Miguel de Cervantes Saavedra
Don Quijote
dtv, 2002
Was ist drin?
Der „Ritter von der traurigen Gestalt“ ist der berühmteste Romanheld Spaniens – und der "Don Quijote" gehört zu den wichtigsten Werken der Weltliteratur.
- Abenteuerroman
- Frühe Neuzeit
Worum es geht
Ritterlicher Traumtänzer
Seit 400 Jahren behauptet sich ein fahrender Ritter in der Weltliteratur, der eigentlich gar keiner ist: Don Quijote de la Mancha, der Ritter von der traurigen Gestalt, besteht Abenteuer, wo es nichts zu bestehen gibt. Er hält Windmühlen für Giganten, Hammelherden für feindliche Armeen, Weinschläuche für Riesen, Herbergen für Schlösser und ein einfaches Bauernmädchen für seine vornehme Herrin. Don Quijote ist ein Opfer seiner Literatursucht, seiner übersteigerten Lesefreude an Ritterromanen. Jedes Kind kennt zumindest eine der zahlreichen Episoden; der "Kampf gegen Windmühlenflügel" ist zum Sprichwort geworden. Doch was macht aus dem vermeintlich närrischen und immerhin über 1000 Seiten fassenden Roman nicht nur ein Meisterwerk der spanischen Literatur, sondern sogar den "besten Roman der Welt", wie das Osloer Nobelinstitut ihm im Jahr 2002 bescheinigte? Es sind die meisterlich miteinander verknüpften Erzählebenen, die zwischen den Zeilen vermittelte Weisheit, die parodistische Treffsicherheit und das riesige Figuren- und Themeninventar, die Cervantes' Werk zum Universalroman im besten Sinne machen. Don Quijote wird von allen phantasiebegabten Menschen geliebt, die sich in die Welt der Bücher oder Filme hineinträumen - und zeigt gleichzeitig, wie närrisch diese Weltflucht sein kann.
Take-aways
- Cervantes verfasste seinen Don Quijote während einer Festungshaft und veröffentlichte den Roman im Jahr 1605.
- Das Buch war ein Senkrechtstarter: Innerhalb kürzester Zeit kursierten mehrere Raubdrucke.
- Im Jahr 1615 ergänzte Cervantes den Roman um einen zweiten Teil, der von weiteren Abenteuern des Don Quijote berichtet.
- Der Roman handelt von einem ältlichen Landjunker namens Alonso Quijano, der eine gesteigerte Vorliebe für Ritterromane hegt.
- Seine Lektüre steigt ihm so zu Kopf, dass er beschließt, selbst ein fahrender Ritter zu werden - in einer Zeit, in der diese Spezies bereits ausgestorben ist.
- Zunächst allein und später mit seinem Knappen Sancho Pansa reitet er unter dem Namen Don Quijote in die Welt hinaus, um Abenteuer zu suchen.
- Don Quijote projiziert seine Wünsche nach ritterlichen Abenteuern in die fade Wirklichkeit: Darum kämpft er gegen Windmühlen, die er sich als Riesen vorstellt, oder zieht gegen Schafherden ins Feld, die er für feindliche Armeen hält.
- Insgesamt dreimal zieht der Ritter aus. Seine Abenteuer bringen ihm aber meist nichts als Spott und blaue Flecken ein.
- Seine Freunde, der Priester und der Barbier, versuchen ihn zur Heimkehr zu überreden.
- Das gelingt aber erst, als sich ein anderer Freund ebenfalls als Ritter verkleidet, Don Quijote im Zweikampf besiegt und ihn zur Heimkehr verpflichtet.
- Nach einem heftigen Fieberschlaf bekennt Don Quijote seine Narrheiten und stirbt friedlich.
- Cervantes wird heute als Spaniens größter Autor geehrt; das Osloer Nobelinstitut kürte den Don Quijote im Jahr 2002 zum "besten Buch der Welt".
Zusammenfassung
Die Geburt des Don Quijote
In einer Hochebene Spaniens, die La Mancha heißt, lebt ein ältlicher und auch ein wenig ärmlicher Landjunker namens Alonso Quijano. Seine größte Freude ist seine ausgesuchte Bibliothek, die mit den besten Ritterromanen bestückt ist. Ganze Nächte hindurch liest der Edelmann diese Abenteuergeschichten. Mit seinen Freunden, dem Pfarrer und dem Barbier, diskutiert er, welcher der beste von allen Rittern sei. Irgendwann, nachdem ihm seine ganzen Bücher das Hirn "aufgeweicht" haben, verfällt der Junker auf die seltsame Idee, selbst ein fahrender Ritter zu werden, durch die Lande zu reiten und für Recht und Gerechtigkeit einzutreten. Freilich gibt es offiziell gar keine Ritter mehr. Dennoch: Er sucht in seinem Schuppen nach der alten, von Rost zerfressenen und von Schimmel überzogenen Rüstung seines Urgroßvaters und bastelt sich einen Helm mit Pappvisier. Seinen klapprigen Gaul Rosinante zäumt er zum Schlachtross auf. Sich selbst nennt er Don Quijote von der Mancha.
Ritterschlag
In aller Heimlichkeit reitet Don Quijote hinaus, um Abenteuer zu suchen. Doch zu seinem Leidwesen passiert nichts. Gar nichts. Da überlegt er sich, dass jeder fahrende Ritter, so hat er es gelesen, eine Dame haben muss, für deren Ehre er kämpft. Kurz entschlossen macht er ein Bauernmädchen aus dem Nachbardorf zu seiner "Herrin" und nennt sie Dulcinea von Toboso. Eine andere Kleinigkeit macht ihm nun große Schwierigkeiten: Er wurde noch nicht zum Ritter geschlagen. Doch diesen Missstand will er sogleich beheben. In der Ferne entdeckt er ein Kastell, zwei reizende Burgfräulein und einen Kastellan. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch nur um eine Herberge, zwei Dirnen und einen Wirt. Diesen bittet Don Quijote nun, ihn zum Ritter zu schlagen. Der Wirt findet den Narren lustig und geht auf das Ersuchen ein.
„An einem Orte der Mancha, an dessen Namen ich mich nicht erinnern will, lebte vor nicht langer Zeit ein Junker, einer von jenen, die einen Speer im Lanzengestell, eine alte Tartsche, einen hagern Gaul und einen Windhund zum Jagen haben.“ (S. 21)
Auf seinem weiteren Weg entdeckt Don Quijote einen Viehjungen, der von seinem Herrn geschlagen wird. Sofort setzt sich Don Quijote für den vermeintlich Entrechteten ein, obwohl ihm der Herr versichert, dass der Junge seine Strafe wegen Nachlässigkeit zu Recht erhalte. Nachdem der Ritter die Freilassung des Knaben erreicht hat, reitet er weiter - und der Junge wird nur noch ärger von seinem Herrn malträtiert. Don Quijote begegnet danach einem Trupp eiliger Kaufleute. Diese hält er auf und nötigt sie, vor aller Welt zu bezeugen, dass seine Herrin Dulcinea von Toboso die schönste Frau weit und breit sei. Doch darauf lassen sich die Kaufleute nicht ein, sie beleidigen die Dame sogar. Ganz Choleriker, schwingt Don Quijote sofort die Lanze. Leider stolpert sein Pferd, sodass er in voller Rüstung zu Boden geht und die Knute der Reisenden zu spüren bekommt. Regungslos bleibt er auf der Straße liegen und wird von einem zufällig vorbeikommenden Bauern gefunden und nach Hause gebracht.
Die Bücherschau und die zweite Ausfahrt
Dort sorgen sich seine Hausangestellten, seine Nichte, der Pfarrer und der Barbier um den Gesundheitszustand ihres Freundes. Sie machen die Romane dafür verantwortlich. Kurzerhand bemächtigen sie sich der Bibliothek, gehen jedes der Bücher einzeln durch und entscheiden, welche aufgehoben und welche verbrannt werden sollen. Außerdem mauern sie den Zugang zur Bibliothek zu. Als Don Quijote wieder erwacht, erzählen sie ihm, ein Zauberer habe seine Bücher einfach weggezaubert. Damit geht ihr Plan allerdings nach hinten los: Sofort argwöhnt Don Quijote, dass es sich sicherlich um seinen Erzfeind, den Magier Friston, handelt. Darum will er sich auch sogleich wieder auf die Reise ins Abenteuer machen. Auf seinem Weg begegnet er Sancho Pansa, einem Bauern, den er dazu bringt, sein Schildknappe zu werden. Nach einiger Überredungskunst und dem Versprechen, ihn dereinst zum Herrn einer Insel zu machen, kann er den gutmütigen, leicht dicklichen Bauern überzeugen, auf seinem Esel neben ihm her zu reiten.
Der Kampf gegen die Windmühlen
Kaum sind sie einige Stunden geritten, da erblickt Don Quijote ein Heer von Riesen, die sich ihm entgegenstellen. Sancho ist verdutzt: Er sieht nur Windmühlen, deren Flügel im einsetzenden Sturmwind schlagen. Doch Don Quijote rügt seinen Knappen: Er habe eben keine Ahnung von ritterlichen Abenteuern. Sagt's und stürmt mit erhobener Lanze auf die vermeintlichen Riesen los. Es kommt, wie es kommen muss: Don Quijote verhakt sich in den Flügeln und wird von ihnen hoch in die Luft geschleudert. Jetzt erst realisiert der Ritter, dass es sich um Windmühlen handelt - allerdings nur, wie er sagt, weil die Riesen von einem bösen Zauberer in dem Augenblick verwandelt wurden, als er seine Lanze ausfuhr.
„O du, wer auch immer du seiest, verwegener Ritter, der du herannahest, um die Waffen des tapfersten Abenteurers zu berühren, der da je sich mit einem Schwert umgürtet, siehe wohl zu, was du tust, und berühre sie nicht, wenn du nicht das Leben lassen willst zur Buße für deine Verwegenheit.“ (Don Quijote zu einem Maultiertreiber, S. 37)
Am nächsten Tag kann Don Quijote seinen Mut erneut unter Beweis stellen: Er sieht eine Kutsche mit einem Fräulein darin, zwei Mönche und ein paar Reiter und konstruiert daraus eine Entführung, die zwei Magier veranlasst haben. Wieder stürmt er ins Abenteuer, schlägt einen der Mönche k. o. und beginnt in der Nähe der Kutsche einen Zweikampf mit einem der Reiter. Das kostet ihn seinen Helm und ein halbes Ohr. Dennoch kann er den Kämpfer niederringen und presst allen Anwesenden das Versprechen ab, zu Dulcinea nach Toboso zu reiten und von seiner ruhmreichen Schlacht zu berichten.
Liebeswirren
Die beiden ausgehungerten Wandernden werden von einer Gruppe von Ziegenhirten freundlich aufgenommen, verarztet und bewirtet. Don Quijote rühmt das "goldene Zeitalter", als Menschen ohne Zwietracht miteinander zusammenlebten und die Frauen ehrbar waren. Rosinante bekommt amouröse Anwandlungen und macht sich an ein paar edle Stuten heran. Das Pferd wird sogleich von deren Besitzern grün und blau geschlagen - samt Ritter und Knappen. Halb ohnmächtig erreichen die beiden eine Herberge, die Don Quijote natürlich wieder für eine Burg hält. Der Wirt, seine schöne Tochter und die triefäugige Magd kümmern sich um die beiden. In der Nacht gibt es einen Tumult: Don Quijote verwechselt die Magd, die zu ihrem Geliebten unterwegs ist, mit der Tochter des Wirts und bezieht daraufhin erneut Prügel.
Der Ritter von der traurigen Gestalt
Nachdem Don Quijote und Sancho Pansa der Schenke mit einigen Blessuren entkommen sind, erspäht der Ritter erneut eine Schlacht: Doch statt der Heere des heidnischen Kaisers Alifanfarón und des christlichen Königs Pentapolín kann Sancho nur eine Schaf- und Hammelherde erkennen. Dennoch greift Don Quijote (auf Seiten der "christlichen" Hammel) in die Schlacht ein, ersticht mehrere Schafe und wird dafür von den Hirten mit Steinschleudern malträtiert. Am Ende der Schlacht fehlen ihm sieben Zähne. Sancho versieht seinen Herrn daraufhin mit dem Namen "Ritter von der traurigen Gestalt". Nach einem Angriff auf einen Leichenzug versucht Sancho Pansa mit allen Mitteln, seinen Herrn von weiteren Abenteuern abzuhalten. Als Don Quijote jedoch den sagenhaften Wunderhelm des Mambrin erspäht, kann er nicht anders und greift den Helmträger an. Dass es sich dabei lediglich um einen Barbier handelt, der ein kupfernes Barbierbecken auf dem Kopf trägt, um sich vor dem Regen zu schützen, entgeht dem Ritter. Ebenso irrt er, als er ein paar gefangene Verbrecher befreit, die von Wachen des Königs auf eine Galeere geführt werden. Nach der Rettungsaktion überziehen ihn die Freigelassenen zum Dank mit einem Steinhagel und stehlen Sanchos Esel.
Narren unter sich
Die beiden Abenteurer treffen auf einen verwahrlosten und halbnackten Mann namens Cardenio, der ihnen seine vor Tränen triefende Geschichte erzählt. Er sei ein "Liebesnarr", der seit der Kindheit in die schöne Luscinda verliebt sei. Das bringt Don Quijotes Phantasie zum Kochen: Auch er will zu Ehren seiner Dulcinea zum Liebesnarren werden. Vor den Augen seines verdutzten Knappen läuft er gegen Wände und hüpft im Unterhemd durch die Gegend. Don Quijote ergießt seine Liebespein in einen Brief, den Sancho zu Dulcinea bringen soll. Allerdings begegnet der Knappe unterwegs dem Pfarrer und dem Barbier, die ihren Freund Don Quijote endlich wieder ins Dorf zurückbringen wollen. Gemeinsam mit dem Bauernmädchen Dorotea ersinnen sie einen Plan, den Ritter mit einem erfundenen Bittgesuch der (von Dorotea gespielten) "Infantin Micomicona" nach Hause zu locken. Auch Sancho erfindet eine Geschichte: Er sei bei Dulcinea gewesen und sie habe Don Quijote befohlen, sofort bei ihr zu erscheinen. Daraufhin brechen alle zusammen auf. In einer Gastwirtschaft schlafwandelt Don Quijote und wähnt in einigen Weinschläuchen die Riesen vor sich zu haben, die der Micomicona übel mitgespielt haben. Er tränkt den Weinkeller mit dem Blut der Riesen - und der Wirt beklagt den Verlust seiner gesamten Weinvorräte.
Rückkehr und dritte Ausfahrt
In der Schenke tragen sich vielerlei Dinge zu: Zwei Liebende finden zueinander, ein aus dem Kerker entflohener Christ erzählt seine Geschichte und Don Quijote wird ein übler Streich gespielt, bei dem er förmlich in der Luft hängen muss. Mit Hilfe von Polizisten sperren Pfarrer und Barbier den Narren in einen Käfig; er muss auf einem Ochsenkarren seine Heimreise antreten. Zurück im heimischen Schlafzimmer wird der gebeutelte Held von seiner Haushälterin und Nichte gesund gepflegt.
„,Bedenket doch, Herr Ritter', entgegnete Sancho, ‚die dort sich zeigen, sind keine Riesen, sondern Windmühlen, und was Euch bei ihnen wie Arme vorkommt, das sind die Flügel, die, vom Winde umgetrieben, den Mühlstein in Bewegung setzen.'“ (S. 67f.)
Der Gelehrte Sansón Carrasco berichtet davon, dass bereits ein Buch über die Abenteuer des Don Quijote geschrieben werde. Das macht Ritter und Knappe natürlich Lust auf neue Abenteuer - schließlich ist der bisherige Schluss kein rühmliches Ende für die Geschichte. In aller Heimlichkeit verlassen die beiden das Heimatdorf, um sich nun endlich zu Dulcinea von Toboso zu begeben. Darüber ist Sancho aber nicht gerade erfreut, denn schließlich ist er ja nie bei der Dame seines Herrn gewesen. Er ersinnt eine List: Vor drei Bauernmädchen wirft er sich auf die Knie und behauptet, dies sei die schöne Dulcinea mit zwei Jungfrauen. Jetzt ist es Don Quijote, der nur ein schmutziges Bauernmädchen erkennt - aber das Spiel mitspielt und traurig darüber ist, dass offenbar ein Zauber auf ihm laste.
„Dass ein fahrender Ritter mit Grund verrückt wird, darin ist nichts Freiwilliges, dafür gibt's keinen Dank; die rechte Probe ist, ohne Anlass wahnsinnig zu sein, damit meine Geliebte denken muss: wenn das am grünen Holz geschieht, was soll's erst am dürren werden!“ (S. 229)
Der Ritter vom Walde greift Don Quijote an, wird aber, oh Wunder, von diesem besiegt. Hinter der Maske des anderen Ritters verbirgt sich Sansón Carrasco, der versucht hat, Don Quijote auf diese Weise zur Rückkehr nach Hause zu bewegen - leider erfolglos. Auch eine Begegnung mit zwei Löwen, die ein paar Dompteure als Geschenk an den König nach Madrid bringen, verläuft glimpflich: Die satt gefressenen Tiere beachten den Ritter gar nicht, der sie zum Duell fordert. Für Don Quijote ist das ganz klar ein Sieg und er bezeichnet sich fortan als "Löwenritter".
Am Herzogshof
Don Quijote wohnt einer Hochzeit bei, wird in eine Wunderhöhle hinabgelassen, wo er wahnwitzige Visionen erlebt, verhindert einen Krieg wegen eines verloren gegangenen Esels und verwechselt ein Puppenspiel mit der Realität - bis der Ritter und sein Knappe an den Hof eines gelangweilten Herzogpaares geraten. Dieses kennt die Geschichte des seltsamen Gespanns aus dem Buch, das inzwischen über es geschrieben wurde. Zum Spaß verwickeln sie die beiden in haarsträubende Situationen und erdichten ganz ähnliche Geschichten, wie sie sie im Buch gelesen haben. Zu ihrer Freude gehen Ritter und Knappe darauf ein. Sancho soll sich, um die verzauberte Dulcinea zu befreien, selbst 3300 Geißelschläge beibringen, und beide gemeinsam müssen mit verbundenen Augen auf einem Holzpferd reiten, an dem das Herzogpaar Feuerwerkskörper befestigt hat. Sancho bekommt dann tatsächlich einen Posten als Statthalter von Barataria, wo er zur Verwunderung aller ausgesprochen vernünftige Rechtsurteile fällt. Doch schließlich dankt er ab und zieht mit seinem Herrn weiter.
Heimkehr und Tod
Im Wald werden die beiden von einer Räuberbande überfallen - ihr Anführer Roque Guinard entpuppt sich aber als nobler Räuber und bietet den beiden eine Eskorte nach Barcelona an. Am Strand von Barcelona kommt es zum Turnier zwischen Don Quijote und dem Ritter vom weißen Mond - wiederum der verkleidete Sansón Carrasco. Diesmal siegt der andere Ritter und nimmt Don Quijote das Gelöbnis ab, nach Hause zurückzukehren und ein Jahr lang nicht mehr auszureiten. Zu Hause fällt Don Quijote in einen heftigen Fieberschlaf. Als er erwacht, ist er wieder Alonso Quijano und verurteilt seine eigenen Narrheiten. Er schwört den Ritterromanen ab und stirbt.
Zum Text
Aufbau und Stil
Die über 1000 Seiten von Cervantes' Roman gliedern sich in zwei große Teile: Der erste Teil von 1605 enthält 52 Kapitel, der zweite Teil von 1615 besteht aus weiteren 74 Kapiteln. Die inhaltliche Gliederung ist durch die drei großen Ausfahrten des Don Quijote vorgegeben: Nach einer Exposition (Einführung), welche die Verwandlung des Alonso Quijano in Don Quijote beschreibt, bricht der Held allein zu seiner ersten kurzen Ausfahrt auf (I, Kapitel 2-5). Ein Intermezzo (Zwischenspiel) liefert die Bücherschau (I, Kapitel 6), bei der Alonsos Freunde seine "schädliche" Bibliothek ausmisten und zumauern. Die zweite Ausfahrt unternimmt Don Quijote zusammen mit Sancho Pansa (I, Kapitel 7-52), genauso wie die dritte (II, Kapitel 8-72). Zwischen beiden Ausfahrten befindet sich wiederum ein Einschub, in dem die Helden über ihre eigenen Abenteuer - und das darüber geschriebene Buch - sinnieren. Den Abschluss bilden Don Quijotes Besinnung und Tod (II, Kapitel 73/74). Die Erzählweise des Romans ist vielschichtig: Verschiedene Erzählerstimmen kommen zu Wort; Don Quijote und Sancho führen unzählige Dialoge und Monologe; andere Personen bringen Erzählungen, Episoden und Geschichten vor. Der Don Quijote ist ein Universalroman: Viele Themen - Lob der Liebe, religiöse und philosophische Diskurse etc. - und viele Stilformen (Schwank, Farce, Schelmenroman, Romanzen, Lyrik) kommen vor und alle gesellschaftlichen Schichten treten auf. Das macht aus dem Roman ein Potpourri, das stets zwischen Hohem und Niedrigem, Tragik und Komik wechselt.
Interpretationsansätze
- Don Quijote ist ein Roman über das Lesen und die Literatur und über die Auswirkungen einer ungezügelten Phantasie: Der Held verwechselt die Fiktion seiner Ritterromane mit der Realität, lebt seinen Wunsch, ein Ritter zu sein, aus und konstruiert seine Wirklichkeit so, dass Wirtshäuser zu Burgen und Windmühlen zu Riesen werden.
- In seiner Bibliothek verwahrt Don Quijote die größten (und im Spanien der Renaissance populärsten) Ritterromane seiner Zeit. Eines der Werke sticht besonders hervor: Die Abenteuer des fahrenden Ritters "Amadís de Gaula" von Garcí Ordoñez de Montalvo.
- Don Quijote ist eine Ritterromanparodie: Indem Cervantes das Schema der Ritterliteratur konstant und geradezu aufdringlich mechanisch abspult und noch dazu das Rittermuster übertreibt (der Ritter sieht Abenteuer, wo keine sind), hält er dem gesamten Genre den Spiegel vor und führt es gleichzeitig ad absurdum.
- Cervantes ist ein Meister des Metaromans: Seine literarischen Figuren unterhalten sich über andere Literatur. Das geht sogar bis zur raffiniert konstruierten Metalepse (Vermischung der Wirklichkeitsebenen), wenn beispielsweise der Pfarrer in der Bibliothek von Don Quijote ein früheres Buch von Cervantes findet und behauptet, der Autor sei ein guter Freund von ihm.
- Im zweiten Romanteil von 1615 nimmt Cervantes mehrere Male Plagiate seines Romans ins Visier, wenn er Don Quijote in Raubdrucken "seiner eigenen Geschichte" lesen und diese als dummdreist, flach und verfälscht darstellen lässt.
- Die Namen der Romanfiguren haben bestimmte Bedeutungen: Don Quijote ist nach dem Beinharnisch seiner Rüstung benannt. Rosinante bedeutet so viel wie "vorher ein Gaul". Sancho bedeutet dumm und gewieft zugleich, und Pansa ist der Wanst.
Historischer Hintergrund
Aufstieg und Zerfall des spanischen Weltreiches
Seit dem 8. Jahrhundert stand Spanien unter der Herrschaft der Mauren (arabisch-berberische Mischbevölkerung aus Nordafrika). Im Norden der iberischen Halbinsel bildeten sich jedoch schnell wieder christliche Königreiche (Léon, Kastilien, Aragonien, Navarra), die den Kampf gegen die muslimischen Eroberer aufnahmen. Cervantes bezieht sich an mehreren Stellen im Roman auf die Konflikte zwischen den christlichen Einwohnern Spaniens und den Mauren. Die "Reconquista", die Rückeroberung der Halbinsel, begann bereits im 10. Jahrhundert. Mit der Einnahme von Granada durch christliche Heere am 2. Januar 1492 war die jahrhundertelange Herrschaft der Muslime gebrochen. Danach wurden Juden und Muslime vertrieben oder zur Konversion gezwungen.
Spaniens Aufstieg zum geeinten König- und Weltreich stand kurz bevor: Die Heirat der Erbin von Kastilien und León, Isabella I., mit dem Erben von Aragonien, Ferdinand II., ebnete dafür den Weg. Diese beiden finanzierten Christoph Kolumbus seine Expedition nach Indien, was den Spaniern weite Teile des neu entdeckten Kontinents Amerika einbrachte; das Inka- und Aztekenreich wurde zerschlagen. Unter Karl V. weitete sich der spanische Einfluss aus: Besitzungen in Italien und Amerika, Burgund, die Niederlande sowie die österreichischen Erblande kamen hinzu. Mit Karls Sohn Phillip II. begann 1556 der langsame Abstieg Spaniens. Ein Brennpunkt waren die von England unterstützten Unabhängigkeitskriege mit den Niederlanden. Die spanische Armada wurde von der aufstrebenden Seemacht Englands unter Elisabeth I. vernichtend geschlagen. Phillip III. wollte mit Friedensschlüssen retten, was zu retten war. Dennoch verabschiedete sich Spanien langsam, aber sicher von seiner Spitzenstellung als Weltmacht. Ironischerweise fällt gerade in diese Periode das "goldene Zeitalter" der spanischen Literatur: Neben Miguel de Cervantes wurden besonders die beiden Dramatiker Lope de Vega und Pedro Calderón de la Barca zu Inbegriffen dieser Literaturepoche.
Entstehung
Einer der größten Romane der Weltliteratur verdankt seine Entstehung dem persönlichen Unglück seines Verfassers. Cervantes arbeitete als Steuereinnehmer in Granada und Malaga, wurde aber wegen Veruntreuung der eingenommenen Gelder ins Gefängnis geworfen. Im Gefängnis von Argamasilla, mitten in der Hochebene von La Mancha, begann der schon 58-jährige Autor die Arbeit am Don Quijote. Nachdem der erste Romanteil fertig gestellt war, musste Cervantes noch einen Verleger finden. Francisco Robles nahm das Werk mit Widerwillen an, erwarb aber nur die Urheberrechte für Kastilien. Weil das Buch ein sofortiger Erfolg wurde, musste Cervantes die Urheberrechte für andere spanische Regionen und Portugal erst noch sichern. Das war auch dringend notwendig, denn schon ein Jahr nach der Erstveröffentlichung kursierten Raubdrucke. Das Buch war beliebt beim Volk, aber gehasst bei den höheren Ständen: Die Adligen nahmen Cervantes die Verunglimpfung der Ritterromane übel, und zeitgenössische Dichter wie Lope de Vega machten ihm den Erfolg madig. Innerhalb von drei Jahren erschienen sieben Auflagen in Spanien. Der Siegeszug setzte sich weltweit fort: Ab 1608 erschienen die ersten Übersetzungen. Cervantes begann damit, weitere Werke zu schreiben und in ihnen bereits anzudeuten, dass er eine Fortsetzung seines Bestsellers plante. Doch ein Jahr vor deren Fertigstellung im Jahr 1615 kam ihm ein "Trittbrettfahrer" zuvor: Ein gewisser Avellaneda veröffentlichte eine "getürkte" Fortsetzung des Don Quijote - sehr zu Cervantes' Missfallen. Entsprechend stringent trieb der Autor nun seine Arbeit an der eigenen Romanfortsetzung voran und veröffentlichte die dritte Ausfahrt und den Tod des Don Quijote bereits Ende 1615.
Wirkungsgeschichte
Leider gelang es Cervantes nicht, den enormen Erfolg seines Romans in klingende Münze zu verwandeln, oder besser: den Geldsegen dauerhaft anzulegen. Dem Ruhm seines Helden tat dies keinen Abbruch: Don Quijote wurde ein Mythos. Der sprichwörtliche "Kampf gegen Windmühlenflügel" festigte sich als Redewendung in der Alltagssprache. Don Quijote beeinflusste den europäischen Roman über alle Maßen. Übersetzungen in allen modernen Sprachen liegen in über 700 Ausgaben vor. Insbesondere die mittelalterverliebten deutschen Romantiker führten Don Quijote aus seinem närrischen Dasein heraus, indem sie betonten, dass der Ritter nicht dumm, sondern wegen seiner idealistischen Lebenseinstellung lediglich vom Pech verfolgt sei. Die Weltverzauberung durch Phantasie passte bestens in ihr literarisches Programm. Ludwig Tieck übersetzte den Roman und lobte die Erzählkunst des Spaniers. Ein berühmter Nachahmer ist Gustave Flaubert: Seine Madame Bovary (1857) verwechselt, ähnlich wie Don Quijote, Liebesromane mit der Realität.
Die Fülle von Szenen und Ereignissen im Roman inspirierte Künstler wie Gustave Doré, Honoré Daumier, Alfred Kubin oder Pablo Picasso zu Illustrationen. Musikalische Bearbeitungen gibt es zuhauf: Opern von Giovanni Paisiello, Jules Massenet und Manuel de Falla und eine sinfonische Dichtung von Richard Strauss. Das Musical Man of La Mancha (1965) von Mitch Leigh wurde zu einem Klassiker des Musiktheaters. In der dazugehörigen Verfilmung spielte Sophia Loren die Dulcinea und Peter O'Toole den Don Quijote. Über ein Dutzend weitere Verfilmungen zeugen von der immensen Popularität des Stoffes aus dem "besten Buch der Welt".
Über den Autor
Miguel de Cervantes Saavedra wird im Jahr 1547 als viertes von sieben Kindern in der Universitätsstadt Alcala de Henares bei Madrid geboren. In jungen Jahren bereits verlässt er sein Elternhaus und muss bald darauf wegen eines Duells vor der spanischen Justiz fliehen. 1568 erscheinen erste Gedichte. Cervantes dient bei der spanischen Marine und nimmt 1571 an der Seeschlacht von Lepanto gegen die Türken teil. Dabei wird er an der linken Hand verletzt, sodass er fortan einarmig ("el Manco de Lepanto" - der Einarmige von Lepanto) durchs Leben ziehen muss. 1575 wird sein Schiff von Piraten gekapert, die ihn in die Gefangenschaft nach Algier verschleppen. Erst fünf Jahre später gelingt es dem Trinitarierorden, ihn gegen Geld auszulösen. Zurück in Spanien konzentriert sich Cervantes aufs Schreiben. Seine Dramen fallen jedoch beim Publikum durch. 1584 heiratet er mehr aus wirtschaftlichen Gründen als aus Liebe die 18 Jahre jüngere Catalina de Salazar und lebt mit ihr in Toledo. Mit dem Schäferroman Galatea hat Cervantes 1585 einen kurzen literarischen und finanziellen Erfolg. Das Geld zerrinnt ihm jedoch unter den Fingern. Er geht zurück zur Marine und dient als Getreide- und Öleinkäufer für die spanische Armada. 1594 wird Cervantes Steuereinnehmer in Granada und Malaga. Wegen einer Veruntreuung landet er 1597 im Gefängnis, wo er den Don Quijote beginnt, der 1605 erscheint und dem Autor einen späten Ruhm beschert. 1615 erscheint der zweite Teil des Romans. Ein Jahr später, am 22. April 1616, stirbt Cervantes in Madrid.
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