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Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft
Buch

Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft

Antisemitismus, Imperialismus, totale Herrschaft

New York, 1951
Diese Ausgabe: Piper, 2015 Mehr

Literatur­klassiker

  • Philosophie
  • Moderne

Worum es geht

Wie es zu Auschwitz kommen konnte

Wie konnten die Juden ins „Sturmzentrum“ des 20. Jahrhunderts geraten? Zur Beantwortung dieser Frage seziert Hannah Arendt nicht nur Dynamik und Funktionsweise der Regime von Hitler und Stalin, sondern rekonstruiert auch die Entstehung von Antisemitismus, Imperialismus und Rassismus, indem sie deren Vertreter buchstäblich beim Wort nimmt. Sie muss feststellen, dass totalitäre Führer in der Lage sind, sich jederzeit jeder Ideologie zu bemächtigen und totale Herrschaft durch entfesselten Terror und Mobilisierung tumber, entfremdeter Massen zu etablieren. Staunend konstatiert sie, dass eine Zivilisation sich innerlich zersetzen und Barbaren gebären kann. Von großer Aktualität ist der recht kurze Teil über das Schicksal von Flüchtlingen und die Widersprüchlichkeiten der Menschenrechte, die allgemeingültig sein wollen, aber ohne staatliche Protektion völlig wirkungslos bleiben. Auf einer anderen Ebene ist Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft eine Geschichte der Juden in der Moderne. Arendt endet auf einer verhalten hoffnungsvollen Note: Ein Neuanfang sei mit jedem neu geborenen Menschen möglich. Trotzdem mahnt sie, sich nicht in Sicherheit zu wiegen: Totalitäre Bewegungen könnten immer wieder ein Einfallstor in die Zivilisation finden.

Zusammenfassung

Spielarten des Antisemitismus

Nachdem sich die Juden jahrhundertelang von den Christen abgesondert hatten, um in ihrer weltweiten Zerstreuung als Gruppe erkennbar zu bleiben, kam es im 19. Jahrhundert zur weitgehenden gesellschaftlichen Anpassung. In Reaktion auf diese Assimilation und das damit einhergehende Streben der Juden nach gesellschaftlicher Teilhabe entstand der politische Antisemitismus, der ebendieses Streben zurückwies. Bald verband er sich mit der Ideologie des Imperialismus und mit ihrer völkisch-rassistischen Unterscheidung von Herren- und Sklavenrassen. Diese Kombination lieferte die Vorbedingungen für das Konzept der „Endlösung der Judenfrage“ im 20. Jahrhundert. In der Dreyfus-Affäre im Frankreich des ausgehenden 19. Jahrhunderts, einer Art Generalprobe für die kommenden Ereignisse, zeigte sich der Antisemitismus zum ersten Mal als Spaltpilz eines Staatswesens, allerdings in einem ohnehin schon verrohten politischen Klima.

Die Kolonialmächte Frankreich und England sind vergleichsweise alte Nationen. In Mittel- und Osteuropa gibt es dagegen nationale Spätentwickler, die für ihre jeweiligen Gründungsmythen auf Konzepte der Aufklärung, etwa das der ...

Über die Autorin

Hannah Arendt wird am 14. Oktober 1906 in Linden bei Hannover geboren. Ihre Eltern sind assimilierte Juden. Nach dem Abitur studiert sie 1924 in Marburg Philosophie bei Martin Heidegger, mit dem sie eine Liebesbeziehung eingeht. Die Affäre zwischen dem 35-jähigen, verheirateten Professor und seiner 18-jährigen Studentin endet mit Arendts Umzug nach Heidelberg, wo sie 1928 bei Karl Jaspers mit einer Arbeit über den Liebesbegriff bei Augustinus promoviert wird. Ein Jahr später zieht sie nach Berlin und heiratet den Philosophen Günter Anders. Nach kurzer Inhaftierung 1933 flieht Hannah Arendt aus dem nationalsozialistischen Deutschland nach Paris. Dort arbeitet sie bei zionistischen Organisationen als Sozialarbeiterin. Sie entkommt nach mehrwöchiger Internierung dem südfranzösischen Lager Gurs und emigriert 1941 mit ihrem zweiten Ehemann Heinrich Blücher – die erste Ehe wurde 1937 geschieden – und ihrer Mutter in die USA. In New York ist Arendt zunächst als Publizistin für die deutschjüdische Wochenzeitschrift Aufbau tätig. Nach einem Zwischenspiel als Lektorin im jüdischen Schocken-Verlag wird sie 1948 Direktorin der Jewish Cultural Reconstruction Corporation, einer Organisation zur Rettung jüdischen Kulturguts. Mit ihrem Werk Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft (The Origins of Totalitarianism, 1951), das die strukturelle Ähnlichkeit von Faschismus und Stalinismus untersucht, festigt sie ihren Ruf als herausragende Politikwissenschaftlerin. 1953 erhält Arendt, inzwischen amerikanische Staatsbürgerin, eine Professur am Brooklyn College in New York. 1958 erscheint ihr philosophisches Hauptwerk Vita activa oder Vom tätigen Leben (The Human Condition). Als Reporterin für den New Yorker beobachtet sie 1961 in Jerusalem den Prozess gegen den Naziverbrecher Adolf Eichmann. Aus ihren Reportagen geht das Buch Eichmann in Jerusalem (1963) hervor, das kontrovers diskutiert wird. In den folgenden Jahren ist Arendt vor allem essayistisch tätig und erhält viele Preise, darunter 1967 den renommierten Sigmund-Freud-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Hannah Arendt stirbt am 4. Dezember 1975 in New York an einem Herzinfarkt.


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