Melden Sie sich bei getAbstract an, um die Zusammenfassung zu erhalten.

Der Wohlstand der Nationen

Melden Sie sich bei getAbstract an, um die Zusammenfassung zu erhalten.

Der Wohlstand der Nationen

dtv,

15 Minuten Lesezeit
12 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Der Wirtschaftsklassiker schlechthin: Adam Smiths Begründung der klassischen Nationalökonomie.


Literatur­klassiker

  • Ökonomie
  • Aufklärung

Worum es geht

Niemand, der sich ernsthaft mit Wirtschaft beschäftigt, kommt um dieses opulente Werk herum: Auf über 800 Seiten präsentiert sich Der Wohlstand der Nationen dem Leser als klassischer, pragmatischer und leicht lesbarer Meilenstein der Wirtschaftsgeschichte. Das Werk und sein Autor Adam Smith geistern durch jedes Lehrbuch für Volkswirtschaft. Doch erst im Zusammenhang entfalten die heutzutage oft fragmentarisch oder sogar falsch wiedergegebenen Thesen ihre ganze soziale und wirtschaftliche Innovationskraft. In einer Zeit, in der absolutistische Nationalstaaten die Edelmetallvorräte der Welt an sich rissen und mit einer dirigistischen Exportpolitik den eigenen Reichtum zu mehren versuchten, entwickelte Smith eine völlig neue Idee über den Reichtum eines Landes: Nicht das Gold, sondern die vom Volk geleistete Arbeit sind die Quelle des Wohlstands. Angeregt durch den Eigennutz des Einzelnen kann sich das Wirtschaftsgeschehen am Markt wie durch eine "unsichtbare Hand" geführt ins Gleichgewicht bringen. Der Staat hat lediglich für bestimmte öffentliche Güter und einen Ordnungsrahmen zu sorgen. Auch wenn Smiths Idealbild von wirtschaftlicher und sozialer Harmonie im Lauf der Zeit einige Risse bekommen hat: In den vergangenen 250 Jahren inspirierten seine Ideen bekannte Ökonomen wie David Ricardo, Vilfredo Pareto, Friedrich August von Hayek und Milton Friedman.

Take-aways

  • Mit dem Wohlstand der Nationen legte Adam Smith im Jahr 1776 den Grundstein der klassischen Nationalökonomie.
  • Er kritisiert in dem Werk den dirigistischen Eingriff des Merkantilismus ins Wirtschaftsgefüge: Schutzzölle und andere Maßnahmen, die den Freihandel behindern, lehnt er ab.
  • Das System des Merkantilismus schützt nur die Produzenten, während die Verbraucher benachteiligt werden.
  • Der Tauschtrieb der Menschen und die Arbeitsteilung sind bei Smith wichtige Voraussetzungen für die effiziente Herstellung und den Austausch von Gütern.
  • Für den Gütertausch wird ein Markt benötigt: Je größer dieser ist, desto besser funktioniert der Warentausch.
  • Geld als Tauschmittel reduziert die Transaktionskosten, weil es allgemein akzeptiert und langlebig ist.
  • Der wirkliche Wert einer Ware ist der in ihr enthaltene Arbeitswert: Dieser Realpreis schwankt nicht, während der Nominalpreis durchaus Veränderungen unterworfen ist.
  • Der Marktpreis entsteht durch die Einigung von Anbietern und Nachfragern.
  • Derjenige Teil des Vermögens, der dafür eingesetzt wird, Profit zu erzielen, wird als Kapital bezeichnet.
  • Je freier die Menschen wirtschaftlich agieren können, desto produktiver und effizienter sind sie.
  • Der Staat sollte nicht ins Wirtschaftsgeschehen eingreifen, sondern lediglich für die Landesverteidigung, Rechtsprechung und bestimmte öffentliche Einrichtungen sorgen.
  • Der Wohlstand der Nationen inspirierte zahlreiche Vertreter der klassischen und neoklassischen Nationalökonomie (z. B. Ricardo, Mill, Pareto, von Hayek, Friedman).

Zusammenfassung

Fortschritt durch Arbeitsteilung

Die Arbeitsteilung hat die Produktivität der Arbeit außerordentlich verbessert: Statt dass ein einziger Arbeiter ein Produkt allein herstellt, kann die Produktion auch in einzelne Schritte zerlegt und auf mehrere Arbeiter verteilt werden. Beispielsweise kann ein ungelernter Arbeiter vielleicht nur ein paar Stecknadeln am Tag herstellen. Diese Tätigkeit beinhaltet 18 verschiedene Arbeitsschritte. Wenn nun aber 18 Arbeiter nur jeweils einen dieser Schritte ausführen, kommen sie am Ende des Tages auf mehrere tausend Nadeln! Tatsächlich gehört die Arbeitsteilung zu den größten Errungenschaften einer fortschrittlichen Gesellschaft. Sie hat sich entwickelt, weil Menschen von Natur aus dazu neigen, Güter miteinander zu tauschen. Jeder Einzelne hat unterschiedliche Talente, und mithilfe der Tauschwirtschaft konnten sich die Menschen auf bestimmte Tätigkeiten spezialisieren: Der Bäcker backt Brot, der Schneider sorgt für Kleidung, der Fleischer für Fleisch usw.

Der Markt und die Erfindung des Geldes

Damit der Tausch überhaupt funktioniert, braucht man einen Markt, auf dem Anbieter und Nachfrager zusammenkommen. Die Größe des Marktes hat einen direkten Einfluss auf das Ausmaß der Arbeitsteilung: Ist der Markt sehr klein, kann die Spezialisierung nicht funktionieren. In einem kleinen Dorf hat z. B. niemand Verwendung für einen Lastenträger, der hingegen in der Großstadt heiß begehrt ist. Verfügt man über Wasserwege, kommt der Handel erst richtig in Schwung. Ein Schiff kann Waren viel effektiver, schneller und weiter transportieren, als dies mit Fuhrwerken möglich wäre. Für jeden, der Handel treibt, ergibt sich jedoch schnell ein Problem: Was macht er, wenn er keinen Tauschpartner findet, der seine Waren haben will? Die Lösung: die Erfindung des Geldes als Tauschmittel. Was zunächst in Form von Naturalien (z. B. Vieh oder Salz) daherkam, nahm schließlich die Form von Edelmetallen an, die weder verderben noch an Wert verlieren. Um dem Schwindel vorzubeugen, werden die Edelmetalle geeicht und mit offiziellen Prägungen versehen: die Geburt des Münzgeldes.

Natürlicher Preis und Marktpreis

Trotz des Geldes drückt sich der wirkliche Wert einer Ware darin aus, was die Herstellung dieses Gutes eine bestimmte Person kostet. Der Wert jedes Gutes entspricht der Arbeit und den Mühen, die zu seiner Herstellung notwendig sind. Wenn es z. B. doppelt so viel Mühe kostet, einen Biber zu erlegen als einen Hirsch, dann ist der Biber zwei Hirsche wert. Der wahre Wert ist also die im Tauschwert ausgedrückte Arbeit. Dieser Wert eines Gutes schwankt nicht, weil ja immer die gleiche Menge Arbeit darin gebunden ist: Es handelt sich um den Realpreis einer Ware. Der Nominalpreis hingegen kann schwanken, z. B. durch den Wertverlust von Gold oder Silber. Je nachdem, ob eine Gesellschaft arm oder reich ist, entwickelt sich ein typischer Preis für Güter, der in etwa dem Wert der dafür eingesetzten Kosten entspricht. Dies ist der natürliche Preis eines Gutes.

Angebot und Nachfrage

Normalerweise wünscht sich der Verkäufer einen Profit, den er mit dem Verkauf des Gutes macht. Kann der Verkäufer diese Gewinnmarge nicht realisieren, muss er zum so genannten Einkaufspreis verkaufen. Dies ist natürlich ärgerlich, weil er sein Geld auch in andere Güter hätte investieren können. Der entgangene Gewinn ist also sein Verlust. Der Marktpreis ist derjenige Preis, der tatsächlich erzielt werden kann. Er ist davon abhängig, in welchem Verhältnis Angebot und Nachfrage am Markt zusammentreffen. Überwiegt das Angebot, werden die Preise sinken. Umgekehrt steigen die Preise, wenn das Angebot knapp ist. Halten sich Angebot und Nachfrage die Waage, wird das Gut aller Wahrscheinlichkeit nach zum natürlichen Preis den Besitzer wechseln. Kann ein Anbieter ein Monopol aufbauen, so kann er die Versorgung mit Gütern künstlich knapp halten und den höchsten Preis erzielen.

Der Lohn der Arbeit

Bevor Land in Privateigentum verwandelt wurde und sich größere Mengen von Kapital in den Händen reicher Leute sammelten, gehörte dem Arbeiter der gesamte Ertrag seiner Arbeit. Doch heute muss jeder, der Grund und Boden nutzt, dafür einen Teil seines Ertrages abgeben. Das Gleiche gilt auch für Menschen, die für andere arbeiten: Der Unternehmer wird immer einen Teil des Ertrages der Arbeit behalten. Bezüglich der Höhe des Lohnes kann es natürlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu Unstimmigkeiten kommen. Eines sollte aber gesichert sein: dass das Entgelt nie unter das Existenzminimum fällt. Neben dem Warenmarkt gibt es auch einen Arbeitsmarkt: Wenn die Nachfrage nach Arbeitskräften steigt, werden sich die Arbeitgeber gegenseitig überbieten, um die besten einzustellen.

Zusammensetzung und Verwendung des Kapitals

Als noch keine Arbeitsteilung betrieben wurde, brauchte kein Mensch Kapital oder Vorräte. War man hungrig, so jagte man; brauchte man Kleidung, wurden Tierfelle verwendet; usw. Doch seit sich die Arbeitsteilung durchgesetzt hat, ist es notwendig, Vorräte anzulegen: Rohmaterialien für die eigene Arbeit, Nahrungsmittel und Kleidung für die Familie. Diejenigen, die mehr besitzen, als sie selbst benötigen, versuchen, aus diesen Vorräten Profit zu schlagen. Also handelt es sich hierbei um ihr Kapital. Zwei Arten von Kapital können unterschieden werden: Wenn wir Güter herstellen, sprechen wir von Umlaufvermögen. Maschinen, Werkzeuge oder Grund und Boden werden hingegen als festes Kapital oder Anlagevermögen bezeichnet. Genau wie bei Einzelpersonen verhält es sich auch in Bezug auf das Kapital des ganzen Landes: Es gibt einen Teil des Vermögens, der sofort verwendet wird und keinen Profit abwirft. Ein zweiter Teil ist das Anlagevermögen, das beispielsweise aus Arbeitsmaschinen, Geschäften, Grund und Boden sowie den Fähigkeiten der Bewohner besteht. Das Umlaufvermögen des Volkes besteht schließlich aus dem gesamten zirkulierenden Geldvermögen, den Vorräten, halbfertigen und fertigen Waren. Beim Geldvermögen gilt: Papiergeld ist viel einfacher herzustellen und zu unterhalten als Gold- und Silbermünzen. Zudem ist es ebenso effektiv, bequem und sicher, solange die Kaufkraft des Geldes gleich hoch bleibt.

Der Niedergang der Landwirtschaft

Es gibt eine natürliche Ordnung, die die Verwendung des Kapitals steuert. Weil der Mensch von den Früchten der Feldarbeit lebt, sollte er eigentlich das meiste Vermögen in die Landwirtschaft stecken. Handel und Gewerbe oder gar Außenhandel mit anderen Völkern erscheinen darum eher als zweitrangig. Diese Ordnung hat sich aber bei der Entwicklung der modernen europäischen Staaten ins Gegenteil verkehrt: Der Außenhandel belebte das Gewerbe und beide zusammen führten auch zu großen Verbesserungen in der Landwirtschaft. Gerade die Bestellung des Bodens und die Aufzucht von Vieh gerieten in der Geschichte Europas schon nach dem Fall des römischen Imperiums ins Wanken. Die marodierenden Völker, die das Reich zerstörten, zerschlugen den fruchtbaren Handel zwischen den Städten und der Landbevölkerung. Die Folge: Städte gingen ein und Bauern verließen ihre Felder.

Freiheit und Eigentum

Westeuropa fiel der Armut zum Opfer und die brachliegenden Felder wurden von einigen wenigen Großgrundbesitzern vereinnahmt. Das Land verlor seine Bedeutung als Existenzsicherung und wurde zum Symbol der Macht und des Schutzes. Die Bauern auf diesem Land waren ihren feudalen Herren, den Landbesitzern, in vielfacher Weise unterworfen: Nicht nur der Boden, auch das Saatgut und das Vieh gehörten den Feudalherren. Im Grunde genommen waren die Bauern nicht viel mehr als Sklaven. Und genau wie Sklaven taten sie auch ihre Arbeit: Niemals wurde mehr geleistet als notwendig. Denn nur wenn der Mensch die Früchte seiner Arbeit auch genießen kann, wird er sich bemühen und alle Anstrengungen unternehmen, dass seine Ernte reich ist. Jeder weitere Freiheitsgrad der Bauern führt auch zu mehr Produktivität, mehr Ernte, kurz: mehr Wohlstand.

Der Aufstieg der Städte

Im Gegensatz zur Landbevölkerung erlangten die Stadtbewohner viel früher Freiheit und Unabhängigkeit. Handwerker und Gewerbetreibende, die in den Städten wohnten, wurden teilweise sogar von ihren Schutzherren bevorzugt, indem ihnen Brückenzoll, Passierzoll, Marktgeld und weitere Abgaben erlassen wurden. Auch in anderer Hinsicht wurden die Bürger der Städte frei: Sie konnten eine Bürgerschaft wählen, sich zu Gemeinden zusammenschließen und selbst entscheiden, an wen sie ihr Hab und Gut vererbten. Die Städter durften Mauern bauen und eine eigene Verteidigung aufstellen, während die Bauern immer noch jedem Übergriff schutzlos ausgeliefert waren. Der Aufstieg der Städte kam aber auch der Landbevölkerung zugute. Sie boten den geeigneten Markt für landwirtschaftliche Waren. Städter kauften brachliegendes Land und kultivierten es, und die Ordnung, die Gesetze und die Sicherheit der Städte breiteten sich auch in den Dörfern ringsumher aus.

Die Fehler des merkantilen Systems

Es gibt zwei grundfalsche Ansichten im merkantilen Wirtschaftssystem, die aber nichtsdestotrotz von verschiedenen Staaten geradezu blind vertreten werden. Die erste: Ein Staat wird als reich bezeichnet, wenn er viel Gold und Silber besitzt. Darum ist es das erklärte Ziel vieler Länder, Edelmetalle in rauen Mengen anzusammeln. Beispielsweise wird der Export dieser Metalle strengstens verboten oder zumindest mit hohen Abgaben belegt. Glücklicherweise haben Händler darauf hingewiesen, dass sie Waren zwar zunächst mit Gold bezahlen, dass deren Weiterverkauf in andere Länder aber noch mehr Gold für das eigene Land einbringt. So wurden die Ausfuhrverbote für Edelmetalle in England wieder aufgegeben. Aber im Anschluss daran setzte sich eine noch viel verhängnisvollere Praktik durch: die positive Handelsbilanz. Man ist dazu übergegangen, stets mehr zu exportieren als zu importieren. Hierzu wurde sowohl der Import aller Waren beschränkt, die im eigenen Land herstellbar sind, als auch aller Waren, die aus Ländern importiert werden, bei denen eine negative Handelsbilanz existiert. Gleichzeitig wurden Exporte auf verschiedene Weise gefördert:

  1. Den Exporteuren wurden Rückvergütungen zuerkannt, wenn ihre Waren ursprünglich einer Abgabe unterlagen.
  2. Manche Gewerbe wurden mit Prämien begünstigt.
  3. Mit besonderen Handelsverträgen wurden Güter aus dem eigenen Land im Fremdland mit Sonderrechten ausgestattet.
  4. Kolonien wurden gegründet, um dort ein Monopol aufzubauen.
„Die Arbeitsteilung dürfte die produktiven Kräfte der Arbeit mehr als alles andere fördern und verbessern.“ S. 9“

Dieses gesamte Merkantilsystem ist ein trügerisches und höchst gefährliches Konstrukt. Es dient lediglich den Produzenten und Händlern und vernachlässigt die Konsumenten. Diese wären nämlich letztendlich die Nutznießer, wenn heimische Waren mit den importierten Produkten im Wettbewerb stünden.

Die Aufgaben des Staates

Die Versuche des Staates, die Wirtschaft in unterschiedlichen Erwerbszweigen zu begünstigen oder einzuschränken, sind schädlich. Sie führen dazu, dass der Fortschritt nicht gefördert, sondern ausgebremst wird. Die freie Entfaltung aller Marktteilnehmer sollte das Ziel sein. Solange sie sich an die Gesetze und Regeln halten, sollten sie dem freien Spiel der Marktkräfte ausgesetzt werden. Natürlich hat der Staat gewisse Aufgaben, die durch Privatleute niemals wahrgenommen werden können. Diese sind:

  1. Landesverteidigung: Die erste Pflicht des Staates ist, seine Bürger vor feindlichen Übergriffen zu schützen. Hierfür ist der Unterhalt eines Heeres oder zumindest einer Miliz erforderlich.
  2. Justiz: Damit das Recht regiert und sich die Bürger nicht gegenseitig Gewalt antun, muss der Staat für Gerichte, eine Justizverwaltung und eine Polizei sorgen.
  3. Öffentliche Einrichtungen: Alle Einrichtungen, bei denen Privatleute kaum Gewinn machen können, müssen vom Staat übernommen werden: Dazu gehören Schulen, Universitäten, aber auch die Kirche sowie Straßen, Brücken und Kanäle.
„Arbeit ist demnach das wahre oder tatsächliche Maß für den Tauschwert aller Güter.“ S. 28“

Damit der Staat diese Aufgaben wahrnehmen kann, ist er auf Steuereinnahmen angewiesen. Steuern sind auf Rente, Gewinn und Lohn zulässig. Oberstes Prinzip bei der Besteuerung ist aber, dass die Steuern in einem vorher festgelegten und logischen Verhältnis zu den Mitteln der Bürger erhoben werden: Nur derjenige Teil des Einkommens, der unter dem Schutz des Souveräns verdient wurde, kann auch besteuert werden.

Zum Text

Aufbau und Stil

Adam Smith hat sein Hauptwerk in fünf Bücher unterteilt, die jeweils zwischen drei und elf Kapitel fassen. Im ersten Buch untersucht er die Methoden der Produktivitätsverbesserung und die Verteilung der Arbeit auf verschiedene Bevölkerungsschichten. Im zweiten geht er der Frage nach, welche Rolle das Kapital spielt und wie es verwendet werden kann. Das dritte handelt von der unterschiedlichen Verteilung des Wohlstands in verschiedenen Ländern. Im vierten widmet sich Smith der politischen Seite der Wirtschaft, um schließlich im fünften und letzten Buch darauf einzugehen, welche Rolle der Staat im Wirtschaftsgefüge spielen sollte. Adam Smith richtet sich zwar an Kenner der Materie, er will aber auch für Leser verständlich bleiben, die keine Experten sind. Obwohl die mehr als 800 Seiten des Wälzers zunächst abschreckend erscheinen, sind es die vielen einleuchtenden Beispiele, die das Werk auch heute noch leicht lesbar machen.

Interpretationsansätze

  • Adam Smith sieht den Eigennutz als zentrale Triebkraft für den Wohlstand eines Landes: Wer eigennützig handelt, dient indirekt auch der Gemeinschaft. Damit richtet Smith sich gegen die christliche Ethik, die das Streben nach Reichtum als unmoralisch verurteilt.
  • Nationaler Reichtum wird von Adam Smith neu definiert: Nicht Geldreserven oder Bodenschätze sind entscheidend, sondern das immaterielle Potenzial: die kollektive Arbeitskraft.
  • Smith hatte ein feines Gespür für eine bedeutende Trendwende: die industrielle Arbeitsteilung. Diese ist in seiner Theorie ein Schlüsselkonzept, obwohl die reale Wirtschaft seiner Zeit noch gar nicht so arbeitsteilig organisiert war.
  • Entgegen der häufigen Behauptung hält Smith den Staat nicht für entbehrlich. Im Gegenteil: Alle Aufgaben, die sich für Privatleute nicht lohnen, können nur vom Staat in ausreichendem Maße vollbracht werden.
  • Die dauernde staatliche Intervention in das Wirtschaftsgefüge der Marktteilnehmer lehnt Smith jedoch ab, abgeschreckt von dem Regelwirrwarr des Merkantilismus.
  • Smith verfolgt das Projekt einer „Politischen Ökonomie“. Es bedeutet, dass Wirtschaft und Politik untrennbar miteinander verbunden sind, dass aber der Staat nicht die Wirtschaft regulieren, sondern sie dem Eigeninteresse der Bürger überlassen sollte.
  • Smiths Werk gilt als Wegbereiter des ökonomischen Liberalismus und des Kapitalismus. Es steht jedoch ganz am Anfang dieser Entwicklung und konnte noch nicht in aller Deutlichkeit voraussehen, dass auch Marktversagen möglich ist und Marktregulierungen gerechtfertigt sein können.

Historischer Hintergrund

Die Wirtschaftspolitik des Merkantilismus

Als Adam Smiths Abhandlung im Jahr 1776 erschien, herrschte fast überall in Europa eine Wirtschaftspolitik, die als Merkantilismus bezeichnet wird. Seit dem Ende des Mittelalters hatten sich absolutistische Nationalstaaten ausgebildet. Auch wenn nicht alle Herrscher so radikal waren wie der französische König Ludwig XIV., der den berühmten Ausspruch „L’État, c’est moi – Der Staat bin ich“ prägte, so strebten doch alle absolutistischen Herrscher nach Reichtum, den sie für den Hof, das Heer und den gesamten Staatsapparat benötigten. Die materielle Voraussetzung hierfür war der produktive Einsatz der Landesressourcen. Ein einheitliches Konzept oder gar eine wissenschaftliche Theorie gab es dafür nicht. Das führte denn auch in verschiedenen Ländern zu unterschiedlichen Varianten dieser Wirtschaftspolitik (z. B. restriktive Kameralistik im Deutschen Reich, stark dirigistischer „Colbertismus“ in Frankreich und eher gemäßigter Merkantilismus in England).

Beim Merkantilismus handelte es sich im Grunde genommen um eine Zentralverwaltungswirtschaft, bei welcher der Staat dirigistisch in den Wirtschaftskreislauf eingriff: Die Festlegung von Mindest- und Höchstpreisen, eine expansive Bevölkerungspolitik (Einwanderungserleichterung und Auswanderungsverbote) und die Förderung von Gewerbe, Landwirtschaft und Handel gehörten zu den staatlichen Maßnahmen. Besonders erfolgversprechende Wirtschaftsbereiche wurden vom Staat in Monopole verwandelt, Subventionen und Zölle zum Schutz der heimischen Wirtschaft wurden eingerichtet. Besonders der Außenhandel geriet ins Zentrum der Politik: Unter allen Umständen mussten Exportüberschüsse erzielt werden, d. h. man wollte eine „positive Handelsbilanz“ aufstellen. Parallel dazu wurden große Vorräte an Edelmetallen, auch durch die Ausbeutung von Kolonien, im eigenen Land gehortet. Adam Smith änderte mit seiner Theorie die Sichtweise der Wirtschaftspolitik entscheidend: Seine Idee des Freihandels und der „Laisser-faire“-Politik fand zu Beginn des 19. Jahrhunderts immer mehr Anhänger.

Entstehung

Zwölf Jahre seines Lebens verwendete Adam Smith auf die Fertigstellung des Manuskripts vom Wohlstand der Nationen. Als das Buch 1776 veröffentlicht wurde, verkaufte es sich recht gut: Die gesamte erste Auflage war binnen sechs Monaten vergriffen. Smith kombinierte geschickt eigene Vorstellungen mit den bereits vorhandenen Ideen seiner Zeit und bettete sie darüber hinaus in eine Kultur- und Sozialgeschichte ein. Smiths liberale Auffassung von der individuellen Freiheit und der Entfaltung der Marktteilnehmer wurde stark von seinem Lehrer Francis Hutcheson (1694–1746) geprägt, der wiederum auf die Ideen von John Locke (1632–1704) und David Hume (1711–1776) zurückgriff. Weitere Anregungen zu seinen wirtschaftspolitischen Theorien fand Adam Smith während seiner Reise durch Frankreich bei den französischen Physiokraten, allen voran bei ihrem Vordenker François Quesnay (1694–1774). Auf Quesnay geht auch der berühmte Ausspruch „Laissez faire! Laissez aller!“ zurück, der zum Begriff der Laisser-faire-Politik wurde. Auch wenn Smith mit der These der Physiokraten, dass die einzige Produktivkraft in der Landwirtschaft liege, nicht übereinstimmte, verdankte er den französischen Ökonomen wertvolle Impulse für sein Werk.

Wirkungsgeschichte

Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass Adam Smiths Buch einen der wichtigsten theoretischen Eckpfeiler des kapitalistischen Systems darstellt. Smith stemmte sich gegen die Einmischungspolitik des Merkantilismus und begründete damit die moderne Volkswirtschaftslehre. Er entwickelte die wichtigsten Ideen der klassischen Wirtschaftstheorie, die anschließend von Ökonomen wie David Ricardo (1772–1823) und John Stuart Mill (1806–1873) weiterentwickelt wurden. Smiths Arbeitswertlehre, die den Wert einer Ware nach der dafür aufgewendeten Arbeit bemisst, wurde von Karl Marx (1818–1883) für sein eigenes Wertgesetz adaptiert.

Die neoklassische Wirtschaftstheorie entwickelte die Gedanken der klassischen Nationalökonomie Mitte des 19. Jahrhunderts weiter. Einer ihrer wichtigsten Vertreter war Vilfredo Pareto (1848–1923). Die Neuklassiker verlagerten den Fokus von der Arbeitswertlehre auf den Grenznutzen, den ein Verbraucher einer Ware zuordnet.

Smiths Prinzipien der Arbeitsteilung und Handelsfreiheit, seine Einsichten in die Dynamik des Marktes und die Funktionen des Geldes wirken bis in die Gegenwart fort: Ökonomen wie Paul Samuelson  (1915-2009), Friedrich August von Hayek (1899–1992) und Milton Friedman (1912-2006) haben Adam Smith für unsere Zeit wiederentdeckt und seine Ideen als Grundlage einer pragmatischen Wirtschaftspolitik propagiert.

Nach Meinung des österreichischen Volkswirtschaftlers Joseph Alois Schumpeter (1883–1950) handelt es sich bei Adam Smiths Werk über den Wohlstand der Nationen um das „erfolgreichste Buch über Wirtschaftswissenschaft bzw., mit der möglichen Ausnahme von Darwins Origin of Species, das erfolgreichste wissenschaftliche Werk, das bis auf den heutigen Tag veröffentlicht wurde“.

Über den Autor

Adam Smith wird am 5. Juni 1723 in der Ortschaft Kirkcaldy in Schottland als Sohn eines Juristen getauft, das Geburtsdatum ist nicht bekannt. Am College von Glasgow belegt er u. a. das Fach Moralphilosophie, in dem er von Francis Hutcheson unterrichtet wird. Hutchesons Lehren verbinden die Ideen der Philosophen John Locke und David Hume und haben großen Einfluss auf Smiths eigene Philosophie. Nach dem Studium in Oxford und Glasgow und einer Zeit der Lehrtätigkeit wird Smith 1751 zum Professor für Logik und ein Jahr später zum Professor für Moralphilosophie ernannt. Während dieser Zeit hat er engen Kontakt zu David Hume (ebenfalls ein Schotte), dessen ethische und wirtschaftliche Ideen ihn nachhaltig beeinflussen. Smiths erste große Veröffentlichung ist The Theory of Moral Sentiments (Theorie der ethischen Gefühle, 1759), in der er seine ethischen Lehren aus der Universität schriftlich niederlegt. 1763 verlässt Smith Glasgow, um als Privatlehrer eines jungen Herzogs auf eine dreijährige Bildungsreise durch Frankreich und die Schweiz zu gehen. Aus seinen Begegnungen mit den französischen Physiokraten Turgot und Quesnay schöpft Smith die Idee zu seinem ökonomischen Hauptwerk An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations (Der Wohlstand der Nationen), das er aber erst 1776 fertigstellt und veröffentlicht. 1778 wird Smith zum Zollkontrolleur in Edinburgh ernannt, wo er am 17. Juli 1790 stirbt. Kurz vor seinem Tod lässt er durch Freunde alle seine unfertigen Schriften vernichten.

Hat Ihnen die Zusammenfassung gefallen?

Buch oder Hörbuch kaufen

Diese Zusammenfassung eines Literaturklassikers wurde von getAbstract mit Ihnen geteilt.

Wir finden, bewerten und fassen relevantes Wissen zusammen und helfen Menschen so, beruflich und privat bessere Entscheidungen zu treffen.

Für Sie

Entdecken Sie Ihr nächstes Lieblingsbuch mit getAbstract.

Zu den Preisen

Für Ihr Unternehmen

Bleiben Sie auf dem Laufenden über aktuelle Trends.

Erfahren Sie mehr

Studenten

Wir möchten #nextgenleaders unterstützen.

Preise ansehen

Sind Sie bereits Kunde? Melden Sie sich hier an.

Kommentar abgeben

Mehr zum Thema