Die heutige Nachrichtenflut, vor allem im Internet, lenkt uns von den wirklich wichtigen Dingen ab und erzeugt doch nur den Anschein von Informiertheit – das ist Rolf Dobellis Grundthese. So weit, so unkontrovers. Weit gewagter sein Lösungsvorschlag: kompletter Newsverzicht. Die Argumente, mit denen Dobelli diese radikale Schlussfolgerung zu untermauern sucht, scheinen aber teils recht zusammengesucht und sind bei näherer Betrachtung keineswegs so zwingend, wie vom Autor suggeriert. Dennoch: Das Problem ist real, und Dobellis Ansatz sicher bedenkenswert.
Nachrichtenmedien verkaufen Aktualität als Relevanz.
Die erste Tageszeitung erschien 1650 in Leipzig. Die Einkommende Zeitung war das erste publizistische Nachrichtenmedium auf der Welt. In den folgenden Jahrzehnten eroberten Hunderte Zeitungen ganz Europa. News, wie wir sie heute nennen, wurden zum Geschäft. Als berichtenswert galt, was das Interesse der Leser weckte und damit den Absatz förderte. Fortan hieß es: Das Neue ist das Relevante. Diese Täuschung setzt sich bis heute fort – und findet sich eigentlich überall, wo auch Werbung zu finden ist: im Rundfunk, im Fernsehen, in Zeitungen oder auf Websites.
Dieses Dauerfeuer lässt uns glauben, wir seien informiert. Auch weckt es in uns die Furcht, etwas zu verpassen. Was Zucker für den Körper ist, sind News für den Geist: lecker, aber ungesund. Gesünder sind lange Formate, etwa Essays, Reportagen, Bücher oder Dokumentarsendungen. Doch auch Länge garantiert nicht Relevanz. Grundsätzlich sollten Sie alle Inhalte kritisch betrachten, die aus hauptsächlich werbefinanzierten Medien stammen.
Entscheiden Sie selbst, was für Sie relevant ist, und bleiben Sie dabei bei Themen...
Rolf Dobelli war CEO verschiedener Tochterfirmen der Swissair-Gruppe. Er ist Mitgründer von getAbstract, Kurator des Forums ZurichMinds und Autor mehrerer Romane, darunter Und was machen Sie beruflich?.
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