Ernest Hemingway
Fiesta
Rowohlt, 1999
Was ist drin?
Was Stierkämpfe und menschliche Beziehungen gemeinsam haben.
- Roman
- Moderne
Worum es geht
Ein zeitloser Nachkriegsroman
In Fiesta beschreibt Hemingway das ausschweifende Leben einer Gruppe von US-amerikanischen Expats in Paris. Das Zentrum des Buches bildet ihr gemeinsamer Ausflug zur Fiesta in Pamplona. Dort erweist es sich als explosiv, dass mehrere Männer in dieselbe Frau verliebt sind. Die Gruppe verkracht sich darüber. Schließlich bekommt niemand von ihnen die Frau, denn sie türmt mit einem gut aussehenden, jungen Torero. Hemingways Beschreibung der lockeren Sitten dieser Gruppe löste einen Skandal aus, dürfte aber auch das lebhafte Interesse an dem Buch begründet haben. Seine überzeitliche Relevanz bekommt der Roman vor allem dadurch, dass er eine besondere Art von Kriegsroman ist. Es gibt keinerlei Beschreibungen von Kampfhandlungen oder Kriegsschauplätzen – und dennoch scheinen sie allgegenwärtig. Die Romanfiguren sind desillusioniert und zynisch. Ähnlich wie die Romanhelden der französischen Existenzialisten ziehen sie durch eine sinnentleerte Welt, zwischen endlosen Trinkgelagen und ständig scheiternden Beziehungen, auf der Suche nach einem Weg, trotz allem weiterzuleben. Kein Wunder, dass Fiesta seither auch von anderen Nachkriegsgenerationen stets aufs Neue entdeckt wurde.
Take-aways
- Fiesta ist der erste und bekannteste Roman Ernest Hemingways.
- Inhalt: Der Amerikaner Jake Barnes lebt mit einem Freundeskreis von Landsleuten in Paris. Mit seiner Freundin Brett und drei weiteren Freunden reist er nach Pamplona zur Fiesta. Dort zerbricht die Gruppe an Eifersüchteleien um Brett, die mit einem Stierkämpfer durchbrennt. Doch die Beziehung hält nicht lange und schon bald treffen Jake und Brett sich in Madrid wieder.
- Der Roman erschien 1926 und war ein Publikumserfolg.
- Hemingway schrieb das Buch, während er in Europa als Journalist lebte.
- Fiesta beschreibt das desillusionierte, zynische Lebensgefühl der traumatisierten Rückkehrer aus dem Ersten Weltkrieg.
- Ähnlich wie die französischen Existenzialisten zur selben Zeit fragen sich die Romanfiguren, wie sie in einer sinnleeren Welt trotzdem leben können.
- Hemingways Erfahrungen in der Pariser Künstlerszene der 1920er-Jahre gingen in das Buch ein.
- Typisch für Hemingway sind der distanziert-beschreibende Stil und die pessimistische Grundhaltung.
- Hemingway überließ alle Einnahmen von Fiesta seiner ersten Frau, von der er sich kurz vor Erscheinen getrennt hatte.
- Zitat: „‚Ach Jake‘, sagte Brett. ‚Wir hätten so eine verdammt gute Zeit miteinander haben können‘ (…). Der Wagen bremste abrupt und warf Brett gegen mich. ‚Ja‘, sagte ich. ‚Ist das kein schöner Gedanke?‘“
Zusammenfassung
Amerikaner in Paris
Robert Cohn ist ein schüchterner Mann. Der Princeton-Absolvent war einmal ein erfolgreicher Boxer. Doch seine Umgebung ließ ihn seine jüdische Herkunft spüren. Cohn stammt aus einer reichen jüdischen Familie aus New York. Er hat früh geheiratet und drei Kinder. Doch seine Frau verließ ihn nach fünf Jahren. Nach der Scheidung versuchte er sich als Schriftsteller und Herausgeber von Literaturzeitschriften. Dabei lernte er Francis Clyne kennen. Mit ihr ging er nach Paris. Sie heirateten, aber auch diese Ehe verlief nicht glücklich. Langsam wurde Cohn erfolgreicher: Ein Verlag lobte seinen Roman, er gewann Geld beim Bridge-Spielen und erstmals in seinem Leben nahm er wahr, dass sich Frauen für ihn interessierten. Seine Freunde finden, dass Cohn dadurch eitel geworden ist.
„Robert Cohn war einmal Mittelgewichts-Champion von Princeton. Glauben Sie nicht, dass mir das als Boxtitel sonderlich imponiert, aber Cohn bedeutete es viel.“ (Jake, S. 7)
Eigentlich hat Robert Cohn nur wenige Freunde in Europa. Einer ist Jacob Barnes, auch Jake genannt. Jake denkt, dass Cohn eine Art Midlife-Crisis durchlebt, als dieser ihn überreden will, mit ihm nach Südamerika zu reisen. Jake hat kein Interesse daran. Er ist im Zeitungswesen tätig, verbringt aber die meiste Zeit damit, in Kneipen herumzuhängen und das Pariser Nachtleben zu erkunden.
Eines Abends geht er mit einem Mädchen, das er zuvor in einer Bar aufgegabelt hat, zu einem Tanzclub und trifft dort ausgerechnet Lady Brett Ashley, seine alte Flamme. Mit Brett zieht Jake dann allein weiter. Sie trinken, reden und küssen sich. Auch Brett liebt Jake, hat aber gleichzeitig Angst davor, dass sich ihre gemeinsame Vergangenheit wiederholt. Nun will Brett Mike Campbell heiraten, einen reichen Adligen. Jake hat sich damit abgefunden, aber egal ist es ihm nicht. Sie sprechen kurz über Jakes Kriegsverletzung. Viele Menschen fanden sie amüsant, machten Witze darüber. Brett muss zugeben, dass sie sie zunächst auch witzig fand. Jake diente an der italienischen Front als Flieger. Nach dem Krieg blieb er irgendwie in Europa hängen. Nun lebt er in Paris und verbringt seine Zeit vor allem damit, zu trinken.
Seltsame Paare
Robert Cohn hat Brett über Jake kennengelernt und ist sehr an ihr interessiert. Er fragt Jake über ihren Adelstitel, ihren Beziehungsstand und über alles andere aus. Jake will Brett um fünf Uhr nachmittags treffen, aber sie versetzt ihn – wieder einmal. Dann kommt Cohn vorbei, der über seine Schreibblockaden bei seinem zweiten Roman berichtet. Schließlich stößt noch Francis dazu. Sie nimmt Jake zur Seite und beichtet ihm, dass sie Angst hat, Robert würde sie verlassen, weil er sie nicht heiraten will. Später macht Francis Robert eine furchtbare Szene. Jake lässt das streitende Paar sitzen und fährt nach Hause. Dort sucht ihn Brett auf. Sie ist in Begleitung des Grafen Mippipopolous, den sie zuvor in einer Bar kennengelernt haben. Brett will sich bei Jake entschuldigen – es gibt eigentlich immer etwas, wofür sie sich bei ihm entschuldigen muss: wenn sie ihn wieder mal versetzt hat oder sturzbetrunken mitten in der Nacht bei ihm aufgekreuzt ist.
„Können wir nicht zusammenleben, Brett? Können wir nicht einfach zusammenleben?‘ ‚Ich glaub, das wäre nichts. Ich würde dich andauernd betrügen. Das könntest du niemals ertragen. (…) Es liegt an mir, Jake. So bin ich nun mal.‘“ (S. 76)
Brett schickt den Grafen weg, um Champagner zu holen. Als sie allein sind, bittet Jake Brett, mit ihm zusammenzuleben, doch sie weist ihn ab: Sie würde ihn sofort betrügen, sie könne keinem Mann jemals treu sein. Dann kehrt der Graf mit dem Champagner zurück. Sie trinken zusammen drei Flaschen. Der Graf überschlägt sich in Lob für Brett, ihre reizende Art, ihre Trinkfestigkeit, ihre einmalige Persönlichkeit. Jake hält sich schweigend aus dem Gespräch raus. Anschließend gehen die drei essen, danach Cognac trinken und dann tanzen, bis Brett einen plötzlichen Stimmungsabfall hat und umgehend nach Hause will. Jake bringt sie bis zu ihrem Hotel. Bevor sie auf ihr Zimmer geht, küssen sie sich.
Die Reise nach Pamplona
Im Frühsommer bricht Reisefieber aus. Brett fährt für ein paar Tage nach San Sebastián. Jake plant mit Bill Gorton, einem gut verdienenden Schriftsteller, nach Spanien zu reisen. Sie wollen Ende Juni aufbrechen, zunächst etwas angeln und dann zur Fiesta nach Pamplona. Bill kommt gerade von einer Reise nach Budapest und Wien nach Paris zurück. Er wohnt bei Jake. Während einer Trinktour treffen sie Brett und Mike. Sie verstehen sich auf Anhieb gut und schmieden den Plan, dass Brett und Mike nach Pamplona nachkommen könnten. Dort wollen sie auch Cohn treffen. In einem Vieraugengespräch gesteht Brett Jake, dass sie mit Cohn zusammen in San Sebastián gewesen ist. Ob es ihn wohl hart treffen würde, wenn sie nun zusammen mit ihrem zukünftigen Mann nach Spanien kommen würde? Jake rät ihr, Cohn im Vorfeld darüber zu informieren. Das tut sie und Cohn meint, er hätte nichts dagegen.
„Du arbeitest nicht. Die einen sagen, du lässt dich von Frauen aushalten. Die anderen sagen, du bist impotent.“ (Bill zu Jake, S. 149)
Bill und Jake reisen mit dem Zug nach Bayonne, wo sie Cohn treffen und im selben Hotel wie er einkehren. Dann lassen sie sich mit einem Auto nach Pamplona fahren. Cohn ist nervös. Er macht sich Sorgen, ob Brett auch wirklich kommen wird. Gleichzeitig spielt er sich auf, tut so, als wisse er mehr als die anderen. Bill und Jake sind davon genervt. Doch tatsächlich erhalten sie eine Nachricht, dass Brett und Mike erst später kommen. Die beiden bleiben noch in San Sebastián, wo sie gemeinsam hingefahren sind, nachdem Brett zuvor allein mit Cohn dort war. Jake merkt, dass er es Cohn sehr übelnimmt, dass dieser mit Brett zusammen war. Auch Bill denkt, dass Cohn es ihnen zu sehr unter die Nase reibt, dass er mit Brett geschlafen hat. Sie beginnen ihn zu verachten. Als sie für ein paar Tage nach Burguete zum Forellenfischen fahren, sind sie froh, dass Cohn nicht mitkommt. Er wartet lieber in Pamplona auf Brett.
Bill und Jake reisen mit dem Omnibus in die Berge. Unterwegs herrscht Feierlaune, alle haben Weinbeutel mit und trinken gemeinsam. Als sie ankommen, kehren sie in einer fast leeren Absteige ein, essen zu Abend und gehen dann nach reichlich Wein ins Bett. Beim Frühstück redet Bill auf Jake ein. Er meint, dass er heimatlos sei und keine Bodenhaftung mehr habe. Man sage ihm nach, dass er sich nur von Frauen aushalten ließe – oder auch, dass er impotent sei. Jake meint, Letzteres sei durch seinen Unfall im Krieg begründet. Nach dem Frühstück gehen sie zu Fuß zum Angeln.
Die Fiesta
Nach fünf Tagen friedlicher Fischerei erhalten sie ein Brief von Mike: Brett ist auf der Reise zusammengebrochen, deshalb mussten sie einige Tage in San Sebastián bleiben, um sich zu erholen. Nun wollen sie am Mittwochabend in Pamplona eintreffen. Es ist Mittwoch früh und Jake und Bill wollen am Nachmittag abreisen. Als sie abends in Pamplona ankommen, laufen die Vorbereitungen für die Fiesta auf Hochtouren. Die Stadt füllt sich mit Bauern aus dem Umland, die Plätze werden geschmückt. Brett und Mike sind schon da. Sie alle wohnen im Hotel Montoya. Jake kennt den Chef des Hotels. Ihre Leidenschaft für den Stierkampf verbindet sie und gemeinsam fachsimpeln sie über die anstehenden Kämpfe. Die fünf amerikanischen Freunde ziehen zum Korral, um beim Ausladen der Stiere zuzusehen. Einer der Stiere verwundet einen Ochsen, der in der Arena steht. Anschließend gehen alle etwas trinken. Mike zieht Cohn auf, er würde Brett genauso dumm hinterhertrotten wie ein Ochse. Mike ist betrunken und hört nicht mehr auf, Cohn zu hänseln: Er solle sich nichts darauf einbilden, dass Brett mit ihm geschlafen habe. Bill geht mit dem bleichen und stummen Cohn zurück ins Hotel.
„Also sag schon, Robert. Warum musst du wie ein armer Ochse hinter Brett herlaufen? Merkst du nicht, dass du unerwünscht bist? Ich merke, wenn ich unerwünscht bin. Warum merkst du nicht, wenn du unerwünscht bist?“ (Mike, S. 182)
Unterdessen ätzt Mike weiter über Cohn, nicht zuletzt darüber, dass er Jude ist. Brett protestiert etwas dagegen. Auch Jake findet, dass Mike zu betrunken ist und aus dem Rahmen fällt. Doch irgendwie finden beide auch, dass Mike Recht hat. Die nächsten Tage verlaufen friedlich. Am Sonntagmittag beginnt die Fiesta. Die Stadt platzt aus allen Nähten. Sieben Tage und Nächte wird die Party dauern. Jake und seine Freunde genießen es. Sie ziehen trinkend von Bude zu Bude, tanzen, singen, lärmen. Bis zum nächsten Morgen wollen sie wach bleiben, um den Lauf der Stiere zu sehen, doch Jake streicht um vier Uhr die Segel. Die anderen bleiben wach. Am nächsten Tag besuchen sie den Stierkampf. Cohn sitzt neben Brett und Mike, Jake sitzt mit Bill direkt an der Arena. Die Männer ärgern sich über Cohns Äußerung, der Stierkampf langweile ihn. Mit Genugtuung stellen sie fest, dass ihm unwohl wird, als einige Pferde sterben. Brett dagegen verfolgt den Kampf voller Spannung und Interesse. Dass ihr nicht übel wird beim Anblick der verendenden Pferde, imponiert Mike. Alle, besonders aber Brett, sind fasziniert von dem 19-jährigen Stierkämpfer Pedro Romero, den Bill und Jake vor dem Stierkampf im Hotel kennengelernt haben.
Der Höhepunkt
Am nächsten Abend treffen die feiernden Amerikaner Pedro in einem Restaurant. Jake übersetzt zwischen seinen Freunden und ihm. Es ist ein feucht-fröhlicher Abend, doch nachdem Pedro sich verabschiedet hat, kippt die Stimmung. Mike, völlig betrunken, beginnt wieder, Cohn zu beschimpfen, unter anderem wegen dessen jüdischer Herkunft. Als Cohn sich gegen die Herabwürdigungen wehrt, kommt es fast zu einer Prügelei. Jake kann sie verhindern, dann zerstreut sich die Gruppe. Mike zieht mit Bill und einem Mädchen namens Edna weiter. Jake und Brett brechen zu einem Spaziergang auf. Cohn will sich ihnen anschließen, doch Brett schickt ihn grob weg. Jake und Brett schimpfen über Cohn, sie geben ihm die Schuld an dem Streit. Brett meint, sie hasse ihn.
„Ein hoffnungsloser Fall. Ich bin verrückt nach diesem Romero. Ich glaub, ich hab mich in ihn verliebt. (…) Ich muss etwas tun. Ich muss etwas tun, was ich wirklich tun will. Ich habe meine Selbstachtung verloren.“ (Brett zu Jake, S. 234)
Brett ist völlig durch den Wind. Sie gesteht Jake, dass sie sich zwischen Mike und Cohn schrecklich fühle und dass sie Hals über Kopf in Pedro verliebt sei. Sie müsse ihn haben. Gemeinsam suchen sie nach Pedro und finden ihn in einer Bar. Nachdem Jake das Gespräch eröffnet hat, übernimmt Pedro, der eigentlich ganz gut Englisch kann. Er verheimlicht es nur im Alltag, weil es nicht zu einem Torero passt. Brett und er beginnen sofort zu flirten und Jake macht sich unter einem Vorwand davon. Als er später wieder in die Bar kommt, sind Pedro und Brett bereits gegangen.
Auf der Straße vor einer anderen Kneipe trifft Jake Bill, Mike und Edna. Die beiden Männer sind sturzbetrunken und streitlustig. Offenbar wurden sie aus der Kneipe geworfen, weil sie Streit mit einigen Engländern begonnen hatten. Jake vermutet, dass Mike Schulden bei ihnen hat. Jake überredet die Streithähne, nicht wieder reinzugehen. Sie ziehen weiter und treffen in der nächsten Bar auf Cohn. Der ist aufgewühlt und will von Jake wissen, wo Brett sei. Jake antwortet ihm, er wisse es nicht, doch Cohn glaubt ihm nicht. Mike meint, dass Brett mit Pedro zusammen sei, woraufhin Cohn Jake fragt, ob das wahr sei. Als er nicht locker lässt und Jake beleidigt, will dieser ihm eine verpassen, verfehlt ihn aber. Daraufhin schlägt Cohn Mike und Jake k. o. und geht.
Verschlungene Wege
Zurück im Hotel trifft Jake Bill, der ihn auf Cohns Zimmer schickt. Cohn ist in Tränen aufgelöst, entschuldigt sich bei Jake, der aber so betrunken ist, dass er nur an ein warmes Bad denken kann. Tags darauf reist Cohn ab, ohne die anderen noch einmal wiederzusehen. Beim Stiertreiben morgens stirbt ein Familienvater. Bill und Mike, der offenbar gar nicht mehr schläft und nur noch trinkt, erzählen Jake, dass Cohn am Vorabend noch Pedro gestellt und ihn verprügelt habe. Zwischen Mike und Brett ist es aus. Dann beginnt der letzte Tag der Fiesta. Brett fühlt sich wunderbar. Sie hat Pedro gesund gepflegt, der heute noch kämpfen soll. Sie trägt Jake auf, sich um Mike zu kümmern. Für Pedro ist es ein großartiger Abschluss der Fiesta. Er kämpft souverän, Brett ist entzückt. Tags darauf sind die beiden bereits abgereist.
„Ach Jake‘, sagte Brett. ‚Wir hätten so eine verdammt gute Zeit miteinander haben können‘ (…). Der Wagen bremste abrupt und warf Brett gegen mich. ‚Ja‘, sagte ich. ‚Ist das kein schöner Gedanke?‘“ (S. 317)
Auch Jake, Bill und Mike reisen gemeinsam ab. Jake fühlt sich miserabel. Mike trauert Brett nach und bestätigt, was er am Vorabend im Suff schon gestanden hat: dass er völlig pleite ist. In Saint-Jean de Luz trennt er sich von den anderen. In Bayonne geht auch Bill seines Weges. Jake reist zurück nach San Sebastián, wo er schwimmen geht und etwas zur Ruhe kommt. Nach einigen Tagen erhält er ein Telegramm von Brett: Sie ist in Madrid, hat Schwierigkeiten und bittet Jake, zu ihr zu kommen. Noch am selben Abend reist Jake mit dem Nachtzug nach Madrid. Er findet Brett aufgewühlt in ihrem Hotelzimmer vor. Pedro ist weg, sie hat ihn fortgeschickt. Er wollte, dass sie heiraten und dass Brett sich ihre Haare lang wachsen lässt. Doch Brett kann sich an niemanden binden. Nun ist sie allein und hat kein Geld mehr. Die beiden machen mit dem Taxi eine Rundfahrt durch Madrid. Brett meint, dass sie mit Jake glücklich hätte sein können. Der Wagen bremst, wirft sie an Jake und er sagt, dass das doch ein schöner Gedanke sei.
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Aufbau und Stil
Fiesta ist in drei Teile gegliedert, die jeweils mit „Buch eins“, „Buch zwei“ und „Buch drei“ überschrieben sind. Jedes Buch ist wiederum in bezifferte Kapitel unterteilt. Das mit Abstand umfangreichste Buch ist das zweite. Einige Hinweise im Roman lassen vermuten, dass die Geschehnisse wahrscheinlich im Jahr 1925 stattfinden. Es wird allerdings nicht explizit genannt. Ton und Inhalt des Romans werden durch zwei Zitate zu Beginn des Buches geprägt. Einerseits Gertrude Steins Ausspruch, dass Hemingway einer „verlorenen Generation“ angehöre, andererseits ein Zitat aus dem Buch Kohelet aus dem Alten Testament, das als eines der poetischsten und mystischsten Bücher der Bibel gilt, aber auch berühmt für seine pessimistische Sicht auf das menschliche Leben ist. Hemingways Stil ist lakonisch und distanziert. Präzise beschreibt er Handlungen und Dialoge. Alle romantischen Ausschmückungen vermeidet er. Das ist einerseits eine Folge seiner Karriere als Reporter, in der er gelernt hatte, sich kurzzufassen. Andererseits spricht daraus auch seine Ablehnung aller Formen von idealistischer Verklärung. In Hemingways Sicht sollten Gefühle nicht direkt beschrieben werden, sondern indirekt durch die möglichst genaue Wiedergabe von Fakten, Handlungen und Gesprächen. Die Gefühle sollen lediglich durchschimmern. Er selbst verglich diese Schreibweise mit einem Eisberg: Was man sieht, ist nur ein Bruchteil dessen, was eigentlich da ist. Genau darin liegt die Faszination eines Eisbergs – und des eigentümlich kühlen Stils Hemingways.
Interpretationsansätze
- Fiesta ist eine besondere Art von Kriegsroman. Er beschreibt nicht – wie andere Bücher Hemingways – die Kampfhandlungen des Ersten Weltkriegs, sondern die psychologischen Auswirkungen des Krieges auf das Alltagsleben in der Nachkriegszeit.
- Hemingways Buch gilt als wichtiges historisches Dokument. Sowohl seine Beschreibung des Boheme-Lebens im Paris der 1920er-Jahre als auch seine Thematisierung der vom Krieg traumatisierten Heimkehrer werden als realistische Zeitdokumente rezipiert.
- Der Roman weist eine Nähe zum französischen Existenzialismus auf. Er beschreibt eine pessimistische Weltsicht, die im Leben keinerlei Sinn mehr sieht. Dahinter steht die Frage, wie man in einer solchen sinnleeren Welt dennoch leben kann.
- Ein prominentes Motiv des Romans ist der Alkoholismus der Handelnden als Folge des Sinnmangels. Nicht ohne Grund wurde in den USA 1919 die Prohibition eingeführt, um den überbordenden Alkoholkonsum in der Nachkriegszeit einzugrenzen.
- Ein prominentes Motiv, das sich auch in anderen Romanen Hemingways findet, ist die Unmöglichkeit der Liebe. Die vom Krieg gezeichneten Figuren des Romans kämpfen damit, andere Menschen nicht für lange Zeit lieben zu können – in Jakes Fall ist dies sogar mit physischer Impotenz verbunden.
- Das Stierkampfmotiv in Fiesta wurde oft als Ausdruck des persönlichen Pessimismus Hemingways interpretiert. Der Mensch sei wie der Stier im Stierkampf: Egal wie mutig und ausdauernd er kämpft, am Ende stirbt er immer.
Historischer Hintergrund
Die verlorene Nachkriegsgeneration
„Lost Generation“ – „verlorene“ oder „hoffnungslose Generation“ – mit diesem Begriff bezeichnete die Autorin Gertrude Stein junge amerikanische Schriftsteller, die als Soldaten im Ersten Weltkrieg gekämpft hatten und im Anschluss daran in den 1920er-Jahren in Paris lebten. Es waren Männer, die nach dem Krieg schwere Traumatisierungen ausbildeten, sowohl aufgrund der unmittelbar erlebten Kampfhandlungen als auch aufgrund der öffentlichen Stimmung in den USA – denn die amerikanische Öffentlichkeit wollte von all dem gar nichts wissen. Der Erste Weltkrieg hatte 9 Millionen Soldaten das Leben gekostet, darunter etwa 50 000 US-Soldaten. Kaum jemand glaubte nach dem Krieg mehr an die offiziellen, idealistischen Begründungen des Kriegs. Die Überzeugung machte sich breit, dass nicht die Verteidigung von Demokratie und Kultur der Sinn dieses Gemetzels gewesen war, sondern einfach nur Macht und Geld.
Dazu kam eine Pandemie der Spanischen Grippe. In den USA starben zwischen 1918 und 1919 fast 700 000 Menschen. Der Krieg und die Pandemie waren sozial wie wirtschaftlich verheerend. In der Nachkriegszeit wollte man in den USA all diese Traumata so schnell wie möglich vergessen und tat so, als sei nichts geschehen. Es entstand ein Umfeld, in dem sich die Kriegsrückkehrer nicht zurechtfanden. Auch in Europa lösten das Grauen und die Sinnlosigkeit des Krieges Entsetzen und eine Sinnkrise aus. Eine desillusionierte, zynische Haltung breitete sich aus. Infolge der Kriegsneurosen begann die Psychologie erstmals, Traumata als langfristige psychologische Schäden zu erforschen. Nicht zuletzt Ernest Hemingways Debütroman Fiesta hat die Rede von der „verlorenen Generation“ zu einem literatur- und kulturhistorischen Begriff gemacht. Jede Nachkriegsgeneration kann in diesem Sinne als verloren angesehen werden.
Entstehung
Im Dezember 1921 brach Ernest Hemingway mit seiner ersten Frau Hadley Richardson nach Europa auf. Davor hatte er sich als Journalist für diverse amerikanische und kanadische Zeitungen einen Namen gemacht. In Europa wollte er als freischaffender Reporter tätig sein. Zunächst ließ sich das Paar in Paris nieder, zu dieser Zeit Europas intellektuelle und künstlerische Hauptstadt. In den 1920er-Jahren zog es besonders viele amerikanische Künstler nach Paris, weil sie hier eine größere Kunstfreiheit vorfanden als in den USA, wo oft noch Zensur herrschte. In Paris machte Hemingway wichtige Bekanntschaften mit einigen der literarischen Größen seiner Zeit: Ezra Pound, John Dos Passos oder Scott Fitzgerald. Außerdem knüpfte er zahlreiche Kontakte zu Verlegern und Herausgebern und feilte in seiner Freizeit an seiner schriftstellerischen Karriere.
Im Sommer 1923 machten die Hemingways Urlaub in Spanien, unter anderem in Pamplona, wo Ernest seine Leidenschaft für den Stierkampf entdeckte. Es war eine höchst produktive Phase in Hemingways Leben: Er veröffentlichte zahllose Artikel, reiste viel durch Europa und schrieb zwischen 1923 und 1925 drei Bücher mit Kurzgeschichten. Im Spätsommer 1925 arbeitete er mehrere Wochen lang an seinem, wie er selbst sagte, ersten „ernst zu nehmenden“ Roman. In einem anderen Brief beschrieb er, dass er mit diesem Roman das Lebensgefühl all jener Menschen beschreiben wollte, die zerrüttet, ausgebrannt und leer aus dem Weltkrieg nach Hause zurückgekehrt waren. Auch privat bereitete sich ein Umbruch vor: Im März 1925 hatte er Pauline Pfeiffer kennengelernt. Sie sollte seine zweite Frau werden. Als das Ehepaar Hemingway im Dezember 1925 zum Skiurlaub nach Schruns in Österreich reiste, hatte Ernest das Manuskript für Fiesta im Gepäck. In den Wochen nach Weihnachten schloss er es als seinen ersten Roman ab. In derselben Zeit begann seine Beziehung zu Pauline, die ebenfalls nach Schruns gereist war. Als Fiesta erschien, war die Ehe mit Hadley bereits Geschichte.
Wirkungsgeschichte
Fiesta erschien bei Hemingways Hausverlag Scribner’s Sons im Oktober 1926. Der englische Originaltitel lautete: The Sun also Rises. Die erste Auflage betrug 5090 Bücher, die je zwei Dollar kosteten – heute sind Exemplare dieser Erstauflage bis zu 20 000 Dollar wert. Die Einnahmen dieses Romans überließ Hemingway seiner ersten Frau Hadley, von der er sich nur einen Monat vor Erscheinen getrennt hatte. Fiesta war ein Publikumserfolg und sorgte für Aufsehen: Die im Roman beschriebene libertäre Lebenshaltung der Pariser Boheme, ihr lockerer Umgang mit Alkohol und sexuellen Bindungen, wurde von vielen als skandalöser Sittenverfall verurteilt. Hemingways Mutter schrieb ihrem Sohn in einem Brief, dass er wohl kaum stolz darauf sein könne, eines „der schmutzigsten Bücher des Jahres“ geschrieben zu haben.
1957 erschien eine Hollywood-Verfilmung des Romans mit Ava Gardner als Lady Ashley. Dieser Film diente wiederum als Vorlage für eine zweiteilige TV-Miniserie mit demselben Titel. Mit Fiesta hob Hemingways Karriere als Schriftsteller ab. Bis heute gilt das Werk als sein bekanntester Roman. Nicht zuletzt das Thema der hoffnungslosen Nachkriegsgeneration hat viel Nachhall erfahren; so wurde Fiesta etwa während des Vietnamkriegs in den USA sehr beliebt.
Über den Autor
Ernest Hemingway ist nicht nur als einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts bekannt, sondern auch wegen seines abenteuerlichen und teilweise glamourösen Lebens. Geboren am 21. Juli 1899 im amerikanischen Bundesstaat Illinois als Sohn eines Landarztes und einer Opernsängerin, lernt er schon als Kind von seinem naturbegeisterten Vater das Jagen und Angeln. Die Liebe zur Natur und das raubeinige Naturburschenimage, das er später kultiviert, rühren aus dieser Zeit. Seine berufliche Laufbahn beginnt er als Lokalreporter in Kansas City, und die Herkunft vom journalistischen, faktenorientierten Schreiben ist mitbestimmend für Hemingways typischen Stil. Am Ersten Weltkrieg nimmt er freiwillig als Sanitäter teil, nach dem Krieg schließt er sich in Paris einer Gruppe von Schriftstellern und Künstlern um Gertrude Stein an. Die Winter 1925 und 1926 verbringt er im österreichischen Montafontal, wo er den Roman The Sun Also Rises (Fiesta) schreibt, der 1926 erscheint und mit dem ihm sein literarischer Durchbruch gelingt. Hemingway bleibt auch Reporter und Kriegsberichterstatter, so im Griechisch-Türkischen Krieg 1922, im Spanischen Bürgerkrieg 1936–1939 und im Zweiten Weltkrieg. 1940 erscheint For Whom the Bell Tolls (Wem die Stunde schlägt). 1954 erhält er den Nobelpreis für die Novelle The Old Man and the Sea (Der alte Mann und das Meer, 1952). Hemingway sucht oft ganz bewusst die Nähe zu Gefahr, Abenteuer, Risiko; er liebt die Großwildjagd in Afrika und den Stierkampf und überlebt zwei Flugzeugabstürze. Seine Bücher schreibt er meist unter enormem psychischem Druck. Wie viele Schriftsteller seiner Zeit ist er alkoholkrank. Er sucht den Lebensgenuss in vollen Zügen, leidet aber auch unter Depressionen. Ernest Hemingway heiratet viermal und hat drei Söhne; die berühmteste Ehe ist die dritte mit Martha Gellhorn, einer ebenfalls bedeutenden Reporterin und Schriftstellerin. Mit ihr zusammen lebt er ab 1940 auf Kuba. In Idaho setzt Hemingway nach längerer Krankheit seinem Leben am 2. Juli 1961 durch einen Gewehrschuss selbst ein Ende – ähnlich wie bereits sein Vater und wie später seine Enkelin Margaux.
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