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Die Antiquiertheit des Menschen
Buch

Die Antiquiertheit des Menschen

München, 1956
Diese Ausgabe: C. H. Beck, 2018 Mehr

Literatur­klassiker

  • Anthropologie
  • Moderne

Worum es geht

Sind wir vom selbstgemachten Fortschritt überfordert?

Das Internet, Smartphones, Smart Homes, Selfies, künstliche Intelligenz, selbstfahrende Autos – Günther Anders hätte diese Entwicklungen wohl mit einigem Grauen beobachtet. Seine Frage „Können wir emotional und geistig noch mit dem menschengemachten Fortschritt mithalten?“ ist heute so aktuell wie vor 70 Jahren. Seit dem Beginn des Maschinenzeitalters verläuft die technische Entwicklung immer schneller und niemals so rasant wie in den letzten Jahrzehnten. Unsere Emotionen und unsere Fantasie, mahnte Anders, sind von der Realität des Machbaren längst überholt worden. Viele von seinen Prophezeiungen haben sich bewahrheitet, doch längst nicht alle. Die Automatisierung hat uns nicht alle arbeitslos gemacht und trotz des Fernsehens gibt es weiter zivilgesellschaftliches Engagement. Anders’ Pessimismus müssen wir nicht teilen, doch seine Warnung, dass Technik nicht immer vorbehaltlos positiv zu sehen ist und dass nicht alles, was machbar ist, auch getan werden muss, gilt heute mehr denn je.

Take-aways

  • Die Antiquiertheit des Menschen ist das Hauptwerk des Philosophen und Schriftstellers Günther Anders.
  • Inhalt: Der vom Menschen gemachte technische Fortschritt hat Auswirkungen auf die menschliche Psyche und die Gesellschaft. Der Mensch ist vom Fortschritt überfordert und darum „antiquiert“. Die Welt wird vermittelt und verfälscht durchs Fernsehen wahrgenommen. Produkte stillen nicht Bedürfnisse, sondern wecken diese erst. Die Atombombe eröffnet dem Menschen die göttliche Macht, alles zu vernichten. Im Zeitalter der Technik wird alles, was machbar ist, auch gemacht.
  • Zwei Monstrositäten, die Atombombe und der Holocaust, sind Themen, um die Anders’ Überlegungen immer wieder kreisen.

Über den Autor

Günther Anders wird am 12. Juli 1902 in Breslau, dem heutigen Wrocław, geboren. Seinen Geburtsnamen Günther Siegmund Stern verwendet er seit den 20er-Jahren für Veröffentlichungen nicht mehr. Die Eltern William und Clara, beide Psychologen, zeichnen ihre Beobachtungen der drei Kinder (Anders hat zwei Schwestern) von frühester Kindheit auf. 1914 veröffentlichen sie ihre Erkenntnisse unter dem Titel Psychologie der frühen Kindheit bis zum sechsten Lebensjahr. Mit 15 Jahren wird Anders im Ersten Weltkrieg zwangsrekrutiert. Nach dem Krieg studiert er Philosophie und Kunstgeschichte in Hamburg. 1923 promoviert er in Freiburg bei Edmund Husserl. Seine Habilitation muss er aufgrund der politischen Lage aufschieben. 1925 lernt er Hannah Arendt kennen, die er wenig später in Berlin heiratet. Nach dem Reichstagsbrand flieht er mit Arendt nach Paris und beginnt mit der Arbeit an Die molussische Katakombe, das erst 1992 erscheinen wird. Auch Frankreich wird bald zu gefährlich. 1936 flieht Anders in die USA und verhilft 1941 auch Arendt, von der er bereits seit 1937 geschieden ist, zur Einreise. In den folgenden 14 Jahren hält er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und widmet sich seinen philosophischen Studien. Er hält Kontakt zu den Geistesgrößen unter den Emigranten, ist aber keinem der etablierten Kreise zugehörig. Mit seiner zweiten Frau Elisabeth Freundlich kehrt er 1950 nach Europa zurück und stellt in Wien den ersten Teil seines Hauptwerks Die Antiquiertheit des Menschen fertig. Er arbeitet als Journalist und Übersetzer und engagiert sich in der jungen Antiatombewegung. Sein Briefwechsel mit dem Hiroshima-Piloten Claude Eatherly erscheint 1961. Erst in den 70er- und 80er-Jahren wird ihm höhere Anerkennung zuteil. 1983 erhält er den Theodor-W.-Adorno-Preis der Stadt Frankfurt. Anders stirbt am 17. Dezember 1992 in einem Pflegeheim in Wien.


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