- Drama
- Expressionismus
Worum es geht
Das Karussell des Lebens
Else Lasker-Schülers bekanntestes Theaterstück ist keine leichte Kost: Die Dialoge sind voller Untiefen, die sich aus den vielfältigen sozialen Beziehungen und Tabus ergeben, die Szenen sind kaleidoskopische Fetzen, direkt aus dem Leben gerissen. Das Jahrmarktskarussell, auf dem Fabrikantensohn Heinrich mit dem jungen Lieschen fährt, bevor er sie verführt, wird zur Metapher für die Konstruktion des Stücks und die ausweglose Wiederholung der immer gleichen Konflikte. Um Heinrichs – nur angedeutete – Tat im vierten Akt reihen sich die schnell vorbeiziehenden Bilder aus Arbeiterviertel und Fabrikantenvilla. Die Handlung bewegt sich zwischen Schmutz und Begierde, Komik und Groteske, Hoffnung und Verzweiflung. Viele haben versucht, das Stück einzuordnen: Ist es naturalistisch, expressionistisch oder symbolistisch? Ist es eine düstere, fantastische Ballade oder ein sozialkritisches Drama? Die Wupper widersetzt sich einer eindeutigen Zuordnung. Intendanten und Regisseure taten sich schwer mit der Umsetzung. Trotzdem oder gerade deshalb ist Die Wupper ein bedeutendes Werk des modernen Theaters.
Zusammenfassung
Über die Autorin
Else Lasker-Schüler wird am 11. Februar 1869 in Elberfeld geboren, das heute zu Wuppertal gehört. Sie ist das jüngste von sechs Kindern. Mit vier Jahren lernt sie lesen und schreiben, mit elf bricht sie infolge einer Krankheit die Schule ab und wird fortan zu Hause unterrichtet. 1894 heiratet sie den Arzt Jonathan Berthold Lasker und zieht mit ihm nach Berlin, wo sie Malerei studiert und als Zeichnerin arbeitet. 1899 kommt ihr Sohn Paul zur Welt. 1901 wird ihr erster Gedichtband veröffentlicht: Styx. Zwei Jahre später lässt Lasker-Schüler sich scheiden, um kurz darauf den jüngeren Schriftsteller Herwarth Walden zu heiraten. Nach dem Tod ihres Freundes Peter Hille veröffentlicht sie 1906 ihr erstes Prosawerk: Das Peter-Hille-Buch. 1909 erscheint ihr Stück Die Wupper. 1912 wird auch die Ehe mit Walden geschieden. Lasker-Schüler verdient ihren Lebensunterhalt mit Vorträgen und wird von Freunden, unter anderem Karl Kraus, finanziell unterstützt. Sie beginnt eine Beziehung mit Gottfried Benn, dem sie viele Liebesgedichte widmet. Mit dem Maler Franz Marc entsteht eine enge Freundschaft, die beiden pflegen einen Briefwechsel und schicken sich gegenseitig handgemalte Karten. Der Tod ihres Sohnes Paul stürzt sie 1927 in eine Krise. In der Berliner Boheme hat sie entscheidenden Einfluss auf den aufkeimenden Expressionismus. 1932 wird sie mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet. Ein Jahr später greifen SA-Männer sie auf offener Straße an. Lasker-Schüler flieht in die Schweiz, wo sie jedoch ein Arbeitsverbot erhält. Sie reist mehrmals nach Palästina, zuletzt 1939, als der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und die Verweigerung eines Visums durch die Schweizer Behörden sie an der Rückreise hindern. In Jerusalem lebt Lasker-Schüler mehrere Jahre in Hotels, später zur Untermiete. Bis zu ihrem Tod setzt sie sich für einen friedlichen Austausch zwischen Juden und Arabern ein und organisiert Lesungen im Veranstaltungsring Kraal. Sie stirbt am 22. Januar 1945 in Jerusalem an den Folgen eines Herzinfarkts. Ihr Grab auf dem Ölberg wird bei der Teilung Jerusalems zerstört. 1975 wird der Grabstein wieder aufgestellt.
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