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Farm der Tiere

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Farm der Tiere

Ein Märchen

Diogenes Verlag,

15 Minuten Lesezeit
12 Take-aways
Text verfügbar

Was ist drin?

George Orwells meisterhafte Satire über das Misslingen einer Revolution: Die Tiere schütteln die Herrschaft des Menschen ab, doch bald etablieren die Schweine eine neue Schreckensherrschaft.


Literatur­klassiker

  • Satire
  • Nachkriegszeit

Worum es geht

Eine Satire auf das Scheitern einer Revolution

George Orwells Farm der Tiere wurde gelegentlich als Märchen für Kinder missverstanden. In Wahrheit ist es eine knallharte satirische Streitschrift gegen den Stalinismus. Erzählt wird der traurige Verlauf einer Revolution in Form einer Fabel: Bald nachdem die Tiere ihren Herrn vom Hof vertrieben haben, übernehmen die Schweine die Herrschaft. Mittels Propaganda und Terror zerstören sie systematisch alle Errungenschaften der Revolution und stellen das alte System aus Herrschertum und Knechtschaft wieder her. Am Schluss haben die Schweineführer die Gestalt der Menschen angenommen und unterdrücken die gewöhnlichen Tiere mit der Peitsche. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die pessimistische Parabel im Westen als antikommunistisches Lehrstück gefeiert und zum Standardwerk der politischen Erziehung erhoben. Dabei wollte Orwell eigentlich die perversen Auswüchse von Stalins Diktatur attackieren, um der wahren Idee des Sozialismus wieder zur Geltung zu verhelfen. Besonders lesenswert macht Farm der Tiere die Verbindung einer scharfen politischen Karikatur mit der Kindermärchensprache.

Take-aways

  • Farm der Tiere ist neben 1984 George Orwells bekanntestes Buch.
  • Die Fabel ist eine Satire auf die Russische Revolution von 1917 und die Errichtung einer Diktatur unter Josef Stalin.
  • Die unzufriedenen Tiere auf einer Farm in England führen erfolgreich eine Rebellion durch: Sie vertreiben ihren brutalen Herrn und übernehmen den Hof.
  • Gemeinsam formulieren die Tiere sieben Gebote für eine gerechtere Gesellschaft: die Prinzipien des "Animalismus".
  • Nach und nach übernehmen die Schweine die Führung und verschaffen sich immer mehr Privilegien. Dabei biegen und brechen sie ein Gesetz nach dem anderen.
  • Das Führerschwein Napoleon verjagt seinen Rivalen Schneeball von der Farm, betreibt einen Führerkult und errichtet mit einer Hundepolizei ein Terrorregime.
  • Am Schluss herrschen auf der Farm wieder die gleichen Machtverhältnisse wie vor der Revolution: Die Schweine sind von den alten Herren nicht mehr zu unterscheiden.
  • In dem Satz "Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher" wird die absurde Verdrehung der kommunistischen Ideale unter der Schweineherrschaft auf den Punkt gebracht.
  • Orwells Kritik geht über eine bloße Stalinismusschelte hinaus: Er warnt davor, dass jede Revolution zu neuer Unterdrückung führen kann.
  • Während des Zweiten Weltkriegs war in England Kritik am Verbündeten Stalin tabu, und Farm der Tiere fand deshalb bis 1945 keinen Verleger.
  • Während des Kalten Kriegs war das Buch in den Staaten des Ostblocks verboten, im Westen wurde es dagegen als antikommunistisches Lehrstück gefeiert.
  • Farm der Tiere wurde 1956 als Zeichentrickfilm furios umgesetzt.

Zusammenfassung

Das Gespenst der Revolution auf dem Bauernhof

Auf einer Farm in England versammelt eines Nachts ein alter Eber namens Old Major alle Tiere in der Scheune. Der Hof gehört Mr. Jones, einem brutalen und trunksüchtigen Herrscher. Old Major hält eine aufwieglerische Rede. Er führt den Tieren vor Augen, wie elend und grausam ihr Leben auf der Farm ist. Schweine, Hühner, Pferde und Kühe seien nichts als Sklaven und die Menschen ihr natürlicher Feind. Als Gegenbild zu diesem "Schweineleben" malt Old Major ein Traumbild von freien Tieren, die nur für sich selbst arbeiten und den ganzen Ertrag teilen. Der alte Eber ruft die Tiere zur Rebellion auf. Der Kampf gegen den selbstsüchtigen Menschen müsse gewonnen werden. Zum Schluss der Versammlung singt Old Major eine Hymne auf die Freiheit: "Tiere Englands". Die Tiere auf der Farm sind so begeistert, dass sie das Lied gleich fünfmal hintereinander singen. Unglücklicherweise wird Mr. Jones durch den Lärm geweckt. Er löst die Versammlung der Tiere mit einer Ladung Schrot auf. Obwohl Old Major drei Nächte später stirbt, wirkt seine revolutionäre Rede nach. Die Tiere bereiten sich auf die Rebellion vor. Dabei übernehmen die Schweine als die schlauesten unter ihnen die Führung. Unter den Schweinen wiederum tun sich zwei junge Keiler besonders hervor: der wuchtige und durchsetzungsfähige Napoleon sowie der einfallsreiche Schneeball. Zusammen mit dem brillanten Redner Schwatzwutz arbeiten die beiden Old Majors Lehre zu einem kompletten Denksystem aus: dem Animalismus.

Der Umsturz und seine Blüten

Die Revolution kommt überraschend schnell. Als Mr. Jones einmal einen ganzen Tag lang vergisst, die Tiere zu füttern, drückt eine aufgebrachte Kuh mit den Hörnern die Futterkammer ein. Die hungernden Tiere bedienen sich. Mr. Jones und seine Leute wollen dies mit der Peitsche verhindern, aber sie werden mit Stößen und Tritten eingedeckt. Die Menschen geraten in Panik und flüchten von der Farm. Nun sind die Tiere an der Macht. Im Zuge der Revolutionsfeierlichkeiten singen sie ohne Ende "Tiere Englands".

„Kein Tier in England ist frei. Das Leben eines Tieres ist Jammer und Sklaverei: das ist die nackte Wahrheit.“ (Old Major, S. 10)

Die Schweine haben in den letzten Monaten schreiben und lesen gelernt. Sie taufen den Hof in "Farm der Tiere" um. Dann pinseln Napoleon und Schneeball mit weißer Farbe die sieben Gebote des Animalismus an die Scheunenwand. Die Gebote lauten: 1. Alles was auf zwei Beinen geht, ist ein Feind. 2. Alles, was auf vier Beinen geht oder Flügel hat, ist ein Freund. 3. Kein Tier soll Kleider tragen. 4. Kein Tier soll in einem Bett schlafen. 5. Kein Tier soll Alkohol trinken. 6. Kein Tier soll ein anderes Tier töten. 7. Alle Tiere sind gleich.

„Tiere Englands, Tiere Irlands, / Tiere, ihr, von fern und weit, / Höret meine frohe Botschaft / Von der gold’nen Zukunftszeit.“ (Old Major, S. 15)

Nach dieser Unabhängigkeitserklärung gehen alle Tiere aufs Feld, um gemeinsam die erste eigene Ernte einzubringen. Aus ihrer Unterjochung befreit, arbeiten sie fleißig wie nie. Die größte Heuernte der Farmgeschichte wird erzielt. Alle helfen mit - nur die Schweine konzentrieren sich auf das Dirigieren. Das selbst verdiente Futter schmeckt den Tieren viel besser. Boxer, das starke Arbeitspferd, übertrifft alle anderen mit seinem Einsatz. Es handelt stets nach dem Motto: "Ich will und werde noch härter arbeiten!"

„Jeder Bissen Futter war ein echter Hochgenuss, jetzt wo es wirklich ihr eigenes Futter war, von ihnen selbst und für sie selbst produziert und nicht mehr von einem missgünstigen Herrn widerwillig an sie ausgeteilt.“ (S. 27)

Sonntags wird nicht gearbeitet. In einer Zeremonie hissen die Tiere stattdessen die neue Flagge der Farm: ein weißer Huf mit weißem Horn auf grünem Tuch. Nach dem sonntäglichen Fahnenakt treffen sich die Tiere in der Scheune zu politischen Debatten. Die Schweine lernen nun immer mehr menschliche Fertigkeiten. Schneeball gründet verschiedene Komitees mit dem Ziel, die Tiere zu besseren Leistungen zu bringen. Der Erfolg der Lese- und Schreibklassen fällt allerdings zwiespältig aus. Für die Schafe sind die sieben Gebote zu anspruchsvoll. Sie beschränken sich auf das Auswendigblöken der vereinfachten Maxime: "Vierbeiner gut, Zweibeiner schlecht." Napoleon schafft heimlich neun Hundewelpen zur Seite, um sie für seine Zwecke ausbilden zu lassen. Die Schweine trinken nicht nur alle Milch selbst, sondern beanspruchen nun auch das Fallobst für sich. Schließlich seien sie die Kopfarbeiter.

„Glaubt nicht, Genossen, dass Führerschaft ein Vergnügen ist! Im Gegenteil, sie bedeutet eine tiefe und schwere Verantwortung.“ (Schwatzwutz, S. 50)

Die Besitzer der beiden Nachbarsfarmen, Mr. Pilkington von Fuchswald und Mr. Frederick von Knickerfield, sind von der Angst getrieben, ihre eigenen Tiere könnten von revolutionären Ideen angesteckt werden. Sie verbünden sich mit Farmer Jones zu einer Rückeroberungsaktion. Der Überfall findet im Oktober statt. Mr. Jones schreitet mit einer Flinte bewaffnet voran, gefolgt von einem halben Dutzend Leuten. Die Tiere wehren sich mit Zähnen und Hufen. Unter dem Kommando von Schneeball gewinnen sie die "Schlacht am Kuhstall".

Der Streit um die Windmühle

Die beiden Leitschweine Napoleon und Schneeball geraten immer öfter in Streit. Schneeball brilliert dabei mit seinen Reden, Napoleon hält mit Intrigen dagegen. Er befürwortet die Aufrüstung zwecks Verteidigung. Schneeball schlägt stattdessen die Aussendung von Tauben vor, um die Rebellion auf den Nachbarsfarmen zu schüren. Außerdem will er eine Windmühle bauen, um den Hof zum Wohl der Tiere mit Strom zu versorgen. Napoleon ist gegen dieses Projekt. Nach wochenlangen Diskussionen versammeln sich die Tiere zur Abstimmung über das Windmühlenprojekt. Mit einer flammenden Rede über den Fortschritt zieht Schneeball alle auf seine Seite. Doch vor der voraussehbaren Abstimmungsniederlage schlägt Napoleon zu: Er hetzt neun riesige Hunde auf Schneeball, der Hals über Kopf flüchten muss. Napoleon hat die entwendeten Welpen zu Kampfhunden dressiert. Diese begleiten ihn von nun an und pflegen störende Fragen der anderen Tiere durch Knurren abzuwürgen. Bald schafft Napoleon die Sonntagvormittagstreffen ganz ab. Eiserne Disziplin wird zur neuen obersten Maxime erhoben. Völlig überraschend lässt Napoleon verkünden, dass die Windmühle nun doch gebaut werde.

Propaganda und Terror

Die Tiere arbeiten wieder wie Sklaven, sind jedoch glücklich. Mit Drohungen einer Kürzung der Rationen führt Napoleon die Sonntagsarbeit ein. Der Bau der Windmühle verlangt zusätzliche Anstrengungen. Boxer leistet beim Heranschleppen der Steine Überpferdliches. Eines Sonntags verkündet Napoleon eine neue Politik: Um Materialien wie Nägel, Schnur oder Hundekuchen zu bekommen, will er Handelsbeziehungen zu den Nachbarfarmen aufnehmen. Dazu sollen Teile der Ernte sowie Eier verkauft werden. Resolutionen aus der Anfangsphase der Revolution werden von den Schweinen außer Kraft gesetzt. So ziehen sie ins Farmhaus ein, weil es der "Würde des Führers" besser entspreche. Das vierte Gebot wird heimlich abgeändert in: "Kein Tier soll in einem Bett schlafen - mit Leintüchern". Die Schweine schlafen im Bett aber so gut, dass sie ab jetzt sogar eine Stunde später aufstehen.

„Wenn Genosse Napoleon es sagt, dann muss es richtig sein.“ (Boxer, S. 51)

Die Windmühle ist fast fertig, als ein schwerer Sturm sie zum Einstürzen bringt. Napoleon sieht darin einen Sabotageakt Schneeballs, den er - in Abwesenheit - zum Tode verurteilt. Unter lauten Parolen wird sofort wieder mit dem Wiederaufbau begonnen - mit doppelt so dicken Mauern. Während Schwatzwutz exzellente Reden über die Freude des Dienens hält, schuften sich die Tiere bei halber Ration fast zu Tode.

Hungersnot und Säuberungen auf der Farm

Ende Januar wird den Hühnern mitgeteilt, dass sie ihre Eier abliefern müssen, damit die Farm Vorräte kaufen kann. Spontan entsteht ein kleiner Hühneraufstand, den Napoleon aber brutal niederschlägt. Schneeball wird jetzt von Napoleon und seinen Leuten systematisch angeschwärzt. Seine Heldentaten in der Schlacht werden von Schwatzwutz umgedeutet. In einem großen Schauprozess erreicht der Terror auf der Farm der Tiere einen vorläufigen Höhepunkt: Vier aufmüpfige Schweine und die drei Rädelsführerinnen des Hühneraufstands werden zu Geständnissen gezwungen und als Feinde der Revolution hingerichtet. Eine Gans und drei Schafe, die aus Angst weitere kleine Vergehen beichten, werden ebenfalls getötet. Boxer wird von Napoleons Hunden angegriffen, kann sich aber wehren. Im Schock über dieses Gemetzel scharen sich die Tiere zusammen und stimmen wehmütig "Tiere Englands" an. Napoleon erklärt daraufhin das Lied für abgeschafft und lässt eine Ersatzhymne komponieren.

„Den Frühling und Sommer über arbeiteten sie sechzig Stunden in der Woche, und im August verkündete Napoleon, dass auch sonntagnachmittags gearbeitet werden würde. Diese Arbeit war rein freiwillig, doch wurden jedem Tier, das ihr fernblieb, die Rationen auf die Hälfte gekürzt.“ (S. 53)

Nachdem sich das Entsetzen etwas gelegt hat, erinnern sich die Tiere an das sechste Gebot. An der Scheunenwand heißt dieses jetzt aber: "Kein Tier soll ein anderes Tier töten - ohne Grund." Die Tiere arbeiten härter und länger als je und kriegen weniger zu essen. Schwatzwutz präsentiert derweil lange Zahlenkolonnen, die die verbesserte Produktion beweisen sollen. Um Napoleon, den "Vater aller Tiere", entwickelt sich immer mehr ein Führerkult.

Das Schicksal der Windmühle

Die Fertigstellung der Windmühle wird mit einem Triumphtanz gefeiert, obwohl die Maschinerie noch fehlt. Napoleon will zur Devisenbeschaffung einen großen Stapel Bauholz verkaufen. Nach Scheinverhandlungen mit Mr. Pilkington verkündet er, den Stapel an Mr. Frederick zu verkaufen. Die Tiere sind erstaunt, weil Frederick zuvor als Feind gegolten hat und weil bekannt ist, dass er die Tiere auf seiner Farm quält. Die Parole "Tod Frederick" wird aber kurzerhand in "Tod Pilkington" abgeändert. Frederick transportiert das Bauholz rasch ab, im Tausch gegen eine Schüssel voll Banknoten. Doch Napoleon ist hinters Licht geführt worden: Die Banknoten sind gefälscht. Schon am nächsten Morgen wird die Farm von Mr. Frederick angegriffen. Diesmal sind es 15 Männer, einige davon mit Schrotflinten bewaffnet. Als sie die Windmühle in die Luft sprengen, geraten die Tiere außer sich vor Wut und greifen an, ohne Rücksicht auf Verluste. Die Schlacht ist um einiges blutiger als die erste: Fast alle Tiere werden verwundet, doch Fredericks Leute ergreifen die Flucht, als sie Napoleons Hunde erblicken. Die Windmühle ist bis auf die Grundmauern zerstört. Trotz des vergossenen Blutes feiern die Schweine den Sieg in der "Schlacht an der Windmühle" mit einer Flasche Whiskey.

„Ich will und werde noch härter arbeiten!“ (Boxer, S. 64)

Die Farm wirtschaftet nicht schlecht, die Tiere haben aber nichts davon. Einerseits sind durch Zuzug und Vermehrung immer mehr Mäuler zu stopfen, andererseits beanspruchen die Schweine immer mehr Privilegien. Alle Schweine dürfen nun Bänder tragen, und Napoleon isst große Mengen von Zucker. Außerdem muss ein Schulzimmer für seine 31 Nachkommen erstellt werden. Um den wachsenden Widerwillen der Tiere im Keim zu ersticken, befiehlt Napoleon, in "Spontan-Demonstrationen" die Triumphe der Farm zu feiern. Im April ruft Napoleon die Republik aus und lässt sich einstimmig zum Präsidenten wählen.

„Nun, da Schwatzwutz das Geschehen so anschaulich schilderte, schien es den Tieren, als erinnerten sie sich daran.“ (S. 71)

Aus Boxer ist ein müder Arbeitsgaul geworden. Eines Tages bricht er beim Schleppen von Steinen zusammen. Die Tiere tragen Boxer in den Stall, wo er sich mit der Hoffnung auf seinen Ruhestand tröstet. Doch statt auf die grüne Wiese wird Boxer zum Pferdemetzger gebracht. Schwatzwutz erstickt das Entsetzen der Tiere mit Lügen über Boxers friedlichen Tod im Spital. Die Schweine haben plötzlich Geld, um sich noch mehr Whiskey zu kaufen.

Das Ende aller Illusionen

Einige Jahre sind vergangen und nur noch wenige Tiere, die die Revolution selbst mitbekommen haben, sind am Leben. Mr. Jones ist in einer Trinkerheilanstalt gestorben. Schneeball und Boxer sind längst vergessen. Die Farm ist größer geworden. Sogar die Windmühle läuft jetzt. Sie wird allerdings nicht zur Stromproduktion verwendet, sondern um die Gerste für das Bier der Schweine zu mahlen. Die Tiere merken langsam, dass etwas schief gelaufen ist: Keiner ist je in den Ruhestand getreten, von der Dreitagewoche wird längst nicht mehr gesprochen. Dafür haben sich Bürokratie und Repression zu einem riesigen Apparat aufgebläht. Die Tiere halten sich an dem letzten Überbleibsel der Ideologie fest: Niemand geht auf zwei Beinen. Doch auch dies ändert sich an einem lauen Abend, als plötzlich alle Schweine auf den Hinterbeinen über den Hof stolzieren. Napoleon tritt, umringt von seinen Hunden, in den Hof und schwingt eine Peitsche. Bevor jemand an Protest denken kann, brechen die Schafe in ein ungeheures Blöken aus. Schwatzwutz hat ihnen rechtzeitig das neue Lied beigebracht: "Vierbeiner gut, Zweibeiner besser!"

„Ich verstehe das nicht. Ich hätte nicht geglaubt, dass auf unserer Farm solche Dinge passieren könnten. Der Fehler muss irgendwo bei uns selbst liegen.“ (Boxer, S. 74)

Als die Tiere diesmal einen Blick auf die sieben Gebote werfen wollen, steht da nur noch eines: "Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher." Von nun an tragen die Schweine auch Mister Jones’ Kleider. Eines Abends empfangen sie eine Delegation von Nachbarsbauern. Die anderen Tiere schleichen sich neugierig ans Fenster des Esszimmers. Mr. Pilkington hält gerade eine Rede, in der er die Schweine für ihr hartes Regime lobt. Alle Farmer würden sich ein Beispiel nehmen an der Farm der Tiere, wo die niederen Tiere für weniger Futter arbeiteten als irgendwo sonst. Napoleon lobt seinerseits das neue nachbarschaftliche Auskommen mit den Menschen. Als er die "Farm der Tiere" wieder in "Herren-Farm" umtauft, schleichen die Tiere stumm davon, aller Illusionen beraubt. Sie kehren nur kurz zurück, als unter den Menschen und Schweinen beim Kartenspiel ein Streit entbrennt. Als die Tiere aber auf die zwölf Streitenden blicken, sind Schweine und Menschen nicht mehr zu unterscheiden.

Zum Text

Aufbau und Stil

Auf den ersten Blick ein Märchen für Kinder, ist George Orwells Farm der Tiere in Wahrheit eine äußert scharfe politische Streitschrift. Die Geschichte der Revolution der Tiere auf dem Bauernhof ist nüchtern und einfach erzählt, aber voll von Anspielungen auf historische Begebenheiten. Orwell überzeichnet mit den Stilmitteln der Ironie und der Satire die Entwicklung der Sowjetunion von der Russischen Revolution bis zur Diktatur unter Josef Stalin. Die kommunistische Utopie wird durch die Satire als Umsturz brutaler Schweine entlarvt und entpuppt sich letztlich als Anti-Utopie. Die Dummheit der Tiere und ihre Unfähigkeit zum Handeln angesichts der Machenschaften der Schweine wirken im Ergebnis so abschreckend, dass der Leser zu einer politischen Stellungnahme herausgefordert wird. Das Buch ist in zwölf Kapitel gegliedert. Farm der Tiere ist ein Musterbeispiel der literarischen Allegorie. Fast jedes Tier auf dem Hof lässt sich einer bestimmten politischen Figur jener Epoche zuordnen. Die Handlung zeichnet recht detailliert die geschichtlichen Ereignisse in der Sowjetunion nach. Die "sieben Gebote des Animalismus" und die Lieder der Tiere sind eine deutliche Parodie auf die Parolen und Propaganda des Kommunismus.

Interpretationsansätze

  • Farm der Tiere ist eine satirische Streitschrift gegen den Stalinismus und vor allem gegen dessen Zerstörung der sozialistischen Ideale. Die Geschehnisse auf der Farm sind eine Parodie auf die Entwicklungen im Russland nach der Revolution, wo sich bald Bürokratie, Repression und ein Führerkult entwickelten.
  • Die Fabel ist voll von konkreten Analogien zur realen Geschichte. So stellen die beiden rivalisierenden Führerschweine Napoleon und Schneeball Josef Stalin und seinen politischen Gegner Leo Trotzki dar. Der Angriff des Nachbarfarmers Frederick, der die Windmühle, das Symbol des wirtschaftlichen Fortschritts, sprengt, ist eine Anspielung auf das "Unternehmen Barbarossa", den Angriff Hitler-Deutschlands auf Russland.
  • Orwell führt deutlich vor Augen, wie der hoffnungsvolle Anfang einer Revolution durch Propaganda und Terror zerstört wird und wie sich die neue Elite vollständig den alten Machthabern angleicht. Macht korrumpiert, so lautet die Moral von der Geschicht’; jede Revolution kann in Diktatur umschlagen.
  • In der Anti-Utopie Farm der Tiere vertritt Orwell eine pessimistische Weltsicht, frei von politischen Illusionen. Dieses Schreckensbild soll beim Leser aber auch einen Erkenntniseffekt provozieren und ihn idealerweise zum Handeln bewegen.
  • Farm der Tiere hat auch Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nicht an Aktualität eingebüßt. Denn die Kritik richtet sich nicht nur gegen den Stalinismus, sondern gegen jegliche Anwendung von totalitären Methoden zur angeblichen Verteidigung der Demokratie - wie es sie heute z. B. im "Krieg gegen den Terror" gibt.
  • Die rücksichtslose Lügenpropaganda und Geschichtsverfälschung der Schweine sind Motive, die Orwell ebenfalls in seinem späteren Meisterwerk 1984 verwendete. Auch der beschriebene Missbrauch der Sprache durch die Mächtigen ist keinesfalls mit dem Kommunismus verschwunden.
  • Das von Orwell gezeichnete Schreckensbild einer gleichgeschalteten Gesellschaft erwies sich in vielen Punkten als prophetisch und ist immer noch aktuell. Der Satz "Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher" bleibt als geflügeltes Wort lebendig.

Historischer Hintergrund

Der Stalinismus

Farm der Tiere ist zwar eine parodistische Überzeichnung, doch das Tierleben auf der Farm folgt in erstaunlich vielen Details den historischen Ereignissen in der frühen Sowjetunion. So ist die Rivalität der beiden Leitschweine Schneeball und Napoleon nichts anderes als eine satirische Nacherzählung der Auseinandersetzung zwischen Leo Trotzki und Stalin. Trotzki, der Kriegsminister Lenins, wurde von dessen Nachfolger Josef Stalin und seinen Gefolgsleuten erst in der Partei isoliert, dann ausgeschlossen, verbannt und schließlich 1940 im Exil ermordet. Stalin befürwortete wie das Schwein Napoleon "die Entwicklung des Sozialismus in einem Land" und führte die Verschärfung des Klassenkampfes als Legitimation für Repressionen ins Feld. Typisch stalinistisch sind außerdem bestimmte Formen des Personenkults, etwa die Vorliebe für gigantische Denkmäler. Schauprozesse wie auf der Farm der Tiere gab es auch in Russland, und die zum Blöken instruierten Schafe erinnern an Stalins organisierte Hurraschreier. Die Sowjetunion nahm bereits vor dem Zweiten Weltkrieg die Form eines totalitären Regimes an. Das Volk litt in den Jahren nach der Revolution von 1917 unter zahlreichen Hungersnöten. Von 1936 bis 1938 tötete Stalin in den so genannten Säuberungsaktionen systematisch die Gegner seines Regimes. Historiker gehen von insgesamt 20-40 Millionen Opfern aus, die in die sowjetischen Zwangsarbeitslager verbannt oder ermordet wurden.

Entstehung

Orwell schrieb Farm der Tiere von November 1943 bis Februar 1944, also mitten im Zweiten Weltkrieg, als die Sowjetunion zu den Verbündeten Großbritanniens und der USA gegen Hitler-Deutschland zählte. Wie der Autor in seinem Nachwort schreibt, hatte er die Grundidee für das Buch bereits 1937. Orwell beschäftigte sich damals wie viele Sozialisten mit der Frage, wieso die Revolution in Russland offenkundig gescheitert war. Während des Krieges war Orwell für die BBC tätig und begann mit der Niederschrift der Fabel. Die satirische Attacke gegen Stalin konnte jedoch anfangs lange nicht veröffentlicht werden: Die Kritik am Verbündeten Stalin war unschicklich, sodass das Buch erst nach dem Krieg einen Verleger fand. Orwell wollte Farm der Tiere auch als Manifest für die Meinungsfreiheit verstanden wissen, die in Zeiten des Krieges durch Zensur und Selbstzensur gefährdet ist. In seinem Nachwort über die Pressefreiheit schreibt er: "Falls Freiheit überhaupt irgendetwas bedeutet, dann bedeutet sie das Recht darauf, den Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen." Für Orwell gehörte zur Verteidigung der Demokratie unbedingt auch die gedankliche Unabhängigkeit. Wie es im Nachwort weiter heißt, richtete sich sein kämpferisches Märchen also auch gegen die vorherrschende öffentliche Meinung, die so genannte "Orthodoxie", die jegliche Kritik am Verbündeten Sowjetrussland verbot. Nicht nur die politische Linke hatte in jener Zeit die Tendenz, die negativen Entwicklungen in der Sowjetunion zu verdrängen oder angesichts der gleichzeitigen Gräuel des Faschismus zu relativieren. Während des Krieges war in Großbritannien auch die Verehrung der militärischen Leistungsfähigkeit der Sowjetunion weit verbreitet.

Wirkungsgeschichte

Was der immer um Unabhängigkeit bestrebte Denker Orwell geahnt hatte, traf ein: Schon kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Kritik an Stalin opportun und der Antikommunismus selbst zur "herrschenden Orthodoxie". Der Wind hatte gedreht, und Orwells Fabel, deren Publikation zu Kriegszeiten noch verboten war, wurde zum beliebten Lehrtext im Westen. Noch heute ist Farm der Tiere eine weit verbreitete Schullektüre, da das Buch in einfacher Sprache politisches Verständnis vermittelt. Die Geschichte gehört zu den bekanntesten Werken des 20. Jahrhunderts. In den kommunistischen Staaten war das Buch bis zum Fall des Eisernen Vorhangs um 1990 verboten.

1954 wurde Farm der Tiere in Großbritannien von John Halas und Joy Batcheler in einer Zeichentrickversion verfilmt. Die Autoren erzählten Orwells Geschichte zwar frei nach, sie setzten aber die Gratwanderung zwischen Kindermärchen und politischem Schreckstück fort. Das fehlende Happy End hat die Schockwirkung bei vielen Kindern nicht verfehlt, und der Film wird noch heute zur Illustration der Lektüre in Schulen gezeigt.

In England wurde Farm der Tiere 1984 auch in einer Dramatisierung von Peter Hall auf die Bühne gebracht. Nach dem Fall der Sowjetunion wagte der Regisseur John Stephenson 1999 eine weitere Verfilmung fürs amerikanische Fernsehen. In dem Animationsfilm sind die Farmbewohner realistische, dreidimensionale Tierfiguren, denen Hollywood-Schauspieler wie Peter Ustinov die Stimme leihen. Der Film wurde kritisiert, weil er entgegen der literarischen Vorlage ein Happy End anfügt: Die Schreckensherrschaft der Schweine wird gestürzt und die Farm der Tiere wird von einer neuen, idealen Superfamilie übernommen.

Über den Autor

George Orwell wird am 25. Juni 1903 als Eric Arthur Blair im indischen Motihari geboren. Er besucht die englischen Eliteinternate Eastbourne und Eton. Danach lässt er sich, wie vor ihm sein Vater und Großvater, zum Polizeioffizier ausbilden und tritt in den britischen Kolonialdienst ein. Bis 1927 ist Orwell in Burma, dem heutigen Myanmar, für die Indian Imperial Police tätig. Dann quittiert er den Dienst aus Protest gegen die kolonialistischen Methoden. In den folgenden Jahren schlägt sich Orwell in London und Paris durch. Er arbeitet als Tellerwäscher, Buchhandelsgehilfe, Lehrer und Journalist. 1933 erscheint sein autobiografisches Buch über diesen Lebensabschnitt, Erledigt in Paris und London (Down and Out in Paris and London). 1936 heiratet Orwell Eileen O’Shaughnessy und reist als Reporter nach Barcelona, um am Spanischen Bürgerkrieg teilzunehmen. Wie viele andere Künstler auch kämpft er selbst an der Front gegen Francos Faschisten. Nach dem Sommer im Krieg kehrt er verwundet und desillusioniert nach England zurück. 1944 stellt Orwell den Roman Farm der Tiere (Animal Farm) fertig. Eine Veröffentlichung wird aber bis zum Ende des Krieges verhindert, weil die Kritik am Bundesgenossen Stalin zu jener Zeit in Großbritannien nicht opportun ist. 1945 stirbt Eileen während einer Operation. 1948 schreibt der unabhängige Sozialist Orwell eine zweite Dystopie mit erschreckend hoffnungslosem Ende, mit der er weltweit berühmt wird: 1984. In diesem Meisterwerk der politisch-philosophischen Science-Fiction treibt Orwell sein pessimistisches Geschichtsbild auf die Spitze. Am 21. Januar 1950, nur drei Monate nach seiner Heirat mit Sonia Mary Brownell, stirbt Orwell 46-jährig in London an Tuberkulose.

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