Navigation überspringen
Die Gesandten
Buch

Die Gesandten

New York, London, 1903
Diese Ausgabe: Hanser, 2015 Mehr

Buch oder Hörbuch kaufen

Offline lesen



Literatur­klassiker

  • Psychologischer Roman
  • Moderne

Worum es geht

Ein Blick auf die Landschaften der Seele

Die Gesandten ist nicht der erste Roman, dessen Lektüre mit einer anstrengenden Bergtour verglichen wurde: Es gilt, über 600 Seiten geduldig einen Fuß vor den anderen zu setzen, angesichts falsch gesetzter Wegzeichen und nebliger Sicht der Orientierung nicht allzu sehr zu vertrauen, viele Umwege in Kauf zu nehmen, um am Ende mit einmaligen Aus- und Einsichten belohnt zu werden. Diese erschließen sich weniger aus der dürren Handlung – ein Amerikaner überwindet seine Midlife-Crisis, indem er sich den sinnlichen und kulturellen Verheißungen der Alten Welt hingibt. Faszinierend ist vielmehr der zurückgelegte Weg intensiver Introspektion. Henry James, den T. S. Eliot für den intelligentesten Menschen seiner Generation hielt, malt ergreifende Bilder von den Landschaften der Seele, im Bewusstsein, „welche erschütternd geringe Zahl von Lesern wahre Schönheit überhaupt jemals erkennen oder vermissen wird.“ Es ist wie mit der Bergtour: Man muss einmal den Gipfel erklommen haben, um zu wissen, was man all die Jahre zuvor im Flachland verpasst hat.

Zusammenfassung

Auf schwieriger Mission

Der 55-jährige Amerikaner Lambert Strether wird von seiner Verlobten Mrs. Newsome, einer reichen Fabrikantenwitwe, nach Europa geschickt. Er soll ihren Sohn Chad nach Amerika zurückholen, damit der als Reklamefachmann ins Familiengeschäft einsteigt. Die Familie nimmt an, dass ein verruchtes Frauenzimmer ihn in Paris festhält. In der Lobby eines Hotels im englischen Chester lernt Strether Maria Gostrey kennen, eine amerikanische Reiseführerin mit Wohnsitz in Paris. Sie ist nicht mehr ganz jung, aber elegant, selbstständig, weltgewandt und erfrischend unkonventionell. Am Abend trifft auch sein alter Freund Waymarsh ein, der sich bereits seit einer Weile in Europa aufhält und lieber heute als morgen zurück in die Staaten möchte. Doch Strether überredet ihn, zu bleiben und mit ihm nach Paris zu reisen.

Sie machen Zwischenstation in London. Hier geht Strether mit Miss Gostrey in die Oper und diniert zuvor mit ihr bei Kerzenschein. Ihr dekolletiertes Kleid und das Samtband um ihren Hals beflügeln seine Fantasie, ein Gefühl, das er so noch nie verspürt hat. Strether...

Über den Autor

Henry James gilt in der angelsächsischen Welt als großer Klassiker der Literatur um 1900, als Meister des subtilen psychologischen Romans und Wegbereiter der literarischen Moderne. Am 15. April 1843 in eine großbürgerliche, wohlhabende und intellektuelle New Yorker Familie hineingeboren, erhält er eine umfassende Bildung und lernt schon früh die Klassiker der Weltliteratur kennen. Sein Vater ist einer der angesehensten amerikanischen Intellektuellen, befreundet mit Denkern wie Thoreau, Emerson und Hawthorne. Henry James’ Bruder William wird Psychologieprofessor in Harvard und Begründer des Pragmatismus in der Philosophie. Henry James selbst studiert, nachdem er in seiner Jugend Europa bereist hat, für kurze Zeit Jura in Harvard und betätigt sich bald als Journalist, zunächst als Kritiker, dann auch als Zeitungskorrespondent in Paris. 1869 siedelt er nach England über, wo er sich 1876 endgültig niederlässt. Viele seiner berühmten Romane und Erzählungen wie Daisy Miller (1878), Die Europäer (The Europeans, 1878) oder Die Gesandten (The Ambassadors, 1903) spielen vor dem Hintergrund der Begegnungen vornehmer Amerikaner mit Europäern. Der Gegensatz zwischen Alter und Neuer Welt, zwischen europäischer Kultur und amerikanischer Naivität spielt in seinem Werk eine wichtige Rolle. Da James vermögend und somit finanziell unabhängig ist, kann er sich ganz dem Schreiben und seinen intellektuellen Interessen widmen. Auch in England steht er in engem Kontakt zu den führenden Geistern seiner Epoche. 1904/05 reist James nach 25 Jahren erstmals wieder in die Vereinigten Staaten, unter anderem um die Ausgabe seiner gesammelten Werke vorzubereiten und zu begleiten, darunter sein meistgelesenes Buch, die Gespenstergeschichte Das Durchdrehen der Schraube (The Turn of the Screw, 1898). 1915 erwirbt James die englische Staatsbürgerschaft. Er stirbt am 28. Februar 1916 im Londoner Stadtteil Chelsea.


Kommentar abgeben