- Novelle
- Moderne
Worum es geht
Ein unmoralisches Angebot
Überall, resümiert die 19-jährige Else, werden Frauen verkauft oder verkaufen sich selbst: Als Geliebte lassen sie sich von reichen Männern aushalten, als heiratsfähige Mädchen werden sie von ihren Eltern an eine „gute Partie“ vergeben. Ist es da wirklich so schlimm, dass der Kunsthändler Dorsday für finanzielle Unterstützung eine Gegenleistung verlangt? Else ist sich da nicht sicher. Er möchte sie schließlich nur eine Weile lang nackt sehen. Die Art, wie Else sich selbst vergegenständlicht, ist subtil und erzeugt Gänsehaut. Ist ihr innerer Konflikt aus ihrer jugendlichen Sprunghaftigkeit geboren, wie manche Kritiker behaupten? Will sie vielleicht einfach nur Aufmerksamkeit? Oder rührt Schnitzler an eine tiefere Wahrheit über ein allgemein verinnerlichtes, perverses Frauenbild, das wir noch immer aufzubrechen lernen? Die Novelle bleibt klare Antworten schuldig. Elses rasende, teils widersprüchliche Gedanken bleiben unkommentiert, laden so zum unmittelbaren Miterleben ein und fordern am Ende Antworten vom Leser: auf die Frage nach Elses Geisteszustand, nach ihrem Recht, Nein zu sagen, und nach der Summe, die einen Verzicht auf dieses Recht rechtfertigt.
Take-aways
Über den Autor
Arthur Schnitzler wird am 15. Mai 1862 als Sohn des jüdischen Klinikdirektors Johann Schnitzler in Wien geboren. Schon früh packen ihn die Leselust und das Interesse an der Schriftstellerei. Obwohl der Vater die literarischen Ambitionen seines Sohnes fördert, studiert Arthur auf dessen Wunsch Medizin in Wien. 1882 folgt ein Jahr beim Militär als Sekundararzt. 1885, mit 23, promoviert er in Medizin. In den folgenden Jahren arbeitet er als Assistenzarzt in verschiedenen Wiener Kliniken. Nach dem Tod des Vaters eröffnet er eine Privatpraxis. 1893 erscheint sein Dramenzyklus Anatol. Eine tiefe Freundschaft mit Hugo von Hofmannsthal beginnt. Schnitzler arbeitet vor allem für die Bühne: Sein Reigen von 1897 erregt einen Skandal wegen des vermeintlich pornografischen Inhalts und bleibt lange verboten. Mit der Novelle Lieutenant Gustl tut sich Schnitzler als Prosaschriftsteller hervor, allerdings kostet ihn die angebliche Verunglimpfung des Militärs seinen Offiziersrang. 1903 heiratet er seine Lebensgefährtin Olga Gussmann, mit der er bereits einen Sohn hat. In den folgenden Jahren kommen mehrere seiner Schauspiele zur Uraufführung, unter anderem Der einsame Weg, Der grüne Kakadu und Das weite Land. Immer wieder ecken seine Werke bei der Zensur an: Neben dem Reigen betrifft das vor allem den Einakter Haus Delorne, der 1904 noch am Abend vor der Uraufführung verboten wird, und die Komödie Professor Bernhardi, die 1912 zwar in Berlin, nicht aber in Wien aufgeführt werden darf. Bei Kriegsausbruch 1914 bekennt sich Schnitzler zum Pazifismus: Im Unterschied zu vielen seiner Schriftstellerkollegen bricht er nicht in Kriegseuphorie aus. Nach der Trennung von seiner Frau im Jahr 1921 erzieht Schnitzler seine Kinder allein. 1922 macht er die nähere Bekanntschaft Sigmund Freuds, der in der Psychoanalyse zu ähnlichen Erkenntnissen kommt wie Schnitzler mit den Mitteln der Literatur. 1924 verwendet er die Technik des inneren Monologs in der Novelle Fräulein Else. 1926 erscheint die Traumnovelle. Schnitzler stirbt am 21. Oktober 1931.
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