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Die Wellen
Buch

Die Wellen

London, 1931
Diese Ausgabe: Fischer Tb, 2014 Mehr

Literatur­klassiker

  • Roman
  • Moderne

Worum es geht

Lebensströme

Mit Die Wellen, dem letzten ihrer großen experimentellen Romane, lässt Virginia Woolf noch radikaler als zuvor alles hinter sich, was traditionelles Erzählen ausmacht. Vor allem gibt es keinen Plot mehr, ja das äußere Leben tritt nahezu vollständig in den Hintergrund zugunsten der Innenansicht der sechs Figuren. Und obwohl deren innere Monologe in einem gleichbleibend hohen Ton geschrieben sind – hochgradig poetisch, in traumartiger Nebeneinanderstellung von Empfundenem, Gedachtem, Vorgestelltem –, schälen sich die Eigenheiten der drei Frauen und drei Männer heraus, die Unterschiede in ihrem Zugang zum Leben, die zugleich von etwas Verbindendem, Überindividuellem überbrückt werden. Das Ergebnis ist ein höherer Realismus, eine viel größere Genauigkeit im Abbilden menschlichen Bewusstseins, als die meisten Storys es vermögen. Die Wellen ist daher nicht, wie mancher zeitgenössische Kritiker unkte, ein unbefriedigendes formales Experiment, sondern belohnt den Leser mit außergewöhnlich subtilen Einsichten in die Seele des modernen Menschen.

Take-aways

  • Die Wellen ist der erzählerisch radikalste von Virginia Woolfs experimentellen Romanen.
  • Er verzichtet auf einen Erzähler, auf Handlung, auf äußeres Geschehen. Der Text besteht allein aus inneren Monologen der Figuren.
  • Inhalt: Drei Männer und drei Frauen, alles unterschiedliche Charaktere, sind von Kindheit an Freunde. Über neun Phasen ihres Lebens hinweg zeigen sie in Innenansichten, wie sich das Leben für sie darstellt. Einen Bruch markiert dabei der frühe Tod des gemeinsamen Freundes Percival.

Über die Autorin

Virginia Woolf wird am 25. Januar 1882 in London als Adeline Virginia Stephen geboren. Die junge Virginia besucht keine Schule, sondern wird zu Hause von ihrem Vater unterrichtet und hat Zugang zu dessen umfangreicher Bibliothek. In dieser Zeit reift in ihr der Wunsch, Schriftstellerin zu werden. Doch zunächst führen einige Todesfälle in ihrer Familie dazu, dass Virginia mehrere Nervenzusammenbrüche erleidet: Als sie 13 ist, stirbt die Mutter, zwei Jahre darauf die Halbschwester und neun Jahre später der Vater. 1906 stirbt ihr ältester Bruder Thoby an Typhus. Virginia bleibt im von Thoby gegründeten Bloomsbury-Zirkel aktiv und beginnt, Kritiken für Zeitschriften und Zeitungen zu schreiben. Nachdem der Schriftsteller Leonard Woolf ihr Anfang 1912 einen Heiratsantrag gemacht hat, erkrankt sie erneut psychisch. Vier Monate später nimmt sie den Antrag an, versucht aber schon kurz nach der Heirat, sich das Leben zu nehmen. Ihre Ehe beschreibt sie dennoch als glücklich. Leonard erweist sich als intellektuell ebenbürtiger, rücksichtsvoller Ehemann, der für ihre gelegentlichen Affären mit Frauen Verständnis aufbringt. 1915 erscheint Woolfs erster Roman Die Fahrt hinaus (The Voyage Out). Zwei Jahre später gründet das Ehepaar einen eigenen Verlag, Hogarth Press. Woolf verabschiedet sich ganz von konventionellen literarischen Formen und experimentiert in Jacobs Zimmer (Jacob’s Room, 1922) und Mrs Dalloway (1925) mit der Technik des inneren Monologs. Den humorvollen Roman Orlando von 1928 widmet sie ihrer Geliebten Vita Sackville-West. Der 1929 erschienene Aufsatz Ein eigenes Zimmer (A Room of One’s Own), in dem sie sich mit den Arbeitsverhältnissen von Schriftstellerinnen beschäftigt, wird später zu einem Klassiker der Frauenbewegung. Trotz immer wiederkehrender schwerer Depressionen arbeitet sie weiter an ihrem umfangreichen Werk. Am 28. März 1941 ertränkt sie sich im Fluss Ouse in Sussex. In ihrem Abschiedsbrief an Leonard schreibt sie: „Alles, außer der Gewissheit deiner Güte, hat mich verlassen. Ich kann dein Leben nicht länger ruinieren. Ich glaube nicht, dass zwei Menschen glücklicher hätten sein können, als wir gewesen sind.“


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