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Die entscheidende Abhandlung
Buch

Die entscheidende Abhandlung

oder die Bestimmung des Zusammenhangs zwischen religiösem Gesetz und Philosophie

Córdoba (?), um 1180
Diese Ausgabe: Reclam, 2010 Mehr

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Literatur­klassiker

  • Philosophie
  • Mittelalter

Worum es geht

Kleiner Punkt, große Wirkung

Im Koran heißt es mit Bezug auf einen unklaren Vers: „Aber niemand weiß um dessen Interpretation außer Gott. Und diejenigen, die ein gründliches Wissen haben, sagen ...“ (Sure 3,7). Dieser Satz wird von manchen aber auch anders gelesen: „Aber niemand weiß um dessen Interpretation außer Gott und denjenigen, die ein gründliches Wissen haben. Sie sagen ...“. Wenn man unter denen, die ein gründliches Wissen haben, nun die Philosophen versteht, sind diese quasi von höchster Stelle dazu autorisiert, den Koran auszulegen – im Ernstfall auch abweichend vom wörtlichen Sinn der Schrift. Averroes vertrat diese Ansicht. Das bot und bietet bis heute reichlich Zündstoff unter Muslimen, insbesondere bei orthodoxen Gläubigen, die den Koran wortwörtlich oder in den engen Grenzen der überlieferten Interpretation verstanden wissen wollen. Averroes dagegen glaubte: Die religiösen Schriften des Islam halten jeden gläubigen Muslim, der über entsprechende geistige Fähigkeiten verfügt, zum Studium der Philosophie an. Nur wer philosophisch gebildet ist, kann den Koran korrekt interpretieren. Und über niemanden sollte vorschnell das Urteil des Unglaubens verhängt werden. Eine erstaunlich moderne Sichtweise, die Die entscheidende Abhandlung auch im 21. Jahrhundert zu einem lesenswerten Büchlein macht.

Zusammenfassung

Ist Philosophie erlaubt?

In welchem Verhältnis steht die Philosophie zum islamischen Glauben und seinen Gesetzen? Ist das Studium der Philosophie dem Gläubigen erlaubt, vielleicht sogar angeraten? Oder ist es im Gegenteil verboten?

Philosophie kann als das betrachtende Studium aller seienden Dinge verstanden werden. Alle seienden Dinge verweisen, da sie erschaffen wurden, auf ihren Schöpfer und Urheber. Die religiöse Satzung fordert dazu auf, über die Dinge nachzudenken und etwas über ihre Erschaffung herauszufinden. Damit vermehrt man nämlich zugleich sein Wissen über den Schöpfer. Die Satzung verpflichtet dazu, über die seienden Dinge nachzudenken. Das tut man, indem man vom Bekannten auf das Unbekannte schließt, also logische Schlüsse mithilfe des Verstands zieht. Auf vollendete Art und Weise gelingt dies mithilfe des apodiktischen Beweises. Es ist darum unerlässlich, zunächst einmal alles über diese Beweisform zu lernen und zu erfahren, wie sie sich von anderen unterscheidet, etwa vom dialektischen oder rhetorischen Beweis. Man muss also das Werkzeug erwerben, das man für das Studium der seienden Dinge benötigt.

Das Studium der Philosophie

Nachdem...

Über den Autor

Averroes (arabischer Name: Ibn Rushd) wird 1126 als Sohn einer Richterfamilie in Córdoba geboren und studiert Recht, Medizin und Philosophie. Er lebt eine Zeit lang in Marrakesch, wo er ab 1153 in offizieller Funktion unter anderem als Astronom arbeitet. Sein erstes überliefertes Werk Das Notwendige zu den Prinzipien des Rechts wird auf das Jahr 1157 datiert. Der Großteil seiner Schriften setzt sich mit dem Werk Aristoteles’ auseinander, das er kommentiert und gegen den Einfluss neuplatonischer Denker zu verteidigen sucht. Den Auftrag dazu erhält er angeblich von dem Fürsten und späteren Kalifen Abu Yaqub Yusuf, der ihn auffordert, dem Islam „rein und vollständig die Wissenschaft“ zu geben. Averroes verfasst nicht nur zahlreiche Kommentare zu Aristoteles, sondern auch eine medizinische Enzyklopädie, einen Kommentar zum Staat von Platon und verschiedene Aufsätze zu religiösen Fragen. Von seinem Werk sind etwa zwei Drittel überliefert. Eine seiner bekannteren Schriften ist Die Inkohärenz der Inkohärenz, mit der er sich gegen das Werk des Gelehrten Gazali mit dem Titel Die Inkohärenz der Philosophen wendet. Vom Kalifen gefördert, wird Averroes Richter in Sevilla und Córdoba, wo er 1180 zum Obersten Richter ernannt wird. Ab 1182 praktiziert er als Hofarzt der berberischen Dynastie der Almohaden. Gegen Ende seines Lebens fällt er beim Kalifen Abu Yusuf Yaqub al-Mansur, der die orthodoxen Kräfte im Land auf seine Seite bringen will, in Ungnade und muss ins Exil nach Lucena gehen. Kurze Zeit später kann Averroes seinen Ruf jedoch wiederherstellen und wird rehabilitiert. Er stirbt im Dezember 1198 in Marrakesch.


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