Der Verdacht
- Kriminalroman
- Nachkriegszeit
Worum es geht
Gerechtigkeit und Freiheit
Der Verdacht ist ein äußerst spannender, atmosphärisch dichter Kriminalroman, und doch bricht er wesentliche Regeln des Genres. Das gilt auch für Dürrenmatts andere Krimis Der Richter und sein Henker (ebenfalls mit dem Berner Kommissär Bärlach), Das Versprechen und Justiz: Verbrechen werden kaum aufgeklärt, die Welt bleibt undurchdringbar, der Triumph der Gerechtigkeit höchstens ein zufälliger. Dürrenmatt geht es nicht in erster Linie um die Suche nach einem Täter – der ist hier schnell gefunden –, sondern um die philosophischen Fragen nach Schuld, Sühne, Legitimität und Legalität. Im Verdacht geht es speziell um das Verhältnis von Gerechtigkeit und Freiheit. Dürrenmatt konfrontiert den Kommissär mit einem früheren KZ-Arzt namens Emmenberger, einem monströsen und grausamen Verbrecher, der in seiner unmenschlichen Art einen extrem radikalen Freiheitsbegriff vertritt: Emmenberger verklärt seinen persönlichen Sadismus zu einem Ausdruck höchster Freiheit und letztlich zu einer reinen Glaubenssache. Warum, fragt er Bärlach, sollte sein Nihilismus dem Prinzip der Gerechtigkeit unterlegen sein, zumal in einer materiellen Welt, die sich nicht mehr auf göttliche Gesetze beruft? Bärlach bleibt ihm eine eindeutige Antwort schuldig.
Zusammenfassung
Über den Autor
Friedrich Dürrenmatt wird am 5. Januar 1921 in Konolfingen im Schweizer Kanton Bern geboren. Sein Vater ist protestantischer Pfarrer. In Bern besucht Dürrenmatt das Freie Gymnasium und das Humboldtianum, 1941 legt er die Matura ab. Er ist bestenfalls ein mittelmäßiger Schüler und bezeichnet die Schulzeit später als die übelste Phase seines Lebens. In Bern und Zürich studiert er Philosophie, Literatur- und Naturwissenschaften. Seinen eigenen biografischen Schriften zufolge führt er das Leben eines verkrachten Studenten. 1946 zieht er nach Basel, ein Jahr später heiratet er die Schauspielerin Lotti Geissler, mit der er insgesamt drei Kinder hat. 1947 wird sein erstes Theaterstück Es steht geschrieben uraufgeführt. Aus Geldnot verfasst Dürrenmatt Anfang der 50er Jahre seinen wohl bis heute bekanntesten Kriminalroman Der Richter und sein Henker (1950/51), es folgen Der Verdacht (1951/52) und Das Versprechen (1958). Die Theaterstücke Die Ehe des Herrn Mississippi (1952) und Ein Engel kommt nach Babylon (1953) machen ihn einem breiten Publikum bekannt, die Dramen Der Besuch der alten Dame (1956) und Die Physiker (1962) begründen seinen Weltruhm. Ab 1952 lebt der Schriftsteller in einem eigenen Haus bei Neuchâtel. Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratet Dürrenmatt 1984 die Schauspielerin und Filmemacherin Charlotte Kerr. Wechselvoll ist sein Verhältnis zur zweiten großen Figur der Schweizer Literatur des 20. Jahrhunderts, Max Frisch. Die anfängliche Freundschaft schlägt in gegenseitiges Ressentiment um, das auf persönlicher Antipathie und literarischen Differenzen beruht. Dürrenmatt erhält im Lauf seines Lebens zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den Georg-Büchner-Preis. Sein literarisches Werk ist äußerst vielfältig: Neben Theaterstücken und Romanen umfasst es Hörspiele, Essays, Erzählungen, Vorträge sowie autobiografische, literatur- und theatertheoretische Schriften. Daneben arbeitet Dürrenmatt zeitweise als Regisseur und ständig als Maler und Zeichner. Er stirbt am 14. Dezember 1990 in Neuchâtel an einem Herzinfarkt.
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