Die Kirschen der Freiheit
Ein Bericht
- Essay
- Moderne
Worum es geht
Die Fahnenflucht als Akt der Freiheit
Anderschs autobiografisch gefärbter Bericht beginnt mit der Schilderung einer Kindheit in kleinbürgerlichen Verhältnissen und endet mit einer Fahnenflucht im Zweiten Weltkrieg. Dazwischen durchläuft der junge Andersch verschiedene Entwicklungsstadien politischer Reife: Als Mitglied des Kommunistischen Jugendverbands wird er verhaftet und nach Dachau deportiert. Nach der Freilassung und einer zweiten Verhaftung wendet er sich traumatisiert von der Politik ab und begibt sich in die so genannte innere Immigration. 1940 wird er zum Militär eingezogen, und vier Jahre später beschließt er zu desertieren – das zentrale Ereignis, auf das die Handlung zustrebt. Das Thema der individuellen Freiheit wird im Buch in vielerlei Zusammenhängen erörtert und findet in den Gedanken über die Fahnenflucht seinen Höhepunkt. Laut Andersch ist es nur wenigen Menschen vergönnt, den Augenblick der Freiheit zu spüren und entsprechend zu handeln. Er selbst sah sich in dieser glücklichen Lage, als er beschloss, seine Schwadron zu verlassen. Seine Rechtfertigung und seine Selbststilisierung als ausgewähltes Subjekt wollten allerdings so manchem Literaturkritiker und Leser – wie sehr saure Kirschen – nicht recht schmecken. Dennoch: ein wichtiges Buch über die Freiheit des Einzelnen auch in diktatorischen Verhältnissen.
Zusammenfassung
Über den Autor
Alfred Andersch wird am 4. Februar 1914 in ein rechtskonservatives, kleinbürgerliches Elternhaus in München hineingeboren. 1928 verlässt er das Gymnasium, macht eine Buchhändlerlehre und tritt 1930 in den Kommunistischen Jugendverband ein. 1933 sitzt er dafür ein paar Monate im Konzentrationslager Dachau ein. Als er ein zweites Mal verhaftet wird, wendet er sich von der Politik ab. 1935 heiratet er die Halbjüdin Angelika Albert. 1938 zieht die Familie nach Hamburg, wo Andersch als Werbeleiter in einer Fotopapierfabrik arbeitet, zusammen mit seinem Schwager, der 1938 auf Druck von Göring entlassen wird und daraufhin einen Herzinfarkt erleidet. In dieser Phase der „totalen Introversion“ verfasst Andersch erste literarische Skizzen. 1940 wird er zum Militär einberufen. Andersch drängt seine Frau zur Scheidung, da die Ehe seit einiger Zeit zerrüttet ist und er sich dadurch erhofft, endlich als Schriftsteller etwas veröffentlichen zu können. Damit überlässt er seine Frau und die gemeinsame Tochter ihrem Schicksal, der Deportation. Im Mai 1944 wird Andersch nach Italien an die Front geschickt, am 6. Juni 1944 desertiert er. Auf diesen Erlebnissen basiert die Erzählung Die Kirschen der Freiheit, die 1952 ein gewaltiges Erdbeben im deutschen Nachkriegsfeuilleton verursacht. Während der Kriegsgefangenschaft in den USA arbeitet er an der Lagerzeitung Der Ruf mit, die er später zusammen mit Hans Werner Richter wieder neu gründet. Mit ihm ruft er 1947 auch die Schriftstellervereinigung Gruppe 47 ins Leben. Andersch ist jahrelang Leiter des Abendstudios Frankfurt und setzt sich in seinen Radioessays für junge unbekannte Autoren ein, darunter Ingeborg Bachmann, Heinrich Böll und Arno Schmidt. 1957 erscheint der Roman Sansibar oder der letzte Grund. Desillusioniert durch die westdeutsche Nachkriegspolitik unter Konrad Adenauer siedelt Andersch 1958 in die Schweiz über. 1960 erscheint der Roman Die Rote. Am 21. Februar 1980 stirbt Alfred Andersch im schweizerischen Berzona.
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