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Der Tod in Rom
Buch

Der Tod in Rom

Stuttgart, 1954
Diese Ausgabe: Suhrkamp, 1975 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Künstlerroman
  • Nachkriegszeit

Worum es geht

Ein Meister aus Deutschland im Italienurlaub

Den Titel seines letzten Romans hat Wolfgang Koeppen treffend gewählt, enthält er doch die beiden großen Motive des Werks: Rom bildet die Bühne der Handlung, einer kunstvoll verschachtelten Story um die Familien Judejahn und Pfaffrath. Zugleich ist es der Sehnsuchtsort der Nachkriegsdeutschen, die mit dem Baedeker in der Hand vor der eigenen, nationalsozialistisch belasteten Vergangenheit in die Bilderbuchvergangenheit der Ewigen Stadt entfliehen. Rom ist ein historischer Kreuzungspunkt der großen abendländischen Strömungen und schließlich eine gigantische Metapher für die Geburt des Neuen aus den Ruinen des Alten, für die Anwesenheit des Todes im Leben. Der Tod indes lugt hinter jeder Marmorsäule hervor, aus den großen Werken der Kunst ragt seine knöcherne Hand, halb verhungerte Straßenkatzen kämpfen um Fischreste. Und dann ist da natürlich Gottlieb Judejahn, Hitlers Henker, eine der eindrucksvollsten Fleischwerdungen des Todes in der deutschsprachigen Literatur. Der Tod in Rom ist keine leichte Kost und in seiner scheinbar maßlosen Morbidität schwer zu verdauen. Doch das Gesunde, Leichte war in Deutschland im Jahr 1954 eben nur zu haben, wenn man die Augen vor der Wirklichkeit verschloss, in deren Abgründe man nur kurz zuvor geblickt hatte.

Zusammenfassung

Ein Gespenst aus der Vergangenheit ...

Der Avantgarde-Komponist Siegfried Pfaffrath ist zu einem Musikkongress in Rom gereist. Eines seiner Werke soll unter dem Dirigenten Kürenberg aufgeführt werden. Siegfried sitzt in einem Straßencafé und beobachtet die Umgebung. Eine schwarze Limousine mit arabischen Kennzeichen kommt zum Stehen. Ein bulliger älterer Mann mit blauer Sonnenbrille steigt aus. Es ist Gottlieb Judejahn, Siegfrieds Onkel, den er allerdings nicht erkennt. Judejahn war ein hohes Tier unter Hitler, ein SS-General, „Diener des Todes“. Bei Kriegsende hat er sich rechtzeitig abgesetzt, alle Welt hält ihn für tot. Inzwischen steht er als Militärexperte im Dienst eines arabischen Staates. In Rom soll er Kriegsgerät kaufen. Außerdem ist er mit Siegfrieds Vater verabredet, Friedrich Wilhelm Pfaffrath, seinem Schwager, der ebenfalls nach Rom gekommen ist. Vater Pfaffrath war vor 1933 Oberpräsident einer Provinz, profitierte unter Hitler und ist nun wieder in einem Regierungsamt, demokratisch gewählt zwar, doch antidemokratisch gesinnt, ein obrigkeitshöriger Mitläufer. Ihm hat Judejahn nun ein briefliches...

Über den Autor

Wolfgang Koeppen wird am 23. Juni 1906 als uneheliches Kind in Greifswald geboren. Der Vater erkennt den Sohn nie an, deshalb verbringt dieser seine Kindheit nur in der Obhut der Mutter, zunächst in Ortelsburg in Ostpreußen. Mit 13 Jahren kehrt er nach Greifswald zurück. Um Geld zu sparen, muss der ehemalige Gymnasiast die Mittelschule besuchen, die er ohne Abschluss verlässt. 1919 beginnt er eine Buchhändlerlehre und hört Vorlesungen an verschiedenen Universitäten, vor allem in den Fächern Theaterwissenschaft und Literaturgeschichte. Stationen als Dramaturg in Würzburg (1926) und Feuilletonredakteur beim Berliner Börsen-Courier folgen. Neben Theater-, Film- und Literaturkritiken entstehen auch erste literarische Arbeiten. Ende 1933 muss Koeppen seinen Redakteursposten aufgeben. Er reist nach Italien und siedelt ein Jahr später in die Niederlande über. Zuvor erscheint sein erster Roman Eine unglückliche Liebe (1934) und ein Jahr später Die Mauer schwankt. 1938 kehrt Koeppen nach Deutschland zurück, weil er sich im Ausland keine Existenzgrundlage hat schaffen können. In Berlin schreibt er Drehbücher für die UFA, zieht dann in die Nähe des Starnberger Sees und nach München um, wo er unter anderem für Bavaria Film arbeitet. Von 1951 bis 1954 erscheinen seine drei Romane Tauben im Gras, Das Treibhaus und Der Tod in Rom, die als „Trilogie des Scheiterns“ den Autor in der literarischen Welt bekannt machen. Koeppen schreibt in der Folge, gefördert durch den als Kulturredakteur beim Süddeutschen Rundfunk arbeitenden Alfred Andersch, vermehrt Reiseliteratur: Ende der 50er- und Anfang der 60er-Jahre veröffentlicht er nach längeren Reisen Berichte über Russland, die USA und Frankreich. 1962 wird Koeppen der Büchner-Preis verliehen. Der Autor schreibt nur noch wenig, erst 1971 wagt er sich an den Prosaband Romanisches Café und 1976 an den autobiografischen Roman Jugend. Koeppen, von der Kritik oft als großer Schweiger der deutschen Literatur bezeichnet, veröffentlicht bis zu seinem Tod vor allem kleinere Schriften, Erzählungen und weitere Reiseberichte. Er stirbt am 15. März 1996 in München.


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