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Deutsche Predigten und Traktate
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Deutsche Predigten und Traktate

Erfurt/Straßburg, um 1300
Diese Ausgabe: Hanser, 1995 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Religion
  • Mittelalter

Worum es geht

Ein unbequemer Mystiker

Zur Zeit der Kirchenspaltung im ausgehenden Mittelalter sehnten sich viele Menschen nach einer direkten Gotteserfahrung. Sie wandten sich der Mystik zu, dem Versuch, Gott durch religiöse Versenkung näherzukommen. Zu den bekanntesten Mystikern zählte an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert Meister Eckehart. In zahlreichen Schriften und Predigten formulierte er immer wieder die Kernsätze seiner Theologie und versuchte den Menschen seine Vorstellung von Gott zu vermitteln: Gott als höchstes, abstraktes Wesen, das dem Menschen liebevoll in seiner Seele begegnet, wenn er sich ganz auf ihn einlässt und von allem Irdischen frei wird. Diese Begegnung mit Gott ist für Eckehart das Beste, was dem Menschen geschehen kann; sie hilft ihm, sein Leben hier auf der Erde mit Gelassenheit zu führen. Eckeharts Theologie war aus kirchlicher Sicht nicht gerade linientreu und ließ ihn schließlich zu einem Opfer der Inquisition werden. Im Lauf der Jahrhunderte aber haben sich zahlreiche Philosophen von Meister Eckehart inspirieren lassen, dessen Lehren übrigens erstaunliche Parallelen zum Buddhismus aufweisen. Auch heute, in einer Zeit, in der Kontemplation für viele Menschen wieder wichtig ist, kommen Eckeharts Schriften dem Bedürfnis nach Lebensweisheit und Innerlichkeit entgegen.

Zusammenfassung

Die Begegnung mit Gott

Wenn ein Mensch inneren Frieden finden möchte, sollte er versuchen, Gott näherzukommen. Denn nur Gott kann wirklich Frieden schenken, und je mehr ein Mensch in Gott ist, umso mehr Frieden hat er in seiner Seele. Gott ist überall zu finden, und er möchte den Menschen begegnen. Deshalb ist es nicht nötig, sich an bestimmte Orte zu begeben oder bestimmten Ritualen zu folgen. Häufig steht sich der Mensch bei der Suche nach Gott selbst im Weg: Dann nämlich, wenn er mit so vielen Dingen beschäftigt ist, dass er die Stimme Gottes gar nicht mehr hören kann.

Der Ort, wo ein Mensch Gottes Stimme vernimmt, ist die Seele. Weil Gott in der Stille spricht, muss auch die Seele ganz still und leer sein, damit sie Gott wahrnehmen kann. Sie muss von allen anderen Dingen frei werden, d. h. der Mensch muss alles loslassen, was er in seiner Seele mit sich herumträgt, alle Bilder und Eindrücke. Am besten wäre es sogar, wenn er sich selbst vergessen, sich „lassen“ könnte. Erst wenn die Seele von allem frei geworden ist, kann Gott zu ihr sprechen. Dann füllt er unsere leere Seele mit seiner Gegenwart, und wir können ihm ähnlich werden. Wer sich auf diese Weise ganz ...

Über den Autor

Meister Eckehart wird wahrscheinlich um 1260 im thüringischen Hochheim geboren. Das genaue Geburtsdatum liegt ebenso im Dunkeln wie viele andere seiner Lebensdaten, die sich nur annähernd bestimmen lassen. Möglicherweise aus einer adligen Familie stammend, tritt Eckehart als Jugendlicher vermutlich in das Erfurter Dominikanerkloster ein und erhält dort seine weitere Ausbildung. Man geht davon aus, dass er in Köln ab 1280 an der Hochschule der Dominikaner studiert; vielleicht wird er dort sogar noch von Albertus Magnus unterrichtet. Um 1300 schickt ihn sein Orden an die Universität von Paris. Dort erwirbt er 1302 den Magistertitel in Theologie, bevor er nach Erfurt zurückkehrt. Eckehart wird Prior seines Klosters und zugleich Provinzial der sächsischen Ordensprovinz. In dieser Funktion ist er für die Überwachung aller Klöster des zugeordneten Gebiets verantwortlich. Um 1312 wird er wieder an die Pariser Universität berufen, wo er für ein Jahr einen Lehrstuhl innehat – eine große Ehre für einen Nichtfranzosen. In Straßburg wird Eckehart zum Generalvikar für die böhmische Provinz ernannt. 1323 beruft man ihn auf den theologischen Lehrstuhl der Ordenshochschule in Köln. Doch dort ereilt ihn sein Schicksal: Zwei Mitbrüder denunzieren ihn beim Kölner Erzbischof, dieser eröffnet im Sommer 1326 ein Inquisitionsverfahren gegen ihn. Grund: angeblich häretische (ketzerische) Aussagen. Eckehart verteidigt sich, kann seine Gegner aber nicht überzeugen. So legt er Berufung beim Papst selbst ein und reist persönlich zu ihm nach Avignon. Er widerruft öffentlich alle Irrtümer, die in seinen Schriften enthalten sein könnten, doch das Verfahren gegen ihn wird fortgesetzt – selbst nach Eckeharts Tod, der meist auf den Anfang des Jahres 1328 datiert wird. Erst im folgenden Jahr, am 27. März 1329, verkündet Papst Johannes XXII. das Urteil über Eckeharts Theologie: In der Bulle In agro dominico werden einige Thesen Eckeharts als Irrlehren verdammt, andere als „überaus übel klingend“ abgestempelt.


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