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Die schwarze Spinne

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Die schwarze Spinne

dtv,

15 Minuten Lesezeit
12 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

Uralt, aber immer wieder aktuell: die grauenerregende Bestie als Inbegriff des Bösen.


Literatur­klassiker

  • Novelle
  • Biedermeier

Worum es geht

Der immerwährende Kampf mit dem Bösen

Ein idyllisches Tauffest an einem herrlichen Frühlingstag wird zum Rahmen einer schaurigen Erzählung. Darin wird ein Tal im Berner Oberland zum Schauplatz des überzeitlichen Ringens zwischen den Kräften des Guten und den Mächten des Bösen. Wie in jeder gelungenen Fabel wird dieses Ringen ganz konkret in die Seelen und Handlungen von Menschen verlegt, die sich jeder vorstellen kann: Es geht um Bauern rund um den Hornbacherhof im Emmental. Sprachlich und inhaltlich angelehnt an die Sagenstoffe seiner Schweizer Heimat, gibt Jeremias Gotthelf die dramatischen Höhepunkte einer bäuerlichen Familiengeschichte als Exempel christlichen Wohlverhaltens und gelegentlicher katastrophaler Fehler wieder. Er beschreibt die Leib und Leben bedrohenden Abgründe, die sich auftun, wenn die Menschen die Werte einer gottgewollten Gesellschaftsordnung vergessen oder gar verleugnen. Mit später kaum mehr erreichter Eindringlichkeit schildert Gotthelf den schicksalhaften Ablauf des Geschehens um die schwarze Spinne. Moderne Kinobesucher denken dabei vielleicht mit Schaudern an eine verwandte Kreatur: die Bestie aus Alien.

Take-aways

  • Die schwarze Spinne ist eine meisterhaft und packend erzählte Schauergeschichte.
  • Bei einem ländlichen Tauffest erfahren die Gäste aus dem Mund des Großvaters eine schaurige Sage.
  • Ein uralter, geheimnisvoller Fensterpfosten birgt angeblich in einem Loch eine schwarze Spinne.
  • Nachdem sich die Bewohner des Tals im Mittelalter auf einen frevelhaften Teufelspakt eingelassen hatten, brachte die Spinne Tod und Verderben über sie.
  • Nur durch die selbstlose Aufopferung einer jungen Mutter konnte die Spinne damals in das Loch im Pfosten gesperrt und weiteres Unheil abgewendet werden.
  • Ungefähr 200 Jahre später führten Leichtsinn und Übermut zur Befreiung der Spinne. Das Drama wiederholte sich.
  • Diesmal war es der gutmütige, junge Hoferbe, der sich ebenfalls märtyrergleich opferte, um die Spinne fangen und diesmal endgültig bannen zu können.
  • Die Taufgäste sind durch die Erzählung äußerst beunruhigt, werden aber belehrt, dass sie sich nicht fürchten müssen, solange sie in Gottesfurcht leben.
  • Der Stoff und die Motive entstammen altem Sagengut. Der Erzählton ist dementsprechend volkstümlich.
  • Die Erzählung dient der Mahnung zum Respekt vor Gott: Wer fromm ist, besiegt das Böse.
  • Jeremias Gotthelf war evangelischer Pfarrer. Seine Novelle ist gleichzeitig eine anschauliche Predigt über die christliche Weltordnung.
  • Er war schon zu Lebzeiten ein erfolgreicher Schriftsteller, dessen Werk im 20. Jahrhundert hohe literarische Anerkennung fand.

Zusammenfassung

Vorbereitungen zum Tauffest

Unter einem prachtvollen Alpenhimmel, umgeben von idyllischer Natur, rüstet man sich auf einem wohlhabenden Gehöft im schweizerischen Emmental zu einem Tauffest. Es ist der Morgen des Himmelfahrtstages. Alles blüht. Rings um das Haus legen Mägde und Knechte letzte Hand an, damit alles blitzt und glänzt, bevor die Gäste kommen. Drinnen bereitet die Köchin das Essen vor. Es soll an nichts gespart werden, und die Hausfrau ordnet an, dass von den guten Tellern gespeist wird.

„Ueber die Berge hob sich die Sonne, leuchtete in klarer Majestät in ein freundliches aber enges Thal und weckte zu fröhlichem Leben die Geschöpfe, die geschaffen sind an der Sonne ihres Lebens sich zu freuen.“ (S. 9)

Als erster Gast erscheint, mit leichter Verspätung und etwas schnaufend, die Gotte (Taufpatin), über und über beladen mit Päckchen und Geschenken. Wie es die gute Sitte erfordert, wird sie genötigt, Platz zu nehmen. Sie muss eine Tasse Kaffee trinken und bald darauf noch eine zweite. Inzwischen sind die anderen Taufgäste und Paten eingetroffen. Der Sitte entsprechend muss nun die Gotte auch noch die übliche Taufsuppe verzehren, obwohl sie sich heftig dagegen wehrt. Danach macht sich die Taufgesellschaft bereit für die Kirche. Die Gotte trägt den Täufling fast während des ganzen Wegs allein auf den Armen. Dann bleibt sie unter einem Vorwand zurück und übergibt das Kind einer jüngeren Patin.

„Aber fragen möchte ich doch, nehmt es nicht für ungut, warum da gleich neben dem ersten Fenster, der wüste schwarze Fensterposten (Bystel) ist, der steht dem ganzen Hause übel an.“ (S. 31)

Auf dem Weg zur Kirche lässt der Kindsvater im Wirtshaus allen ein Glas Wein auftischen. Dann endlich hält die Taufgesellschaft mit der gesamten Kirchengemeinde prozessionsartig Einzug in die Kirche. Der Patin versagen inzwischen beinahe die Kräfte, aber weniger aus körperlicher Erschöpfung, sondern weil man vergessen hat, ihr den Namen des Täuflings zu nennen; einfach jemanden danach zu fragen, wäre allerdings ein böses Omen. Doch – gottlob – der Pfarrer kennt ihn.

Das Fest

Nach der Zeremonie kehrt die Taufgesellschaft zum Hof zurück. Die Bewirtung kann beginnen, Mägde und Knechte werden als Erste separat abgespeist. Für die übrigen Taufgäste folgen dann die üppigen Vorspeisen. In aller Bedächtigkeit wird die Mahlzeit begonnen. Keiner vergisst, nach Bauernsitte vorher den Löffel am Tischtuch abzuputzen. Das Essen wird begleitet von Gesprächen über neue und alte Sitten. Danach verlangt man nach Tabak. Die Männer besichtigen Haus und Hof. Das Haus ist neu gebaut und stattlich. Die Landwirtschaft gedeiht offensichtlich prächtig. Nachdem sich die Männer im Schatten eines Baums niedergelassen haben, gesellen sich die Frauen dazu. Noch einmal wird das Haus gerühmt. Es fällt aber auch die Bemerkung, dass neben all dem schönen frischen Holz ein Schandfleck in Form eines alten Fensterpfostens aus schwarzem Holz verbaut wurde. Man wundert sich und fragt sich, wie es dazu gekommen sei. Nun wird der Großvater genötigt, zu berichten, was es damit für eine Bewandtnis hat.

Die Erzählung des Großvaters

Der Beginn dieser Geschichte reicht etliche Jahrhunderte zurück. Zu dieser Zeit steht an der Stelle des neuen Hauses bereits ein Gehöft, so lange man denken kann, und die Bauern im Tal müssen dem Deutschen Ritterorden Zins zahlen und Dienst leisten. Der vom Ritterorden als Komtur (Verwalter) eingesetzte Hans von Stoffeln ist ein wüster Geselle: kein Einheimischer, sondern einer, der in Polen und Preußen gegen die Heiden gekämpft hat. Er herrscht unbarmherzig und willkürlich. Von den Bauern lässt er sich in zweijähriger Arbeit ein neues Schloss erbauen, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, dass sie wegen dieser harten Fron ihre Landwirtschaft komplett vernachlässigen müssen. Die Not ist deswegen groß im Tal.

„Aber gehorsamer und gefügiger mache ich euch, so wahr ich Hans von Stoffeln bin, und wenn in Monatsfrist die hundert Buchen nicht oben stehen, so lasse ich euch peitschen bis kein Fingerlang mehr ganz an euch ist, und Weiber und Kinder werfe ich den Hunden vor.“ (S. 36 f.)

Als der Bau endlich fertig ist und die Bauern hoffen, nun ihr Land wieder unter den Pflug nehmen zu können, werden sie vom Ritter und seinen Spießgesellen nur verhöhnt und außerdem gezwungen, im Frühjahr noch 100 Buchen aus einem entfernten Wald auszugraben und als Schattenallee vor dem Schloss neu anzupflanzen. Keiner wagt, gegen diese Zumutung aufzubegehren. Zu grausam sind die Drohungen der Ritter. Die Bauern sehen sich endgültig am Abgrund, denn es ist Frühjahr, und wenn sie jetzt nicht säen, werden sie auch im dritten Jahr nichts ernten können. Auf ihrem Heimweg begegnet ihnen unverhofft ein Jäger in grünem Rock und mit roter Feder am Hut und bietet ihnen seine Hilfe beim Bau der Allee an. Seine Versprechungen – leichter Transport und müheloses Aufrichten der Bäume – klingen wie Musik in den Ohren der armen Bauern. Aber er fordert seinen Preis: Nach Vollendung des Werkes soll ihm das erste Neugeborene der Bauern überlassen werden. Den Bauern ist klar, dass sie es mit niemand Geringerem als dem Teufel persönlich zu tun haben. Der Grüne erwartet die Antwort drei Tage später.

Das Schicksal nimmt seinen Lauf

Nachdem die Bauern ihren Frauen alles Vorgefallene berichtet haben, empört sich nur die resolute Christine Lindauer, Frau des Hornbachbauern und nicht aus dem Tal, sondern vom Bodensee gebürtig, darüber, wie die Männer sich auf dem Schloss behandeln lassen. Doch was geschehen ist, ist geschehen. Resigniert, verzagt, aber ohne sich auf den Handel mit dem Grünen einzulassen, machen sich die Bauern ans Werk. Es will jedoch nicht gelingen. Geplagt von Unwetter und mit entkräftetem, störrischem Zugvieh haben sie nach zwei Tagen nichts erreicht. Da entscheidet sich die Lindauerin zu handeln und schließt auf eigene Faust den Pakt mit dem Teufel. Um die Angelegenheit zu besiegeln, drückt er ihr einen brennenden Kuss auf die Wange. Von da an geht die Verpflanzung des Waldes wie von selbst. Die Bauern jubeln und triumphieren. Christine hat darauf vertraut, dass ihr rechtzeitig etwas einfallen würde, um den Grünen zu überlisten, sobald es um die Einlösung des Pfandes ginge. Als die erste Frau niederkommt, gelingt es der Bauerngemeinde, Vorkehrungen zu treffen, um das Neugeborene sofort taufen zu lassen: So wird es dem Zugriff des Teufels entzogen. Bei dieser Taufe spürt Christine erstmals einen Schmerz auf der Wange. Bald darauf entdeckt sie einen dunklen Fleck an der Stelle, auf die der Teufel sie geküsst hat. Bei der nächsten Niederkunft sind die Vorkehrungen zur Taufe vor Ort schon fast Routine. Bei Christine wird der Fleck indes zum brennenden, stechenden Mal.

Die schwarze Spinne

Wie von Sinnen stürzt die vor Schmerz rasende Christine dem Priester entgegen und versucht zuerst, ihn mit aller Kraft am Weitergehen zu hindern, dann das Kind vor der Taufe doch noch an sich zu reißen. Das Mal auf ihrer Wange hat sich hochgewölbt und spinnenbeinförmig ausgebreitet. Christines Widerstand zum Trotz gelingt es, das Kind zu taufen. Alles scheint gerettet. Da platzt Christines Mal auf, und von nun an laufen Spinnen tausendfach herum. Alles Futter wird vergiftet. Die Herden kommen der Reihe nach um. Den Bauern wird endgültig ihre Lebensgrundlage entzogen. Allmählich macht sich die Einsicht breit, dass das nächste Kind geopfert werden muss, wenn die Gemeinde überleben will. Christine gelingt es sogar, das stillschweigende Einverständnis des betroffenen Kindsvaters zu erlangen.

„Da ergriff namenlose Angst die Weiber, ein Wehgeschrei ertönte über Berg und Thal, einer Jeden ward, als hätte ihr eigen Kind der Ruchlose begehrt.“ (S. 41)

Als der Kindsvater kurz vor der Niederkunft mit absichtlicher Verzögerung beim Pfarrer erscheint, kann dieser erst in allerletzter Sekunde Christine das Neugeborene entreißen, die damit schon auf dem Weg zum Treffpunkt mit dem Grünen war. Es wird noch getauft, überlebt aber nicht lange. Auch der Priester, der das böse Spiel in letzter Sekunde durchschaut hat, stirbt. Doch nun kommt alles noch ärger: Christine verwandelt sich in eine Spinne und bringt die Beulenpest über das ganze Tal; selbst die Ritter auf der Burg bleiben nicht verschont. Lediglich ein paar Diener, welche die Bauern nicht verspottet haben, kommen heil davon.

„Da schalt die Lindauerin, daß das eitel Einbildung wäre und die Männer nichts als Kindbetterinnen; mit Schaffen und Weinen, mit hocken und heulen, werde man keine Buchen auf Bärhegen bringen.“ (S. 45)

Aus dem Tal zu fliehen, ist unmöglich: Die Spinne stellt sich jedem in den Weg, der es versucht. Keine noch so große Vorsicht hilft den Menschen. Die Spinne versteckt sich im Gras, sie hängt in den Bäumen. Man ist vor ihr nie sicher. Es ist grauenhaft anzusehen: Sie setzt sich mit Vorliebe auf die Köpfe der Menschen und drückt dann ihr Gift in die Körper. Sie springt von einem zum anderen und ist mit keinem Mittel zu erlegen – bis es endlich der frommen Mutter des zuletzt geretteten Kindes in einer übermenschlichen Kraftanstrengung gelingt, die Spinne, die auf ihr Kind in der Wiege zukriecht, zu packen und in ein Loch im Fensterrahmen zu stecken. Mit einem geweihten Zapfen verschließt sie die Öffnung. Das Loch hat sie zuvor selbst hineingebohrt, da sie gehört hatte, solch ein Verschluss sei das einzige Mittel, das Untier zu bannen. Auch sie bezahlt ihren Griff nach der Spinne noch mit ihrem Leben, aber ihre Kinder und das ganze Tal sind gerettet.

Gerettet?

Damit endet zunächst die lange Erzählung des Großvaters, und die Taufgesellschaft ist entsetzt, weil der Fensterpfosten ebenjener ist, über den man sich anfangs mokiert hat. Womöglich sitzt das Untier immer noch darin und wartet nur auf eine Gelegenheit, zu entschlüpfen. Äußerst zögerlich begibt sich die Gesellschaft nun wieder nach drinnen, wo in der Nähe des Fensters die Braten aufgetischt werden. Der Appetit ist allen vergangen. Doch das Gastmahl stehen zu lassen, wäre unhöflich. Zögernd reicht man die Bissen weiter. Der Großvater fährt mit seinem Bericht fort, indem er erklärt, mit welcher Sorgfalt und Hochachtung alle Bewohner des Tals nach den furchtbaren Ereignissen für das Aufwachsen der Kinder dieses Hofes gesorgt haben. Ein neues Haus wurde auf dem Gelände gebaut – aber mit dem besagten alten Fensterpfosten –, und der Wohlstand kehrte zurück. Über Generationen waren sich die Menschen nun ihres Lebens sicher, solange die Erinnerung an das Untier, an diese Verkörperung des Paktes mit dem Bösen, nicht verblasste. Es blieb gebannt, solange die Menschen in Ehrfurcht vor dieser Erinnerung lebten. Das Wissen darum wurde von Generation zu Generation weitergegeben.

Eine neue Gefahr

Etwa 200 Jahre nach den Ereignissen in der Ritterzeit heiratet eine Auswärtige in den Hornbacherhof ein, wo sie bald das Regiment übernimmt. Ihre Ähnlichkeit mit Christine ist nicht zu verleugnen. Christen, ihren gutmütigen Sohn, gängelt sie in jeder Weise, bis er erwachsen ist. Dann verheiratet sie ihn mit einer Frau, die ganz nach ihrem Geschmack ist. Christen wird der Diener zweier Herrinnen, die es sich im allgemeinen Wohlstand gut gehen lassen, wie es auch sonst im Dorf üblich geworden ist. Nach dem frühen Tod ihres Mannes lässt Christens Mutter ein neues Haus oberhalb des inzwischen veralteten Hofes bauen. Das alte Haus wird als Unterkunft für das Gesinde genutzt, das sich selbst überlassen und kaum mehr beaufsichtigt wird. Das Leben dort wird immer zügelloser – bis am Weihnachtsabend einer im Übermut den Zapfen im Fensterpfosten anbohrt.

„Da berührte der spitzige Mund Christinens Gesicht, und ihr war als ob von spitzigem Eisen das Feuer durch Mark und Bein fahre, durch Leib und Seele; und ein gelber Blitz fuhr zwischen ihnen durch und zeigte Christine freudig verzerrt des Grünen teuflisch Gesicht, und ein Donner fuhr über sie, als ob der Himmel zersprungen wäre.“ (S. 48 f.)

Damit bricht das Unheil wieder über das Tal herein, wieder einer Pestepidemie gleich, doch ungleich schneller und noch bösartiger. Gerade auf den Leichenzügen fällt die Spinne die Bewohner an. Umgehend greifen diese nach den Rosenkränzen, hüllen sich in ihre schlechtesten Kleider und geben sich nach außen hin den Anschein der Frömmigkeit. Christen wird beschuldigt, seine Aufsichtspflicht gegenüber dem Gesinde vernachlässigt zu haben. Doch der erkennt die Tragweite und die wahre Ursache des Geschehens, denn er erinnert sich noch an die Erzählungen seiner Großmutter. Er will nicht rechthaberisch sein, sondern nimmt demütig die Aufgabe auf sich, das Übel aus der Welt zu schaffen.

„Laut auf schrien Alle, wenn sie die giftige Kreuzspinne sahen auf Christines Gesicht, und voll Angst und Grauen flohen sie, wenn sie sahen, wie sie fest saß im Gesichte aus demselben herausgewachsen.“ (S. 64)

Die Gelegenheit ergibt sich, als „ein wildes Weib“ auf der Schwelle seines Hauses ein Kind zur Welt bringt. Dank seiner Einsicht und der Kraft seines Glaubens will Christen das Neugeborene sofort zur Taufe bringen, damit die Spinne dem Kind nichts anhaben kann. Doch diese stellt sich ihm in den Weg. Mit Todesverachtung packt er sie und versiegelt sie nun ein für alle Mal im Fensterloch. Auch Christen bezahlt diese Rettungstat mit dem Leben, doch das war ihm vorher klar. Er wusste, dass einer stellvertretend für alle sühnen und Leib und Leben hingeben muss. Das neue Haus geht in dieser Nacht in Flammen auf.

„Die Spinne aber schwoll an, bäumte sich auf, und zwischen den kurzen Borsten hervor quollen giftig ihre Augen.“ (S. 64)

Damit endet die großväterliche Erzählung. Im nachfolgenden Gespräch unter den betroffenen Taufgästen wird allen klar, warum bei jedem Neubau des Hauses der schwarze Fensterpfosten nach wie vor eingebaut wird: um sich stets daran zu erinnern, was zu tun und zu lassen ist, damit die Spinne für immer bleibt, wo sie ist.

Zum Text

Aufbau und Stil

In die Rahmenhandlung eines Tauffestes, das in Gegenwart des Erzählers im Emmental stattfindet, sind zwei Berichte des Großvaters der gastgebenden Familie eingebettet. Vordergründig drehen sich diese Binnenerzählungen um die Geschichte des stattlichen Bauerngutes. Infolge einer Frage der Gäste nach dem alten, schwarzen Fensterpfosten im neu gebauten Haus entpuppt sich dieser als symbolische Klammer, die die jahrhundertealte Familiengeschichte mit der Gegenwart verbindet. Diese Klammer verleiht der Geschichte einen moralisch belehrenden Zug: In der ersten Erzählung wird geschildert, wie der Pakt mit dem Teufel eine Spinne zum Inbegriff des Bösen macht. Die zweite Erzählung, die ungefähr 200 Jahre später spielt und ganz ähnlichen Inhalts ist, veranschaulicht die immerwährende Gefahr, die vom Bösen auf Menschen und Gesellschaft ausgeht. Gotthelf beschreibt dies realistisch und eingängig im für heutige Ohren leicht gekünstelt klingenden Erzählton seiner Zeit („So harrte auf die erwarteten Gevatterleute ein Frühstück, wie es Fürsten selten haben und keine Bauern auf der Welt als die Berner.“). Diese etwas altertümliche Wirkung wird verstärkt durch den häufigen Gebrauch schweizerischer Dialektwörter. Dadurch wird die Novelle aber auch glaubhaft im zeitlichen und regionalen Umfeld angesiedelt, in dem sie spielt.

Interpretationsansätze

  • Im Mittelpunkt der Rahmenhandlung wie auch der Binnenerzählungen steht nicht wie im modernen Roman das Schicksal einzelner Hauptfiguren, sondern ein symbolisches Geschehen. Die Figuren sind daher keine ausgebildeten Charaktere, sondern Ausdruck und Träger bestimmter Bedeutungen und Inhalte (Typen).
  • Gotthelf hat viele Zutaten seiner Geschichte gängigen Sagenstoffen entnommen, so etwa Elemente wie den grünen Jäger, den Teufelspakt, das in einem Gefäß versiegelte Unglück oder das von einem Ungeziefer verkörperte Böse.
  • Dieses Böse wird mit Inhalten christlicher Morallehre und den zeitgemäßen Anstands- und Sittengesetzen aufgeladen. Verteufelt werden besonders Hochmut, Übermut, Zügellosigkeit und Verschwendungssucht.
  • In der ersten Binnenerzählung wird die „theologische“ Grundlage geschaffen: Neben Hochmut (die Ritter) und Wildheit (die Lindauerin) besteht die eigentliche Sünde im Teufelspakt, im Handeln wider das Gewissen, in der Abkehr von Gott.
  • Gotthelfs weibliches Idealbild ist die fromme, um ihr Kind besorgte Mutter, die als Märtyrerin die Gemeinschaft um den Preis ihres Lebens rettet. Ein selbstbewusstes Auftreten wie das der Lindauerin oder das Frauenregiment von Christens Mutter führt die Gesellschaft hingegen ins Verderben.
  • Die Einbettung dieser Aussagen in die Rahmenhandlung eines christlichen Tauffestes sorgt für die feste Verankerung dieser Moral.
  • Die mehrfache Wiederholung von Geburt, Taufe und Tod deutet auf den natürlichen, gottgewollten Kreislauf des Lebens hin. Nur durch fromme Lebensführung kann dieser jahrhundertelang in friedlicher und stabiler Ordnung gehalten werden.

Historischer Hintergrund

Die Schweiz im Umbruch

In der nachnapoleonischen Zeit ab 1815 entwickelte sich die Schweiz von einer unabhängigen Gemeinschaft der Kantone zu einem Bundesstaat; ein Wandel, der in der Bundesverfassung von 1848 gipfelte, die im Grundzug bis heute in Kraft ist. Getragen wurde diese Entwicklung von liberalen politischen Kräften, wie sie zeitgleich in Deutschland zur Paulskirchenverfassung führten. Dort misslangen jedoch die politischen Bestrebungen, die zu einem Bundesstaat auf demokratischer Grundlage und zu nationaler Einheit führen sollten. In der Schweiz hingegen wurde diese nationale Einheit auf demokratischer Grundlage schon damals verwirklicht. Aufgrund des stark einsetzenden Fremdenverkehrs, der Umwälzungen in der Landwirtschaft und der Industrialisierung befand sich die fest gefügte agrarische Lebens- und Gesellschaftsform auch sonst einem tief greifenden Umbruch.

Durch seine schriftstellerische Tätigkeit für den liberalen Berner Volksfreund Anfang der 1840er Jahre stand Gotthelf diesen Strömungen zunächst nahe. In der Novelle Die schwarze Spinne zeichnete er jedoch eher das Idealbild einer konservativ-patriarchalischen Welt, wie sie das schweizerische Bauerntum verkörpert. Gotthelf wandte sich darin dezidiert gegen das Fortschrittsdenken. Fortschrittlich aber war in seiner Zeit das liberale Denken. Für dieses musste beispielsweise auf staatspolitischer Ebene die rechtliche Gleichstellung der Bürger (auch der Frauen) im Gegensatz zum Ständestaat ein zentrales Anliegen sein. Wirklich ausschlaggebend für Gotthelfs Weltbild war jedoch die christlich-protestantische Lehre. Die „gottgewollte Ordnung“ galt seit der Aufklärung als kulturelles, gesellschaftliches Konstrukt. Gotthelf sah das anders: Die Existenz einer gezügelten, sittenstrengen, allenfalls durch menschliche Freundlichkeit gemilderten Gesellschaftsordnung war für ihn Ausdruck des Reiches Gottes und somit unantastbar, unveränderlich und naturgegeben.

Entstehung

Die schwarze Spinne entstand im Rahmen eines Projekts des Solothurner Verlages Jent & Gaßmann, das unter dem Titel Bilder und Sagen aus der Schweiz in sechs Bänden zwischen 1842 und 1846 veröffentlicht wurde. Die Novelle ist die erste Erzählung des ersten Bandes. Motive dazu schöpfte Gotthelf aus Sagen des deutschsprachigen Raums, vor allem aus seiner schweizerischen Heimat. Sagenmotive haben, wie auch die Kernideen von Märchen und Mythen, oft sehr alte, weit zurückreichende Wurzeln und meist einen universellen Charakter. Sie wurden in wechselnden Formen jahrhundertelang weitererzählt, bis man um 1800 begann, sie schriftlich festzuhalten (Brüder Grimm).

Die Vorstellung, die Übel dieser Welt könnten in einem Gefäß eingesperrt sein, findet sich schon in der frühen Antike (die berühmte Büchse der Pandora) und auch im Orient (der sprichwörtliche Geist aus der Flasche). Die Literaturwissenschaft kann einzelne konkrete Sagentexte angeben, von denen sich Gotthelf inspirieren ließ, ebenso Einzelmotive wie Vorbilder für die Lindauerin oder das Zwingherrenmotiv, das an die Tellsage erinnert und in der Schweiz sehr populär war. Gotthelf unterlegte diese Motive allerdings mit einem christlichen Sinn. Für die Abfassung der Novelle benötigte er wohl nur wenige Monate um 1841/42.

Wirkungsgeschichte

Von einem zeitgenössischen Rezensenten wurde die Novelle als märchenhaft, ja sogar „als etwas Unnützes, wo nicht geradezu dem Volke Schädliches“ betrachtet. Dem Erfolg von Gotthelfs schriftstellerischem Schaffen taten solche Einzelbeurteilungen allerdings keinen Abbruch: Er war der erste Schweizer, der mit der Schriftstellerei seinen Lebensunterhalt hätte bestreiten können. Gotthelfs literarische Bedeutung wurde im 20. Jahrhundert vollends anerkannt und gewürdigt. Thomas Mann bewunderte Die schwarze Spinne und beschäftigte sich während seiner Arbeit am Teufelsroman Doktor Faustus ausführlich mit der Erzählung. Heute gehört die spannende und packende Novelle zum Kanon derjenigen Bücher, um die kaum ein Schüler herumkommt.

Der Originalstoff wurde bisher nur zweimal verfilmt: einmal in den 20er Jahren in Deutschland und dann 1983 mit dem populären Schweizer Schauspieler Walo Lüönd. Immer wieder meint man aber, Motive aus Die schwarze Spinne in modernen Science-Fiction- und Horrorfilmen wiederzuerkennen. An erster Stelle steht sicher Ridley Scotts Alien: Beim Schöpfer des spinnenartigen Außerirdischen handelt es sich um den Schweizer H. R. Giger. Die Metamorphose des Weltraummonsters erinnert an Gotthelfs im Hinterhalt lauernde schwarze Spinne: Die Vorform des Aliens (der so genannte „Facehugger“) saugt sich zunächst gezielt am Kopf seiner ersten Opfer fest und legt sein Ei, sodass schließlich ein fertiges Alien aus dem Körper hervorplatzt. Eine andere Form des Nachruhms erlebte Gotthelf in den Jahren 2004/05, als das Schweizer Fernsehen in der Sendung „Leben wie zu Gotthelfs Zeiten“ eine heutige Familie für einige Wochen unter den Bedingungen des bäuerischen Alltags um 1800 leben ließ.

Über den Autor

Jeremias Gotthelf heißt mit bürgerlichem Namen Albert Bitzius. Sein schriftstellerisches Pseudonym übernimmt er von der Titelfigur eines seiner Romane: Der Bauernspiegel oder Lebensgeschichte des Jeremias Gotthelf, von ihm selbst beschrieben, veröffentlicht 1837. Als Sohn eines protestantischen Pfarrers wird er am 4. Oktober 1797 in Murten im Schweizer Kanton Freiburg geboren. Wie sein Vater schlägt er eine theologische Laufbahn ein und studiert in Bern und Göttingen. Ab 1831 wirkt er in Lützelflüh im Emmental zunächst als Vikar, ab 1832 als Pfarrer. Wenige Jahre später beginnt er seine schriftstellerische Tätigkeit, zunächst als Mitarbeiter am liberalen Berner Volksfreund. 1833 heiratet Gotthelf Henriette Zeender, eine Pfarrerstochter; dieser Ehe entstammen drei Kinder. Neben seiner seelsorgerischen Tätigkeit wird Gotthelf zeitweise auch mit Verwaltungsaufgaben im Schulwesen befasst. Außerdem beginnt er nach der Niederlassung in Lützelflüh sein ebenso umfangreiches wie erfolgreiches literarisches Werk zu schreiben. Die Schauplätze von Gotthelfs Romanen und Erzählungen sind meist die Orte seiner bäuerisch geprägten schweizerischen Heimat. Obwohl er eigentlich aus der gebildeten, städtischen Berner Oberschicht stammt, vertritt er ein zunehmend konservatives Weltbild, im Gegensatz zu den liberalen und fortschrittlichen Strömungen und den einschneidenden Umbrüchen seiner Epoche. Neben der Novelle Die schwarze Spinne (1842) werden vor allem die Romane Uli der Knecht (1841) und Uli der Pächter (1849) einem breiteren Publikum bekannt. Gotthelf stirbt am 22. Oktober 1854 in seiner Pfarrgemeinde Lützelflüh.

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