Alexandre Dumas d. Ä.
Die drei Musketiere
dtv, 2009
Was ist drin?
Die Mutter aller Mantel-und-Degen-Romane.
- Historischer Roman
- Realismus
Worum es geht
Ein Mythos lebt
Waghalsige Action, fetzige Dialoge, ein fieser Machthaber und eine schöne Schurkin, dazu gleich vier tolle Helden: Dieses explosive Gemisch elektrisiert bis heute viele Leser. Es machte Die drei Musketiere zum ewigen Kassenschlager und lieferte sogar dem Actionkino das Patentrezept. Blut fließt, Herzen brechen, Intrigen fliegen auf und der Zuschauer fiebert mit, als würde er selbst in größter Gefahr schweben. Dumas plante seine Erfolge wie ein Unternehmer. Er delegierte einige Arbeiten an Zweitautoren, produzierte in Massen und strebte nach maximalem Profit. An die 300 Romane sollen so entstanden sein. Gegen sie erhob sich bald eine schrille Kritik, die bis heute nachhallt: Dumas habe das Romangenre zwar einem streng elitären Klassizismus entrissen, es dafür aber einer trivialen Populärkultur geopfert. Dumas’ zeitgenössische Kritiker dachten wohl nicht im Traum daran, dass die vier Musketiere einen modernen Mythos ins Leben rufen würden: Die unterschiedlichsten Bündnisse folgen seither dem Wahlspruch „Alle für einen, einer für alle“.
Take-aways
- Die drei Musketiere machte Alexandre Dumas als Romancier weltberühmt und begründete einen modernen Mythos.
- Inhalt: Im Jahr 1625 verlässt der 18-jährige d’Artagnan sein Heimatdorf, um in Paris als Gardist des Königs Karriere zu machen. Dort befreundet er sich mit den drei Musketieren Athos, Porthos und Aramis. Zu viert kämpfen sie gegen die Intrigen des mächtigen Kardinals Richelieu und der teuflischen Mylady Winter, die es auf die Königin Anna abgesehen haben.
- Der Roman erschien 1844 im Feuilleton der Zeitung Le Siècle in 82 Folgen.
- Dem Medium gemäß wählte Dumas einen einfachen, geradlinigen Handlungsverlauf.
- Die Musketiere bilden ein perfektes Team, bei dem jeder seine spezielle Stärke einbringt.
- Der Roman folgt einem individualistischen Bild von Geschichte und begreift die Einzelperson als ihre treibende Kraft.
- D’Artagnan trägt gottähnliche Züge: In seinen Leidenschaften und seinem ritterlichen Ehrbegriff wirkt er zwar menschlich, in seiner Unverwundbarkeit und Sorglosigkeit aber fast göttlich.
- Dumas gab dem literarischen Schreiben ein industrielles Gepräge: mit Ghostwritern, Arbeitsteilung und Gewinnmaximierung durch Massenproduktion.
- Die Leser nahmen den Abenteuerroman begierig auf: Er lockte sie mit imaginärer Weltflucht aus dem bedrückend konservativen Klima der Restauration.
- Zitat: „(…) die vier Freunde wiederholten mit einer Stimme die von d’Artagnan vorgesprochene Formel: ,Alle für einen, einer für alle.‘“
Zusammenfassung
Vorspiel in Meung
Im April des Jahres 1625 verlässt der 18-jährige d’Artagnan sein Heimatdorf in der französischen Gascogne, um nach Paris zu gehen. In Meung rastet er erstmals. Ein Edelmann beobachtet ihn und macht einen Scherz über sein ältliches Pferd. Beleidigt greift d’Artagnan nach dem Degen, worauf die Begleiter des Edelmanns mit Stöcken über ihn herfallen und ihn niederschlagen. Der Edelmann durchsucht d’Artagnans Taschen, findet einen Brief und steckt ihn ein. Dann schleppt der Wirt den Bewusstlosen auf ein Zimmer. Währenddessen wendet sich der Edelmann an seine Begleiterin, reicht ihr eine Schatulle und spricht: „Mylady, die Anweisungen des Kardinals, für Ihre Reise nach London.“
Turbulenter Auftakt in Paris
Am nächsten Tag erreicht d’Artagnan Paris. Eine billige Wohnung ist bald gefunden, und er spricht sogleich bei Tréville, dem Hauptmann der Musketiere, vor, da er selbst einer von ihnen werden will. Der Hauptmann bremst ihn aus: Seine Leute seien die Elitetruppe des Königs. Um aufgenommen zu werden, müsse man sich erst im Kampf bewähren. D’Artagnan könne sich aber beim Grafen des Essart ausbilden lassen. Da schreitet draußen der Edelmann vom Vortag vorüber. Sofort rennt d’Artagnan los, gerät aber mit drei Musketieren aneinander: Erst rempelt er Athos an, dann verfängt er sich in Porthos’ Mantel, und schließlich hebt er vor aller Augen ein Taschentuch von Aramis auf, das dieser von einer verheirateten Frau bekommen hat. Kaum zwei Tage in Paris und schon hat er sich drei Duelle eingehandelt.
Der König feiert einen neuen Helden
An einem stillen Ort treffen sich d’Artagnan und die drei Musketiere, um die Klingen zu kreuzen. Da sprengen fünf Gardisten des Kardinals Richelieu herbei. Mit ihnen sind die Musketiere verfeindet, und so gehen sie sofort zum Angriff über. D’Artagnan zögert nicht und springt ihnen bei. Zu viert erkämpfen sie einen schönen Sieg. Weitere Gefechte folgen, abermals siegen die Musketiere. Ludwig XIII., von Richelieu angestachelt, ist erbost über die Musketiere. Doch Tréville kann ihn besänftigen, indem er einen Gardisten zu einer Aussage bewegt. Im Sterben liegend beteuert dieser die Unschuld der Musketiere: Sie hätten sich bloß verteidigt. Da lobt der König seine Leibwache, allen voran den kühnen Neuling d’Artagnan.
Geheime Machenschaften
Am nächsten Tag steht Monsieur Bonacieux, d’Artagnans Hauswirt, in der Tür und klagt, man habe seine Frau Constance, die Leinenverwalterin der Königin, entführt. Er bittet d’Artagnan, sie gegen Geld aufzuspüren. Dieser willigt ein, obgleich seine Freunde vermuten, dass es ein Hinterhalt ist. Kaum gegangen, kehrt Bonacieux wieder zurück und schreit um Hilfe: Die Häscher des Kardinals wollen ihn festnehmen. Die Musketiere schreiten nicht ein, als er abgeführt wird, da sie sonst selbst verhaftet werden könnten. Die Wohnung von Bonacieux dient fortan als Mausefalle: Die Polizisten lauern den Besuchern auf und verhören sie. Als d’Artagnan hört, wie der Name der Leinenverwalterin fällt, greift er zum Degen und verjagt die Polizisten. Tatsächlich ist die vermisste Constance wieder aufgetaucht und in die Mausefalle geraten. D’Artagnan bringt die schöne Frau in Sicherheit.
Ein Geschenk bringt Unglück
D’Artagnan schlendert durch die Nacht und träumt von der Liebe. Da bemerkt er ein zum Louvre eilendes Paar. Er folgt ihm, weil er denkt, dass es sich um Constance Bonacieux und Aramis handelt. Eifersucht packt ihn, und er springt den beiden in den Weg, muss aber gleich seinen Irrtum erkennen: Vor ihm steht der Herzog von Buckingham. Kardinal Richelieu hat ihn mit einer List nach Paris gelockt, um ihn zu verhaften, doch der Herzog entkam und fand in einer geheimen Wohnung Unterschlupf. Nun bringt Constance ihn zu seiner Geliebten, der Königin Anna. Der Empfang ist herzlich, doch Anna fürchtet um Buckinghams Leben und drängt ihn zur Abreise. Als Zeichen ihrer Liebe schenkt sie ihm ein Kästchen mit zwölf Diamanten. Endlich reist der Herzog zurück nach London.
„Am ersten Montag des Monats April 1625 schien der Marktflecken Meung (...) in einem so vollständigen Aufruhr begriffen, als ob die Hugenotten gekommen wären, um ein zweites La Rochelle daraus zu machen.“ (S. 9)
Der Kardinal wird sofort von seinen Spionen informiert. Er überlegt kurz, dann schickt er Geld nach London und befiehlt, Mylady solle zwei der zwölf Diamanten stehlen. Kaum ist der Brief versiegelt, schleppt man Bonacieux herbei. Der Kardinal verhört ihn und erkennt bald, dass er einen nützlichen Informanten vor sich hat. Abends, beim König, erwähnt Richelieu das Rendezvous der Königin. Ludwig XIII. kocht vor Wut und lässt die Papiere seiner Gattin beschlagnahmen, doch kein Liebesbrief findet sich darunter. Da macht der Kardinal einen listigen Vorschlag: Der König solle ein Fest ausrichten und die Königin anweisen, die Diamanten zu tragen. Diese ist verzweifelt, aber Constance weiß Rat: Ihr Mann soll mit einem Bittbrief der Königin zum Herzog reisen, um die Diamanten zurückzuholen. Der feige Bonacieux winkt jedoch ab. Stattdessen informiert er gleich den Kardinal. D’Artagnan hat die Eheleute belauscht, nun bietet er sich freimütig als Bote an. Constance zögert, doch als sie in seine verliebten Augen blickt, gibt sie nach. Mit dem Brief und in Begleitung seiner drei Musketierfreunde und der Diener bricht er auf.
Das erste große Abenteuer
Der kleine Trupp erreicht ohne Zwischenfälle Chantilly. Dort wird Porthos von einem Trinker angepöbelt, worauf er den Degen zieht. Die anderen reiten schleunigst weiter. Bei Beauvais feuern Bauarbeiter Pistolen ab. Aramis wird verwundet und bleibt zurück. In Amiens werden die Reisenden von einem Wirt als Falschmünzer bezichtigt. Einige Männer fallen daraufhin über Athos her. D’Artagnan und sein Diener Planchet entkommen. In Calais heißt es, der Kardinal habe den Hafen sperren lassen. Zufällig begegnen sie einem Mann, der einen Passierschein hat. Sie überwältigen ihn, und d’Artagnan schifft sich unter falschem Namen nach Dover ein.
„Der Hauptmann der Musketiere war also bewundert, gefürchtet und geliebt, und dies bildet wohl den Gipfel irdischen Glücks.“ (über Tréville, S. 29)
In London stellt Buckingham inzwischen mit Entsetzen fest, dass zwei der Diamanten fehlen. Als Diebin hat er sofort Mylady in Verdacht. Einem Juwelier gelingt es, perfekte Imitate herzustellen, und d’Artagnan bringt sie samt der zehn Originale auf geheimen Wegen nach Paris. Auf dem Fest schmückt sich die Königin damit – zur Freude des Königs und zum Ärger des Kardinals. Die Intrige gegen die Königin ist vereitelt.
Das Schicksal der Freunde
Doch d’Artagnans Glück währt nur kurz: Constance wird abermals entführt. Auf Trévilles Rat hin macht er sich jedoch zunächst auf die Suche nach den Freunden. Porthos trifft er bettlägerig in Chantilly. Er behauptet, sein geprelltes Knie quäle ihn, doch in Wahrheit hat er einen Messerstich abbekommen. In Crèvecœur hängt Aramis alten Zeiten nach: Als Abbé gab er früher einer schönen Frau Bibelstunden, doch ihr eifersüchtiger Gatte verjagte ihn. Aramis lernte fechten und tötete den Gatten im Duell. Anschließend wurde er Musketier. Im Gasthof von Amiens hat sich Athos im Vorratskeller verschanzt. Sturzbetrunken erzählt er d’Artagnan sein tragisches Leben: Einst liebte er ein junges Mädchen und heiratete es. Nach der Hochzeit stellte er fest, dass sie auf der Schulter eine Lilie trug. Das Brandzeichen wies seine Frau als Diebin aus. Verbittert ließ er sie erhängen und wurde Musketier.
„(...) die vier Freunde wiederholten mit einer Stimme die von d’Artagnan vorgesprochene Formel: ,Alle für einen, einer für alle.‘“ (S. 118)
Wieder in Paris erwartet die vier Freunde eine Neuigkeit. Ein Feldzug steht bevor, La Rochelle soll belagert werden. Dort leisten die Hugenotten Frankreich Widerstand und werden von England unterstützt. Richelieu verfolgt dabei eine private Fehde: Durch einen Sieg will er seinen Rivalen Buckingham blamieren.
Myladys dunkles Geheimnis
Bei einem Ausritt beobachtet d’Artagnan einen Streit zwischen Mylady, die er als Begleitung des Edelmannes in Meung erkennt, und ihrem Schwager Lord Winter. D’Artagnan greift ein und fordert den Lord zum Duell. Er entwaffnet ihn, schenkt ihm aber das Leben, um sich bei der attraktiven Frau einzuschmeicheln. Doch Mylady hat nur unterdrückten Hass für ihn übrig: Als Erbin von Lord Winters Vermögen hätte sie dessen Tod begrüßt. Eines Abends fängt Myladys Kammerzofe Ketty d’Artagnan ab. Sie hat Gefallen an ihm gefunden und verrät listig, dass Mylady den Grafen de Wardes begehre. Zum Beweis zeigt sie ihm einen Liebesbrief. D’Artagnan, tief gekränkt, fälscht einen Antwortbrief und kündigt Mylady den Besuch des Grafen an, als der er sich ausgeben will. Sie empfängt d’Artagnan in einem dunklen Zimmer. Der Schwindel bleibt unbemerkt, ja die verliebte Frau schenkt ihm sogar einen Ring. Als Athos diesen später zu Gesicht bekommt, wird er ganz bleich: Der Saphir erinnert ihn an ein Erbstück, das er einst seiner Geliebten schenkte. D’Artagnan fälscht im Namen des Grafen einen zweiten Brief und brüskiert darin Mylady. Die erboste Frau schwört Rache. Der Graf soll sterben – und ausgerechnet d’Artagnan soll ihr Handlanger sein. Um diesen gefügig zu machen, schenkt sie ihm eine Liebesnacht. Im Bett offenbart d’Artagnan ihr den Schwindel. Als sie wütend aufspringt, fasst er nach ihrem Morgenmantel und reißt ihn ihr weg. Entsetzt erblickt er eine Lilie auf ihrer Schulter. Mylady versucht ihn zu töten, doch d’Artagnan flieht.
Eine geheime Mission
Die Kompanie des Grafen des Essart erreicht als Vorhut La Rochelle. Eines Morgens soll d’Artagnan mit einem Spähtrupp die Lage an der Front erkunden. Dort feuern plötzlich zwei Soldaten, die ihn begleiten, ihre Gewehre ab, doch d’Artagnan bleibt unverletzt, er kann sogar einen der beiden töten und den anderen überwältigen. Dieser informiert ihn über die Hintergründe des Attentats: Mylady hat den Auftrag erteilt. Er erfährt außerdem, dass sie mit der Entführung von Constance zu tun hat, die inzwischen in ein Kloster flüchten konnte.
„D’Artagnan strahlte vor Stolz und Freude. Das Geheimnis, welches er nun besaß, die Frau, die er liebte, das Vertrauen und die Liebe machten ihn zu einem Riesen.“ (S. 216)
Endlich erreichen auch der König und die drei Musketiere das Lager. Bei einem Ausritt begegnen Athos, Porthos und Aramis dem Kardinal. Als sein Geleitschutz begleiten sie ihn zu einem Gasthof. Dort führt Richelieu ein geheimes Gespräch, das die drei durch ein Ofenrohr belauschen: Mylady soll Buckingham zur Aufgabe von La Rochelle zwingen. Als Druckmittel dienen Informationen, die die Königin kompromittieren. Lässt sich Buckingham nicht auf diese Weise erpressen, soll er ermordet werden. In einem Freibrief sichert Richelieu Mylady Straffreiheit zu. Ihren Namen lässt er vorsichtshalber unerwähnt. Noch ehe das Gespräch endet, reitet Athos los, unter dem Vorwand, die Gegend auszukundschaften. In einem Versteck wartet er, bis der Kardinal an ihm vorübergegangen ist, dann kehrt er zum Wirtshaus zurück. Er dringt in Myladys Zimmer, bedroht sie mit der Pistole und presst ihr den Freibrief ab. Später beraten sich die vier Freunde: Planchet soll Lord Winter über die Machenschaften seiner Schwägerin unterrichten, und Aramis’ Diener Bazin soll die Königin warnen.
Myladys Gefangenschaft und Befreiung
In Portsmouth fängt der Offizier Felton Mylady ab und bringt sie auf Lord Winters Schloss. Im Verhör werden dem Lord alle Anschuldigungen bestätigt. Zur Strafe soll Mylady in eine Kolonie verbannt werden. Den Befehl braucht Herzog Buckingham nur noch zu unterzeichnen. Doch Mylady gibt nicht auf. Mit innigen Gebeten nimmt sie den Puritaner Felton für sich ein. Eines Nachts lügt sie ihm ihre Lebensgeschichte vor: Buckingham habe sie brutal geschändet und ihr eine Lilie auf die Schulter gebrannt, um jeden Verdacht von sich abzulenken. Als Mylady ihre Schulter entblößt, kniet Felton vor ihr nieder. Am nächsten Tag befreit er sie. In einem angemieteten Schiff setzt sie nach Frankreich über. Felton eilt inzwischen zu Buckingham, klagt ihn wüster Verbrechen an und sticht ihn nieder. Der Herzog stirbt; der Mörder wird verhaftet.
Die Stunde des letzten Gerichts
Die Musketiere – nach den Kämpfen bei La Rochelle gehört auch d’Artagnan zu ihnen – kehren mit dem König nach Paris zurück. Dort nehmen sie Urlaub, um Constance Bonacieux aus ihrem Versteck zu holen. Doch Mylady kommt ihnen zuvor. Sie schleicht sich ins Kloster ein und gewinnt Constances Vertrauen. Als die vier Freunde eintreffen, behauptet Mylady, die nahenden Reiter seien im Auftrag des Kardinals unterwegs. Schockiert bricht Constance zusammen. Mylady flößt ihr Gift ein und entkommt durch eine Hintertür. Constance stirbt in d’Artagnans Armen. Geschickt spürt Athos das Versteck Myladys auf, ebenso jenen Henker, der sie einst entkommen ließ. An einem gewittrigen Tag schlägt für Mylady die Stunde des Gerichts. Da niemand ihre Schuld bezweifelt, steht das Urteil bald fest und der Henker schreitet zur Tat: Er enthauptet Mylady und wirft ihre Leiche in den nahen Fluss.
„D’Artagnan staunte, an welch schwachen und unbekannten Fäden oft die Geschicke der Völker und das Leben der Menschen hängen.“ (S. 248)
Schließlich begegnet d’Artagnan erneut dem Edelmann aus Meung. Es ist der Graf Rochefort, der gekommen ist, um ihn im Namen des Kardinals zu verhaften. Richelieu mustert d’Artagnan, dann verkündet er, ihm drohe die Todesstrafe. Da händigt ihm der junge Mann den Freibrief aus, den der Kardinal Mylady gegeben hat. Lange blickt der Kardinal auf das Papier, dann zerreißt er es, d’Artagnan glaubt sich verloren. Doch der Kardinal überreicht ihm ein anderes Papier, mit dem er ihn zum Leutnant der Musketiere ernennt.
Zum Text
Aufbau und Stil
Der Roman Die drei Musketiere ist in 67 Kapitel unterteilt. Eine Vorrede des Autors und ein Epilog bilden den Rahmen. Erstere schildert die Entstehungsgeschichte des Romans, Letztere skizziert das Nachleben der Figuren. Gleich drei Kräfte treiben die Handlung geradlinig und rasant voran: eine biografische (d’Artagnans Karrierestreben), eine kriminalistische (die Jagd auf Mylady) und eine geschichtliche (die französische Kriegspolitik). Das Vorspiel von Meung reißt den Leser aus der Ruhe in die permanente Aktion hinein; die Hinrichtung von Mylady führt aus der Aktion in die Ruhe zurück. Stilistisch greift Dumas auf die Mittel des Dramas zurück. Der Roman lebt von langen Dialogpassagen, in denen sich die Konflikte wie auf offener Bühne zuspitzen. Von Episode zu Episode führt ein allwissender, stark präsenter und moralisch wertender Erzähler. Dumas wendet sowohl realistische als auch romantische Erzählverfahren an. Alle wichtigen Ereignisse datiert er historisch exakt. Stürzen sich die Helden ins Abenteuer, weicht er gerne ins Schaurige und Geheimnisvolle aus.
Interpretationsansätze
- Im Roman wird der Kampf von Gut gegen Böse ausgetragen: hier die Musketiere, dort Mylady Winter. Die Handlung gipfelt in der Szene der Selbstjustiz. Die Musketiere nehmen an Mylady aber keine persönliche Rache, sondern liefern sie einem gerechten Urteil aus. Die Todesstrafe soll die allgemeine sittliche Ordnung wiederherstellen.
- D’Artagnan trägt gottähnliche Züge. In seinen Affekten (Liebe und Eifersucht) und seinem Ethos (dem ritterlichen Ehrbegriff) wirkt er zwar menschlich, in seiner Unverwundbarkeit und ökonomischen Sorglosigkeit aber fast göttlich. Damit ist er eine Identifikationsfigur, die zur Flucht aus dem Alltag anregt und Allmachtsfantasien bedient.
- Die Musketiere bilden ein perfektes Team. Der Wahlspruch „Einer für alle, alle für einen“ schmiedet sie zu einer politisch erfolgreichen Kampfgruppe. Die Stärke des einen gleicht die Schwäche des anderen aus. Entsprechend verkörpert jeder Musketier ein Talent in Bestform: Aramis das Denken, Porthos die Kraft, Athos den Spürsinn, d’Artagnan den Wagemut. An dieser perfekten Gruppe scheitern selbst die starken Einzelkräfte: die Macht des Staates (Richelieu) und des Bösen (Mylady).
- Der Roman entwirft ein individualistisches Bild der Geschichte. Als treibende Kraft gilt der einzelne Mensch. Dumas neigt als Historiker entsprechend zum Personenkult. Politische Strukturen und soziale Faktoren werden weitgehend ausgeblendet. Die Belagerung von La Rochelle etwa wird als Folge der Rivalität zwischen Richelieu und Buckingham geschildert.
- Die drei Musketiere ist ein Feuilletonroman: Er orientiert sich an den Belangen einer Tageszeitung. Diese fordert eine schnelle, tageweise Lektüre und schließt umfassendes Vor- oder Zurückblättern aus. Das Buch entspinnt dementsprechend vordergründig eine einfache, geradlinige Handlung. Komplexe Reflexionen, große Zeitsprünge oder lange Rückblenden werden vermieden. Zugleich ist es für den Leser schwierig, die politischen Intrigen, die sich im Hintergrund abspielen und die oft mehr angedeutet als klar dargestellt werden, sowie ihre Verknüpfung mit der Haupthandlung zu durchschauen. //
Historischer Hintergrund
Frankreich im Zeitalter der Restauration
1815 ging in Europa eine Ära zu Ende. Fast anderthalb Jahrzehnte hatte Napoleon dem Kontinent seinen Stempel aufgedrückt. Der katastrophale Ausgang des Russlandfeldzugs leitete jedoch sein Ende ein. Zwar gelang es ihm noch einmal, aus der Verbannung auf der Insel Elba an die Macht zurückzukehren – unter dem Jubel der Bevölkerung marschierte er nach Paris und brachte das Militär auf seine Seite –, die „Herrschaft der 100 Tage“ endete jedoch mit der Niederlage bei Waterloo. Napoleon dankte ab und wurde auf die Insel St. Helena verbannt, wo er 1821 starb.
Sein Nachfolger Ludwig XVIII. trieb entschlossen die Restauration voran. Der neuen Verfassung gab er kein demokratisches, sondern ein dynastisches Fundament. Das Zensuswahlrecht sicherte dem Adel jederzeit die Senatsmehrheit zu. In der Folge weitete sich der weiße Terror aus: Fanatische Royalisten lynchten Hunderte Protestanten und Liberale. 1824 kam Ludwigs Bruder Karl X. an die Macht und verschärfte die reaktionäre Politik. Als er 1830 das Parlament auflöste, rief die liberale Opposition zum Widerstand gegen die Staatsgewalt auf. Im Zuge der Julirevolution musste Karl auf sein Amt verzichten.
Der neue König Louis-Philippe widmete sich nun ganz dem Bürgertum und räumte ihm größte ökonomische Freiheiten ein. Weil die Wirtschaft infolge des Eisenbahnbaus boomte, konnten einige Bürger immense Reichtümer anhäufen. In ihrem Schatten bildete sich eine neue Klasse heraus: das Proletariat. Da die Politik dessen Armut vollkommen ignorierte, entwickelte es sich zum Brandherd für künftige soziale Großkonflikte.
Entstehung
Am 29. Dezember 1843 kündigte die Tageszeitung Le Siècle einen Fortsetzungsroman unter dem Titel Athos, Porthos et Aramis an. Zu der Zeit lag der Redaktion jedoch noch kein fertiger Roman vor, sondern nur wenige Kapitel. Dumas musste also tagtäglich neue Teile produzieren. Um die immense Arbeit zu meistern, engagierte er einen fähigen Gehilfen: den Historiker Auguste Maquet. Dank dessen Hilfe konnte der Vielschreiber Dumas im Jahr 1844 neben Die drei Musketiere sogar 15 weitere Titel publizieren. Dumas gab dem literarischen Schreiben ein industrielles Gepräge. Den schöpferischen Prozess gestaltete kein einsam-genialisches Subjekt, sondern ein umtriebiger Unternehmer mit seinen Mitarbeitern. Durch ökonomische Arbeitsteilung zielte man auf Massenproduktion und damit auf Gewinnmaximierung.
Auf die Idee für den Roman brachten Dumas die Mémoires d’Artagnan von Gatien de Courtilz de Sandras aus dem Jahr 1700. Dumas begriff Die drei Musketiere als Teilstück eines Großprojekts zur Nationalgeschichte Frankreichs. Zudem knüpfte er damit an die italienische Komödie „di spada e cappa“ an. Von ihr stammt das Genre des Mantel-und-Degen-Romans, worauf auch der Titel des 15. Kapitels weist: „Männer der Robe und Männer des Degens“. Die Verschmelzung von Abenteuer und Realgeschichte geht auf Walter Scott zurück. Der Schotte hatte 1820 mit seiner Ritterromanze Ivanhoe Maßstäbe gesetzt.
Wirkungsgeschichte
Die drei Musketiere erschien vom 14. März bis zum 14. Juli 1844 in der Zeitschrift Le Siècle in 82 Folgen. Noch im selben Jahr brachte ein Pariser Verlag den Roman als Buch heraus; zwei Brüsseler Verlage fertigten Raubdrucke an. Schon 1845 wurde der Roman ins Deutsche übersetzt. Die drei Musketiere wurde ein grandioser Publikumserfolg und machte den Dramatiker Dumas nun auch als Romancier berühmt. Zahlreiche Kollegen versuchten von dem Erfolg zu profitieren und schrieben eigene Musketierromane. Dumas selbst verfasste zwei Fortsetzungen: 1845 erschien Zwanzig Jahre später und 1850 Der Mann mit der eisernen Maske.
Gustav Flaubert wies Dumas in seinem Roman Bouvard und Pécuchet einige historische Fehler nach und ließ seine Titelhelden verkünden, Dumas’ Figuren seien „behende wie Affen, stark wie Ochsen und munter wie Buchfinken“. 1845 schrieb Eugène de Mirecourt eine rassistische Polemik gegen Dumas: Seine industrielle Arbeitsmethode würdige die beteiligten Autoren „zum Stand von Negern herab, die unter der Fuchtel eines Mulatten arbeiten“. Dumas klagte erfolgreich gegen Mirecourt, doch sein Ruf als minderwertiger Autor ließ sich nicht mehr so leicht aus der Welt schaffen.
In neuerer Zeit haben Film und Fernsehen massiv auf den Stoff der Drei Musketiere zurückgegriffen. Über 30 Mal kam er in die Kinos oder ins TV. Hollywood steuerte Produktionen mit Starbesetzung bei, etwa 1993 eine mit Charlie Sheen als Aramis, Kiefer Sutherland als Athos und Tim Curry als Richelieu.
Über den Autor
Alexandre Dumas der Ältere, geboren am 24. Juli 1802 in Villers-Cotterêts nordöstlich von Paris, wächst in ärmlichen Verhältnissen auf. Sein Vater lebt als Sohn einer schwarzen Sklavin und eines normannischen Marquis als Sklave auf Haiti. 1791 kommt er frei, als im Zuge der Französischen Revolution die Sklaverei abgeschafft wird. Er geht nach Frankreich, bringt es bis zum General der Revolutionsarmee, überwirft sich mit Napoleon und wird ohne Sold entlassen. Trotz der Erfahrungen seines Vaters bleibt Alexandre Dumas ein Leben lang Anhänger Napoleons und eingefleischter Demokrat. 1822 geht er nach Paris, um als Schreiber in einem Büro zu arbeiten, und entdeckt sein schriftstellerisches Talent. Er lebt ausschweifend und über seine Verhältnisse. Ein unehelicher Sohn, Alexandre Dumas der Jüngere, der ebenfalls Schriftsteller werden wird, erblickt 1824 das Licht der Welt. Seinen ersten Erfolg hat Dumas der Ältere als Dramatiker mit dem Stück Henri III et sa cour (Heinrich III. und sein Hof, 1829). Er macht die Bekanntschaft Victor Hugos und ist Anhänger der französischen Romantik. Die Literaten dieser Epoche rebellieren mit der gefühlvollen Darstellung von abenteuerlichen Themen gegen das konservative Klima der Restauration. Seine demokratischen Ideale setzt Dumas ab Ende der 1830er Jahre auch in Romanen um und feiert damit seine größten Erfolge. Viele seiner unzähligen Bücher werden als Fortsetzungsgeschichten in französischen Zeitungen gedruckt. Dumas wird zu einem der bekanntesten Männer des Landes. Trotz eines Millioneneinkommens und weltberühmter Titel wie Le Comte de Monte-Christo (Der Graf von Monte Christo, 1844–1846), Les trois mousquétaires (Die Drei Musketiere, 1844) und Vicomte de Bragelonne (Der Mann mit der eisernen Maske, 1848–1850) gelingt es ihm nie, die Kosten seines extravaganten Lebensstils vollständig zu bestreiten. Am 5. Dezember 1870 stirbt er mittellos an einem Herzinfarkt im Haus seines Sohnes in Puys.
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