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Die Konsumgesellschaft
Buch

Die Konsumgesellschaft

Ihre Mythen, ihre Strukturen

Paris, 1970
Diese Ausgabe: Springer, 2015 Mehr

Literatur­klassiker

  • Soziologie
  • Moderne

Worum es geht

Der Konsum als Zeichensystem

In seinem zweiten Buch, erschienen 1970, richtet Jean Baudrillard, damals noch überzeugter Marxist, den Blick auf die moderne Konsumgesellschaft. Als erster Soziologe sah er im Konsum nicht ein Mittel zur Befriedigung von Bedürfnissen. Vielmehr erkannte er darin ein in sich geschlossenes Zeichensystem, eine Art Sprache, mit der Menschen Aussagen über ihre jeweilige Position in der gesellschaftlichen Hierarchie treffen. Ob wir wertvolle Bücher sammeln, Plastikzwerge im Garten aufstellen oder im Bioladen einkaufen – stets teilen wir damit anderen etwas über unseren eigenen sozialen Standort mit. Von klein auf werden wir auf diese symbolische Ordnung konditioniert, wir übernehmen sie und richten uns unbewusst nach ihr aus. Es gibt kein Entkommen aus diesem System, so Baudrillards These: Auch Konsumabstinenz ist nur eine besondere Form von Konsum. Mit bissigem Witz und geradezu prophetischem Gespür beschreibt Baudrillard unsere Welt der Waren und Werbespots, der Shoppingmalls und Fitnesscenter, der Medien- und Freizeitindustrie, die damals ja erst in den Kinderschuhen steckte.

Zusammenfassung

Shoppingmalls, Massenmedien und moderne Helden

Konsum, der durch die immer größere Verfügbarkeit materieller Güter und Dienstleistungen hervorgerufen wird, ist heute selbstverständlich. Wir sind weniger von anderen Menschen umgeben als von handelbaren Objekten. Am deutlichsten wird diese Lebensweise am Beispiel der Shoppingmalls sichtbar, in denen Nützlichkeit und Warencharakter der Objekte vertuscht werden. In diesen voll klimatisierten und homogenisierten Konsumstätten bekommt man alles – Kleidung und Kosmetik, Feinkost und Luxusartikel, Schnürsenkel und Flugtickets. Es gibt Cafés und Restaurants, Schundliteratur und anspruchsvolle Bücher, Kinos und Kunstausstellungen: Das gesamte Alltagsleben ist hier im Zeichen des Konsums organisiert. Und nicht nur die Jahreszeiten, auch Arbeit und Geld sind aus diesen künstlichen Welten verschwunden. Waren, die in ihrem Überfluss Glückseligkeit verheißen, erscheinen nicht mehr als Produkt menschlicher Arbeit, sondern – ähnlich wie im magischen Denken primitiver Völker – als Wunder oder Wohltat des Himmels. Und gezahlt wird mit Kreditkarte.

Auf dieselbe wundersame Weise wie Waren werden heute auch politische, historische und kulturelle...

Über den Autor

Jean Baudrillard wird am 27. Juli 1929 in Reims geboren. Sein Großvater ist Bauer, sein Vater einfacher Beamter. Nach dem Abitur in seiner Heimatstadt nimmt Baudrillard 1947 das Studium der Germanistik an der Pariser Sorbonne auf. Von 1958 bis 1966 unterrichtet er Deutsch an einer Mittelschule. Nebenbei übersetzt er Marx und Brecht ins Französische, studiert Philosophie und Soziologie. 1968 schreibt er bei Henri Lefebvre seine Dissertation Das System der Dinge (Le Système des objets) und arbeitet zunächst als dessen Assistent. Nach seiner Habilitation 1972 ist er selbst als Professor für Soziologie an der Universität Paris-Nanterre tätig, einem Zentrum der Studentenbewegung von 1968. Als scharfer Gegner des Algerien- und des Indochinakriegs nähert Baudrillard sich in den 60er-Jahren der französischen Linken an. In den 80er- und 90er-Jahren zählt Baudrillard – inzwischen wissenschaftlicher Direktor an der Universität Paris-Dauphine – zu den bekanntesten Denkern der Postmoderne. In dieser Zeit wendet er sich als erklärter Feind des französischen Egalitarismus von der Linken ab und liebäugelt zeitweilig mit der Rechten. In Interviews zieht er polemisch über Amerikas Ideologie der Freiheit und die westliche Konsumgesellschaft her. Aufsehen erregt er mit der Aussage, der Irakkrieg habe nicht stattgefunden, sondern sei ein reines Medienspektakel gewesen. Die Terroranschläge vom 11. September 2001 begrüßt Baudrillard als „metaphorischen Selbstmord“, als Wiederkehr des Realen in unsere Welt des Scheins. Im islamistischen Fundamentalismus erkennt er die Rache für den westlichen Konsum- und Warenfetischismus, der sich bis in den letzten Winkel der Welt auszubreiten drohe. Mit solchen extremen Äußerungen macht sich Baudrillard unter Kollegen unbeliebt, die ihm mangelnde Wissenschaftlichkeit vorwerfen. Zugleich finden seine Ideen Eingang in die Populärkultur: Im amerikanischen Science-Fiction-Film The Matrix (1999) etwa spielt sein Buch Simulacres et simulation (1981) eine bedeutende Rolle. Baudrillard stirbt am 6. März 2007 in Paris.


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