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Doktor Shiwago
Buch

Doktor Shiwago

Mailand, 1957
Diese Ausgabe: Fischer Tb, 2011 Mehr

Literatur­klassiker

  • Liebesroman
  • Realismus

Worum es geht

Eine Welt in der Schwebe

„Meine Philosophie, als Ganzes genommen, ist eher eine Neigung als eine Überzeugung.“ Diese Selbstauskunft Pasternaks sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man sich auf Doktor Shiwago einlässt, den einzigen Roman des wohl größten russischen Dichters der Moderne, sein Meisterwerk. Denn hier ist eine ganze Welt in der Schwebe, nichts entschieden, alles eher Energie als Materie: Die Charaktere des Romans – der Arzt und Dichter Juri Shiwago, seine Frau Tonja, seine Geliebte Lara, der Revolutionär Strelnikow, der Philosoph Wedenjapin – bleiben ohne Äußeres, Pasternak zeigt uns vielmehr die Welt durch ihre Sinne. Die Konflikte, die das Ganze unter Spannung setzen – Schicksal und Selbstbestimmung, Mensch und Gesellschaft, Wort und Tat – bleiben ungelöst. Dennoch bewahrt Pasternak, auf sehr eigene Weise, mit Doktor Shiwago das Erbe der großen russischen Romanciers, verschmilzt Historisches und Zeitloses.

Take-aways

  • Doktor Shiwago ist der einzige Roman des russischen Dichters Boris Pasternak.
  • Inhalt: Der verheiratete Arzt und Dichter Juri Shiwago verliebt sich an der Front im Ersten Weltkrieg in die Krankenschwester Lara Guichard, die ihrerseits auf der Suche nach ihrem tot geglaubten Ehemann ist. Dieser, ein in Ungnade gefallener Revolutionär, wird von den Kommunisten verfolgt; auch Lara muss fliehen. Erst nach Jahren kehrt sie nach Moskau zurück, wo ihr Geliebter, Shiwago, gerade zu Grabe getragen wird.
  • Mit Doktor Shiwago setzte Pasternak die Tradition des russischen Realismus des 19. Jahrhunderts fort und schuf dennoch ein Werk von großer Originalität.

Über den Autor

Boris Pasternak wird am 10. Februar 1890 in Moskau geboren. Seine Mutter ist Pianistin, der Vater Maler und Professor für Kunst. Auch für Boris scheint eine künstlerische Laufbahn vorgezeichnet. Nachdem er sich zunächst auf den Spuren Alexander Skrjabins als Komponist versucht hat, fühlt er sich immer mehr von der Welt der Worte und Gedanken angezogen und beginnt, Philosophie zu studieren. Doch bald wird klar: Seine eigentliche Berufung ist die Dichtkunst. 1914 debütiert er mit der Gedichtsammlung Zwilling in Wolken. Mit Meine Schwester, das Leben gelingt ihm 1922 der Durchbruch. Zwar nimmt Pasternak Einflüsse zeitgenössischer lyrischer Strömungen wie Futurismus und Symbolismus auf, verarbeitet sie jedoch zu eigenständigen Werken von hoher Originalität. Wie viele Intellektuelle begrüßt er 1917 die Revolution. Als Vertreter der „alten“ Intelligenzija wird er jedoch bald angefeindet, zumal er sich beharrlich weigert, seine Kunst in den Dienst der Sowjet-Ideologie zu stellen. Noch darf er aber veröffentlichen. Mit der autobiografischen Skizze Geleitbrief etabliert sich Pasternak 1931 als Autor von Weltformat. Doch der Druck nimmt zu; Pasternak lebt in der ständigen Angst, verhaftet zu werden. 1945 beginnt er Doktor Shiwago, seinen einzigen Roman, an dem er zehn Jahre lang arbeitet. Da er nicht an eine Veröffentlichung in der Heimat glaubt, nimmt Pasternak das Angebot eines italienischen Verlags an. Doktor Shiwago erscheint 1957. Ein Jahr später bekommt Pasternak den Nobelpreis für sein Lebenswerk zugesprochen, lehnt jedoch ab, da ihm das Regime mit Ausweisung droht. Er darf bleiben, wird aber geächtet. Am 30. Mai 1960 stirbt Boris Pasternak an Lungenkrebs.


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