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Ein Doppelgänger
Buch

Ein Doppelgänger

Stuttgart, 1886
Diese Ausgabe: Insel Verlag, 2017 Mehr

Literatur­klassiker

  • Novelle
  • Realismus

Worum es geht

Ein modernes Drama

Der oft als ländlicher Heimatdichter unterschätzte Theodor Storm nahm sich in dieser späten Novelle erstmals eines gegenwartsbezogenen und für die damalige Zeit besonders heiklen Stoffes an: der grassierenden Verarmung und Proletarisierung der Landbevölkerung im Zuge der Industrialisierung. Mit nüchternem Realismus beschreibt Storm in Ein Doppelgänger das bittere Schicksal des Arbeiters John Hansen, der durch eigene Schuld, aber auch durch soziale Ächtung Stück für Stück aus der Gesellschaft fällt und immer tiefer in eine Spirale aus Armut und Gewalt gerät. Bezeichnenderweise besiegelt ein Brunnen – Storms Arbeitstitel für die Novelle – sein Ende, nachdem er im Streit seine Frau getötet und allen Rückhalt in seiner kleinen Heimatstadt verloren hat. Die starke Sozialkritik, die Thematisierung familiärer Gewalt sowie Storms pessimistische Darstellung der Macht der Gesellschaft über den Einzelnen verleihen diesem packenden Drama zeitlose Brisanz.

Take-aways

  • Ein Doppelgänger ist das erste Werk Theodor Storms mit sozialkritischem Zeitbezug.
  • Inhalt: Angeregt durch eine zufällige Bekanntschaft erinnert sich ein Advokat an das bittere Schicksal des John Hansen: Der wegen einer Gefängnisstrafe Geächtete lebte verarmt mit Frau und Kind. Streit und Gewalt prägten die Ehe, schließlich tötete er seine Frau im Affekt. Aufopferungsvoll kümmerte er sich um seine Tochter und starb unglücklich beim Sturz in einen Brunnen.
  • Die Novelle besteht aus einer idyllischen Rahmenhandlung und der realistisch erzählten Geschichte des John Hansen.

Über den Autor

Theodor Storm wird am 14. September 1817 als Spross einer alteingesessenen Husumer Patrizierfamilie geboren. Sein Vater ist Rechtsanwalt. Storm studiert Jura und lässt sich 1843 ebenfalls als Rechtsanwalt in Husum nieder. Als er sich 1853 gegen die Annektierung Husums durch Dänemark auflehnt, muss er seine Heimatstadt verlassen. Erst 1864 kann er wieder dorthin zurückkehren. In der Zwischenzeit arbeitet er als Assessor in Potsdam, wo er unter anderem mit Theodor Fontane, Joseph von Eichendorff und Paul Heyse verkehrt. In Husum hat er zwischen 1864 und 1880 zuerst das Amt des Landvogts, dann das des Amtsrichters inne. Storm heiratet zweimal, aus den beiden Ehen gehen insgesamt sieben Kinder hervor. Zu einer einschneidenden Erfahrung wird für ihn der Versuch, nach dem Tod der ersten Ehefrau mit der zweiten Frau erneut eine glückliche Ehe zu führen. Die permanente geistige Präsenz der Verstorbenen stellt das neue Eheglück immer wieder infrage. Storm verarbeitet diese Erfahrung in der Novelle Viola Tricolor (1874). Zwischen Immensee (1849), einer Novelle über den Widerstreit zwischen bürgerlichem Leben und Künstlerexistenz, mit der Storm schlagartig berühmt wird, und dem Schimmelreiter (1888) publiziert der Autor noch viele weitere Novellen, unter anderem Pole Poppenspäler (1874), Aquis submersus (1876), Carsten Curator (1878), Hans und Heinz Kirch (1882) sowie Ein Doppelgänger (1886). Daneben entstehen realistisch-impressionistisch getönte Gedichtbände. Theodor Storm erkrankt an Magenkrebs und stirbt am 4. Juli 1888.


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