- Utopie
- Frühe Neuzeit
Worum es geht
Sehnsucht nach dem Licht
Die Sonnenstadt von Tommaso Campanella ist eines der berühmtesten Beispiele utopischer Literatur. Wortwörtlich übersetzt bedeutet „Utopie“ so viel wie „Keinort“ (griechisch „ou-“ = nicht-; „topos“ = Ort). Aus dem Wort spricht Sehnsucht und Enttäuschung zugleich: Eine Utopie ist stets nicht nur eine unerfüllbare Wunschvorstellung, sondern auch eine Kritik an den bestehenden Verhältnissen. Wer daraus folgert, der Autor einer Utopie müsse sowohl naiver Schwärmer als auch nüchterner Beobachter sein, findet in Campanella den wohl vollblütigsten Vertreter des Genres. Und einen Utopisten, der eigenhändig versucht hat, seinen Idealstaat zu verwirklichen: eine auf das Vernunftprinzip gegründete Theokratie mit Zuchtwahl und Gütergemeinschaft. Der Versuch brachte ihm Kerker und Folter ein. Der Dominikanermönch, Philosoph und Sozialreformer Campanella überlebte seine Qualen ungebrochen und verarbeitete sie in einer Metaphysik, die Glaube und Vernunft versöhnen sollte und die sich in den höchst vernünftigen, weil gottgegebenen Einrichtungen der Sonnenstadt widerspiegelt.
Zusammenfassung
Über den Autor
Tommaso Campanella wird am 5. September 1568 als Sohn eines Schusters im süditalienischen Städtchen Stilo geboren. Früh schlägt er die Gelehrtenlaufbahn ein, was zu dieser Zeit gleichbedeutend mit dem Eintritt ins Kloster ist. Als 14-Jähriger tritt Campanella in den Dominikanerorden ein. Bald jedoch befriedigt ihn dessen streng an Aristoteles ausgerichtete Gelehrsamkeit intellektuell nicht mehr. 1586 lernt er die Schriften Bernardino Telesios kennen. Dessen Forderung, alle Philosophie solle auf Sinneserfahrung gegründet sein, prägt Campanellas Denken. Allerdings macht er sich durch sein Interesse an Telesio in den Augen der Kirchenbehörden verdächtig. Sein Erstlingswerk, eine Telesio-Verteidigung mit dem Titel Philosophia sensibus demonstrata, bringt ihm 1592 ein Verfahren ein. Weitere Prozesse folgen. 1599 wird Campanella gar als geistiger Anführer eines geplanten Aufstands kalabresischer Rebellen gegen die spanische Fremdherrschaft verhaftet und in den Kerker geworfen. Indem er Wahnsinn vortäuscht, entgeht er der Todesstrafe, muss jedoch schwerste Folterungen erleiden. Allen Bedrückungen zum Trotz beginnt nun Campanellas produktivste Phase als Schriftsteller. Im Kerker verfasst er, voll von missionarischem Eifer, Gedichte, philosophische Traktate und politische Schriften, darunter sein heute bekanntestes Werk, La Città del Sole (Die Sonnenstadt, veröffentlicht 1623). Er schafft sich so zwar noch mehr Feinde, doch auch etliche Bewunderer. Als sich gar Papst Urban VIII. für ihn einsetzt, wird Campanella 1629 endlich freigelassen. Aufgrund von Verleumdungen sieht er sich jedoch bald wieder von einer Verhaftung bedroht. Einflussreiche Freunde verhelfen ihm zur Flucht nach Paris, wo er sein Leben als Mönch und Günstling Kardinal Richelieus beendet. Er stirbt am 21. Mai 1639.
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