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Eine blassblaue Frauenschrift
Buch

Eine blassblaue Frauenschrift

Novelle

Buenos Aires, 1941
Diese Ausgabe: Insel Verlag, 2016 Mehr

Literatur­klassiker

  • Novelle
  • Deutsche Exilliteratur

Worum es geht

Prekäres Glück, prekärer Staat

Dem schönen Leonidas ist ein märchenhafter Aufstieg vom armen Hauslehrer in die Oberschicht Wiens gelungen. Er führt ein glamouröses Leben mit seiner schönen, reichen Ehefrau. Da erhält er einen Brief von seiner einstigen Geliebten Vera, einer Jüdin, der einzigen rauschhaften Liebe seines Lebens. Sie bittet ihn, er solle sich eines 17-Jährigen annehmen – ist das sein Sohn? Leonidas ist in der Bredouille: Muss er jetzt seiner Frau alles gestehen? Muss er gegen die antisemitische Linie seines Ministeriums aufbegehren? Schalheit und Oberflächlichkeit seines Lebens werden plötzlich offenbar, an diesem einen Tag im Oktober 1936, zwei Jahre vor dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich. Franz Werfel hat eine packende, poetische Novelle geschrieben, eine Liebes-, Ehe- und Schuldgeschichte und ein ebenso scharf- wie feinsinniges Sittengemälde.

Zusammenfassung

Ein Brief

Leonidas ist ein schöner und immer noch jung aussehender Mann auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Vor Kurzem hat er seinen 50. Geburtstag gefeiert. Es kommen immer noch Stöße von Gratulationsbriefen an. An diesem Morgen sticht unter den ansonsten maschinengeschriebenen Briefen einer heraus, der in einer blassblauen Frauenhandschrift verfasst ist. Leonidas erbleicht, als er die Schrift erkennt, und lässt die Briefe in seiner Jackentasche verschwinden, damit seine Frau Amelie nichts bemerkt. Mit Amelie hat Leonidas das große Los gezogen: Sie war vor 20 Jahren das begehrteste Mädchen der Stadt: schön und aus der unfassbar reichen Familie Paradini. Dennoch hat mehr sie ihn als er sie umworben und gegen den Willen ihrer Familie die Heirat mit ihm durchgesetzt. Leonidas ist der Sohn eines mittellosen Gymnasiallehrers und hat sich früher als Hauslehrer durchgeschlagen, bis sein märchenhafter Aufstieg begann – mit einem Frack, den ein jüdischer Studienkollege ihm vererbt hat, nachdem er sich erschossen hatte. Mit dem Frack kamen Einladungen auf Bälle. Leonidas war ein herausragender Tänzer und die Frauenherzen flogen ihm zu, unter ...

Über den Autor

Franz Werfel wird am 10. September 1890 als Sohn eines wohlhabenden Textilfabrikanten in Prag geboren. Wie sein Zeitgenosse Franz Kafka gehört er der Minderheit der deutschsprachigen Juden an. Er studiert in Leipzig und Hamburg kurzzeitig Jura und Philosophie und arbeitet später als Lektor für einen Verlag. Seinen literarischen Durchbruch schafft er 1911 mit dem Lyrikband Der Weltfreund, einer euphorischen Hymne auf Frieden, Völkerverständigung und Brüderlichkeit. Gemeinsam mit seinen Schriftstellerkollegen Walter Hasenclever und Kurt Pinthus veröffentlicht er 1912 die expressionistische Schriftenreihe Der Jüngste Tag. Zwischen 1915 und 1917 kämpft er für die Österreicher an der russischen Front; später wird er in das Wiener Kriegspressequartier versetzt, wo er wegen seiner pazifistischen Überzeugungen in Schwierigkeiten gerät. 1917 lernt er die elf Jahre ältere Alma Mahler kennen, eine berühmte Künstlermuse, die Witwe des Komponisten Gustav Mahler und die Noch-Ehefrau des Architekten Walter Gropius. Noch während ihrer Ehe mit Gropius bringt sie Werfels mutmaßlichen Sohn Martin zur Welt, der jedoch im Alter von nur zehn Monaten stirbt. Unter Almas Regie zieht sich Werfel aus dem öffentlichen Leben zurück, schreibt und reist viel. Auf einer Nahostreise 1930 trifft er in Damaskus auf verkrüppelte armenische Waisenkinder, ein Erlebnis, das ihn zu seinem Roman Die vierzig Tage des Musa Dagh (1933) inspiriert. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an Nazideutschland geht er ins Exil nach Frankreich. 1940 beginnt eine wochenlange Flucht vor der einrückenden Wehrmacht – seine „Tour de France“, wie Werfel sie nennt. Während er sich in Lourdes versteckt, gelobt er, ein Buch über die Ortsheilige zu schreiben – Das Lied von Bernadette (1941). 1940 schafft er es mit Alma sowie mit Heinrich und Golo Mann zu Fuß über die Pyrenäen nach Spanien und emigriert von Portugal aus in die USA, wo er mit seinen Romanen Bestsellererfolge feiert. Am 26. August 1945 stirbt er in Los Angeles an einem Herzinfarkt.


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