Die Debatte um Vor- und Nachteile beruflicher Spezialisierung ist alt. Mal scheint alles für das Modell des monomanen Genies zu sprechen, das sein Talent durch besessenes Üben zur Meisterschaft bringt. Dann wieder ist man überzeugt, ein breit gefächertes, universales Bildungsideal erbringe die besten Ergebnisse. David J. Epstein vertritt in seinem reichhaltigen und leidenschaftlich argumentierenden Buch die letztere Position. Dazu führt er zahllose historische Beispiele sowie wissenschaftliche Studien an. Ein höchst unterhaltsames, zeitgemäßes Plädoyer für einen agileren Bildungsbegriff.
Generalisten sind für unsere wechselvollen Zeiten besser gerüstet als Spezialisten.
Viele Eltern wünschen sich, dass Kinder sich früh auf ein Hauptinteresse konzentrieren und zu hochkompetenten Spezialisten auf diesem Gebiet werden. Wunderkinder wie Mozart gelten als Vorbild. Golfprofi Tiger Woods wurde durch eine solche extrem einseitige Ausbildung ein Meister seiner Sportart, ebenso die Schwestern Judit, Zsusza und Zsófia Polgar im Schach. Unter Aufsicht ihrer Eltern übten sie exzessiv. Solch endloses Repetieren in einem gleichbleibenden Umfeld mit festen Regeln führt dazu, dass der Schüler sein Fach schlafwandlerisch beherrscht. Immer feinere Muster vermag er zu erkennen und sich nutzbar zu machen. Allerdings nur in eben jenem gleichbleibenden Umfeld. Verändert sich dieses, fehlt es ihm an Flexibilität, die er mit der Spezialisierung eingebüßt hat.
Sich früh zu spezialisieren macht also nicht unbedingt erfolgreich. Heutzutage sind eher Umgebungen die Regel, in denen Muster nicht vorhanden, nicht konstant oder nur schwer zu erkennen sind. Was richtig ist oder falsch, lässt sich oft nicht mit Gewissheit sagen. In einem solchen Umfeld sind...
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