- Roman
- Deutsche Exilliteratur
Worum es geht
Der Letzte macht das Licht aus
Die Trottas stehen bereits in Joseph Roths Meisterwerk Radetzkymarsch im Mittelpunkt: Die Marschmusik verklingt 1916, als Kaiser Franz Joseph I. stirbt. Was bleibt? Die Kapuzinergruft, die Grabstätte der Habsburger Herrscher und titelgebend für Roths letzten zu Lebzeiten publizierten Roman. Dessen Handlung beginnt in Wien im Jahr 1913: Der junge Franz Ferdinand Trotta verbringt die Nächte im Kaffeehaus, verschläft die Tage und verjubelt sein Erbe. Als der Krieg ausbricht, heiratet er schnell und zieht eilig ins Feld. Krieg, wie er feststellt, ist nur Chaos und Gefangenschaft, gar nichts Heroisches. Nach Jahren in Sibirien kehrt Trotta nach Wien zurück und versteht die Welt nicht mehr. So gehen 20 Jahre ins Land. Als Nazi-Deutschland 1938 Österreich annektiert, ist Trotta mit seinem Latein ganz am Ende. Er ist, ebenso wie der Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn, zum Auslaufmodell geworden. Der Roman ist ein Abgesang auf die Monarchie, auf Österreich als eigenständigen Staat, zudem ein Produkt der versiegenden Schaffenskraft des kranken Roth. Unverkennbar weist der Text Schwächen auf, doch er ist von einer wunderbaren Melancholie durchzogen. Meisterlich entwirft Roth Szenen und Gestalten und schlichtweg unvergesslich ist die Schlussszene. Man hört buchstäblich das Wachs von den Totenkerzen tropfen.
Zusammenfassung
Über den Autor
Joseph Roth wird am 2. September 1894 im galizischen Brody bei Lemberg geboren und ist jüdischer Abstammung. Nach dem Studium der Philosophie und Germanistik nimmt er ab 1916 am Ersten Weltkrieg teil, als Feldjäger und Mitarbeiter des Pressedienstes. Ein Jahr zuvor veröffentlicht Roth seine erste Novelle mit dem Titel Der Vorzugsschüler. Während des Krieges schreibt er fürs Feuilleton und verfasst Gedichte. Nach Kriegsende kehrt er nach Wien zurück, aber schon 1920 zieht es ihn nach Deutschland. In Berlin heiratet er Friederike Reichler. Ab 1923 abermals in Wien, veröffentlicht Roth die Romane Das Spinnennetz (1923), Hotel Savoy (1924) und Die Rebellion (1924) in verschiedenen linksgerichteten Zeitungen. 1925 reist er als Korrespondent der Frankfurter Zeitung nach Paris, ein Jahr später geht es in die Sowjetunion, wonach Roth sich vom Sozialismus abwendet. In den folgenden Jahren beschäftigt sich sein schriftstellerisches Werk unter anderem mit dem Judentum im Osten (Flucht ohne Ende, Juden auf Wanderschaft, beide 1927, und Hiob, 1930) und dem Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie. Dies wird vor allem in Radetzkymarsch (1932) – oft als Roths Hauptwerk bezeichnet – deutlich: Darin begleitet er drei Generationen einer Familie und erzählt parallel dazu den Untergang des Kaiserreichs. Ab 1928 korrespondiert Roth mit Stefan Zweig, woraus sich eine tiefe Freundschaft entwickelt. 1930 wird seine Frau in eine Nervenheilanstalt eingeliefert; zwölf Jahre später wird sie im Rahmen des Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten ermordet. 1933 flieht Roth vor den Nazis nach Paris. Seine Arbeit bei diversen Exilzeitschriften wird von seiner zunehmenden Alkoholsucht überschattet: Private Probleme und der Kummer über die politische Entwicklung lassen ihn immer öfter zur Flasche greifen; eine Krankheit, die ihn schließlich auch das Leben kostet. Bis zu seinem Tod am 27. Mai 1939 in einem Pariser Armenhospital erscheint unter anderem der Roman Die Kapuzinergruft (1938), postum erscheinen die Werke Die Legende vom heiligen Trinker (1939) und Leviathan (1940).
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