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Die Legende vom heiligen Trinker
Buch

Die Legende vom heiligen Trinker

Amsterdam, 1939
Diese Ausgabe: Diogenes Verlag, 2010 Mehr

Literatur­klassiker

  • Parabel
  • Deutsche Exilliteratur

Worum es geht

Eine etwas andere Heiligenlegende

Geld macht nicht glücklich. Aber – seien wir ehrlich – auch nicht unbedingt unglücklich. Unverhofft kommt der Pariser Clochard Andreas an etwas Geld. Wie zu erwarten, gönnt er sich was: reichlich Schnaps, gutes Essen, eine Rasur, ein warmes Bett, schließlich auch Seife, neue Kleidung, sogar Frauen. Und seine Glückssträhne hält an. Einige Schlüsselfiguren seines bisherigen Lebens ziehen vorbei. Woher kommt das Geld? Zufall? Ein Wunder? Andreas ist nicht der grüblerische Typ. Doch weil er seine Ehrlichkeit wahren will, ist er von dem Wunsch beseelt, alles zurückzugeben, sobald er es sich leisten kann. Allein, er wird mitgerissen im Strom des Lebens. In der kleinen Legende vom heiligen Trinker verdichten sich soziale Realität, Zeitgeschehen, persönliches Schicksal und ein Stück metaphysische Erfahrung in einer vordergründig ganz schlichten Handlung, die es aber in sich hat. Und wie so vieles im Leben geht die Geschichte nicht restlos auf.

Zusammenfassung

Das erste Wunder

Wie viele andere arme Polen kam Andreas Kartak, geboren in Oberschlesien, einst nach Frankreich, um dort im Kohlebergbau zu arbeiten. Mittlerweile hat er diese Arbeit verloren und lebt als Obdachloser ohne gültige Aufenthaltspapiere in Paris unter den Brücken der Seine. Seine Kleidung ist zerschlissen, er ist ungewaschen und trinkt viel Alkohol.

Im Frühjahr des Jahres 1934 begegnet Andreas auf den Treppen, die von einer der Brücken zu den Quais der Seine führen, in leicht schwankendem Zustand einem gut gekleideten älteren Herrn. Dieser spricht ihn gezielt an und nennt ihn „Bruder“. Unaufgefordert bietet der Herr Andreas an, ihm etwas Geld zu schenken, weil er selbst zu viel davon habe. Andreas erwidert, er könne 20 Francs gebrauchen. Zu seiner Verblüffung bietet der Herr ihm 200 an. Das weist Andreas zunächst zurück. Er sei zwar ein Obdachloser, aber auch ein Mann von Ehre; er sehe keine Möglichkeit, so viel Geld jemals zurückzuerstatten, er habe ja nicht einmal eine Bleibe. Daraufhin erwidert der Herr, er sei ebenfalls ohne Adresse. Er sei durch die Geschichte der heiligen Therese von Lisieux zum Christentum bekehrt...

Über den Autor

Joseph Roth wird am 2. September 1894 im galizischen Brody bei Lemberg geboren und ist jüdischer Abstammung. Nach dem Studium der Philosophie und Germanistik nimmt er ab 1916 am Ersten Weltkrieg teil, als Feldjäger und Mitarbeiter des Pressedienstes. Ein Jahr zuvor veröffentlicht Roth seine erste Novelle mit dem Titel Der Vorzugsschüler. Während des Krieges schreibt er fürs Feuilleton und verfasst Gedichte. Nach Kriegsende kehrt er nach Wien zurück, aber schon 1920 zieht es ihn nach Deutschland. In Berlin heiratet er Friederike Reichler. Ab 1923 abermals in Wien, veröffentlicht Roth die Romane Das Spinnennetz (1923), Hotel Savoy (1924) und Die Rebellion (1924) in verschiedenen linksgerichteten Zeitungen. 1925 reist er als Korrespondent der Frankfurter Zeitung nach Paris, ein Jahr später geht es in die Sowjetunion, wonach Roth sich vom Sozialismus abwendet. In den folgenden Jahren beschäftigt sich sein schriftstellerisches Werk unter anderem mit dem Judentum im Osten (Flucht ohne Ende, Juden auf Wanderschaft, beide 1927, und Hiob, 1930) und dem Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie. Dies wird vor allem in Radetzkymarsch (1932) – oft als Roths Hauptwerk bezeichnet – deutlich: Darin begleitet er drei Generationen einer Familie und erzählt parallel dazu den Untergang des Kaiserreichs. Ab 1928 korrespondiert Roth mit Stefan Zweig, woraus sich eine tiefe Freundschaft entwickelt. 1930 wird seine Frau in eine Nervenheilanstalt eingeliefert; zwölf Jahre später wird sie im Rahmen des Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten ermordet. 1933 flieht Roth vor den Nazis nach Paris. Seine Arbeit bei diversen Exilzeitschriften wird von seiner zunehmenden Alkoholsucht überschattet: Private Probleme und der Kummer über die politische Entwicklung lassen ihn immer öfter zur Flasche greifen; eine Krankheit, die ihn schließlich auch das Leben kostet. Bis zu seinem Tod am 27. Mai 1939 in einem Pariser Armenhospital erscheint unter anderem der Roman Die Kapuzinergruft (1938), postum erscheinen die Werke Die Legende vom heiligen Trinker (1939) und Leviathan (1940).


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