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Der Mythos des Sisyphos
Buch

Der Mythos des Sisyphos

Paris, 1942
Diese Ausgabe: Rowohlt, 2000 Mehr

Literatur­klassiker

  • Philosophie
  • Moderne

Worum es geht

Der Nihilismus, einmal ganz unnihilistisch

In seinem Essay Der Mythos des Sisyphos geht Albert Camus von Beginn an aufs Ganze: Ist es das menschliche Leben überhaupt wert, gelebt zu werden? Diese Frage eröffnet sein Buch. Zunächst scheint die Antwort wenig ermutigend. Denn für Camus ist der Befund der Moderne klar: Alle metaphysischen Sicherheiten sind zerstört, weder Gott noch hehre Ideale haben länger ihre Gültigkeit, das Leben ist endlich und vergänglich. Diesen nihilistischen Status quo nennt Camus „das Absurde“. Und würde das alles nicht schon genug Anlass zum Pessimismus geben, verfasste Camus diesen Essay auch noch zu Beginn des Zweiten Weltkriegs. Für Trübsinn oder Resignation gäbe es also Grund genug. Doch für Camus ist die Konsequenz dieser deprimierenden Situation eben gerade nicht die Selbstaufgabe, sondern im Gegenteil: eine Ethik der Menschlichkeit und Solidarität, ein Appell zum kreativen Schaffen und eine Einladung zum bewussten Leben. Das bis heute Inspirierende dieses Buches ist der Enthusiasmus und Schwung, mit dem Camus gerade aus dem Nihilismus die Mittel schöpft, um den Nihilismus zu überwinden und ein aktives, ja sogar glückliches Leben zu entwerfen.

Zusammenfassung

Das Absurde und der Selbstmord

Selbstmord begehen oder weiterleben, das ist die wichtigste Frage im Leben eines jeden Menschen. Daher ist die Frage nach dem Sinn des Lebens auch die wichtigste Frage der Philosophie. Alle übrigen theoretischen Überlegungen sind absolut zweitrangig angesichts der Grundfrage, ob es sich überhaupt lohnt, weiterzuleben. Jeder einzelne Selbstmord mag durch spezifische Einzelgründe verursacht worden sein oder gar ein Stück weit unerklärlich bleiben. Aber letztlich wurzelt jeder Selbstmord in einer unüberwindlich tiefen Kluft zwischen einem Menschen und seinem Leben, seinen Mitmenschen, seiner Umwelt. Dieses Gefühl einer fundamentalen „Entzweiung“ zwischen einer Person und ihrem Leben ist das Gefühl des Absurden. Es stellt sich die Frage, wie dieses Gefühl des Absurden mit dem Selbstmord zusammenhängt. Denn offenbar gibt es keinen logischen Zwang, der von der Einsicht in die Sinnlosigkeit und Endlichkeit unseres Lebens direkt zur Handlung des Selbstmords führt. Viele lebensfrohe Menschen begehen Selbstmord, während andere, die die Absurdität des Lebens offen ansprechen, frohgemut sind.

Die Erkenntnis, dass es das...

Über den Autor

Albert Camus wird am 7. November 1913 im nordalgerischen Mondovi geboren. Algerien ist damals eine französische Kolonie. Camus’ Vater ist einfacher Landarbeiter. Der Besuch des Gymnasiums wird Camus nur durch die intensiven Bemühungen eines seiner Lehrer ermöglicht. Bereits als 20-Jähriger heiratet Camus eine aus bürgerlichen Verhältnissen stammende, morphiumabhängige junge Frau. Die Ehe wird jedoch bald wieder geschieden. Der Beginn seiner beruflichen Tätigkeit vom Anfang bis weit in die 1930er-Jahre hinein ist beschwerlich und unstet. Er arbeitet als Lehrer, Journalist, Theaterautor und Schauspieler. Nebenbei schreibt er eine Diplomarbeit in Philosophie. Am Zweiten Weltkrieg kann er aus gesundheitlichen Gründen (Tuberkulose) nicht teilnehmen. 1940 heiratet er erneut. Weil die Zeitung, bei der er arbeitet, verboten wird, kann er in Algerien nicht länger allein seinen Lebensunterhalt bestreiten und siedelt kurzzeitig nach Frankreich über. 1941 kehrt er nach Algerien zurück, aber nicht zuletzt die Arbeit im französischen Widerstand bindet ihn immer stärker an Paris. 1942 erscheinen seine ersten beiden wichtigen Werke: Der Fremde (L’Étranger) und Der Mythos des Sisyphos (Le Mythe de Sisyphe). 1943 wird Camus Lektor bei Gallimard, dem Verlag, dem er zeit seines Lebens verbunden bleibt. 1947 erscheint der Roman Die Pest (La Peste), durch den Camus auch einem größeren Publikum bekannt wird. 1951 folgt die Essaysammlung Der Mensch in der Revolte (L’Homme Révolté). Camus zählt zu den bedeutendsten literarischen Figuren im Frankreich der Nachkriegszeit. Er und Jean-Paul Sartre gelten als herausragende Vertreter des Existenzialismus, sie sind eine Zeit lang auch persönlich befreundet. Ganz in der Tradition vieler französischer Schriftsteller bezieht Camus in den 1950er-Jahren Stellung zu vielen politischen Fragen: natürlich im Hinblick auf die französische Kolonialpolitik, besonders in Algerien, aber auch zum Beispiel zum Arbeiteraufstand in Ostberlin. Camus ist ein vehementer Gegner der Todesstrafe und gilt in den späten 1950er-Jahren vielen als das literarische Gewissen Frankreichs. 1957 erhält er den Literaturnobelpreis. Am 4. Januar 1960 kommt Camus bei einem Autounfall ums Leben.


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