nach Altona ins Exil. Hier lebt und wirkt er, bis zu seinem Tod am 14. März 1803, als viel bestaunter Nationaldichter: ein lebendes Denkmal. Berühmtheiten wie Wilhelm von Humboldt, der Marquis de La Fayette oder Admiral Nelson suchen seine Bekanntschaft. Klopstocks Begräbnis ist pompös; an die 50 000 Trauernde geben ihm das letzte Geleit. Die Schiffe im Hafen setzen ihre Flaggen auf Halbmast.
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