Die Logik des Misslingens
Eine Rezension von

Die Logik des Misslingens

Strategisches Denken in komplexen Situationen

Dietrich DörnerRowohlt • 2017

Verflixt komplex

von Gundula Stoll

Absurde Verschwörungstheorien und narzisstische Fehlentscheidungen sind die Schattenseiten steigender Komplexität. Das erkannte der Psychologe Dietrich Dörner schon vor drei Jahrzehnten. Grund genug für eine Nachlese.

Kartoffelchips oder Erdnussflips?

Ein Blick auf den Couchtisch in den meisten Wohnzimmern genügt, um das Problem der steigenden Komplexität zu begreifen: Wie viele Fernbedienungen liegen dort nebeneinander aufgereiht? 3, 7 oder 15? Die Fähigkeit, eine oder mehrere davon überhaupt bedienen zu können, nimmt bekanntlich umgekehrt proportional zum Lebensalter ab. Kein Wunder, früher gab es einen Knopf und drei Programme – und dazu allenfalls noch die Qual der Wahl zwischen Kartoffelchips und Erdnussflips.

Zugegeben, das Beispiel ist banal. Meist endet ein solches Szenario mit ein paar Büscheln geraufter Haare und der Anschaffung einer Universalfernbedienung. Der Psychologe Dietrich Dörner bespricht in seinem Buch deutlich folgenschwerere Komplexitätsdilemmata. Um diese zu verdeutlichen, entwickelte er ein computerbasiertes Planspiel über die Moros, einen fiktiven halbnomadischen Stamm in Westafrika, der in bitterer Armut lebt. Zwölf Versuchspersonen sollten die Lebensumstände dieser Menschen verbessern. Doch die Probanden machten trotz guter Absichten alles oft noch schlimmer. Stürzte sich ein Spieler auf die Gesundheitsvorsorge, explodierte bald die Bevölkerungszahl und der karge Boden konnte die Menschen nicht mehr ernähren. Verlegte er sich aufs Brunnenbohren, ging das Wasser aus. Bekämpfte er die Tsetsefliege, vermehrten sich die Rinder, und die Flächen wurden überweidet. Immer wenn ein Spieler ein Problem löste, erzeugte er damit andere, weit größere. Das Fazit des Autors: Gute Absichten schützen nicht vor falschen Entscheidungen.


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